Ziemlich aufgeregt war ich. Ich bin zwar schon einmal angekommen, aber ich wusste nicht, ob die 2 Läufe pro Woche gereicht hatten. Mein ehrgeiziges Ziel hieß sub 4.00 h. Aber ich habe es nicht auf die oberste Priorität gesetzt, ich wollte den Lauf auch genießen. Also setzte ich mir die Durchschnittspace von 5:30 und dachte: „Mal sehen wie weit ich damit komme“.
Ganz am Anfang von Block H konnte ich mit Annett starten, so kamen wir wunderbar vom Start weg und es gab kein Slalomlaufen. Trotz alledem war die Strecke einfach voll. 5:25 lief ich mich ein und konnte diese Pace auch bis ca. km 22 halten. Nach und nach wurde es dann Pace 5:30, aber ich war wunderbar auf Kurs.
Ganz Berlin war auf den Beinen, tanzte sang und sprühte vor guter Laune, viele Freunde standen an der Strecke und feuerten mich an. Es war herrlichstes Königswetter! Obwohl die ganze Zeit die Sonne schien, war es mir keinen Moment zu warm, das tolle Wetter, das wunderbare Publikum, die Freude der Zuschauer, der Läufer ließen mir immer wieder Schauer über den Rücken laufen…
Besonders gekribbelt hat es dann als uns die Leute auf der Gneisenaustr. Zuriefen „Haile ist Weltrecord gelaufen!“ Eigentlich hab’ ich ja gewusst, dass er’s wieder tut, aber die Freude war natürlich groß!

Alles lief wie am Schnürchen – fast… Wenn Verpflegungspunkte anzulaufen waren, hat das echt viel Zeit gekostet, aber ich bin alle Punkte angelaufen, wollte ja auch ankommen! Ich finde es echt schwierig, da noch die Pace halten zu können, man muss ja mehrmals richtig ausbremsen…
Nach km 25 habe ich etwas an Geschwindigkeit raus genommen, hatte leichte Schwierigkeiten und wollte nichts riskieren. Ich ließ es einfach laufen. Und dann km 30 bekam ich wieder Magenprobleme. Solange er nur weh tat kam ich zurecht. Km 37 war es dann vorbei, mir wurde wieder übel, der Magen krampfte und ich musste gehen.
Da bin ich dann echt wütend geworden: Ich dachte, jetzt reicht’s mir, das ist der letzte Marathon, so ein Mist hier. Jedes mal wird mir schlecht, da hab ich kein Bock mehr drauf, jedes Mal dasselbe. Die können mich alle mal. Ist mir alles egal, und wenn ich die restlichen 5 km ins Ziel gehe.


300 – 400 Meter tobte ich vor mich hin, dann merkte ich, dass sich mein Magen auch ausgetobt hatte und wieder friedlich war. Da holte ich dann auch die weiße Fahne raus und versuchte vorsichtig zu laufen. Und es lief, tatsächlich, es lief gut! Tempo war kein Thema mehr, ich wollte einfach nur laufend durchkommen und ankommen.
Am Rande stand das Publikum feuerte mich an, lachte mir zu wie auch die Sonne, ganz Berlin strahlte mich an und ich konnte wieder zurückstrahlen. Versöhnt ließ ich mich von den Leuten durch die Straßen tragen, klatschte viele Hände ab und genoss jeden der letzten 4.195 Meter, die ich alle laufend hinter mir ließ.

Schon war das Brandenburger Tor in Sicht. Mit einem Strahlen und viel viel Gänsehaut lief ich durch und ins Ziel ein.
Ob ich noch Bock habe? Und ob – Berlin sieht mich wieder!
Liebe Grüße Binchen
