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10km Wettkampf - Taktik: Prinzip Hoffnung

10km Wettkampf - Taktik: Prinzip Hoffnung

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Hi,

ich lese selber super gerne Laufberichte. Daher habe ich beschlossen jetzt mal selber einen zu schreiben.

Heute habe ich (28m) seit einer längeren Pause (ca 2 Jahre) mal wieder an einem Wettkampf teilgenommen. Der Lauf findet jedes Jahr zur gleichen Zeit statt. Speziell war dieses Jahr, dass der Stadtlauf mit den Bezirksmeisterschaft kombiniert wurde. Das Teilnehmerfeld war dementsprechend etwas stärker als normal.

Vorgeschichte
Mir hat Laufen schon immer Spaß gemacht. Beim Fussball war ich ganz früher immer die "Feuerwehr" und später linkes Mittelfeld. Als Außenverteidiger oder Stürmer war ich zu langsam im Antritt, doch einfach nur oft an der Linie hoch und runterlaufen ging ganz gut. Mit Studiumsbeginn habe ich mit Fussball aufgehört und bin nur noch gelaufen.
Während des Studiums und mit dem Beginn der Arbeit bin ich etwas häufiger umgezogen (ca 7 Mal). Dadurch habe ich viele verschiedene Laufpartner und Laufgruppen kennengelernt. Manchmal habe ich eine gute Gruppe gefunden, manchmal aber auch nicht. Das Highlight war eine Uni-Laufgruppe in England. Die Landschaft war traumhaft (leider mit viel Regen) und die Leute waren alle pfeilschnell. Für einen 5km Trainingswettkampf wurden wir in drei Gruppen eingeteilt: < 15min, < 17min und >17 min. Ich war als ich bei der Laufgruppe angefangen habe bei ca. 20min auf 5km. Beim letzten Trainingswettkampf auf der Bahn bin ich 5km in 18.30 min gelaufen. Also eine echt gute Verbesserung in knapp 4 Monaten. Da ich so langsam war, bin ich eigentlich immer bei den Frauen mitgelaufen ;)

Andere Wettkämpfe:
Halbmarathon 2017: 1:28h
Frankfurt Marathon 2017: 3:28h
5km 2021 (England Bahn): 18.30min
Bester 10k Lauf (bis gestern) 2017: 40min

Vorbereitung auf den Wettkampf
Im Oktober letzten Jahres hatte ich meinen Laufrhythmus wieder etwas verloren. Seit Januar ging es wieder bergauf und ich konnte regelmäßig trainieren. Das lag hauptsächlich daran, dass ich wieder mit meinem Laufpartner von früher laufen konnte. Er ist deutlich schneller als ich, sodass jede Einheit mit ihm ein gutes Training ist. Wir sind meist so 40km pro Woche in 4:30 gelaufen. Separat habe ich 2-3 Wochen vor dem Wettkampf zusätzlich kleine Intervalle eingebaut. Eine Woche vor Wettkampf bin ich 6km in 4:00 gelaufen, um zu schauen wie sich der Körper sich fühlt. Ich war überrascht, die 4:00 auf 6km haben sich sehr gut angefühlt. Ich wusste also, dass ich 4:00 auf 10km auf jeden Fall schaffen sollte.

