Nach dem lockeren und schönen Auftakt am Samstag mit der Smart-Distanz (0,7-24-7) und dem guten Gefühl, es nicht übertrieben zu haben, startete der Wettkampf-Sonntag über die Ironman-Distanz (3,8-180-42,195) für mich relativ entspannt bereits um kurz nach 04:00 Uhr in der Früh, da der Start um 7:00 Uhr angesetzt war.
Glücklicherweise konnten wir (Cologne226 extrem+ Teilnehmer) das Fahrrad bereits tags zuvor, vor den offiziellen Eincheckzeiten der Räder am Samstag, deponieren, sodass mir mehr Zeit blieb, meine zurechtgelegten Klamotten noch 5 x zu kontrollieren. *gg* Eigentlich sollte ich ja mittlerweile eine gewisse Routine haben, was die Vorbereitung betrifft, klappt ja auch meistens, wenn ich am Abend zuvor alles übersichtlich hinlege. Jenseits des Marathon, bei Koppelwettbewerben oder eben beim Doppelwettkamp Cologne226 extrem+ habe ich meine Nervosität nicht im Griff. ;-) Muss ein kleiner Tick von mir sein, mich selbst noch einmal zu überprüfen. In der Regel habe ich dann auch meistens zuviel dabei. So brauchte ich aber nur noch den Einkaufsklappkorb mit den bereitgelegten Klamotten zu füllen und ab gings.
Faszinierenderweise haben die wenigsten Triathleten der Lang- und Mitteldistanz Sporttaschen dabei!!! Das hatte ich 1 Jahr zuvor bemerkt, als ich Teil einer Langdistanzstaffel war und das Radfahren übernommen hatte und ich mit schwer bepackter Tasche anreiste.
Man(n) lernt ja nie aus. ;-)
Gegen 5:30 Uhr verließ ich also das Haus und macht mich auf, in das ca. 30km entfernte Fühlingen im Kölner Norden. Das die Straßen vor Ort teilweise schon ab 6 Uhr gesperrt waren, viel mir zu spät ein, aber glücklicherweise kannte ich mich ja aus.
Das Treiben auf dem Fahrradpark war ähnlich wie tags zuvor, dennoch muss ich eingestehen, das es eine ganz andere Faszination war. Beim Anblick der ersten "Renner" bekam ich Gänsehaut. Ohne die Sportler des vorherigen Tages zu bewerten, was mir nie in den Sinn kommen würde, waren hier erschreckend viele sehr gut durchtrainierte Körper zu sehen, von den Hightech-Rennrädern ganz zu schweigen. Unabhängig davon, wie diese Jungs und Mädels die bezahlen können. Das ist wahrscheinlich dann kein Hobby mehr. Einige der "Drahtesel" haben sicherlich einige Tausend Euro gekostet. Meine Augen hielten alles fest, vom Carbonrahmen über Scheibenräder bis hin zum "freischwingenden" Sattel.(Keine herkömmliche Sattelstütze die direkt zum Radmittelpunkt an der Kurbel führt, sondern nur am Oberrohr befestigt ist.)
Dieses Mal standen auch wesentlich mehr Zuschauer direkt am Zaun des Fahrradparks, wahrscheinlich wegen der Faszination "sportlicher Körper". ;-) Hier traf ich auch wieder Yogi, der gut drauf war und sich mit den anderen "verrückten" unterhielt. Heute fielen wir weniger auf, denn unsere Startnummern unterschieden sich kaum, die der Langdistanzteilnehmer waren im Hintergrund rot und unsere waren noch durch den Zusatz des doppelten Wettbewerbs und durch diagonale gelbe Streifen gekennzeichnet. Für´s Schwimmen erst einmal uninteressant, da hier höchstens die Markierung der Startnummer mittels eines Eddings auf dem linken Oberarm darauf hingewiesen hätte, incl. der Badekappenfarbe. Aber hier orientierte ich mich eher auf die Kappen der Profis, denn wann würde ich sonst mal einen der Cracks, wie Olaf Sabatschus und Steffen Liebetrau mal so nah sehen, geschweige denn einen Wettkampf mit ihnen gemeinsam bestreiten zu dürfen?!?
