Nachts im Mondschein lag in einem warmen Bett eine kleine unausgeschlafene Lizzy. Und als an einem Sonntagmorgen viel zu früh die Sonne aufging - hell aber nicht sehr warm - da schlüpfte aus dem Bett eine müde aber hungrige Lizzy ...
So könnte dieser Bericht anfangen, von dem ich mir überlegt habe, ob er nicht im "off topic"-Bereich besser aufgehoben wäre



Ich hoffte beim Aufwachen, dass es - den Wettervorhersagen zum Trotze - regnen möge. Denn ich mochte nicht laufen und Regen wäre der ultimative Grund gewesen, die Nachtruhe nach den bisher nur 3-4 Stündchen auf ein erträgliches Maß auszuweiten. Aber nein: die Meteorologen hatten nicht gelogen und es blieb trocken.
Dass ich immer auf den letzten Drücker anhetze, ist von mir auch bekannt und kann weitgehend überschlagen werden. Vor dem Lauf trotzdem noch Chrisp getroffen, Botti auch und am Start Digga (alias Charly). Kurzer Plausch und ab geht's. Lustlos, was mich betraf. Galgenhumorig lustlos - aber eindeutig ohne Plan und Ziel. Bald darauf den atemberaubend schnell walkenden oder walklaufenden Kurt (Trampler) erkannt und angesprochen, auch später wiedergesehen - nett war's. Er hat auch einen schönen Walkbericht geschrieben. Zu empfehlen :o)
Nach ca. 4-5 gelaufenen Runden der Gedanke, doch besser mal ein paar Fotos zu schießen. Am Rand deponierten Rucksack geöffnet: keine Diggicam drin


Meine Laune sackte endgültig ab. Aufhören, weitersuchen ... ? Achwas - kannste jetzt auch nicht mehr ändern. Einfach den Gedanken daran ausblenden, bessere Laune befehlen und heraufbeschwören und weiter.
Das mit der guten Laune heraufbeschwören geht bei so einem Lauf gut. Die meisten Leute nett, viele auch mal zu Schwätzchen aufgelegt und schnell war ein persönlicher Duellant gefunden. Nein, nicht für's Laufen - ein Duellant um den besten Platz am Buffet. Er war aus Ottobrunn, hatte spontan nachgemeldet, eigentlich kein Läufer - außer den Schuhen denkbar Läufer-untypisch in dicke Baumwollklamotten gekleidet, sprühend vor guter Laune und Quassellust aber offensichtlich mit nur recht wenig Lauferfahrung, wollte er mal lustig sehen, wie weit er käme.
Aber er überredete mich erfolgreich, das Hauptaugenmerk auf das ungeheuerlich überladene Buffet zu richten.
Nach der ersten Runde fraßen wir uns durch einen Teller mit Äpfeln. Nach der zweiten Runde fraßen wir uns durch einen Teller mit Birnen, Erdbeeren, Himbeeren, Blaubeeren ... nach der dritten Runde fraßen wir uns durch Kiwi, Weintrauben, diverse leckerste Salzgebäcke, Rosinen, Nüsse, Kuchen und Kekse. Nach der vierten Runde fraßen wir uns durch Schachteln mit goldenen Nuss-Nougat-Kugeln, m&m's, ungezählte Sorten leckertster Schokokekse, Marmeladenbrote und und und ... Nur die sauren Gurken, Wurstbrote etc. ließ ich persönlich links liegen. Übertreiben muss dann ja auch wieder nicht sein.
Wir tranken dazu ungeniert von Anfang an Apfelschorle, Cola oder warmen Tee. Maximal bei 5 oder 6 der von mir 30 absolvierten Runden von 1,44 km Länge verzichtete ich auf einen Halt. Zumindest weiß ich jetzt: ich vertrage das bestens

Nach 5 Stunden verbreitete sich das Gerücht, es gäbe jetzt auch Bier am Buffet. Das stimmte - und weil man ja alles mal getestet haben soll im Probelauf und es beim Rennsteig angeblich auch Bier gibt, nahm ich diesen Magen-Toleranztest noch mit und habe ihn bestanden

