Hi Icerun,
Icerun hat geschrieben:Hi Meerbuscher,
nun sind hier mittlerweile, forumsdynamisch allerhand Themen vermengt worden.[...]
In der Tat ... Geschwurbel - wie es Steiff sagen würde.

Aber diese Weltuntergangstheorien einiger Soziologen und Politologen, die das Ende der Arbeit vorhersagen und die daraus folgenden Konsequenzen halte ich persönlich zwar für interessant, nicht für neu, aber für überzogen und für eine logische Folge der Stimmung der letzten Jahre. Vor allem, was soll die Konsquenz daraus für unsere heutigen wirtschaftlichen Probleme sein? Spricht das vielleicht für eine Ankurbelung der Binnennachfrage?
Icerun hat geschrieben:Vorab, Deine Eingangspolemik ist unangebracht. Du kannst Leuten, die hier ihre Ansichten kundtun, in beruflich verschiedenen Positionen tätig sind, angestellt oder selbstständig, schon zutrauen, eigene Meinungen zu entwickeln.
Nachdem hier soviele Meinungen ohne faktische Untermauerung in den Raum geworfen wurden, hielt ich ein bisschen Provokation für unumgänglich.

Was mich verängstigt, ist die Tatsache, dass von ausgewiesenen Nichtfachleuten (Beispiel: ein Jurist oder ein Lehrer ist für mich kein Ökonom) unter dem Druck von Wirtschaft und Lobbyisten einseitige angebotsorientierte Wirtschaftspolitik betrieben wird und das unter Ausblendung jeglicher anderer Möglichkeiten.
Icerun hat geschrieben:[...]Das versucht werden muss, Alternativen zu entwickeln und es oft eben nur die Wahl zwischen staatlich und privat gibt, ist auch klar.
Mir ist jetzt gerade eben nichts klar. Leider wird vieles eben immer so dargestellt, als wenn es klar und selbstverständlich wäre und wenn man dann - was selten genug ist - auch mal auf offensichtlich begründete Kritik von der Gegenseite stößt, wundert man sich, wieso man ein Thema so einseitig darstellen konnte (Stichworte: unflexibler Arbeitsmarkt, Deutschland ein Gewerkschaftsstaat, hohe Lohnnebenkosten, Leben über den Verhältnissen, nur noch private Vorsorge kann uns retten, die Demographiefalle ...). Dieser Effekt trifft übrigens auch immer wieder mich selbst, wenn ich über irgendetwas schwafele.
Schlimm ist für mich das Gefühl der Machtlosigkeit und Unwissenheit in dem die meisten von uns sich befinden. In den meisten Fällen kann ich Zusammenhänge gar nicht bewerten, auch weil wir inzwischen im wesentlichen einseitige Informationen über unsere Medien bekommen. In Sachen VWL/BWL kann ich die ein oder andere Sache noch halbwegs beurteilen - zumindest ahne ich, wo die Fallen lauern - aber auch da ist das kompliziert genug.
Am Ende stehen dann häufig die Parolen, die man wohl Stammtischparolen (ich war noch nie an so einem Ding) nennt, oder die morgen in der Bild-Zeitung stehen, die aber im Grunde nur einseitige Meinungen sind, gut und eingängig klingen und deren Wahrheitsgehalt kaum überprüft werden können.
Bei aller Ahnungslosigkeit: Die parteiübergreifende Einseitigkeit der Wirtschaftspolitik (auch wenn man aus den Tiefen der SPD ab und an auch mal eine linke Meinung hört) ist für mich so auffällig, dass ich es inzwischen beängstigend finde. Jegliches Instrumentarium nachfrageorientierter Politik (das im Übrigen auch in anderen Ländern [neben angebotsorientierter Politik] erfolgreich Anwendung findet) wird gefürchtet wie der Teufel das Weihwasser fürchtet. Binnennachfrage? Wozu brauchen wir Binnennachfrage? Es wird seit Jahren alles getan, um die Bedingungen für Unternehmen zu verbessern, aber nichts (bzw. das Gegenteil) getan, um die Binnenkonjunktur wieder anzukurbeln. Das aber gerade da die Lösung der Probleme liegen könnte, wird ... wie soll man sagen ... ignoriert? Man versucht es erst gar nicht und verwendet statt dessen die alten - seit 25 Jahren wenig wirkunsvollen - Rezepte weiter.
Icerun hat geschrieben:[...]Warum reibt sich die private Versicherungswirtschaft die Hände?
Weil sie Millionen neue Kunden für Renten- und Lebensversicherungen bekommen? Und natürlich auch für kleinere Krankenversicherungsverträge wie die Zahngeschichte, die sie aber sicher nur aus Solidarität mit den Menschen als Verlustgeschäft betreiben.
Icerun hat geschrieben:[...]Die Steuerquote liegt im Schnitt bei 50,5%. Punkt. Nach Schätzungen des Bundes der Steuerzahler wird sie kurzfristig auf 53% steigen.
Schockschwerenot? Eigentlich ein gutes Argument. Aber irgendwie sind wir wieder beim Geschwurbel. Das Problem: Du hast da wohl in der Eile etwas verwechs ... schwurbelt.

