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von Aurora
ITBS ist ja hier im Forum schon reichlich angesprochen worden. Aber ich nutze hier die Gelegenheit euch nochmal etwas Mut zu machen. Man kann auch bei schlimmen ITBS-Problemen wieder laufen.
Zu meiner Vorgeschichte: Ich bin schon früher reichlich Rad gefahren und gelaufen, aber alles eher ohne Plan und nach Lust und Laune. 1999 bei der Bundeswehr hatte ich zum ersten Mal diese massiven Schmerzen außen am Knie, ging soweit, dass ich nach einem Nachtmarsch den ich abgebrochen habe auf allen Vieren ins Klo gekrochen bin, weil Auftreten unmöglich war. Naja, die haben dann an mir rumgedocktert, im BWK in Ulm einen ungünstigen Lauf der Patella festgestellt (was auch die Ursache massiver Knieschmerzen sein kann) und mir Einlagen verschrieben für die Kampfstiefel, sowie mich dauerhaft von Sport und Geländemärschen befreit. Damit war das eigentliche Problem erst mal beseitigt und ich habe zusätzlich aufgrund eines Tips der jungen Stabsärztin im Fitnessraum der Einheit Kräftigungsübungen für die Beine gemacht. Damit konnte ich dann wieder schmerzfrei gehen es war weg. Das ist jetzt so circa 7 Jahre her. Allerdings ist das nette ITBS-Problem bei meinen Laufversuchen in den letzten Jahren immer nach etwa 8 Wochen bis 3 Monaten aufgetreten, irgendwann dann so massiv, dass Laufen unmöglich war. Ich habe dann für mehrere Wochen/Monate pausiert, bin aufs Rennrad gestiegen. Ich habe mich irgendwie damit abgefunden, dass ich wohl nie vernünftig und dauerhaft schmerzfrei trainieren kann.
Letztes Jahr habe ich dann angefangen nochmal das Laufen zu trainieren, unter anderem weil meine Freundin die ich damals kennengelernt habe auch Läuferin ist (bzw. war). Ich habe mir dann vorgenommen, langsam zu steigern, nicht zuviel machen, bergab vorsichtig zu sein. Hat auch dazu geführt, dass es ziemlich lange gut ging, fast 4 Monate, dann war der fiese Schmerz wieder da.
Meine Freundin hat mir dann empfohlen, doch nochmal zu ihrem Arzt zu gehen. Da hab ich dann halt bei Dr. Schreiber in der Sporttraumatologie in Freiburg einen Termin vereinbart. Da das eine Weile gedauert hat habe ich dann extra am Tag vor dem Arzttermin nochmal einen Lauf gemacht, damit so richtig Symptome da sind. Also bin ich 1 Stunde und 25 Minuten knallhart gelaufen, Berg hoch, Berg runter, was so ging. Ich hatte einen super Laufflash und ich dachte schon ich krieg das Knie gar nicht kaputt. Am Schluss hat es dann aber schon weh getan, am nächsten Tag war es dann richtig schlimm. Also perfekt, Symptome sind schonmal da.
Dr. Schreiber hat sich sehr viel Zeit genommen für eine gründliche Diagnose und ist dabei dann auch darauf gekommen, dass das ITBS gereizt ist und der Traktus sowie die ganze Muskulatur außen auf dem Oberschenkel steinhart ist und verspannt. Er hat mich dann noch zum Ausschluss von Knorpelschäden am Aussenmeniskus durchs MRT schieben lassen, alle Bänder und Knorpel waren okay. Er hat dann auf konventionelle Therapie entschieden. Zum einen Physiotherapie, zum anderen begleitend zur Aufhebung der akuten Entzündung, Salbenverbände mit Kühlpaste und Voltaren, sowie Wobenzym-Dragees. Ich habe also brav gepinselt und dann meinen ersten Termin bei meiner Physiotherapeutin wahrgenommen. Frau Schleusener kennt sich glücklicherweise mit ITBS aus, sie hat(te) es selbst. Die Behandlung an sich ist ziemlich brutal, tut weh, aber sie hilft. Sie hat bei mir die ganzen netten Muskelgruppen bearbeitet und vor allem die myofasciculären Verhärtungen gelöst. Daneben Dehn- und Kräftigungsübungen für zu Hause. Dabei durfte ich am Anfang gar nicht laufen. Dann nach etwa 2-3 Wochen Behandlung (2x wöchentlich) durfte ich zum ersten Mal wieder laufen gehen. Allerdings mit modifiziertem Laufstil. Ich sollte versuchen, die Hüften stabil zu halten, also nicht zu verkippen. Dazu die Schrittlänge verkürzen und den Oberkörper etwas weiter nach vorne. Laufdauer am Anfang nur ganz kurz (sie sprach so von 5 Minuten oder