Noch ein paar hundert Meter! Die Herrengasse Richtung Süden, eine 90-Grad-Kurve in den Opernring auf die Zielgerade. Der Pacemaker 3:00 ist nach wie vor ein paar Schritte hinter mir! Ich werde mit einer unglaublichen Zeit finishen, sub 3:00 ist in Reichweite, somit wohl auch ein Stockerlplatz bei den steirischen Meisterschaften im Marathonlauf. Ich traf so viele unvernünftige Entscheidungen, aber mein Plan scheint vollständig aufzugehen. Obwohl ich die neuen Laufschuhe erst einmal für 4 Kilometer am Fuß hatte, riskierte ich es. Sie trugen sich toll. Witterungsbedingt, d.h. Dauerregen und Temperaturen um die 10 Grad, verzichtete ich seit der Halbmarathon-Marke auf Verpflegung und sparte dadurch wiederum wertvolle Sekunden! Ein paar Schritte noch, ein letzter Kontrollblick auf die Uhr und ……………….. *riiiing,riiiiing* …. *riiiiing,riiiiiing* ….. *augenreib* ….. Ein verschlafener und zugleich panischer Blick auf die leere Trophäenwand bestätigt meine Befürchtungen.
11.10.2015, Marathon-Time! Mein 2. Startschuss beim Graz-Marathon fällt in rund 3 ½ Stunden. Mein Renntag-Standardfrühstück in Form je eines Toastes mit Honig bzw. Schokocreme und 2 Tassen Kaffee findet den Weg in den Magen.
Die Startnummer wurde bereits am Freitag abgeholt. Der Inhalt hat sich aus Sugo, Mineralwasser, Molke-Getränk, Müsli-Riegel und diversen Werbeblättern zusammengesetzt.
Auch die Kleinsten durften ran. So nahm mein 4jähriger Sohn Sebastian am Samstag im Grazer Augarten am Bambini-Sprint teil und bewältigte die 100 Meter lange Laufstrecke mit Bravour und verdiente sich bereits Laufmedaille Nummer 3 seiner noch jungen Laufkarriere!
Wettertechnisch bestätigen sich die Vorhersagen. Italien-Tief! Bedeutet für Graz Dauerregen. Dazu kommen kühle Temperaturen. Nach langen Überlegungen steht die Laufkleidung lang/kurz/kurz (Kompressionsstutzen, kurze Laufhose / Singlet) fest. Primäres Ziel: Trocken und gewärmt bleiben bis unmittelbar vor dem Startschuss. Strategie: Alten, bereits zum Entsorgen verdammten Kuschelpulli und Einweg-Wetterschutz über die Laufklamotten ziehen und erst Sekunden vor dem Start entsorgen.
Die Anreise gestaltet sich unkompliziert. Ich reise vom Süden der Stadt mit einem Marathon-Shuttle-Bus an. Die Startnummer berechtigt auch zur kostenfreien Nutzung aller S-Bahnen in der gesamten Steiermark. Im Startbereich herrscht eine Stunde vor dem Startschuss schon reges Treiben. Es werden knapp über 10.000 Teilnehmer über die verschiedenen Distanzen an den Start gehen.
Was steht bis zum Start auf der to-do-Liste? Kleidersack abgeben, den obligatorischen Toiletten-Besuch erledigen, ein paar hundert Meter warm laufen und sich in den Startblock 2 (Zielzeiten für Marathon: unter 4:00 Stunden bzw. HM unter 3:50) einreihen. Die Elite im Startblock 1 macht sich Punkt 10:00 Uhr auf die Strecke. Knapp dahinter darf nun der Startblock 2 ran. Regenschutz und Kuschelpulli runter und mit einem geschickten Wurf über das Absperrgitter in der Nähe der Mülltonne platziert.
Startblock 2 rennt über die Zeitnehmungsmatte. Der Forerunner wird gestartet; die Zielzeit wurde mit deutlich unter 4 Stunden definiert. „Deutlich“ will 5 bis 10 Minuten bedeuten.
Zur Streckenführung: Es geht dem Opernring entlang, parallel zur Mur nach Norden, über die Murbrücke, durch Gassen der Grazer Innenstadt, bergauf über die Wickenburggasse, der Grabenstraße entlang zum „Wendepunkt Nord“ im Bezirk Andritz.
Meine Kilometerzeiten pendeln sich konstant bei 5:20 bis 5:30 min/km ein. Alles rollt wie geschmiert. Die Verpflegungsstellen sind ausreichend vorhanden und bestückt, der Dauerregen nicht weiter störend.
Vom „Wendepunkt Nord“ geht es der Grabenstraße entlang Richtung Süden, über die Keplerbrücke zur Wienerstraße, dem Lendkai entlang zum Citypark, einem großen Einkaufscenter der Stadt. Mittlerweile bei Kilometer 17 angekommen geht es den Grieskai rauf wieder zur Keplerbrücke. Halbmarathonis dürfen hier rechts abbiegen und über die Sackgasse und Herrengasse zum Ziel rennen. Der mittlerweile durchnässte Marathonläufer plagt sich nochmals zum „Wendepunkt Nord“. Bei Kilometer 25 geht es nun abermals der Grabenstraße entlang zur Keplerbrücke um dann dem Murkai weiter Richtung Süden zu folgen.