Wir hatten wenig Konkurrenz - alle anderen liefen oder tranken mal ein Schlückchen und so konnten wir nach Herzenslust bei fast jeder einzelnen Runde einen ausführlichen Boxenstop mit Geplauder und Gefutter einlegen. Irgendwann hatte ich den Mitbewerber im Verdacht, dass er nur noch an der "Bar" stand und nicht mehr lief. Tat er auch irgendwann nicht mehr. Aber er spazierte unermüdlich und gut gelaunt über die sechs Stunden die Runden ab, futterte, wanderte, futterte und bespaßte mit guter Laune, launigen Sprüchen und großer Herzlichkeit alle Läufer, die sich darauf einließen.
Er wurde übrigens zweitletzter und bekam - ungelogen - bei der Siegerehrung den lautesten und meisten Applaus (jeder einzelne wurde aufgerufen und bekam Urkunde bzw. Pokal überreicht und ALLE guckten zu, klatschten und warteten bis zum Schluß). Auch vorher schon hatten sich fast alle gegenseitig gratuliert und für mich kam nichtmal der Hauch irgendwelcher Geringschätzung oder Abwertung denjenigen gegenüber durch, die eben keine Superentfernungen erlaufen hatten. Es herrschte Mitfreude, Anerkennung, Freundlichkeit ... überhaupt: "Peace, fun and a cake" ... so könnte ein Fazit lauten.
Überhaupt war es eine für mich ungewöhnliche und schwer einzuordnende Veranstaltung. Top-Organisation, eine bisher ungekannte Herzlichkeit untereinander, gute Laune ... alles vom Feinsten. Zumindest sollte man sowas wirklich mal versucht haben. Es ist - zumindest war es das für mich - völlig anders als erwartet.
Aber es war mir z. B. wider Erwarten total unmöglich, mich zu "versenken" Nix mit Meditation und stiller Betrachtung und so ... Null und nix!
Ich hatte mir reichlich Themen zur stillen "Betrachtung" überlegt. So wurde heute mein Sohn 20 Jahre alt und was böte sich mehr an als eine Art "Rückschau" auf diesen Tag und die Tatsache, dass kein Ultra so anstrengend und ermüdend werden könnte wie der 25. März vor zwanzig Jahren es für mich war. Aber auch hier: null und nix. Das Thema "haftete" nicht an und war - Asche auf mein Haupt - nach einer Glückwunsch-SMS an den andernorts feiernden Sohn völlig durchs Sieb gerutscht.
Jede Runde habe ich bewußt und deutlich und bei klarem Bewußtsein wahr genommen. Und das kann zäh werden. Sehr zäh! Es tut auch weh - insbesondere, wenn man ein sechstündiges Intervalltraining daraus macht mit Stop and Go im 1,44 Kilometertakt.
Wie gesagt: anders als erwartet war es. Es ist meiner Motivation nicht förderlich, immer im Kreis und noch dazu an berstenden Tafeln mit Leckereinen vorbeilaufen zu müssen. Weil es bei mir ja selten darauf ankommt, irgendwen besiegen zu wollen. Und mit Landschaft ist es ja nix bei solchen Rundenläufen, ein konkretes Ziel muss auch nicht erreicht werden.
Uschi kam wie versprochen auch zu Besuch und begleitete mich ein Ründchen lang. Nett das - mehrere Gastläufer drehten hier und da Gesellschaftsründchen mit.
Nungut: ich habe massenhaft Rekorde aufgestellt. Es tatsächlich geschafft, die HM-Marke nach 2:38 h zu erreichen


Vermutlich habe ich in den sechs Stunden mehr Kalorien aufgenommen als verbrannt. Ich muß in nächster Zeit viel Laufen, um das wieder abzuspecken.
Insgesamt wurden es bei mir 44,46 Kilometer.
Im Gesamteinlauf war ich 51ste von 61. Von 15 Frauen die 9te und in der W45 von fünf Mitstreiterinnen die dritte.
Die Atmosphäre war klasse! Meine Beine sind lahm, sonst geht's mir ganz gut.
Ein Web.de Fotoalbum:
steht zum Angucken bereit (technisch irgendwie noch unausgereift - ich übe da noch, war mein erster Versuch).
Ein paar ausgewählte Lizzy-Fotos auch im Blog
Achja: die Diggicam hatte ich tatsächlich auf der Toilette liegenlassen. Jemand hat sie gefunden, abgegeben und so habe ich mein Schätzchen wieder. Wie ich sage: Peace, fun and a cake.
Und so kann sich die kleine, inzwischen pappsatte Lizzy in ihren Kokon verziehen und zumindest davon träumen, dass doch noch irgendwann ein leichtflügriger bunter Schmetterling ausschlüpft.



Lizzy