Wettkampftag
Am Wettkampftag habe ich wie immer Haferflocken gefrühstückt und am Mittag nochmal ein paar Nudeln. Der Wettkampf fand um 15.00 Uhr statt. Um ca. 14.30 Uhr habe ich angefangen mich warm zu laufen. Ich bin ca. 2.5km langsam gejoggt, habe dann ein paar Schwungdehnungsübungen gemacht, ein kleines LaufABC und ganz zum Schluss ein paar Steigerungen. Kurz vor dem Start hat es angefangen zu regnen. Glücklicherweise hatte ich Handschuhe dabei, sodass meine Hände gegen die Kälte etwas geschützt waren. Ich wusste, dass mein Körper sich gut anfühlt. Am Tag zuvor hatte ich mir noch neue Laufschuhe gekauft. Die waren ein gutes Stück leichter als meine vorherigen, was mir einen zusätzlichen Motivationsschub gegeben hat. An der Startlinie war ich bis in die Fingerspitzen motiviert (Ich denke ich bin generell eher ein Wettkampftyp) wusste aber nicht wirklich in welcher Zeit ich loslaufen soll.
Ich bin noch nie 10km unter der magischen Marke von 40min gelaufen. Oft wird empfohlen, dass Rennen möglichst gleichmäßig oder mit einem negativen Split anzugehen. Ich bin auch davon überzeugt, dass man damit die schnellsten Zeiten läuft. Häufig machen unerfahrene Läufer jedoch den Fehler sich selber zu schlecht einzuschätzen und dann zu langsam loszulaufen. Auch wenn man sich dann auf der zweiten Hälfte gut fühlt, kann man die Zeit meist nicht mehr reinholen. Ich wusste, dass sich mein Körper gut fühlt und habe daher beschlossen die Taktik "Prinzip Hoffnung" anzuwenden. Bei der Taktik startet man deutlich schneller als man es sich zutraut und hofft dann das Tempo halbwegs über die Ziellinie zu retten.
Es waren einige schnelle Läufer im Feld. Ich habe mich so in der 4./5. Reihe eingereiht und bin dann mit Vollgas los. Den ersten Kilometer bin ich dann in 3:34 gelaufen - deutlich zu schnell. Ich habe schnell gemerkt, dass ich das so nicht für 9 weitere Kilometer durchhalten werde. Ich wollte nicht langsamer werden, wurde es aber doch. Den zweiten Kilometer bin ich in 3:48 gelaufen und wurde von einigen überholt. Puh das werden lange 10km, habe ich mir gedacht. Das Feld hatte sich so langsam sortiert und ich konnte eine gute 4er Gruppe finden. Die Gruppe hat mich gerettet. Ich habe mich hinten dran gehängt und bin Kilometer 3-6 in ca 3:43 mit der Gruppe gelaufen. Ich war immer letzter in der Gruppe. Kurz nach Kilometer 6 ist zwei Leuten der Schuh aufgegangen. Die 10 Sekunden hat sie aus dem Takt gebracht und sie sind nicht mehr zurückgekommen. Also waren wir nur noch 3 in unserer Gruppe und wir wurden immer langsamer. Kilometer 7 sind wir nur noch in 3:53 gelaufen. Die Kilometer wurden länger und ich habe alle 100m gesehen wie unsere Durchschnittsgeschwindigkeit weiter sinkt. Ich habe mich trotzdem noch rießig über die Zeit gefreut - jetzt musste ich die Zeit nur noch irgendwie ins Ziel retten. Meinen zwei noch verbliebenen Gefährten ging es auch immer schlechter. Irgendwann konnte ich ihre Atmung nicht mehr hören. Dann ist aus dem Nichts ist jemand an mir vorbeigelaufen. Er war deutlich schneller als ich. Ich wusste, ich muss die Gelegenheit nutzen und habe mich an seine Fersen geheftet. Das war hart aber auch meine Rettung. Sein Tempo war ein gutes Stück schneller. Kilometer 8 sind wir dann zu weit wieder in 3:47 gelaufen. Kilometer 9 hat er noch etwas beschleunigt und wir sind bei 3:45 durch. Noch konnte ich mich an ihm festklammern. Bei Kilometer 9.5 musste ich ihn dann leider abreißen lassen. Der Geist wollte dran bleiben, aber der Körper leider nicht. Ich habe Seitenstechen bekommen und jeder Schritt wurde eine Qual. Auf den letzten 300m wurde ich dann noch von einem anderen Läufer überholt, der vorher Teil von unserer 5er Gruppe war. Wieder habe ich mich versucht an ihn dranzuhängen. Schnell waren 10m zwischen uns. Auf den letzen 80m habe ich nochmal die komplette Restenergie gebündelt und zum Endspurt angesetzt. Ganz knapp konnte ich ihn noch überholen auf den letzten 5m. Am Ende bin ich mit 37:15 ins Ziel gekommen. Sehr sehr erschöpft aber auch super happy.

