nach Monaten der absoluten "Laufunlust" und den ewigen Überwindungskämpfen ( war schon nah´dran, mir eine Möhre vors Gesicht zu binden...), habe ich versucht, die "wahren" Gründe dafür zu finden.
Ich laufe eigentlich gern und immer noch regelmässig, es hat mein Leben in viele Richtungen nachhaltig positiv beeinflußt, dennoch:
immer öfter ein inneres Murren und Jammern ("keine Lust, keine Zeit, Jetzt? Bei dem Wetter? Heute?), paralell dann aber die Unerträglichkeit des Nichtlaufens (4 Tage nicht gelaufen? Kreisch!). Ja was denn nu???
Mir fiel auf, das ich, obwohl nicht mehr Wettkampforientiert, dennoch Leistungsorientiert laufe. Warum eigentlich?
Wenn ich - nach "Aufraffkrieg" - loslief, gabs den Blick auf die Uhr und immer im Bewußtsein, nun kommen 8 km und diese waren gedanklich komplett kommentiert von Anfang bis Ende, hier ein Auszug: "...ääh, ist das noch weit, hoffentlich hält das Wetter, was - erst 10 min vorbei? Ist es noch weit? Ich glaube, meine Hüfte schmerzt gleich...ich verdurste...usw" - ein ewiges Gemecker das in Sätze wie "...endlich geschafft, bin ich langsam, keine Leistungssteigerung...wieder eine Einheit abgehakt..." mündete. Unerträglich. Alle Läufer waren glücklich oder mindestens zufrieden, ich nicht.
Es musste sich was ändern.
Seit Jahren mache ich Tai-Chi-Chuan und hier gab es bei eventuellen Überwindungsschwierigkeiten oder Unlust das "wu wei" - das heißt handeln durch Nichteingreifen, durch Geschehenlassen. Oder: Loslassen, oder noch besser: einfach MACHEN! Kopf ausschalten, einfach nur bewegen...den Körper "gehen lassen" - und das funktioniert. Im Tai-Chi.
Auch beim Laufen?
Es folgte ein Denkprozess während einer bewußten Laufpause von 3 Wochen und entsprechender Literatur (z.B.: Theo Fischer "WU WEI")
Als ich das Prinzip beim Laufen anwendete, war ich überrascht und erfreut:
"Es" funktioniert:
Uhr weg, Zeitplan aus dem Kopf. Loslaufen, kommentarlos - einfach laufen. Völlig egal, wie langsam, wie lang - der Körper bestimmt alles, der Kopf nichts. Einfach laufen, bar jeder Vorstellung - und genau das war die ganze Zeit mein Problem:
Ich hatte eine "genaue Vorstellung", Bild, von meinem Lauf: 8 km in bestimmter Zeit und am besten noch mit einem bestimmten Glücksgefühl, das immer seltener (weil erwünscht - erzwungen?) mitgeliefert wurde.
Und nun sehe ich weder die Länge der Strecke oder gar das Ziel, ich registriere keine Zeit (keine Uhr mehr am Arm), ich laufe einfach.
Noch muß ich daran arbeiten, "nicht" zu kommentieren ("...schon wieder ein Hund ohne Leine...") doch das klappt immer besser. Ich laufe einfach - wie ich will.
Und das Resultat ist unglaublich:
Ich laufe länger als vorher, genieße nun jeden Meter, komme lächelnd an und freue mich schon beim Duschen aufs nächstemal...
Es ist diese "Freiwilligkeit", das Loslassen von Zeitplänen (...schnell noch Laufen gehen, damit ich diesen oder jenen Termin einhalten kann...usw).
Desweiteren habe ich mir abgewöhnt, während des Laufens die große Grübelei anzufangen: man ist dann überall (im Job, in der Beziehung,in der Vergangenheit, in der Zukunft - doch nie in der Gegenwart: hier, im Wald, beim Laufen, jetzt, da. Was für eine Verschwendung - wo bleibt die Entspannung, das oft zitierte "Abschalten"?
Sicher habe ich nicht den Stein der Weisen entdeckt, doch für mich war diese Erfahrung ein klitzekleiner Quantensprung in meiner Zeit und ich habe die Lust am Laufen für mich wieder neu gefunden.
Sollte ich damit auch nur eine unmotivierte Person anstecken - dann hat sich´s ja richtig gelohnt...