Nach den üblichen Ritualen fast aller Beteiligten, Überprüfung des Reifendrucks, Stellung der Pedalen mit den bereits vormontierten Klickschuhen, dem Prüfen der Getränkeflaschen, des Vorhandenseins der Riegel, der Gels, ....... ging es endlich auf zur Wettkampfbesprechung, die eine halbe Stunde vor dem Sprung ins Wasser angesetzt war. Soll ja niemand hinterher behaupten, das hätte man nicht gewusst, bzw. über die Konsequenzen wäre man nicht aufgeklärt worden. Das mir später beim Laufen fast etwas zum Verhängnis (Rote Karte = Ausschluss aus dem Rennen) geworden wäre, stand weder in der Ausschreibung, noch wurde es bei dieser Besprechung erwähnt. Später dazu etwas ausführlicher.
Die Schwimmstrecke wurde erklärt, die Wechselzonen erläutert, ab wo gelaufen werden muss, ab wo gefahren werden darf und wie es sich mit dem Windschattenfahrt-Verbot auf der Radstrecke verhält. Alles in allem sehr wichtig, vor allen Dingen für Ersttäter. Ich war froh, das schon im letzten Jahr mitgemacht zu haben, denn da hatte ich schon das Gefühl, ich hätte was überhört, vergessen, nicht mitbekommen, falsch verstanden oder so. Jetzt war ich doch eine Spur lockerer. Eigentlich war nach der Besprechung noch Zeit bis zum Schwimmen, aber dennoch trabten die ersten in Richtung Wassereinstieg, obwohl die Wahrscheinlichkeit einer Verzögerung des Starts um einige Minuten möglich war. So kam es denn auch, der Start war freigegeben und als die ersten 100 Starter im Wasser waren, kam die Durchsage, das es sich um ca. 10 Minuten verzögern würde. Warum war ich bloß schon im Wasser?!? Okay, mit meinem (zu verbessernden) Brustschwimmen würde ich eh länger bis zu den Startbojen benötigen, aber selbst 5 Minuten warten wäre hier zu lang. Was nun?!? Paddeln wie ein Hund und schon vor dem eigentlichen Start unnötige Kraft verlieren?!? Ich überlegte kurz, ob ich wieder zum Ufer schwimmen sollte, dann würde ich zwar viel mehr als geplant schwimmen, aber ich wäre dann wenigstens schon warm. ;-) Obwohl der Tri-Einteiler und der Kurzarm-Neo nie das Gefühl gaben, das ich im Wasser frieren würde. Als sich der erste an einer der großen Bojen klammerte, dachte ich, kühler Kopf zu früher Stunde, klar doch, die großen und die kleinen Bojen mussten doch miteinander verbunden sein!!! So schwamm ich zwischen die erste große (Start-)Boje und der folgenden kleinen und konnte mich drahtseilartig auf diese Verbindung unter Wasser stellen. Bildlich kann man das ungefähr mit Hühnern auf der Stange vergleichen, schade nur, das niemand mit einer Unterwasserkamera unterwegs war.

Das ich mich beim Versuch die Balance zu halten einige Male am Eisenseil an den Füßen geschnitten (ca. 5 - 10 cm lang) hatte, ist mir bewusst erst beim Duschen im Ziel aufgefallen.
Diese Information hätte ich den langen Tag über überhaupt gebrauchen können.
Nach der Ansprache des Pfarrers und der Nationalhymne (bewegender Augenblick) kam der Startschuss und die Gischt des Vortages würde verglichen mit heute eher ein Gischtschen sein. Ich habe zwar jetzt keinen Vergleich der Teilnehmerzahlen mit der Smart-Distanz im Kopf, aber das Tempo und die bestehende Enge beim Start, aus der ich mich bewusst weeeeiiiiiiit herausgehalten habe, taten ein übriges, um den Eindruck zu vermitteln, tausende Piranhas würden sich um ein Essen prügeln. Mein Respekt stieg mehr und mehr und zugleich auch meine Panik, jedweden Schwimmer vor mir aus den Augen zu verlieren. ;-)
Von den Profis war nichts mehr zu sehen, von den übrigen Startern bildeten sich ähnlich wie beim Inlinern, lange Reihen um Windschatten nutzen zu können. (Geht wohl auch im Wasser.)
