Dann gings nach Wien, am Samstag in der Früh habe ich mich zum Frauenlauf angemeldet. Ich wollte mich ja vor gut zwei Wochen noch rasch anmelden, als klar war, dass ich nicht arbeiten muß an dem Wochende, aber leider ging die Onlineanmeldefrist nur bis 9. Mai. Tja, Pech gehabt. Ich würde also 7,-- Euro Strafe zahlen bei der Anmeldung vor Ort, weil ich so eine spätentschlossene Person bin.
Bei der Nachmeldung am Samstag erfuhren wir, dass wir nicht nur 7,-- Euro mehr für die Anmeldung zahlen durften, nein: wir bekamen auch kein Frauenlaufshirt und kein Startersäckchen.


Jetzt bin ich ja eigentlich keine besonders gierige Person, aber das Frauenlauf Shirt hätte ich ja doch gern gehabt, es ist mit ein Grund für mich, an diesem Lauf teilzunehmen. Und wenn ich schon 7,-- Euro mehr zahlen muß, will ich wenigstens das Gleiche bekommen wie die Voranmelder. Oder sonst eben kein Shirt und kein Startersäckchen, dafür die normale Anmeldegebühr. Dieser Meinung waren so manche Damen und es gab etliche, die am Absatz umdrehten und beschlossen, unter diesen Bedingungen auf den Lauf zu verzichten. Hätte ich nicht schon knapp drei Stunden Anreise hinter mir gehabt, hätte ich auch "dann gemma wieder ham" gesagt und mich mit einem Almdudler wieder richtung Heimat begeben. So aber stürzte ich mich nach erfolgter Anmeldung ins Frauenlauf event Getümmel und ließ mir Proben von "Bionade" und "Fastendrink Guave" reichen, bekam ein Probepäckchen "Dove 50+" in die Hand gedrückt und wunderte mich, dass ich nach ein paar Stunden Autofahrt schon so alt aussehen mochte mit meinen 31 Lenzen

Beim Beratungsstand über Brustkrebs kaufe ich gleich eines dieser hübschen rosaroten Armbänder, auf dem draufsteht "support your healt*** www.brustgesundheit.at" und denke mir: "sei`s drum, ich habe grade den Preis von mindestens zwei örtlichen Betäubungsspritzen fürs Startgeld hingeblättert...!"
Auf dem Platz spielte eine Mädchenband, die richtig gut waren und es gab Fitness-Checks und Ernährungsberatung und Schönheitsberatung und Energiemassagen.... Ein toller Rahmenevent,der am Samstag bis 18:00 Uhr dauern sollte. Dann gabs da noch einen Kelloggs Stand mit neuen Müslisorten, den ich aber ausließ und mir lieber beim Ströck-Stand ein Müsliweckerl holte. Und mit diesem biss ich mir dann mein Provisorium aus. Der momentane Schmerz, weil ich direkt an die "nackten" Zähne kam hätte mich beinahe den nächsten Baum hochgehen lassen. Mann, tat das weh!!! Ich wusste ja gar nicht, wie sensibel der Bereich unter dem Provisorium war! Mein Zahnfleisch blutete heftig und ich suchte einen Spiegel, um herauszubekommen, wo all das Blut her stammte. Ich hatte mir ein Stück Nuss oder sowas in das weiche Zahnfleisch einngebissen und es dauerte ewig, das "rauszuoperieren".
Den restlichen Tag verbrachte ich mit einer kleinen Stadtrunde und am Abend einem gemütlichen Spaziergang an der neuen Donau (das ist ein Naherholungsgebiet in Wien und der Campingplatz liegt gleich daneben). Ich wäre so gern auf das dort am Ufer liegende Clubschiff tanzen gegangen, aber ich wollte fit sein für den Lauf am Sonntag, immerhin habe ich mich für die 10 Kilometer Distanz angemeldet. Am Abend musste ich tief in meinen Campingutensilien kramen, denn mein Kiefer pochte und klopfte und ich konnte vor Schmerzen nicht einschlafen. Schließlich fand ich einen halbleeren Blister mit abgelaufenen Seractil forte (02/07 abgelaufen). Schade, die wären super gewesen!!! Und dann noch zwei Aspro. Die waren dann mein Abendessen.
Heute Morgen war ich schon viel zu früh wach. Ich zerdrückte mir eine Banane und mischte sie ins Joghurt, den weichen Brei löffelte ich vorsichtig, immer bemüht, mein Zahnfleisch nicht zu wecken. Aber die Nerven waren schon munter und meldeten fröhlich "SCHMERZ!!!"

