Ausgeschlafen, was nun? Erst mal gemütlich aufstehen, fürstlich frühstücken und weiteres Programm planen.
Freundin vom Besuch des nahe gelegenen Harley Davidson Händlers überzeugen (was bei ihr beim Thema Harley nur 2 Sek dauert

Unglaublich wie viele Leute an nem Sonntag nichts besseres zu tun haben. Vielleicht liegt es auch daran dass die Harley Fahrer eine eingeschworene Gemeinschaft bilden.
Egal, nach zwei Stunden hab ich tränende Augen und verlasse den Shop einmal mehr in der festen Überzeugung dass ich nächstes Jahr auch so ne Maschine fahren will...muss. Schliesslich befinden wir uns jetzt auch im passenden Alter (40, Tendenz steigend)

Nach so vielen schönen Eindrücken hab ich weder Lust mich aufs Sofa zu hauen noch den Sonntagsausflüglern beim Kaffee schlürfen zu zusehen.
Schatz...hmmm (räusper)... hättest du was dagegen wenn ich schnell ne Runde drehe. Sie schaut mich mit nem schiefen Grinsen an (läuft selber 6 mal die Woche) und meint dann trocken: Zeigs ihnen, Tiger.
So schnell war ich in den drei Monaten seit denen ich regelmässig laufe noch nie in meinen Laufklamotten.

Nach dem üblichen lockeren Einlaufen (eigentlich "Eingehen") mache ich mich auf meine gewohnte Runde. Nach fünf Minuten kann ich mit der Zunge meinen Bauchnabel berühren. Ich habe Blei in den Schuhen. Der Atem geht schwer, Seitenstechen. Blick auf die Uhr: Pace 5:00/KM.
Kein Wunder, schalt mal nen Gang zurück. Hast schliesslich keine 130 PS. Und mehr als 3 Gänge gibts auch nicht.
10 Minuten später, "normale" Pace: 6:15 - 6:30. Die Schritte immer noch ungewohnt schwer. Ich zu Ich: Komm jetzt, du Sau (mit den Worten von laufjoe gesprochen). Wenigstens die kleine Runde machst du noch fertig bevor sie dich fertig macht.
Am Point of (no) Return mach ich meine Schlaufe und befinde mich bereits auf der zweiten Hälfte und somit dem Rückweg. Von weitem seh ich die Gabelung zu meinem "inneren-Sauhund-überwind-Hügelchen". Was jetzt... geradeaus aufs Sofa oder rechts abgebogen und nen zusätzlichen Kilometer laufen.
Eigentlich, so sag ich zu mir, könntest du diese Runde noch mitnehmen.
Eine "Hügelchen"-Runde = ca 1000m, wovon 400m mit 12% Steigung. Ich schleppe mich den Berg rauf, immer darauf bedacht nicht rückwärts zurück zu rollen. Auf dem Gipfelchen angekommen ist mir heisser als inner Sauna. Meine Kleider sind von innen dampfgebügelt.
Nun gehts steil bergab. Ich mache Zwerghamsterschrittchen. Der Puls fällt deutlich, die Beine werden leichter. Wieder auf der Geraden höre ich meinen Atem nicht mehr (was nicht am aufkommenden Wind liegt). Gute Voraussetzungen für ne zusätzliche Runde. Bevor ich gross darüber nachdenken kann ist die Gabelung schon wieder da und meine Beine ziehen nach rechts Richtung Hügelchen.
Nun tripple ich in kleinen Schrittchen den Hügel hinauf. Immer schön mit dem Vorderfuss auftreten und kräftig abstossen. Macht richtig Spass. Schon bin ich wieder auf dem Bergabweg. Auf der Geraden fliege ich förmlich (mit Hilfe des Rückenwindes keine Kunst).
Da taucht doch schon wieder diese vermaledeite Gabelung auf. Ok, geradeaus gilt nicht. Auf zur nächsten Runde. Diesmal fliege ich den Hügel rauf (ohne Rückenwind). Langsam wirds dunkel. Die Bäume links und rechts fangen an zu ächzen und zu stöhnen. Der Wind wird langsam stärker.
Was solls... einmal (dreimal) ist keinmal. Noch ne vierte Runde angehängt. Ich nehme die Steigung gar nicht mehr wahr, sehen kann ich sie sowieso nicht mehr.
Mit einem guten Gefühl passiere ich die Gabelung und laufe ohne schlechtes Gewissen geradeaus. Meine Beine laufen von selbst. Der Atem geht ruhig und gleichmässig. Nicht die geringste Anstrengung...
Der Waldrand und somit das Ende meiner Strecke tauchen unvermittelt vor mir auf. Ich drücke die Stopptaste. Meine FR 305 zeigt mir 01:00:38 Std und 9.08 Km an. Ich grinse nur noch... auch als mich meine Freundin (liebevoll) zusammenstaucht weil sie sich langsam Sorgen gemacht hat.
Ich kann gar nicht mehr aufhören zu grinsen... ich bin nach drei Monaten das erste Mal eine Stunde durchgelaufen.
Und was bleibt ist ein verdammt gutes Gefühl...