Nach einigen Hundert Metern blieb nur noch ein bemitleidendes Häufchen übrig. ;-) Wahrscheinlich wurden wir von draussen belächelt. Habe ich im Vohrjahr auch gemacht, als meine Staffelkollegin vorne weg schwamm und einige mit kombinierter Kraul- + Brusttechnik, bzw. reinem Brustschwimmen versuchten vorwärts zu kommen. Aber mein Lächeln war ein bewundernswertes Lächeln, denn diese Athleten hatten andere Ziele, Ziele, die mit meinen nun übereinstimmen würden. Denn es hieß, ANKOMMEN!!!
Nach ca. 35 Minuten kamen mir die ersten Schwimmer auf der anderen Seite schon wieder entgegen!!!! Das war der Entschluss, diesen Winter wird endlich Kraulen gelernt!!!!
Schätzungsweise 45 - 50 Minuten benötigen die schnellsten Schwimmer auf der Strecke von 3,8km!!! In dieser Zeit bin ich noch nicht einmal die Hälfte geschwommen. ;-) Mit knapp 55 Minuten umkurvte ich die Wendeboje und atmete tief durch, das ich die Hälfte geschafft hatte.
Eine Handvoll Schwimmer waren auf ca. 100 Meter Länge verteilt. Während ich mit leichtem Gegenwind kämpfte *gg* und langsam vorwärts kam, rief mir jemand von der anderen Seite zu, „lass Dir Zeit“. Ich schaute herüber und sah, das Detlef noch ca. 100 Meter bis zur Wendemarke hatte. Ich rief zurück, „klar lassen wir uns Zeit, wir wollen ja nur ankommen“. Ich wusste, das er genauso wie ich, ein bescheidener Schwimmer war, wir uns auf der Radstrecke entfernen würden und die Laufstrecke wieder zu seinen Gunsten sprach. Okay, ich oute mich, nur „Ankommen“ als Ziel für einen Wettbewerb zu haben, war nicht die einzige Motivation des Tages, „nicht letzter“ werden, die wohl noch größere Antriebskraft. ;-)
So schleppte ich mich Meter für Meter in Richtung Schwimmausstieg und wurde ca. 500 Meter vor dem Ziel von 2 Frauen überholt, die eine konstante Geschwindigkeit einhielten.
Ich konnte nicht mithalten, da meine Beine schwerfällig wirkten und die Füße leicht unterkühlt waren. Ein Nachteil, wenn man soooo lange für die erste Distanz benötigt.
Aber ich hatte mentale Unterstützung durch einen Kanubegleiter. Ob hier die Angst und besser die Vorsicht herrschte, die langsamsten Schwimmer besonders zu beobachten?!?
Ich informierte mich bei meinem Begleiter, wie viele denn überhaupt noch hinter mir wären?!? Er meinte, das es noch 2 weitere Athleten wären, das sie aber nicht näher kommen würden. Wir mussten beide lächeln!!! Das war gute Ablenkung!!! Ich sah das Boot der DLRG in einiger Entfernung und wusste, das hier wohl das Ende des Feldes war.
So bemerkte ich gar nicht, das ich schon ziemlich nahe am Schwimmausstieg war und etwas schwerfällig die Treppen hinaufkam, trotz Unterstützung der Helfer. Der Applaus der noch anwesenden Zuschauer half enorm, die Strapazen des Schwimmens zu vergessen und „leichten“ Schrittes in Richtung Wechselzone zu traben. Naja, ich ging also auf dem Teppich und haderte ein wenig mit meinem Neo, denn ich bekam diesen trotz des Reissverschlussbandes nicht geöffnet. Eine freundliche Zuschauerin half mir dann auf meine Bitte hin, sodass ich kaum Zeit verloren hatte. *gg* Am Fahrrad angekommen, ging alles mehr oder weniger zügig, Badekappe und Neo aus, Helm und Fahrradbrille an und nun ganz langsam, unverkrampft die Kompressionsstrümpfe anziehen. Das meine kühlen Hände leichte Schwierigkeiten hatten, diese Strümpfe über die kühlen Füße zu ziehen, hat leider niemand im Bild festgehalten, wäre aber sicher ein Bild für die Götter geworden.
