7:00 Uhr aufgestanden und ein kleines Frühstück zu mir genommen. Mit der S-Bahn nach Köln, Kleiderbeutel abgeben, Warmlaufen und in dem Startblock einchecken.
Der Startschuß! Nun war es endlich soweit, der Lauf der Läufe wurde gestartet, mein erster Marathon. Aber es tat sich erst mal nichts. Nach 1 - 2 min. konnte ich dann auch loslaufen.
KM 1: Ein flüchtiger Blick auf die Uhr. Ziemlich genau 5 min. Alles bestens, jetzt in diesem Tempo die restlichen 41,195 KM durchlaufen. Paßt schon!
KM 2: Zeit auf dem letzten KM 4:30 min. Viel zu schnell! Ich versuche mich zu bremsen. "Ruhig Jürgen, Du hast noch 40 KM vor Dir. Denk an das, was Dir im Forum geraten wurde. Langsam angehen und später evtl. schneller werden."
KM 3 - 10: Die Stimmung an der Strecke ist gigantisch. Am Rande stehen trommelnde, klatschende und pfeifende Leute die einen förmlich über die Strecke tragen. Zwischendurch sind Passagen, die wie Ausgestorben sind. Keine Menschenseele! Noch immer Kilometerzeiten von 4:30 min. "Verdammt nochmal! LANGSAM!!!!" Aber es läuft halt einfach, und ich schaffe es einfach nicht langsamer zu laufen. Bei KM 10 halte ich kurz bei der Verpflegungsstation. Ich nehme mir zwei Becher Wasser und trinke sie in aller Ruhe aus. Nur nicht verschlucken!! Dann geht es weiter.
KM 11 - 21: Habe einen Laufpartner gefunden, der hat zwar einen Walkman auf - Unterhaltung war also nicht möglich - aber es ist angenehm wenn jemand das gleiche Tempo läuft wie man selbst. Ich zwinge mich aber nach wie vor langsamer zu laufen! Durchgangszeit bei HM 1:37:57 Std. WAHNSINN!!! Viel zu schnell. Ich denke bei mir, daß wird sich rächen. Spätestens ab KM 35, weil ab da der Marathon ja bekanntlich erst richtig losgeht. Ich nehme jede Verpflegungsstation mit, bleibe kurz stehen und trinke 2 Becher Wasser.
KM 22: Es gelingt mir endlich langsamer zu laufen. Für den letzten Kilometer habe ich 5:10 min. gebraucht (hatte ja jetzt mittlerweile schon ein beachtliches Polster). Das ist OK. Meine Beine fühlen sich gut an bis auf die linke Wade, in der ich ein leichtes Ziehen spüre - ist aber nicht dramatisch.
Die Stimmung an der Strecke ist klasse. Zwischendurch wird von den Zuschauern immer wieder der Name der Läufer gerufen, weil dieser nun erstmals vorne mit auf der Startnummer steht. Ein tolles Gefühl, wenn wildfremden Menschen Deinen Namen rufen und Dich angefeuern.
KM 23 - 30: Alles ist gut. Die Kilometerzeiten liegen bei 5:00 - 5:15 min. Endlich habe ich ein vernünftiges Tempo gefunden. Zu dem Ziehen in der linken Wade gesellt sich nun auch noch eine Blase unter dem rechten Fuß.
KM 31 - 35: Die Beine werden langsam schwerer. Mein Hauptproblem sind allerdings nicht meine Beine, sonder eher meine Füße die anfangen weh zu tun. Ich bin gespannt, was mich auf den nächsten Kilometern erwartet. Mehr als 30 KM bin ich noch nie am Stück gelaufen. Immer mehr Läufer bleiben stehen oder gehen ein Stück. Ich denke kurz darüber nach auch ein Stück zu gehen, verwerfe den Gedanken aber schnell wieder. Ich halte es nach wie vor so, daß ich an den Verpflegungsstellen kurz stehen bleibe und etwas trinke.
KM 36 - 38: An der Strecke sind mittlerweile Menschenmassen. Sie machen einen höllischen Krach und peitschen die Läufer nach vorn. Ich versuche die Stimmung zu genießen und nicht an meine Beine zu denken, die immer schwerer werden. Ich weiß nicht, wie ich die letzten Kilometer schaffen soll. Die Zeiten sind mir mittlerweile egal. Jetzt heißt es nur noch durchhalten.
Warum bin ich nur so schnell losgelaufen? Hätte ich es doch am Anfang ruhiger angehen lassen, dann wär es jetzt nicht so schwer. Ich ärger mich fürchterlich.
KM 39 - 40: Wow! 39 KM bin ich schon gelaufen. Das ist ja der Wahnsinn. Ich schaffe es, da bin ich mir ganz sicher. Ich habe wieder einen Laufpartner gefunden. Wir unterhalten uns und helfen uns so über die nächsten Kilometer. Es ist Triathlet und es ist mittlerweile sein 15 Marathon - der Mann hat also Erfahrung. Ich erzähle ihm, daß dies mein erster Marathon sei. Er sagt mir, daß ich aber für den ersten Marathon ganz schön flott unterwegs sei. Eine Zeit von unter 3:30 Std. würden nicht viele beim ersten Marathon schaffen.
Wie unter 3:30 ? Die Uhr hatte ich ja ganz vergessen. Aber er hatte recht. Bei KM 40 stand da eine Zeit von 3:17 Std. Ich bekomme Flügel.
KM 41 - 42,195: Wir laufen auf die Kölner Innenstadt zu. Man hört schon den Lärm, den die Zuschauer machen. War ich jetzt schon an KM 41 vorbei oder kommt das Schild noch? Ich habe völlig die Orientierung verloren. Jetzt heißt es einfach nur noch laufen. Noch 1 KM bis ins Ziel. Die Stimmung trägt mich über den letzten Kilometer. Da ist auch schon der Kölner Dom in Sichtweite. Aber wo ist das Ziel? Nach der nächsten Biegung sehe ich es. Ich lege so etwas ähnliches wie einen Schlußspurt hin. Sah wahrscheinlich ziemlich komisch aus.
Noch 100 Meter - ich bin völlig überwältigt, ich schaffe es. Die Leute jubeln mir zu! Dann der Zieldurchlauf ich drücke automatisch die Stopptaste meiner Uhr. Ich hab es geschafft! JAAAAAAA!!!! Ich reiße die Arme hoch. Mein Blick schweift auf meine Uhr:


Ich kann es nicht fassen. Bis vor einer Woche wußte ich noch gar nicht, daß ich hier heute mitlaufe und jetzt das. Eine Zeit von unter 3:30 Std. - und das beim ersten Marathon. Ich habe wirklich nicht "nah am Wasser gebaut", aber ich bin überwältigt und verdrücke ein paar Tränen.
Nachdem ich mich im Zielbereich gestärkt habe, ziehe ich mich noch kurz um und fahre dann mit der Bahn nach Hause. Meine Beine tun jetzt richtig weh. Also Badewanne und möglichst früh ins Bett. Die Schmerzen sind heute nicht so schlimm wie ich befürchtet hatte. Ich kann zumindest einigermaßen laufen.
Zum Schluß bleibt noch zu sagen:
Danke Köln!