Ahoi zusammen,
ich dachte, ich plaudere mal ein wenig aus dem Nähkästchen und beschreibe hier mal die (europäische) Tretrollerszene, ihre Organisation und ihre Geschichte. – Das kann für euch eventuell einfach nur interessant sein, vielleicht liest dies aber auch der eine oder andere Veranstalter und öffnet uns die Tür zur Teilnahme an seiner Veranstaltung ...!?
Allgemein gilt, der Tretroller ist technisch betrachtet ein sehr einfach konstruiertes Fortbewegungsmittel ohne jegliche Mechanik zur Kraftübertragung als Antrieb. Ein Tretroller lässt sich problemlos aus Schrottteilen zusammen braten und war somit gerade in den bitterarmen Nachkriegsjahren in Gesamteuropa ein sehr weit verbreitetes Verkehrsmittel, auch für Erwachsene. Unsere Eltern, Ur- und Ur-Urgroßeltern erinnern sich ...!!!
Vier europäische Länder (Finnland, Tschechien, Italien und die Niederlande) verfügten bis 1996 über eine eigene eigenständige Tretrollerszene, die groß genug war, sie als „Szene“ zu bezeichnen.
In Finnland entwickelte sich der Tretrollersport aus der sehr viel älteren Tradition des Tretschlittenfahrens. Den Tretschlitten gibt es in Finnland und Skandinavien wahrscheinlich schon seit der Erfindung der Kufen. Auf Eis und Schnee wurden bereits sehr früh Wettkämpfe ausgetragen. – Das populäre „Kickbike“ wurde von seinem Schöpfer, Hannu Vierikko, ursprünglich zu dem Zweck entwickelt, um im schnee- und eisfreien Sommer ein Trainingsgerät für den Sport während der Wintermonate zu haben.
Tschechien und die Niederlande verfügen je über eine sehr ausgeprägte Tretrollerszene mit zahlreichen Clubs und Vereinen, die über das gesamte Land verteilt sind. Die Niederlande ist dabei wohl das am besten erschlossenste Land; seit genau 20 Jahren existiert nun die Niederländische Tretrollervereinigung (NAF). In beiden Ländern gibt es eigenständige Rennserien, quasi Ligawettbewerbe, und nationale Meisterschaften; in den Niederlanden zusätzlich aber noch zahlreiche Touren und sonstige Aktivitäten rund ums Tretrollerfahren.
Italien ist ein Exot. – Dort entwickelte sich vor ca. 20 Jahren rund um die Stadt Ivrea im Aosta-Tal eine mittlerweile sehr große aktive Tretrollerszene. Eine lokale Rennserie gibt es auch hier.
Im Jahr 1996 kam es zu ersten lockeren „Besuchen“ der Tretrollerländer untereinander; Vertreter aus Finnland waren zu Gast in den Niederlanden. Man vereinbarte weitere zukünftige Treffen und dachte laut über internationale Wettkämpfe nach. Die Tschechen wurden mit ins Boot geholt.
Ausgerechnet in Deutschland fand 1997 in Wolfsburg das erste internationale Tretrollerrennen statt. Bis heute gilt diese Veranstaltung mit als die größte und beeindruckendste Tretrollerveranstaltung, die es je gab! (Ich war zu dieser Zeit leider noch nicht dabei ...) Organisiert wurde das Rennen vom heutigen Extremsportler und Aidsaktivisten Joachim Franz und seinem Team. Ein Jahr zuvor überquerte Joachim Franz mit einem Tretroller den Ural. – Es folgten weitere internationale Wettkämpfe in Finnland, den Niederlanden und Tschechien. Auch in Deutschland wurden noch einige Rennen durchgeführt, z.B. in Leipzig und Dinkelscherben. Es waren die Vorläufer einer europäischen Rennserie zu erkennen.
Bei einem Wettkampf und Treffen in Tschechien einigte man sich 1998 auf die Bezeichnung „IKSA – International Kicksled and Scooter Association“ (
http://www.iksaworld.com) als Name für die weltweite Dachorganisation des Tretrollersports und verabredete eine feste jährliche europäische Wettkampfserie, den EuroCup. Es folgten Europameisterschaften und seit 2004 auch Weltmeisterschaften im jährlichen Wechsel.
EuroCups gab es bislang in folgenden Ländern: Tschechien, Italien, Finnland, Dänemark, Belgien, Wales, Niederlande, Schweiz und Deutschland. In diesem Jahr gibt die Slowakei ihr Debüt. – Kontakte pflegt die IKSA in die gesamt Welt, jeder Kontinent ist vertreten.
Bemerkenswert ist, dass die komplette Organisation des europaweiten Sports komplett in der Hand der Athleten liegt. Die Sportler haben sich selbst ihre weltweite Plattform geschaffen, um ihren Sport auszuüben, zu verbreiten und um jede Menge Spaß zu haben.
Die Hauptaufgaben der IKSA bestehen darin, die stattfindenden EuroCups festzulegen und das Reglement zu pflegen. Beides geschieht in Komitees, mal mehr und mal weniger intensiv.
Zum Planungskomitee zählen je ein Vertreter der Länder Tschechien, Finnland, Italien, Niederlande und Deutschland. Spätestens zu Beginn eines Jahres sollten die Termine der kommenden Saison bekannt sein. – Anfragen und Bewerbungen sind an das Team zu richten.
Eine EuroCup-Veranstaltung muss eine 2-Tages-Veranstaltung an einem Wochenende (Samstag und Sonntag) sein, damit sich die Anreise auch lohnt. Es muss je Veranstaltungstag ein Einzelwettkampf und zusätzlich an einem der beiden Tage eine Staffelwertung stattfinden. Die Einzelwettkämpfe müssen sich in ihrer Art voneinander unterscheiden (z.B. Sprint und Langstrecke, ebenes und bergiges Gelände, usw.). Ferner sollte sich die Veranstaltung bereits in einer Form bewährt haben.
Eine Welt- oder Europameisterschaft findet an drei Veranstaltungstagen (Freitag bis Sonntag) statt und hat drei Einzelwertungen und eine Staffelwertung.
Das war’s für heute ...
L.