Zeit hatte ich ja keine zu verlieren, daher konzentrierte ich mich, möglichst keinen Krampf in den Zehen zu bekommen. Wie war das?!? In der Ruhe lag die Kraft?!? Ist was dran, ich nahm einen Schluck aus der Flasche, biss in eine Banane und zog in Ruhe beide Strümpfe an, „geht doch“, dachte ich. ;-) Nach einer Kontrolle, ob ich alles wichtige an, bzw. dabei hatte, trabte ich die knappen 20 Meter bis zum Wechselbereich, wo ich endlich auf´s Rad steigen durfte. Mir war nun doch etwas frisch, nur mit dem Einteiler bekleidet, der noch sehr feucht war. Aber der freundliche Verkäufer und Triathlet, der am selbigen Tag zur Mittagszeit die Mitteldistanz (2,5-90-21,1) bewältigen wollte, versprach mir, das dieser sehr schnelltrocknend wäre. So war es dann auch, es dauerte keine halbe Stunde und schon war der Tri-Suit trocken, die körperliche Frische kehrte zurück und das Frieren verschwand. Achja, frieren, da war noch etwas, für´s schwimmen habe ich genau 2:08:20 gebraucht und mir dabei einen Puffer von knappen 9 Minuten herausgeschwommen. ;-)
Die erste Radrunde von 45km gestaltete sich relativ gut, schnelle Erholung vom Schwimmen, trotz fester Oberschenkel und ordentlichem Wind. Insgeheim dachte ich an die Zeit vom letzten Jahr, als ich etwas mehr als 6 Stunden für die 180km benötigt hatte
und leicht unter der magischen Grenze von 30km/h im Schnitt lag.
Mit etwas weniger als 1:35 Std. für diese Radrunde lag ich etwas über Plan, aber noch gut. So dachte ich. Das es dann etwas anders kam, lag wohl am stärker werdenden Wind und der dann doch heftigeren Belastung aus dem Schwimmen. Brustschwimmen ist zwar in Ordnung, belastet aber die Beine etwas mehr als beim Kraulen. Das bemerkte ich nun in der 2. Radrunde, wo ich Teilstrecken hatte, bei denen ich über 17-20km/h nicht hinaus kam!!!
Das ich nicht der einzige war, der hier ins Fluchen kam, brauche ich vielleicht gar nicht genauer zu erläutern, geschweige denn den Inhalt widerzugeben. ;-)
Durch den Rundkurs würde es zwar Passagen geben, an denen dann der Schiebewind einsetzen würde. Aber wäre es hier möglich, die verlorene Zeit wieder aufzuholen, bzw. über 40km/h zu fahren?!? Mitnichten, denn die 2. Radrunde beendete ich mit 1:45 Std.
Die Verpflegungsbereiche an den jeweiligen Wendepunkten waren sehr gut ausgestattet, die Flaschen handlich und gut gefüllt, die Bananen, Riegel und Gels konnte ich bei verringerter Geschwindigkeit gut greifen, dies klappte tadellos. Mittlerweile war die Mitteldistanz (Start 12:30) auf der Regattastrecke schon unterwegs und ich fragte mich,
wann die ersten Athleten auf der Radstrecke an mir vorbeifliegen würden. ;-) Würde ich vielleicht davon profitieren können, obwohl es ja ein Verbot des Windschattenfahrens gibt, aber dennoch könnte man ja gezogen werden, auch wenn es nur mental wäre.
