Hallo D.T.,
die Armarbeit ist für das Laufen nicht unwichtig. So weit, so gut. Vor allem liegt mir jetzt aber im Herzen zu verdeutlichen: Die Armarbeit ist eines von zig Details, die man beim Laufen auch beachten und ggf. verbessern kann. Man kann, man muss nicht. Man kann auch mit scheinbar sehr schlechter Armarbeit Weltklasse laufen. Bewiesen hat mir das eine kleine Japanerin, die ich gern im Zusammenhang mit diesem Thema bemühe. Keine Ahnung wie sie heißt, man bräuchte aber nur die Siegerin des Berlin Marathon von 2006 zu suchen. Diese kleine Frau hat gezeigt, dass man auch als "Winzling" schnell laufen kann (war ja im Forum auch schon Thema) und sie praktizierte zudem eine optisch abscheuliche Armarbeit. Einer ihrer Arme fuchtelte so unkontrolliert von der Seite zur Brust, dass er ihr gar nicht zu gehören schien, während der andere Arm ganz normal mitschwang.
Warum hat ihr der Trainier das nicht abgewöhnt? War das vielleicht doch nicht so wichtig? - Da es reine Spekulation wäre, lasse ich die Frage im Raum stehen.
Und nun zur "korrekten" Armhaltung beim Laufen. Zunächst sei gesagt, dass es keine völlige Übereinstimmung bei Fachleuten gibt und dass die Haltung auch von der dem Lauf innewohnenden Dynamik abhängig ist. Und die ist wiederum von der Distanz beeinflusst. Ein Sprinter explodiert, während ein Marathoni vergleichsweise "gleitet" (äh... wenigstens zu Anfang

). Welchen Sinn hat nun eine "korrekte" Armbewegung? - Das nach vorne und oben Führen des Armes bzw. der Hand gibt dem gleichzeitig auf der anderen Körperseite ausgeführten Schritt einen quasi auslösenden Impuls. Untersuchungen zeigten, dass grundsätzlich die Stärke des vom nach vorne schwingenden Arm gegebenen Impulses Einfluss auf den Schritt hat. Man glaubt, dass das Knie etwas dynamischer nach vorne oben gezogen wird, wodurch sich der Schritt "minimalst" verlängert und so letztlich das Tempo erhöht (ohne zusätzlichen Krafteinsatz).
Darum ist die Armhaltung nicht unwichtig. Aber wie soll man den Arm halten? Ober- und Unterarm bilden einen Winkel, der irgendwo bei 90° liegt. Auch das ist vom Tempo abhängig. Schau dir Sprinter an, die achten sogar auf die Handhaltung und haben einen spitzeren Winkel als 90°. Wichtig scheint mir für Hobby-Langstreckler (alles über 5000 m) lediglich zu sein, dass der Unterarm nicht herunter hängt. Dann kann er keinen Impuls mehr geben und wird irgendwie hinderlich. Ich will aber nicht verschweigen, dass ich einen sehr erfolgreich laufenden Angehörigen dieses Forums höchstselbst genauso hab laufen sehen: Mit runter hängenden Armen und sehr eingeschränkter Schwingbewegung. Und ich wäre froh ich könnte so lange und so schweben wie er

...
Noch eine Beobachtung: Bei Bergläufen habe ich festgestellt, dass erstens der Schritt kürzer wird - sicher jedem verständlich. Zweitens verlagert sich das Gewicht bei steileren Anstiegen auf den Vorfuß. Je steiler der Anstieg, umso eingeschränkter sah ich auch meine Armbewegung. Und nicht nur das. Die Unterarme schwangen auch mehr von der Seite vor die Brust und sie hingen tiefer. Möglich, dass man hier mit etwas mehr Dynamik im Armeinsatz auch die Füße unterstützen könnte. Allerdings war ich dazu dann regelmäßig nicht mehr fähig, weil man bei so vielen Prozenten Steigung schnell aus dem letzten Loch pfeift und wirklich keinen Nerv mehr für die Armbewegung hat ...
Auch die Frage wie dicht die Arme am Körper liegen sollen beim Schwingen wurde angesprochen. Anlässlich einer Bewegungsanalyse hat man mir gesagt, dass meine Haltung für einen Langstreckler in dieser Hinsicht gut sei. Ich habe deutlich "Luft" zwischen Oberarmen und Rumpf. Der Grund läge darin, dass die notwendige tiefe Atmung durch allzu eng anliegende Oberarme behindert werden könne.
Ein paar Monate habe ich meine Armbewegung selbst im Training zu schulen versucht. Das schien mir der einzige Anteil meiner Laufbewegung zu sein, bei dem das ohne fremde Hilfe möglich ist, weil man die Arme ja wenigstens teilweise, wenn auch aus schlechter Perspektive (besser wäre von der Seite und von vorn) beobachten kann. Ob ich etwas verbesserte, weiß ich nicht. Ob sich, wenn ich denn optisch etwas verbessert haben sollte, auch mein Tempo geringfügig verbesserte, weiß ich noch weniger. Ich gebe mich jetzt damit zufrieden ab und an, wenn die Müdigkeit kommt, mich zu ermahnen die Unterarme nicht sinken zu lassen ...
Zum Schluss noch mal das für mich Wichtigste: Armhaltung ist nicht unbedeutend fürs Laufen, sollte aber auch nicht überbewertet werden. Nur bei krasser Fehlhaltung würde ich jemand raten was zu ändern. Ansonsten gibt es Wichtigeres an dem man arbeiten kann.
Alles Gute
Gruß Udo