Da stand ich nun heute morgen gegen halb neun vor der JVA Darmstadt, einschüchternde Mauern, Tore, Stacheldraht, Eisentür. Aber sehr netter Empfang gleich an der Tür – Abgabe Personalausweis, der Hinweis auf das Verbot von Handys, Fotoapparaten, Geld, Alkohol, etc. Danach durch eine Personenschleuse und der Eintritt in die Anstalt. Der erste Eindruck: eine Mischung aus Beklemmung und positiver Überraschung. Ich bin vor 25 Jahren mit der Schule mal in der JVA Vechta gewesen – ein wilhelminisches Gebäude, einschüchternd, beängstigend – hier: das Gefühl von Raum, viel Bäume, zweistöckige Gebäude, erinnerte mich mehr an meine Bundeswehrzeit, wenn nicht der Stacheldraht auf der Mauer und die vergitterten Fenster gewesen wären.
Eine hochprofessionelle Wettkampfgestaltung: Zeitnahme durch Mika-Timing inkl. gelaufene Rundenanzahl als Beamer Übersicht hinter dem Zieldurchlauf, klasse Moderator während der gesamten Laufzeit, durch gute Lautsprecheranlage Musik und Moderation auf der gesamten Strecke zu hören, Finisher-Shirt, Verpflegungsstand mit Wasser, Apfelschorle, Cola, Äpfeln, Bananen, Schokoriegel, Müsliriegel - Brötchen, Kaffee, Tee, Suppe, Malzbier und quadratmeterweise Streuselkuchen (diverse Füllungen) für später. Insgesamt eine sehr positive Atmosphäre, sowohl beim Jusitzpersonal als auch bei den Häftlingen.
Um 10:00 erfolgte der Start 24 Häftlinge, etwas über 100 externe Läufer, darunter Achim Heukemes und Dagmar Großheim (beide allerdings leicht angeschlagen, kamen gerade von New York, wo sie am 10 Tage Lauf teilnahmen), 8 Halbmarathonis, 4 Einräder (großes Kion!) setzten sich in Bewegung. Nach der ersten Runde waren die Läufer gut über die Strecke verteilt, dass es zu keinen Engpässen kam. 24 Runden waren zu absolvieren, am Streckenrand blockweise heraus geführte Häftlinge, die natürlich insbesondere ihre Jungs besonders bejubelten. Es machte einfach Spaß zu laufen (OK, ich habe mich wieder einmal etwas mitreißen lassen, wie einige andere auch – allerdings nicht im Wahn auf sub 3 Kurs, dafür hatte ich zuviel Respekt vor den Spitzkehren – spätestens ab km 35 fielen die Dinger auch wirklich schwer). Öfter bin ich Charly


Toll das Engagement der Gefangenen sowohl als Helfer („Nein, nimm das Wasser von mir, von ihm kannst du es auf der nächsten Runde nehmen“) als auch als Läufer. Super das Paar des 1,90 großen langhaarigen Läufers im Duo mit einem 1,60 großen Häftlings, die den ganzen Marathon zusammen gelaufen sind. Oder der eingebrochene Häftling, der von einer Ultraläuferin ermutigt wurde, weiterzulaufen. Die beiden liefen lange bis vors Ziel zusammen, dort stellte sich heraus, dass der Häftling eine Runde Vorsprung hatte, er wartete vor dem Ziel bis die Ultraläuferin ihre Runde nachgeholt hatte, um mit ihr gemeinsam zu finishen. Insgesamt besonders eindrucksvoll: die beinahe kindliche Freude der schweren Jungs (inkl. Tatoos und Muskelberge) nach dem Zieleinlauf.
Die ganze Zeit begleitete ein Film-Team von DSF den Lauf. Der Bericht soll Ende Mai/Anfang Juni gesendet werden – die Teilnehmer erhalten hiervon noch eine DVD (genauso wie eine CD-Rom mit den Bildern des Laufes). Neben dem Finisher-Shirt und einer Knastmarathon-Kappe viel Gegenwert fürs geringe Startgeld.

Nach dem Lauf konnte ich mich lange mit Achim Heukemes, Dagmar Großholz, dem Sieger des Laufes sowie einem weiteren Läufer unterhalten – hat Spaß gemacht.
Die anschließende Siegerehrung ebenfalls toll und irgendwie besonders: der Sportlehrer der JVA, die Freude der Häftlinge und schließlich die Ankündigung durch den stv. Anstaltsleiter im nächsten Jahr das Marathon-Projekt fortsetzen zu wollen. Viele interessante Hinweise auf die positiven Efffekte des Ausdauersports. Dass ich bei der anschließenden Tombola noch einen Preis gewonnen habe (eine Braun-Munddusche


Hmmm... was noch, ach ja, gelaufen bin ich auch – bin einigermaßen zufrieden mit meiner Zeit 14 Tage nach Mainz: 49 Sekunden langsamer: 03:18:52 nicht am Limit. Insgesamt 11. Platz. Die Splits auch wieder am Anfang zu schnell, aber egal – der Lauf war schön.
07:56 - 08:02 - 08:00 - 07:53 - 07:48 - 07:55
08:04 - 08:02 - 07:58 - 08:02 - 08:04 - 08:06
1. Hälfte 1:35:50
08:14 - 08:17 - 08:18 - 08:22 - 08:23 - 08:30
08:38 - 08:42 - 08:54 - 08:51 - 08:57 - 08:44
2. Hälfte 1:43:02
Werte alle von Mika-Timing. Garmin wies 44km aus (km-Schilder gab es auf dem 1,758km Rundkurs natürlich nicht), auch andere Läufer hatten ähnliche Ergebnisse. Aber egal: ein sehr empfehlenswerter Lauf!
Bewährung hat bei mir aber nichts genutzt – die nächste „Strafe“ ist bereits angesetzt: werde nächsten Sonnabend in Mannheim erneut zum Marathon antreten.