Kaum zu Ende gedacht, kamen auch schon die ersten Überflieger vorbei, sie waren leicht an den weißen Startnummern zu erkennen. Motivierend war es, aber auch demotivierend,
denn ich hatte nicht wirklich etwas, was ich drauf legen konnte, keine Extraschippe Kohle,
keine Reserve aus irgendeiner Körperecke. Viel mehr war mir der Sinn danach, eine gewisse Gleichmäßigkeit zu finden und in diesem Rhythmus zu bleiben. Das die Tendenz zu einer immer langsamer werdenden Fahrradfahrt blieb, war mir bewusst. Das der Abstand zu meiner 2. großen Motivation des Tages größer wurde, stärkte meine mentale Kraft. In der 3. Runde hatte ich den größten Durchhänger, kam kaum vorwärts und beschäftigte mich erstmalig mit dem Gedanken ans aufhören!!!! Warum musste gerade heute der Wind so stark sein?!? Sollte ich von der Bedeutung meiner Email-Adresse erstmalig Abstriche, geschweige denn Abstand nehmen?!? cologne_biel_hawaii… waren nicht einfach nur zusammengehangene Städte, sondern waren zu ihrer Zeit die größten Träume, die ich hatte und mir erfüllen wollte. Cologne -> Köln-Marathon, mehrfach gefinished, inclusive der verschiedenen Sonderwertungen, Biel -> 100km „Nacht der Nächte in der Schweiz, habe ich mir 2007 erfüllt und nun als größter Traum schlechthin Hawaii -> Ironman Hawaii, dieser kann jedoch nur mit entsprechender Quali-Zeit wahr werden. Das ich da noch lange nicht bin, ist mir erst einmal egal gewesen, denn das ist ein Lebenstraum den ich auch mit 60 oder 65 noch genießen würde. Meine Chance, das es im Alter weniger Gegner gab, trieb mich also an. *lach*
Aber nun, bei diesem Wind, kamen mir Zweifel, zudem ist es in Hawaii ja nicht anders, nur das dort der Wind wärmer ist. ;-)
Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen als einer der Langdistanz-Athleten an mir vorbei fuhr (seine letzte Runde) und aus seiner Rückentasche eine Folie mit verpacktem Essen hervorholte. Ich traute meinen Augen nicht, „Kartoffeln?!?“, ich rief ihm hinterher, „ob das wirklich Kartoffeln seien“?, er drehte sich herum und antwortete, „möchtest Du eine“??, ich lachte und bestätigte, „gerne“. So fuhr er langsamer und ich etwas schneller und flugs reichte er mir seine ausgebreitete Hand mit in Scheiben geschnittenen, gekochten Kartoffelscheiben. Ich bedankte mich, wir unterhielten uns noch kurz bevor er weiterfuhr und ich sah diese Kartoffelscheibe an. Sie roch gut und schmeckte noch besser.
(Ich esse zwar Kartoffeln, aber zu meiner Lieblingsspeise gehören sie nicht.)
Wahrscheinlich lag es daran, das ich die Bananen und Gels nicht mehr sehen, geschweige denn essen konnte und wollte. Leicht salzig war sie und lenkte mich bis zum Ende der Runde ab. Auf der 4 Runde hieß es einfach nur noch durchhalten, locker bleiben und möglichst nicht überpacen, damit das Laufen noch irgendwie zustande kommen sollte.
Für die beiden letzten Runden hatte ich ungefähr 1:55 Std und 1:50 Std. benötigt, sodass ich auf eine Gesamtzeit von knappen 7:14:25 kam. Der Einbruch in Runde 3 + 4 hat meinen anfänglichen Schnitt erheblich verringert, somit kam ich nur noch auf 24km/h auf die 180km. Es nur auf den Wind zu schieben, wäre glaube ich zu einfach, einen Teil meiner Kraft habe ich wohl schon beim Brustschwimmen liegen gelassen.
Glücklicherweise hatte ich keine Krampfansätze, weder im Bereich der Waden, wo die Kompressionsstrümpfe wieder einmal tadellos wirkten, noch in den Oberschenkeln, die im Kampf mit dem Wind gefordert waren.
Vor dem Fahrradpark angekommen, hieß es absteigen, denn die Strecke bis zum persönlichen Wechselbereich musste zu Fuß zurückgelegt werden, also Fahrrad schieben.