Bei Kilometer 30 gönne ich mir ein Gel, Geschmacksrichtung grüner Apfel, und spüle es mit reichlich Wasser runter. Zu erwähnen ist, dass seit Kilometer 22 mein Forerunner 305 auf die Satellitenfunktion verzichtet und mir lediglich nur mehr die Uhrzeit und Stoppuhr-Funktion zur Verfügung stehen. So werden die nächsten Kilometer dazu verwendet, sich Gedanken über eine geeignete Nachfolge des 305 zu machen. Nach knapp 3 Stunden meldet sich mein Kollege nochmals zu Wort und meint, dass nun auch der Akku schön langsam Feierabend macht. Selbst wenn sich mein treuer Begleiter über rund 4000 Kilometer also satellitentechnisch wieder erholen sollte, wird mich im nächsten Laufjahr wohl das Nachfolgemodell 310XT auf meinen Wegen begleiten.
Wir sind bei Kilometer 33 angekommen und es geht über den Schönaugürtel zum „Wendepunkt Süd“. Rund 5 ½ Kilometer sind noch zu laufen und meine Beine fühlen sich den Umständen entsprechend prächtig an. Ich bin im Schnitt wohl ein paar Sekunden langsamer geworden, aber das liegt vermutlich an den fehlenden Funktionen meines Garmin. Ich erwarte den Mann mit dem Hammer nicht und er kommt auch nicht. Knapp 2000 Trainingskilometer im heurigen Jahr haben sich offensichtlich gelohnt und ich kann heute die Lorbeeren ernten.
So werden die letzten Kilometer über die Conrad-von-Hötzendorf-Straße am Messegelände vorbei über die Münzgrabenstraße, über den Dietrichsteinplatz nochmals zur Mur, die Schmiedgasse rauf, über den Hauptplatz, die Herrengasse Richtung Süden und dann auf den Opernring zum Ziel geführt.
Trotz des trüben Wetters sind Teile der Strecke und vor allem der Zielbereich sehr gut besucht.
3:53:xx steht auf der Finisher-Urkunde. Punktlandung meines persönlichen Zieles. Körperliches Fazit: Auch die letzten Kilometer fühlten sich relativ „locker“ an. Keine Gefahr, Gehpausen einlegen zu müssen.
In 3 Schichten trockener Klamotten eingehüllt geht es via Shuttle-Service wieder nach Hause. Meine Familie, leckere Kartoffel, Fleisch und Bier erwarten mich.
Auch der eingangs erwähnte Traum beinhaltete ein Körnchen Wahrheit: Ich wäre bei den steirischen Meisterschaften im Marathon-Lauf in meiner Klasse M40 tatsächlich Dritter und somit Gewinner der Bronze-Medaille geworden. Wer die Ergebnislisten studiert wird wissen warum ;-).
Bis dann!
Wolfgang aus dem Süden von Graz
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Gratuliere und danke für den Bericht! Schade dass das Wetter nicht so gepasst hat. Vielleicht nehm ich auch wieder einmal Graz unter die Beine; bin schon 2x dort gelaufen, allerdings noch am alten Kurs.
"Only that day dawns to which we are awake." - H.D.Thoreau
Meine Wettkämpfe in der km-Spiel Tabelle
Meine Lauf-Fotoalben (mit vielen Tiroler Laufstrecken)
Meine Wettkämpfe in der km-Spiel Tabelle
Meine Lauf-Fotoalben (mit vielen Tiroler Laufstrecken)
3
Gratuliere und super Bericht.
Bin selbst seit dem total verregneten Sonntag im Club der Finisher
und mit meinen 03:45:31 recht zufrieden
obwohl ich auf dem 2.HM einiges an Zeit liegen hab lassen müssen
(typischer Fall von Erstlings-Malus)
Dem miesen Wetter geschuldet empfand ich die Unterstützung durch das Publikum insgesamt allersdings
extrem spärlich, da war des öfteren kilometerweit ja gar nix los und auch auf der Strecke
war es nach dem Abbiegen der HM-Läufer mit ca. 700 Teilnehmern recht leer.
Lg
Bin selbst seit dem total verregneten Sonntag im Club der Finisher
und mit meinen 03:45:31 recht zufrieden

(typischer Fall von Erstlings-Malus)
Dem miesen Wetter geschuldet empfand ich die Unterstützung durch das Publikum insgesamt allersdings
extrem spärlich, da war des öfteren kilometerweit ja gar nix los und auch auf der Strecke
war es nach dem Abbiegen der HM-Läufer mit ca. 700 Teilnehmern recht leer.
Lg