Nach dem Darß Marathon 2006 hatte ich mich insbesondere aus Zeit- und Motivationsgründen vorläufig von weiteren Marathons verabschiedet. Deshalb winkte ich auch ab, als ein Freund eine Teilnahme am Stockholm Marathon vorschlug. Schließlich ließ ich mich zum Jahresanfang aus zwei Gründen doch dazu überreden: Erstens weil es Stockholm war, eine Stadt, die ich sehr liebe. Zweitens weil ich zu diesem Zeitpunkt die Hoffnung hatte, mich noch einmal zu einer guten Vorbereitung aufraffen zu können. Letztere wurde jedoch bald darauf zerschlagen, vor allem da ich unter einer enormen beruflichen Belastung stand. Dementsprechend schlecht verlief die Vorbereitung. Besonders in den letzten 8 Wochen vor dem Marathon, der wichtigsten Phase, trainierte ich sehr wenig.
Vom Stockholm Marathon erwartete ich daher keine gute Zeit. Belastend kamen hinzu, dass wir in den Tagen zuvor viel zu Fuß in der Stadt unterwegs waren (siehe demnächst den Reisebericht auf
http://www.world-impressions.com) und es sehr heiß war. Mit sonnigen 29 Grad zum Start um 14 Uhr wurde es der zweitwärmste Stockholm Marathon überhaupt.
Aufgrund der sub3h-Zeit von meinem letzten (durchgelaufenen) Marathon in Berlin 2004 konnte ich in Startblock B starten. Damit durfte ich mich zusammen mit den Frauen in einem kühlen Sportkomplex umziehen, während das männliche „Fußvolk“ sich bestenfalls mit Zelten begnügen musste. Auch im Startblock hatten wir einen Vorteil, da die Hälfte der Straßenbreite im Schatten eines Gebäudes lag, welches kurz hinter der Trennlinie zum nächsten Block endete. Die Startnummern waren größtenteils nach Startblöcken geordnet. Ich bekam die Nummer 178; bei 17.500 Anmeldungen und 14.319 Startern eine sehr niedrige Zahl, die eigentlich fast von allein zu einem hohen Tempo verpflichtete.
Also nahm ich mir vor, den Lauf nicht zu langsam anzugehen. Ich hatte absolut keine Ahnung, was drin war, wollte aber zunächst auf eine Zeit von 3:15-3:20 h loslaufen. Eine 3:30 h war das Minimalziel, welchem ich mir allerdings auch nicht sicher war. Entsprechend meinem Zeitziel lief ich auf den ersten Kilometern in einem Schnitt von 4:33-4:40 min/km. Es zeigte sich gleich zum Anfang das leicht wellige Streckenprofil des 2-Runden-Marathons. Die
Streckenführung zeigt viel von der Faszination Stockholms: eine schöne Architektur, viel Grün und sehr viel Wasser. Ich liebe diese Stadt. Hinzu kommen die netten Menschen. Nicht zu verachten sind natürlich die schwedischen, bei diesen Temperaturen knapp bekleideten, Mädels ;-)
Die Strecke geht zunächst zwei Kilometer eine schattige Allee entlang. Danach folgen 3-4 km eher offenes, grünes Gelände. Die erste Wasserstelle nach etwa fünf Kilometern nahmen wir sehr dankbar an. Rund alle drei Kilometer gab es weitere Erfrischungspunkte und kalte Duschen, welche ich beide jedes Mal nur zu gern nutzte. Auch die kleinen Mahlzeiten unterwegs (Salzgurken, Traubenzucker, Süßigkeiten etc.) probierte ich alle aus.
Nach sieben Kilometern im oben genannten Schnitt, wurde ich langsamer. Folgten zunächst drei Kilometer im 4:46er Tempo, ging es danach nur noch im 5er Schnitt voran. Die Hitze machte mir eher wenig zu schaffen, auch der lange, steile Anstieg zur Västerbron nicht. Die Halbmarathonmarke passierte ich, inklusive einminütiger Pinkelpause, in 1:43:07 h und damit voll im Plan. Die folgenden Kilometer gingen genauso weiter, wobei weitere zwei Minuten Pause verloren gingen.
Nach 28-29 km kam unangekündigt der große Einbruch. Plötzlich ging es nur noch im 6er Tempo voran, bei der Västerbrön einige Kilometer sogar nur im durchschnittlich 6:16er Schnitt. Eine Erklärung für den Einbruch auf zunächst flacher Strecke habe ich nicht wirklich. Zum Teil könnte er vielleicht auch nur mentaler Natur gewesen und ich dann in den langsamen Rhythmus gefallen sein. Jedenfalls schleppte ich mich nur mühsam mit (scheinbar) schweren Beinen voran.
Ebenso unerwartet, ging es ab km 36 langsam wieder besser. Obwohl hier der Schlussanstieg begann, wurden die Zwischenzeiten zunehmend schneller. Km 38 lief ich leicht bergauf schon wieder im 4:58er Schnitt, den folgenden sogar in 4:35 min. Wie neu beflügelt lief ich ganz lockeren Schrittes, zumal bergauf, an allen anderen Läufern zügig vorbei. Auf den letzten zwei Kilometern nahm ich wieder etwas Tempo heraus und kam schließlich nach 3:41:19 h im Ziel, dem Olympiastadion, an.
Die Gesamtzeit ist natürlich alles andere als berauschend. Sie entspricht in etwa der von meinem ersten Marathon in Hamburg vor fünf Jahren und fast einer Stunde mehr als letztes Frühjahr möglich gewesen wäre. Angesichts der mehr als mangelhaften Vorbereitung und der sonstigen Umstände ist die Zeit allerdings wenig überraschend. Vielleicht wäre auch eine sub 3:30 h drin gewesen, aber darauf kommt es mir nicht an.
Insgesamt betrachtet kommt der Stockholm meiner Meinung nach definitiv in Frage, sich als der „beste“ Marathon in der Welt zu preisen, wie er in einem viel zitierten Guide aus dem Jahr 1998 eingestuft wurde und noch immer beworben wird. Die Organisation war, abgesehen von der verzögerten Pastaparty wegen eines verspäteten LKWs, absolut perfekt. Für seine Startgebühr in Höhe von 75 Euro bekommt man unter anderem auch ein Funktions-Finishershirt. Die großartige Stadt Stockholm ist immer eine Reise wert und die Marathonstrecke zeigt einen Teil dieser Faszination. Eine Bestzeit darf man angesichts des welligen Profils und einer Durchschnittstemperatur von 18 Grad allerdings kaum erwarten.
P.S. Der angesprochene Reisebericht, der hoffentlich bis spätestens Freitag auf
http://www.world-impressions.com folgt, wird auch neue Stockholm-Bilder enthalten.