Ich war froh, das dieser 2. Teil des Dreikampfes zu Ende war, Helm + Brille aus, Kappe an, Schuhe wechseln und los gings. Upps, etwas wichtiges hatte ich im Korb vergessen. Wo war mein MP3-Player?!? Nach einigem Suchen fand ich ihn, hatte mich wertvolle 30 Sekunden Zeit gekostet. *lach* Ich stellte ihn an, zog die Kopfhörer auf, befestigte ihn mit dem Klipp an meinem Startnummernband, welches jetzt die Startnummer nach vorne zeigen musste. Beim Radfahren sollte sie nach hinten zeigen.
Meinen geistigen Gegner konnte ich an den Wendepunkten mehr und mehr hinter mir lassen, geschätzte 45 Minuten müsste er mittlerweile betragen. Das ließ mich für den abschliessenden Marathon zuversichtlich stimmen.
Kaum hatte ich den Wechselzonenbereich verlassen und lief gerade einmal 50 Meter, passierte die erste Zeitmessmatte, rief jemand von hinten lauthals, „stehen bleiben“!!!
Ich weiß bis jetzt noch nicht, warum ich mich angesprochen fühlte, denn es liefen mehrere in dieser Zone, aber ich war tatsächlich gemeint. Ein älterer Herr mit gelber Jacke lief auf mich zu und wollte mir meinen MP3-Player entreissen!!! Ich hielt ihn fest, zog die Kopfhörer aus und er brüllte mich fast zornig an, das dies verboten sei und ich ihn abgeben sollte, sonst würde ich die „Rote Karte“ bekommen!!!! Ich erwiderte ihm, das ich davon nichts wüsste, das er verboten sein und das in der Ausschreibung nichts stand. Ich sagte ihm, das ich ihn ausziehen und verstauen würde. Er riet mir, ihn nicht mehr anzuziehen, da ich sonst aus dem Rennen ausgeschlossen, sprich disqualifiziert werden würde. Ich musste es tun, schließlich war er ein Schiedsrichter der Veranstaltung und ich wollte diesen Tag nicht so beenden. Dennoch war es ein leichter Schock für mich, denn die letzten langen Läufe hatte ich immer mit unterstützender Musik gestaltet, sofern ich mit niemandem ins Gespräch kam. Ich ging nun ein Stück, um mich zu beruhigen und zu sammeln. Es tat mir gut, denn laufen konnte ich noch nicht wirklich nach der länger als geplanten Radeinheit. Es war eher ein Rumeiern, was die ersten Meter betraf. ;-)
Ab km 1 kam ich langsam in den Trab, nutzte das Tempo bis zur ersten Verpflegungsstelle bei km 2 und hatten schon einen Grund für eine kurze Gehpause. Wieder gab es „nur“ Bananen, Gels, Riegel, Cola, Iso und Wasser, eigentlich reichlich Auswahl, wenn ich nicht schon einige Zeit unterwegs gewesen wäre und mein Bedarf an monotonem Geschmack mehr als erfüllt war. Dennoch brauchte ich das Zeug, wollte ich noch erhobenen Hauptes ins Ziel kommen. Die zusätzlichen Tuc´s und Salzgebäckbrezeln waren mehr als hilfreich.
Nach kurzer Zeit ging es wieder ans Traben, schließlich kannte ich die Runde vom Vortag und wusste wo welche Verpflegungsstelle war. Das ich diese Runde (7km) nun 4 x zu laufen hatte, bevor es dann auf den 14km langen Schlussweg zum Rhein ging war weniger hilfreich. *gg*
Ich erinnerte mich jedoch an die verschiedenen Wettbewerbe in diesem Jahr, was ich beim ersten von meinen beiden Jahres-Highlights geschafft hatte und welcher Leitspruch mich antrieb. (Jenseits des Marathon gewinnt die mentale Fitness an Bedeutung.)
