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Schuldgefühle

Schuldgefühle

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Hallo zusammen,

diese Woche bin ich auf meiner "Stadt-Laufstrecke" an unterschiedlichen Tagen an mehreren Rollstuhlfahrern vorbeigelaufen. Ich habe alle ganz freundlich gegrüßt. Jedoch fühle ich mich dann immer ganz schlecht in solchen Momenten und würde am liebsten im Erdboden verkriechen. Auch wird mir in solchen Momenten wirklich richtig bewusst, wie gut ich es doch habe. Ich KANN laufen. Ich stelle mir das ganz schrecklich vor, an einen Rollstuhl gefesselt zu sein. Ich fühle mich dann immer ganz schlecht, wenn ich dann vorbeilaufe, weil ich denke, dass den Menschen dann ihr eigenes "Schicksal" noch mehr bewusst wird. Ist das bei Euch genauso?

Lg Marion :hallo:

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ich hege dazu andere gedanken. ich denke mir, dass ich laufen kann, verpflichtet mich auch es zu tun. gerade angesichts jener menschen, die es vielleicht gerne würden, aber nicht können. also, kein grund für schuldgefühle gerade da.
lieber laufend leben, als stehend sterben
2009: einfach abhaken und vergessen
2008: 10 km - 0:41:15 PB; HM - 1:29:46 PB; M - 3:18:43 PB

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Wieso Schuldgefühle? Sorry, das hast du ja bereits geschrieben. Kommt wohl aus einer Unsicherheit den Rollifahrern gegenüber. Aber mach dir mal da nicht so viele Gedanken, die freuen sich eher, wenn jemand sie ganz normal wahrnimmt.

Und wäre Grußlos vorbeilaufen besser?
Siehste!

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Rennmäuschen hat geschrieben:Jedoch fühle ich mich dann immer ganz schlecht in solchen Momenten und würde am liebsten im Erdboden verkriechen.
Bist du dafür verantwortlich? Könntest du etwas ändern? Helfen Schuldgefühle irgendwem?
Rennmäuschen hat geschrieben:Auch wird mir in solchen Momenten wirklich richtig bewusst, wie gut ich es doch habe.
Es ist gut, sich ab und zu dessen bewusst zu werden. Aber für Schuldgefühle gibt es keinen Grund.
"If I had no sense of humor, I would long ago have committed suicide." (Gandhi)

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Schuldgefühl würde bedeuten, dass ich Schuld habe, und das habe ich (und du) in dem Fall sicher nicht.

Ich kenne Mitleid. Ich denke auch manchmal, dass mich Rollifahrer um meine Mobilität beneiden. Gleiches kenne ich aus meinem Bekanntenkreis, wo kranke Menschen nicht mehr in der Lage sind, 3 KM spazierenzugehen, ohne unterwegs um Luft zu ringen. Dann zu erzählen, dass ich grade einen schönen Landschaftstrainingslauf über 25 KM gemacht habe, fällt schwer....

Aber: deswegen werde ich das Laufen nicht aufhören oder einschränken noch habe ich ein schlechtes Gewissen dabei.

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Hi Marion,
die Gedanken hast du und der Rollstuhlfahrer auch das kann schon sein.Ich habe viel mit Behinderten Menschen zu tun da mein ältester Sohn 100% geistig Schwerbehindert ist.Und gleiche Behandlung heißt auch diese mitleidigen Gedanken einfach nicht mehr zulassen.
Grüße Joachim

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Ich glaube nicht, dass ein Rollifahrer glücklich darüber wäre, dass Du ihn oder sie bedauerst! Wenn ich es wäre, würde ich dieses Bedauern sehr merkwürdig finden. Die sind doch auch draußen unterwegs, machen ihren Sport... Was ist daran zu bedauern? Und warum sollten sie Dich beneiden? Ich beneide doch auch nicht automatisch jede Frau, die hübscher ist als ich, jeden Menschen, der wohlhabender, dünner, klüger oder besser gekleidet ist?

Grüßen ist nett, von Sportmensch zu Sportmensch, aber das Mitleid kannst Du Dir schenken. Das hilft keinem. Schau doch Mal bei den Volksläufen bei den Rollis zu, Du wirst sehen, dass hervorragende Athleten darunter sind. Vielleicht baut das Deine Unsicherheiten ab? VG, Barbara
"The greatest pleasure in life is doing what people say you cannot do." - Walter Bagehot

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:winken:

wieso machst du dir Gedanken? Natürlich sind das arme Schweine im Rolli. Das weißt du und die, die drinne sitzen noch viel besser. Weder bist du daran schuld, noch brauchst du dir deswegen Vorwürfe zu machen. Mach doch mal den Döner-Ali. Dreh den Spieß rum. Du bist Sportler, "die" über die du dir Gedanken machst, genau so. Also seid ihr Sportsfeunde. Wo is alzo die Problematik? So wirklich gefestigt sind meine Erfahrungen da nicht ganz, aber Mitleid ist sicherlich nicht das Mittel der Wahl. Ganz bestimmt nich....

:hallo:
der dicke ELch

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Rollifahrer sind allermeistens keine ARMEN SCHWEINE!
Im Gegenteil, die leben oft viel bewusster als du und ich.
Musst sie halt mal fragen was ihnen wichtig ist im Leben. Du wirst staunen!

