
Ich bin euch noch einen Bericht schuldig.

Der Weinstraßen-Marathon ist mein dritter ganzer in knapp 2 Jahren Lauferfahrung. Die beiden ersten sind 1,5 bzw. 1 Jahr her und wesentlich flacher. Obwohl ich auch damals vorbereitend sehr an den langen Läufen sparte - so wenig trainiert wie jetzt hatte ich noch nie. Aber ... naja, begründen muß man das nicht. Ziel war unter 5 h.
Am Vortag fuhr ich mit dem Auto die Strecke ab. Hhmm ja, einige Steigungen sind schon ganz herb. Jetzt erst wurde mir bewußt, daß die erste Hälfte von Bockenheim bis Bad Dürkheim insgesamt Gefälle hatte und der Rückweg (ein paar km weiter östlich) insgesamt anstieg. Also doch, von der Zeit her, nicht ZU verhalten beginnen, oder? Die Familie wollte bei km 19 stehen und ich sagte, frühestens um 12 Uhr dort. Also zwischen 12.00 und 12.05 Uhr sollte ich eine Plastikflasche Cappuccino bekommen.
Das Event-T-Shirt trug am Rücken die Aufschrift "ich war dabei" – irgendwie motivierte mich das, es anfangs zu tragen (überm Unterhemd). (Meine Eltern haben es jetzt.)
Kurz vorm Start hurry getroffen, traf ich ihn bei ca. 3,5 km wieder. Bei der nächsten Verpflegungsstelle bereits verließ ich ihn nach hinten (er braucht nichts) und ich kam nie mehr in seine Nähe.


Ich war guter Dinge. 5 km: 33 Min., 10 km: 1:04 – gut im Plan. Bei ca. 15-16 unterhielt ich mich mit einem langen dünnen Mann, der u.a. erzählte, es sei "erst sein elfter" Marathon. Er wolle ca. 5 h laufen. (War ich bisher schon so langsam? Doch nicht jetzt schon!?) Als es bergab ging, entschied ich mich, ihn nach vorne zu verlassen.
Vorsichtshalber lief ich die Bergab-Strecken zu großen Teilen auf den Wiesen-Streifen neben Straße oder Weg. Hier mußte ich zu diesem Zweck richtig in den Weinberg rein.
Bei km 19 standen sie, reichten mir um 12.02 Uhr das Doping-Getränk und ich leistete mir, ein Steinchen aus einem Schuh zu entleeren und den anderen auch neu zu binden. Weiter, in die Stadt. Bei ca. km 20 kam mir eine Frau mit Mikrofon entgegen und fragte mich, wie mein Lauf sei, und ob ich bisher zufrieden sei. Ja, prima, liege gut in der Zeit. Sie empfahl, ich solle mich beeilen, um ins Ziel zu kommen bevor es regnet. Mach ich, danke für den Tipp... Aus der Stadt wieder raus, ein Stück echt eben, überholte ich zwar ein paar, fand es aber plötzlich auch schwerer. Ich mußte mal Ballast loswerden (danke für die Pause).
Ab ca. km 24 erste etwas längere, noch freiwillige Gehpausen. Es fing ein langes Stück mit mehreren langen Anstiegen an. Bei km 26 in Kallstadt wurde Saumagen zum Essen und zum Trinken angeboten. Ich überlegte erstmals und nur kurz. Schließlich mußte ich weiter bergauf bis km 30 (Herxheim). Ein Mann motivierte immer wieder seine Frau oder eher Tochter, die beiden hatte ich schon ein paarmal getroffen. Als ich sie mal wieder überholte, versprach er: wir sehen uns noch!!



Ok, das sollte nicht ganz so bleiben. Ab ca. 35 fingen die Waden an abwechselnd ein wenig zu krampfen. Zwischendurch krochen neue unbekannte Schmerzen die Kniekehlen hoch. Gott sei Dank: ein ziemlich steiler Anstieg. Vor mir lief einer, begleitet durch 2 Fahrräder, und kam kaum vorwärts. Für mindestens 10 Min. lief er vor mir, und im gleichen Tempo ging ich! Und freute mich, Recht damit zu haben und Kraft zu sparen. So halte ich auch die Krämpfe zurück. Am Ende der Steigung überholte ich ihn. In Grünstadt überholte ich dann auch dieses Paar, endgültig.

Die Zuschauer fanden immer wieder, ich sehe mitleiderregend aus, und munterten mich ein wenig auf. Bei km 40 sah ich ein, daß es knapp wird und ich laufen muß. Keine Rücksicht mehr auf Beine oder so, laufen was noch geht.
Mit 4:58:42 komme ich durchs Ziel. Die Sekunden ziehe ich mir im Geiste wegen der Bruttozeitmessung ab und finde, daß ich mein Ziel doch deutlich...



gesunde Grüße

Käferin