Mir ist es egal, ich hätte auch mit genügend Regenerationszeit keine Chance auf den Sieg in Salzburg

Golf zum Aufwärmen, Pizza zum Speicherfüllen
Um gleich alle Spekulationen zu unterbinden, ich bin nicht durchgedreht und lauf mit dem Golfbag am Rücken durch die Salzburger Innenstadt. Vielmehr ist Golf mein zweites Hobby neben dem Laufen und ich nütze es gerne zum „Aufwärmen“. Deshalb machen wir am Samstag einen 4-stündigen Zwischenstopp in Linz und dreschen auf die weißen Kugeln ein, was das Zeug hält. Dann geht es weiter nach Salzburg.
Es ist knapp, wir müssen uns beeilen, dass wir die Startnummern noch rechtzeitig abholen. Das ganze wird nicht leichter, durch die geniale Idee der Veranstalter, das Startnummernzelt hermetisch durch die Streckenführung des Kinder-Laufs abzuriegeln. Die Strecke führt rund um das Startnummernzelt, das wie eine Insel in der Mitte hockt

Nach 4-Stunden Golf, 3 Stunden Autofahrt und Startnummern-Streß ist jetzt erst einmal Essen dran. Die paar lauwarmen Nudeln, die es noch gratis gäbe, lassen wir links liegen und suchen uns einen Ersatz-Italiener. Die beste Entscheidung des Wochenendes, finden wir doch in „Il Centro“ in der Kaistrasse 13 die weltbeste Pizza: Vollkorn mit Bio-Gemüseauflage!! Mjam!!
Laufen in herrlicher Natur, vorbei an stinkenden Autos
Sonntag früh, auf zum Start. Mein Mann weigert sich noch immer, über 1h zu laufen. Da er den HM nicht in dieser Zeit schafft

Der Start ist – wie der gesamte Lauf – einfach toll. Es stehen schon massenweise Zuschauer am Residenzplatz die uns unter lautstarkem Gejohle auf den Weg schicken. Die Sonne scheint, es ist angenehm kühl und ich freu mich aufs Laufen.
Umso seltsamer ist es, dass ich schon ab dem ersten Kilometer mit dem Tempo kämpfe. Es kommt mir vor, als ob ich viel zu schnell unterwegs bin. Dabei sind die knapp 6min/km die ich laufe, ein für mich gut verträgliches HM-Tempo. Und auch die Kilometer wollen heute gar nicht vergehen.
Ist aber auch nicht so schlimm, denn die Strecke ist so schön, da kann ich es aushalten. Es geht auf einer langen Geraden durch eine schattige Allee hinaus zum Schloß Hellbrunn. Wir passieren ein Altersheim (oder Spital) und auf einmal sehe ich eine kleine zerbrechliche Gestalt alleine in einem Rollstuhl sitzen. Eine Frau, die geschätzte 90 ist, sitzt da und feuert uns an. „Ihr schaut alle super aus! Ihr seid alle Sieger!“ ruft sie uns zu

In Schloß Hellbrunn wartet eine tolle Idee auf. Anstatt über den Kiesweg, laufen wir über einen endloslangen roten Teppich! Später werden wir auch im Ziel so empfangen. Kurz danach gibt es die erste Verpflegungsstation bevor es einen Mini-Anstieg zu bezwingen gilt. Ansonsten ist die ganze Strecke ziemlich flach, wenn gleich auch manchmal recht eng.
Wir laufen weiter durch die Natur. Vor mir breiten sich grüne Wiesen mit bunten Blumen aus. Darüber thronen die Berge mit weißen, schneebedeckten Gipfeln. Ein wahrer Augenschmaus, den ich so nicht erwartet habe.
Nach ca. 12 km kommen wir wieder in die Zivilisation zurück. Und das gleich mit voller Wucht. Denn für den Lauf wurde nur eine Straßenseite gesperrt, auf der anderen stauen sich Hunderte von Autofahrer entlang!! Glauben die im Ernst, dass sie sich in den nächsten 2 Stunden auch nur ein paar Meter fortbewegen werden? Schaut fast so aus, denn viele lassen ihre Motoren laufen und verstinken damit die Umwelt.
Bei km 16 treffe ich meinen Mann, der bereits im Ziel war und jetzt auf dem Weg ins Hotel ist. Er läuft ein paar Meter mit mir und will mich aufmuntern

Zwei Kilometer vor dem Ziel geht es mir dann ganz schlecht. Bis jetzt konnte ich am Ende immer noch recht gut Beschleunigen, was jetzt aber überhaupt nicht möglich zu sein scheint. Jedenfalls fühle ich das so, denn in Wirklichkeit laufe ich den letzten km in 5:20. Aber auch andere sind am Ende ihrer Kräfte. Immer wieder sehe ich Läufer die am Straßenrand ärztlich betreut werden. Viele dürften die Temperaturen unterschätzt oder die eigene Leistungsfähigkeit überschätzt haben.
Endlich erblicke ich den Zielbogen. Mit letzter Kraft setze ich zu so was wie einen Schlussspurt über den roten Teppich an. Völlig überrascht sehe ich, dass ich nur 7 Sekunden langsamer als in Wien vor zwei Wochen war. Das habe ich so nicht erwartet und lasse mir daher glücklich die schöne Medaillie umhängen. Und was sind schon 7 Sekunden im Verleich dazu, dass ich die weltbeste Pizza gegessen habe