so). Auch wenn es schwer viel hab ich das gemacht, wobei ich mit 3x 5 Minuten und dann 5 Minuten Gehpause angefangen habe. Ich hatte eh das Gefühl nicht länger als 5-6 Minuten in dem Stil laufen zu können weil es doch sehr die Muskulatur beansprucht. Man fühlt sich dabei irgendwie zwar bekloppt, ich hatte das Gefühl zu stehen und wie so eine chinesische Laufente (wer die kennt weis was ich meine) durch die Gegend zu watscheln. Nach und nach durfte ich langsam steigern, dazu parallel weiterhin Physio und die Übungen. Total wichtig ist es bei ITBS sehr langsam zu steigern, nicht mehr als 5-10% mehr und dann dieses Niveau erst mal halten. Aber ich habe gemerkt, dass zum ersten Mal ich laufe und gleichzeitig die Entzündung unter dem ITBS besser wird. Der schwammige Look und das dumpfe Gefühl verschwanden langsam. Ich habe auch die ersten Male nach dem Laufen direkt die Stelle mit Eis gekühlt. Nach einigen Wochen habe ich mich langsam auf 20-30 Minuten Laufen hochgearbeitet. Ein wichtiger Trick neben den Übungen für die Dehnung des Traktus hat mir meine Physiotherapeutin gezeigt:
Ein kleines Handtuch wird sehr fest zusammengerollt und mit Klebeband oder Gummibändern fixiert. Diese Handtuchrolle legt man auf den Boden und legt sich mit der Seite darauf. Das obere Bein anwinkeln (90° jeweils) und auf dem Boden ablegen. Dann kann man mit der Handtuchrolle Druck am Oberschenkel, Traktus entlangrollen und diese dabei dehnen und die myofasciculären Verhärtungen lösen. Ich wende das heute immer noch gelegentlich bei Bedarf an, man sollte das nur nicht direkt vor oder nach dem Laufen machen.
Am Ende der ersten 5 wöchigen Situngsreihe konnte ich schon wieder so 25-30 Minuten laufen, und die Entzündungsreaktion war eindeutig auf dem Rückzug, das Laufen fühlte sich freier an und ich begann mich an den mehr Vorfußlastigen Laufstil zu gewöhnen.
Danach hatte ich noch 10 Wochen lang je einen Termin pro Woche, am Ende war die Entzündung komplett verschwunden und ich konnte so regelmäßig zwischen 30 und 45 Minuten laufen. Ich habe danach die Übungen fortgesetzt, und mein Laufpensum über den Winter nur geringfügig erhöht. Ich bin zum Teil nur auch mal einmal pro Woche gelaufen, und keine großen Steigerungen. Auf jeden Fall konnte ich dann von Januar bis März mein maximales Laufpensum so auf bis zu ner Stunde strecken, in der ich so 10-12 Kilometer gelaufen bin, dazu noch zwei kürzere Läufe pro Woche. Immer mindestens ein Tag Pause zwischen den Läufen. Ich habe mir dann leider Ende Februar das rechte Sprunggelenk übertreten, bin dann aber trotzdem 2 Wochen später den Osterlauf in Öpfingen gelaufen. Die 7,5 km bin ich in 31:43 gelaufen (4:13 / km). Danach habe ich den Knöchel vollends auskuriert und bin dann systematisch ins Training eingestiegen. In den folgenden Wochen habe ich dann etwa 30-40 Wochenkilometer trainiert, dabei ein langer Lauf den ich so nach und nach bis auf 1:20 gesteigert habe. Dazu dann Intervalle auf der Bahn, z.B. 6x1000 m und der Rest halt Grundlagenläufe so in 4:45-5:15.
Am 24. Mai bin ich dann beim Stadtlauf in meiner Geburtsstadt Lahr (Schwarzwald) gelaufen und habe dabei einen irren Sprung gemacht. Die 8,3 km bin ich in 31:09 gelaufen (3:45 / km). Dabei keine wirklichen Probleme gehabt. Seitdem trainiere ich für den Hornisgrindelauf (10 km) am nächsten Sonntag. Da will ich auf jeden Fall unter 40 min bleiben, mal sehen ob es klappt. Ich hatte in den letzten Wochen mal eine Zeit wo der Traktus wieder hart war und ich das Gefühl hatte es könnte wieder ein Problem geben. Da habe ich dann einfach die langen Läufe und Intervalle für 2 Wochen gestrichen und bin nur Grundlagenläufe von so je 10-13 km in 4:45 / km gelaufen. Danach war alles wieder okay. Parallel natürlich nochmal gründlich mit Dehnen und Handtuchrolle den Traktus bearbeitet.
Wie ihr seht es geht also durchaus, ist aber langwierig und es braucht dazu einen guten Physiotherapeuten und den Willen dauerhaft sich an die Anweisungen zu halten....