Diese Distanz hatte ich zeitlich bereits 2-fach überschritten, daher war die geistige Unterstützung gefordert. Ich setzte mir Zwischenziele, von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation, von Runde zu Runde, von Gesprächspartner zu Gesprächspartner, vom Läufer im Einteiler des FC St. Pauli bis zum schleichenden Doppelpack (Männer), die ungefähr mein Tempo liefen, aber 3 Runden vor mir waren. Ich hatte mich schon gefragt, wie sie denn, unabhängig von den Zeitmessmatten, feststellen wollten, wer wie viele Runden gelaufen ist. Als ich dann bei km 6,5 an der dritten Verpflegungsstelle vorbeikam,
erledigte sich diese Frage, denn ich bekam Gänsehaut. Es wurden ähnliche Bändchen (Haargummis) verteilt, wie ich es bereits im Fernsehen beim IRONMAN Germany gesehen hatte. Jede Runde andersfarbig gestaltet. Ich genoss den Augenblick des ersten Bandes und jubilierte innerlich. Mein Selbstbewusstsein bezüglich des Erreichen des Ziels, stieg wieder. Kilometer für Kilometer, Runde für Runde zog so an mir vorbei, bis zur 4. und letzten Runde. Da muss ich nun doch etwas kommentieren, was den Geschmack der Kartoffel in den Hintergrund stellt, deutlich stellt.
Es war wieder der erste Verpflegungspunkt bei km 2, bzw. jetzt bei aufaddierten 23km, wo ich nach Bananen, Gels und Riegel gefragt wurde. Was ich hier mal erwähnen muss, ist, das alle Verpflegungsstellen reichlich Auswahl hatten, total freundlich und zuvorkommend waren und auch zu später Stunde immer noch hilfsbereit waren. Mittlerweile war es ja zu vorgerückter Stunde, bei nur noch 3 Teilnehmern auf dem Rundkurs des Fühlinger See´s, wenn auch mit unterschiedlicher Rundenanzahl.
Achso, zurück zum Verpflegungsstand, ich wurde also gefragt, was ich haben wollte und ich antwortete, das es mir leid tut, aber das ich die Gels und Riegel nicht mehr sehen könnte. Ob mein Lächeln dabei angestrengt oder nur höflich war, weiß ich nicht.
Was ich aber zur Antwort bekam, endete im breitesten und ehrlichsten Grinsen, welches ich auflegen konnte!!!! Sie boten mir Kuchen an!!! Kirschkuchen, man was war der geil, ähmm, superlecker!!!! Leider bekam ich nicht mehr als ein halbes Stück herunter, aber die Pause, die ich mir auf der Bank dafür gönnte, hatte sich gelohnt. Was für ein Geschmackserlebenis. Ich bedankte mich 2, 3, 4 mal und wünschte noch einen schönen Abend, da ich nun wegen meiner letzten Fühlinger See Runde nicht mehr kommen würde. Noch mehr Kuchen wäre wohl zum inneren Kampf geworden. ;-)
Gestärkt vom Kuchen, von der gestiegenen Laune lief ich fast befreit bis zur letzten Verpflegungsstelle am See bei km 27 und dem letzten Bändchen. Nun hatte ich alle 4 zusammen, das weiße für die erste Runde, das gelbe für die 2. Runde, das rote für die 3. Runde und das blaue für die 4. Runde. Einen Ehrenplatz werden sie neben der Finisher-Medaille erhalten, soviel ist sicher, denn jetzt werde ich nicht mehr aufgeben. Niemals!!
Es war inzwischen dunkel geworden und ich hatte auf dem Weg zur längsten Zielgeraden der Welt (Spruch des Veranstalters) mit ca. 14km schon etwas mehr als 4 Stunden für die 28km benötigt. Eine Menge Zeit dachte ich mir, aber die war mir ja eigentlich egal, denn ich wollte ja „nur“ ankommen und den „Cologne226 extrem+“ Wettbewerb erfolgreich beenden. Mein virtueller Vorsprung betrug zu diesem Zeitpunkt immer noch knappe 45 Minuten, bzw. 1 Runde vom See.
Die längste gerade bis zum Ziel war mental wieder herausfordernd, denn sie war teils dunkel und einsam. Die beste Überprüfung im Kampf gegen sich selbst. Erst gute 7 km vor dem Ziel waren wir am Rhein angekommen und hier gestaltete es sich etwas besser.