Um nur ja nicht zu spät zu kommen, machte ich mich schon kurz nach 08:00 Uhr auf in Richtung Prater. Erst mit dem Bus, dann mit der U1, dann noch mit der Straßenbahn ein paar Stationen und dann zu Fuß bis zum Start. Um Punkt 09:15 Uhr war ich dort. Start würde um 10:45 Uhr sein. Ich hatte also genug Zeit, mich umzuziehen und meine Sachen an der Garderobe abzugeben - im Gegensatz zu meiner Berichterstattungskollegin lilalila

Ich fühlte mich bis auf die Zahnschmerzen gut, es war bedeckt und alle hofften, dass es nicht zu regnen anfangen würde. Es war etwas kühl und ich machte absichtlich einen Umweg auf dem Weg zum Startbereich, um mich noch etwas warm zu gehen.
Überall standen reichlich Dixie-Klos herum und auch daran merkte man, dass eine Frau die Hauptveranstalterin ist. Ein Mann würde uns NIEMALS so viele nette blau-weiße Häuschen zugestehen! Die Warteschlangen waren durchschnittlich drei bis vier Frauen lang, eine rechte Erholung im Gegensatz zu diversen anderen Veranstaltungen! Einziger Wermutstropfen: wer auch immer die Dinger aufgestellt hat, hat sie scheinbar vom fahrenden LKW geworfen. Teilweise standen die Klos so schief, dass man sich kaum reingetraute. Nun liebe ich es, beim Motorradfahren in der Kurve das Knie (bzw. den Knieschleifer) am Boden kratzen zu lassen. Aber beim Pinkeln bevorzuge ich die aufrechte Haltung und kann mich für einen Hang-off nicht so recht begeistern!
Im Startbereich stand ich erst im falschen Startblock, da mir das dünne Seil entgangen war, das die "Schnellen" von den "Langsamen" trennen sollte. Tat es aber ohnehin nicht, denn als die Menge sich in Bewegung setzte, stellte sich wieder einmal heraus, dass weit über 50 Prozent der Läuferinnen, die sich voller Optimismus in den schnellen Block gestellt hatten, dort nichts verloren hatten und die ersten zwei Kilometer waren ein einziges Gestolper und Ausgeweiche und erst dann hatte sich das Feld soweit entzerrt, dass einen die gruppenweise laufenden Langsamen Mädels nicht mehr nötigten und man nicht dauernd bremsen und anlaufen musste. Davon taten mir nämlich schon die Knie weh. Ich war gut drauf und kam dahinter, dass ich auch im "schnellen" Block viel zu weit hinten Aufstellung genommen hatte.
Auf der Strecke gabs immer wieder Bands, die die Veranstaltung musikalisch untermalten. Bei glaubich Kilometer 3,5 war eine riesige Showbühne aufgebaut, aber kein Mensch außer einem unglücklich dreinschauenden Streckenposten war dort. Auf der Bühne standen ein paar Mädels undefinierbaren Alters und gröhlten furchtbar falsch in die Mikros. Jeder unterdrückte ein gequältes Seufzen und das Tempo verschärfte sich auf Höhe dieser Showbühne merklich, bis die "Künstlerinnen" außer Hörweite waren, dann ließ sich jeder wieder erleichtert in seinen üblichen Schritt fallen...
Eine Sambagruppe war auch auf der Strecke, die waren richtig gut und noch eine Trommlergruppe, die machten aber grade Pause, als wir daherkamen.
Die Feuerwehr hatte ungefähr bei Kilometer 6 eine Art Sprühregen installiert, durch den die meisten von uns freudig durchliefen. Das war trotz des trüben Wetters eine wahre Wohltat - und die Wassertropfen auf meiner Brille erinnerten mich noch eine ganze Weile an die erhaltene Erfrischung.
Die Getränkestände waren außerordentlich gut organisiert. Ich war ganz überrascht, wie viele Becher auf den Tischen standen, als ich die Station passierte. Da wusste ich allerdings noch nicht, dass ich bei einer Gruppe ganz vor mitlaufe. Ich dachte, ich wäre im Mittelfeld und fand es beachtlich, dass wirklich jeder einen Becher Wasser in die Hand gedrückt kriegte.
Beim Laufen ging es mir richtig gut, obwohl ich von Anfang an das Gefühl hatte, ich müsste dringend aufs Klo, mal stärker und mal schwächer. Zum Glück quälte mich mein Heuschnupfen nur mäßig und bis auf ein wenig Husten ab und zu und das übliche Ausspucken von Bronchialschleim fiel ich auch nicht unangenehm auf. Hoffe ich