Du redest wohl eher von der Einkommensbelastungsquote und ich von der Steuerquote. Nach den Berechnungen des BdSt kommt deine Zahl als Einkommensbelastungsquote aber wohl ungefähr hin (auch wenn du leider weder Quelle noch den betreffenden Zeitraum genannt hast ... aber das Problem haben wir ja alle hier öfter ... auch ich). Ist halt auch nichts weiter als ein halber Stammtisch.
Diese Situation bietet sich aber an, um auf die Problematik des Verständnisses solcher Zahlen und deren Verwendung hinzuweisen: Beide Begriffe - Steuerquote und Einkommensbelastungsquote - versehen mit Zahlen, hören sich zunächst verständlich an, jeder hat irgendwie so seine eigene Vorstellung davon. Beschäftigt man sich aber damit, wie die Zahlen zustandekommen und welche methodischen Probleme dahinterstecken, erschwert durch die Problematik eines zeitlichen und vor allem eines internationalen Vergleichs, erkennt man, wie schwierig solche Zahlen am Ende zu handhaben sind. Jeder überfliege mal
dieses Dokument, dann bekommt er eine Ahnung von der Problematik. Der Witz: Man kann Deutschland auf die ein oder andere Weise als Hochsteuerland oder als
Niedrigsteuerland dastehen lassen. Bei anderen Zahlen ist die Problematik natürlich nicht weniger kompliziert.
Icerun hat geschrieben:[...]Zu Herrn Berger gebe ich Dir recht. Dieses Beispiel zeigt aber, das "Geiz ist geil" ein Stück Zeitgeist geworden ist, denn es sparen auch die Leute, die es gar nicht nötig hätten.
Tja, schlimm ist das. Ein Herr Berger müsste eigentlich erstens wissen, welcher volkswirtschaftliche Schwachsinn so ein Vorbildhaltung ist und zweitens ebenso wissen, welche mediale Wirkung solche Aussagen aus seinem Mund unterschwellig haben.
Icerun hat geschrieben:[...]Natürlich können private Vorsorgesysteme zusammenbrechen. Wie denn auch nicht, es brechen sogar Staaten zusammen.
Was hat das jetzt miteinander zu tun? Bei den einen dürfte es die Pleite sein, beim Staat ... wir sind doch nicht in Somalia ...
Icerun hat geschrieben:[...]Das Beispiel IBM ist aber denkbar schlecht. Niemand würde eine Altersvorsorge über ein einziges Unternehmen abdecken.
... wenn er oder sie sich Risikostreuung überhaupt leisten kann.
Icerun hat geschrieben:[...]Und, um Deinen Hinweis zu beantworten, Privatvorsorge kann preiswerter und besser sein, glaube es mir einfach.
Einfach glauben? Ich kann es versuchen und einzelwirtschaftlich betrachtet ist es in vielen Fällen wohl so - problematisch wird die Sache aber, wenn wir so etwas wie ein solidarisches System wollen, dass auch die Schwachen im Staat mitschleppt. Die haben wir aber nun mal und mir liegt Solildarität immer noch näher, als ein System in dem das Recht des Stärkeren gilt.
Genug geschwurbelt für heute.