chuuido hat geschrieben:Hallo
Ich hab's verkackt. Was genau falsch gelaufen ist, weiss ich noch nicht. Aber ich bin bei km 56,1 ausgestiegen.
Ich auch. Und zwar gute zwanzig Minuten vor Dir.
Analyse/Fakten:
- Mir hat das Laufen zunächst und später wieder richtig Spaß gemacht. Ich fühlte mich gut drauf und dachte stets: Wie herrlich ist es, durch diese wundervolle Nacht zu laufen!
- Bei Kilometer zwanzig meldete sich zum ersten Mal die Sehne in meiner Kniekehle wieder, wie die beiden Wochen zuvor bei meinen eigentlich mit 28 und 25 km gar nicht mehr so langen Läufen. Bei kürzeren Distanzen unter der Woche war sie ebenso still, wie mein gesamtes Läuferleben zuvor, zuletzt beim Rennsteig.
- Mein Blutzucker (bin Diabetiker) ging auf den ersten Kilometern gleich auf Talfahrt ... und alle Kohlenhydrate, die ich dagegen einsetzte, verpufften zunächst (fast) wirkungslos, sodass ich eine Unterzuckerung befürchtete (die aber doch nicht eintrat). Erst die 0,8 l Cola beim Verpflegungsstand Kilometer 17 stabilisierten meine Blutzucker ... und führten erst nach Kilometer 30 zu einem enormen Anstieg (inzwischen hatte ich aber weiter Cola getankt).
- Ab Kilometer 50 wollten plötzlich (bis dahin lief es irre!) meine Beine nicht mehr, ich hatte wahnsinnigen Durst (war wohl dehydriert durch den hohen Zucker) und gleichzeitig war mir übel von den vielen Kohlenhydraten, die ich inzwischen in mich hineingestopft hatte ...
Analyse/Gedanken:
- Ich hatte die an Gewissheit grenzende Befürchtung, dass die letzten 44 km eine einzige Quälerei würden.
- Ich wusste nicht, wie sich mein Blutzucker verhalten würde (in der Nacht scheint das gesamte Stoffwechselverhalten extrem anders zu sein): Inzwischen hatte ich mit Insulin meinen hohen Wert korrigiert und befürchtete, in dem Falle, wenn mein Blutzucker wieder stark sinken sollte, nicht genügend essen zu können, weil mir inzwischen ja ein wenig übel war.
- Ich hatte das Bedürfnis, nur noch Trinken zu wollen (erst nach 6 Bechern ließ dieses Bedürfnis nach).
- Ich hatte das Gefühl, dass die Sehne in meiner Kniekehle zwar nicht mehr zu spüren war, aber dennoch weiter in Mitleidenschaft gezogen worden wäre.
- Ich möchte in fünf Wochen 100 km in der Mongolei laufen und diese lange geplante Reise nicht gefährden.
Konsequenzen:
- Ich werde nie mehr bei einem Ultra starten und erst am Tag anreisen (von Hamburg mit dem Zug), sondern mir eine Nacht zur Erholung und Akklimatisierung gönnen.
- Ich werde vor Nachtläufen über lange Strecken auch lange Strecken zu den fraglichen Uhrzeiten laufen, um meinen Stoffwechsel besser kennen zu lernen und einschätzen zu können und meine Therapie im Vorhinein besser anpassen zu können (wie es mir tagsüber inzwischen ja perfekt gelingt).
Viele enttäuschte (weil die tolle Nacht vorzeitig zu Ende ging) und zufriedene (weil ich die Kraft und Vernunft hatte, abzubrechen) Grüße,
Andreas