Den Zielsprint hab ich dann aber total versaut, denn ich bin auf dein orangen Bogen losgesprintet, als gäbs kein Morgen, dabei war der nur eine Vorankündigung und das Ziel lag fast 500 Meter weiter hinten.... Als ich losrannte und eine Dame nach der andern überholte (fünf oder sechs waren es), ging ein Raunen durch die Leute und ich dachte mir "warum ziehen die andern das Tempo nicht an, ist doch schon das Ziel, da vorn???" Und dann kam da noch ein Bogen, auf dem Stand "DM" - der war auch noch nicht das Ziel und erst ganz hinten der Bogen war der richtige. Mannomann!


Im Ziel gabs dann mehrere Zonen. In Zone 1 gabs die Medaille, ein sehr schönes Teil mit bedrucktem Band und fein gearbeitetem Rand, ein richtiges Schmuckstück. In Zone 2 gabs für jede Dame eine Rose. In Zone 3 gabs eine Flasche Vöslauer und in Zone 4 waren die Rauch Nativa Flaschen schon alle, weil ein paar selbstlose Damen gleich mehrere Flaschen an sich gerafft hatten, damit wir anderen nicht so schwer tragen mussten....

Im Endeffekt bin ich in meiner Altersklasse (W30) 23. geworden von immerhin 479 gestarteten Damen. Überraschend viele Läuferinnen haben aufgegeben und ich habe unterwegs wirklich Frauen nach allen Seiten davongehen gesehen, die sich grade die Startnummern runtergenommen haben...

Bei der Siegerehrung gabs noch große Party und unter anderem wurde Stella Deetjen mit dem Frauenlaufpreis geehrt für ihr Werk in Indien, wo sie Leprakranken und Kindern hilft. Ich war total gerührt, wie die sich gefreut hat und auch ihre Ansprache war toll!


Heute mach ich nix mehr, aber morgen muß ich die ganze Wäsche sortieren und das ganze Campingzeug aus dem Transit räumen. Auf dem Rückweg war ich zu faul, hinten im Bus aufzuräumen und hab nur die Sachen gesichert, die bei einer starken Bremsung NICHT nach vorne kommen dürfen... Diesel (meine Katze) hat sich in dem Decken - und Klamottenhaufen herrlich amüsiert, sie ist schon eine richtige Nomadenkatze, fand auch nix dabei, als wir auf der Autobahn in gleichmäßigem Tempo unterwegs waren, aufs Kistchen zu gehen und dann ein paar Katzenkekse zu knabbern, bevor sie wieder irgend eine Kuschelhöhle erobert hat!
Übrigens: Heute zum Abendessen gabs Grießbrei und ich kann kaum gerade schauen vor lauter Zahnweh!
