Und vor allem, ich habe keine Unterstützung in der Familie. Im Gegenteil, die beste Ehefrau von allen boykottiert mein Vorhaben bewusst und mit voller Absicht. Auch meine Tochter, obwohl noch nicht flügge und noch grün hinter den Ohren, versucht mich vom Weg abzubringen. Stellt mir Fallen. Ich weiß nicht mehr weiter. Nachts werde ich schweißgebadet wach und denke über Sie nach.




Jeden Tag gehe ich bestimmt 10 mal am Tisch vorbei und 10 mal vergreife ich mich am Gebäck. Reiße aus dem Verbund das schönste heraus, beiße sofort zu und genieße den kurzen Augenblick des Geschmacks. Doch dann kommt meine Willenskraft wieder. Genau die, die sich soeben noch in den hintersten Winkel meines schwachen Großhirns vertreiben lies. Sie zeigt mir unerbittlich, dass ich diese Herausforderung wieder nicht geschafft habe.


Ich ignorierte die Schüssel. Vergebens. Immer wenn ich nachschaute ob ich sie auch richtig ignoriert habe, war sie schon wieder da. Und lockte mit herrlichem Duft, mit perfektem Styling. Und wieder verlor ich. Seltsamerweise scheine nur ich die Schüssel zu sehen. Hat was Matrix-mäßiges an sich. Nur ich erkenne die reale Welt. Meiner Frau und meiner Tochter scheint sie überhaupt nicht aufzufallen. Ob sie in der Matrix leben? Vielleicht sollte ich mir einen langen schwarzen Mantel zulegen. Ne Sonnenbrille habe ich ja schon. Oder das Orakel befragen !
Ich weiß nicht. Auch die Tricks der gemeinen Schale werden immer raffinierter. Taucht sie doch plötzlich mitten auf dem Tisch vor der Couch auf. Genau dort wo ich einen gemütlichen Fernsehabend verbringen wollte. Und wieder schien nur ich sie zu sehen. Unheimlich. Bisher kann ich nur ein Mittel dagegen setzten. Ich rotte sie aus! Ich werde ohne Rücksicht auf meine Gesundheit rigoros jedes verdammte Plätzchen vernichten. Eigenhändig. Am besten ich stopfe gleich 2 oder 3 in meinen Mund . Dann dauert es nicht mehr so lange. Gestern Abend hätte ich es fast geschafft. Nur 2 oder 3 einsame Krümelchen , tummelten sich noch unscheinbar in der Schale. Ich war stolz auf meine Leistung! Bis heute Morgen. Denn durch irgendeinen Trick haben diese Krümel sich wieder zu leckerem Gebäcke vermehrt. Wie, weiß ich noch nicht. Ich habe aber meine Restfamilie in Verdacht. Wollen sie mich mästen? Sollte ich bald mit dem Eintreten der Hexe rechnen, die sich dann meinen Finger greift um zu sehen ob ich schon dick genug bin? Egal, ich werde den Kampf weiterführen, die Herausforderung annehmen. Ich gehe jetzt runter. Langsam. Kontrolliert. Cool. Wenn ich in Höhe des Tisches bin, werde ich noch kurz lachen und dieses Lachen wird das letzte sein, was diese Leckereien im Leben hören werden. Hanibal Lector hätte Angst vor mir. Ich gehe und werde kämpfen! Ein Mann – ein Wort !