Straßenlaternen tauchten auf und ein Radfahrer stieß gute 5km vor dem Ziel zu mir auf.
Sollte sich hier der Kreis schließen?!? Begleitung am Morgen und Begleitung am Abend?!? Wie sich herausstellte, war es ein Teilnehmer vom gestrigen Samstag über die Smart-Distanz, der am heutigen Sonntag als Helfer eines Verpflegungsstandes dabei war, zudem auch Mitglied des mitveranstaltenden Triathlon-Vereins. Ich war froh, das er mich begleiten wollte, sofern ich es wollte, denn er hatte auch eine wichtige Information für mich, als wir am vorletzten Verpflegungsstand vorbeikamen und er ihm sagte, das nur noch ein Teilnehmer nach mir kommen würde und dieser ca. eine halbe Stunde Abstand hätte. Der dritte Athlet war von der Langdistanz und hatte mich kurz bevor der Radfahrer kam überholt. Wir wünschten uns beide noch alles Gute!!
Die Unterhaltung mit dem Radfahrer vertrieb die Zeit, sie war abwechslungsreich und unterhaltsam, genau richtig zur Ablenkung. Als wir in Höhe der Bastei am Rhein waren, beeindruckte das Panorama aus beleuchteter Hohenzollernbrücke, heller Deutzer Brücke, einem strahlenden Kölner Dom und eines kaum weniger beeindruckenden Groß St. Martin unmittelbar daneben, zumindest wirkte es so. Die „andere“ Seite, sprich die schäl Sick (Bezeichnung für die rechte Rheinseite Köln´s) erstrahlte ebenso, fiel allerdings erst beim zweiten Blick auf.
So näherte ich mich immer mehr der Deutzer Brücke, quälte mich hinauf und bekam auf der Mitte der Brücke ein beklemmendes Gefühl, nicht nur weil mein Begleiter meinen nahenden Zieleinlauf per Handy den verbliebenden Organisatoren im Zielbereich ankündigte, sondern weil mir zum ersten Mal richtig bewusst wurde, das ich es tatsächlich geschafft hatte. Ich würde in 2, 3 Minuten ein Finisher einer Langdistanz sein, ein Finisher eines Extrem-Wettbewerbes sein, bestehend aus Kurzdistanz am Samstag und Langdistanz am Sonntag, würde nicht letzter werden, würde vor Zielschluss ankommen und was weiß ich, was mir noch für tausende Gedanken im Kopf herumschwirrten.
Ich grinste, äusserlich wie innerlich, ballte die Fäuste, jubelte und war einfach nur glücklich. Die letzten Meter waren unbeschreiblich, ich bedankte mich für die Begleitung, klopfte ihm noch einmal auf die Schulter, als er meinte, das er mich jetzt kurz vor Schluss allein lassen würde, weil das mein Augenblick wäre.
Es war einer und was für einer. Begrüßt mit Namen, dem Hinweis auf running-for-kids und der Überreichung der Blumenkette und der Finisher-Medaille wurde ich nach meinem Wunsch nach Getränken begrüßt und zeitgleich applaudierte und beglückwünschte man mich. Ich antwortete aber weder auf Cola, Iso oder Wasser, sondern meinte nur Kölsch, Alt oder Pils wäre mir lieber, Hauptsache Bier!!!! Es hat keine 15 Sekunden gedauert, da kamen sie mit 3 Kölschstangen (Gläsern) zurück und wir stießen auf meinen Erfolg an.
Was für ein geiles Zielgetränk!!!!! ;-)
Apropos Wertung: Die Wertung mit einem bekannten Ultraläufer aus Köln konnte ich für mich entscheiden, das aber weder ich „Vorletzter“ noch er „Letzter“ geworden ist, kann man an der Ergebnisliste leider nicht erkennen, denn 3 von den Extrem-Teilnehmer haben am 2. Tag aufgegeben, bzw. aufgeben müssen. Leider war da auch der dritte gemeinsame Zieleinläufer von Yogi und mir tags zuvor dabei. ;-(
Ins Ziel kam ich gegen 22:30 Uhr, nach etwas mehr als 15 Stunden und 25 Minuten.
Grüße
Michael