Liebe Grüße von
Lieschen

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erwinelch hat geschrieben:Natürlich sind das arme Schweine im Rolli.
...
Du bist Sportler, "die" über die du dir Gedanken machst, genau so. Also seid ihr Sportsfeunde.
Ich glaube nicht, dass "die" sich gern "arme Schweine" nennen lassen.

Und ich denke, Rennmäuschen spricht von "normalen" Rolli-Fahrern, nicht von Sportlern.

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Lieschen Müller hat geschrieben:Rollifahrer sind allermeistens keine ARMEN SCHWEINE!
Im Gegenteil, die leben oft viel bewusster als du und ich.
Musst sie halt mal fragen was ihnen wichtig ist im Leben. Du wirst staunen!

Liebe Grüße von
Lieschen
STOP!!!!!!!!!!! Missverständnis...., Falschverstehung.....

wenn ich von "armen Schweinen" rede, rede ich nicht von Mitleid. Es gibt imho für einen Menschen (fast) nix schlimmeres als den Rolli. Das ist der Gedanke. Einfach ganz grundsätzlich. Und wer sich etwas näher damit beschäftigt, der erlebt, daß "die Betroffenen" viel selbstbewußter und positiver eingetellt sind :daumen: :daumen: :daumen: , als sich das der Nicht-Betroffene gemeinhin vorzustellen vermag.

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Ich hab einen Kollegen, dessen jüngerer Bruder selber Rollstuhlfahrer ist.
Coole Story:
Also sein Bruder spielt Basketball in einem Behindertenverein in Berlin. Im Sommer spielen sie auf einem Court, der auf der anderen Straßenseite des Vereinshauses liegt.
Und mein Kollege gönnte es sich an diesem Tag, sich auch in so einen Rolli zu setzen und den anderen zu folgen.
Nun kam er rollend an die Straße und hatte doch sehr Respekt vor der "für ihn immer noch zu hohen" Gewegabsenkung.
Ein Auto kam und der Fahrer winkte ihn freundlich rüber, weil er bestimmt den selben Anstand oder das selbe Mitleid
wie die meisten User hier hatte.
Aber mein Kollege traute sich, nun unter Druck, immer noch nicht und winkte seinerseits den Autofahrer weiter. Der jedoch zeigte mit einer Geste, dass er genug Zeit zum Warten hat.
Da ist mein Kollege aufgestanden und hat den Rolli über die Straße geschoben...
Bild

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"Arme Schweine" gibt es unter Fußgängern und Rollifahrern. Es ist ein zweifellos ein anderes Leben als Rollifahrer, aber durchaus lebenswert :daumen: Man muss sich halt auf die neue Situation einstellen, wenn einem dieses Schicksal widerfährt. Das schafft der eine besser als der andere, aber so geht es den Menschen im Allgemeinen ja auch. Der eine ist lebensfroh und positiv eingestellt, der andere neigt zum Pessimismus und ist schlecht drauf. Was Rollifahrer am wenigsten brauchen, ist Mitleid :nene: Man sollte ihnen wertfrei und "normal" gegenübertreten, dann fühlen sie sich auch nicht ausgegrenzt.
Zum Thema Rollstuhlsport: da gibt es sooooooooooo viele gute Sportler in sooooooo vielen Sportarten, mit denen muss man absolut kein Mitleid haben. Sei es Skifahren, Rennrollstuhlfahren, Handbikefahrern, Schwimmen, Basketball, Tanzsport und und und. Wer sich bewegen will und Spaß am Sport hat, der findet sein Betätigungsfeld auch als Rollifahrer und ist damit glücklich :nick:
What was hard to suffer, is sweet to remember.Seneca

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Mir ist noch ein ganz banales Beispiel eingefallen, das fürs Grüßen spricht und für jeden nachvollziehbar ist.

Du steigst mit schwerbepacktem Rucksack heftig schnaufend bergauf zu einer Hütte. Da kommt jemand scheinbar leichtfüßig von oben herunter und grüßt dich freundlich. Der von oben kommt, ist eindeutig im Vorteil, was die Anstrengung betrifft, trotzdem empfindest du den Gruß nicht als Affront sondern als nette Geste.

Ähnlich wäre es natürlich auch bei zwei Läufern, von denen einer den anderen überholt, bei dieser Situation gibts aber den Nachteil, dass die beiden nur selten direkten Sichtkontakt bekommen, jeder sieht den anderen nur von hinten.

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Ich kann die Gefühle schon verstehen. Aber geh einfach mal davon aus, dass laufende Menschen für einen Rolli Alltag sind. Er fängt bestimmt nicht bei jedem einzelnen an, neu über sein Schicksal nachzugrübeln.

Ich sehe es, wie Schoaf. Nutze die Begegnung, um froh über die eigenen Möglichkeiten zu sein. Damit wirst Du Rollstuhlfahrern ohnehin am besten gerecht.
Berichte, Geschichten und Streuselkuchen: www.laufen-mit-frauschmitt.de
Laufen mit Verantwortung:
laeufer-pro-umwelt.de
Zum Hören: der Schmittcast
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