Lessons Learnt
Ich denke die Taktik "Prinzip Hoffnung" ist prinzipiell schlechter, vor allem für Läufer, die wissen welches Potential sie haben. Für Läufer, die nicht wissen wo sie stehen, macht es aber durchaus Sinn einfach mal deutlich schneller anzugehen und zu schauen was geht. Ein Wettkampf verleiht oft ungeahnte Kräfte. Letztendlich bin ich den Wettkampf gar nicht so Harakiri gelaufen sondern relativ gleichmäßig. Ich wusste schlicht nicht wo ich stehe.

Splits
1: 3:34
2: 3:48
3. 3:43:
4. 3:44
5. 3:43
6. 3:48
7. 3:53
8. 3:47
9. 3:45
10. 3:45

Gesamt: 37:15


Anhang
Strava Wochenübersicht

Ich denke wenn ich das Training konstant auf 50km Wochenkilometer hochschraube, dann sollte noch mehr gehen.


Plan für die Zukunft
Ich versuche jetzt deutlich mehr Tempoeinheiten ins Training einzubauen und dann erstmal die 5km Zeit nach unten zu verbessern. Dann werde ich mir im Herbst nochmal die 10km vornehmen und versuchen 36:30 zu knacken.

Was denkt ihr sind kurzfristig und mittelfristig realistische Ziele?
Dateianhänge

Re: 10km Wettkampf - Taktik: Prinzip Hoffnung

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Machst du die Erfahrung bei dir selber oder bei anderen Läufern?

Ich habe bei einem Lauf mal einen Freund gesehen, der mit viel Spucke im Gesicht ins Ziel gekommen ist. Er hat es geschafft sich
komplett zu verausgaben. Viele kriegen das nicht hin und haben dann noch einige Reserven im Ziel. Seit dem versuche ich auch näher an mein echtes Limit zu laufen. Ich glaube für Anfänger ist doch oft schwierig. Vielleicht ist das ein Grund, warum Anfänger scheitern obwohl sie richterweise zu schnell starten.

Re: 10km Wettkampf - Taktik: Prinzip Hoffnung

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Gute Einstellung, guter Lauf. Und bei deinen verhältnismäßig geringen Umfängen geht sicherlich noch einiges. 36:30 wird für dich nur ein Zwischenschritt sein, wenn du dran bleibst.
200m: 25,38 (Juli 2022)
400m: 53,70 (Juni 2022)
800m: 1:58,93 (Juli 2021)
1500m: 4:05,48 (August 2023)
3000m: 8:54,25 (August 2023)
5000M: 16:28,11 (August 2022)
10KM: 33:59 (März 2022)
HM: 1:15:03 (März 2024)

Re: 10km Wettkampf - Taktik: Prinzip Hoffnung

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gutes Pacing ist nicht einfach, aber oft entscheidend zwischen guter und sehr guter Zeit oder eben schlechter. Man muss es sich nur zutrauen u. vertrauen dass man das durchziehen kann. Man muss das natürlich auch trainieren u. ein sehr gutes Körpergefühl und auch Erfahrung auf den Distanzen haben.
Grade der 5er und auch der 10er benötigen mMn auch viel Selbstvertrauen, das hohe Tempo durchziehen zu können. Der 10er ist ein "Ritt auf der Rasierklinge", es MUSS schnell sein (auch von Anfang an,) da die Strecke zu kurz ist um was "reinzuholen" - negativ Split im 10k und auch HM m.E. nach wenig zielführen, - man "verschenkt" zu viel, was man dann nicht mehr reinlaufen kann am Ende.

Es gibt ne Studie (zugegeben mit wenig Läufern) über 5km, dass eine parabelförmige Renngestaltung die beste Zeit erreicht (Anfang und Ende am Schnellsten (waren glaube 6%) und den Mittelteil im Renntempo. Ich denke die Studie kann auch auf 10km übertragen werden. So eine Renngestaltung sieht man auch bei sehr guten Läufer oft.
Ich selbst laufe auch meistens so und habe da sehr gute Erfahrungen gemacht u. auch die PBs so erzielt. Natürlich hängt es manchmal von der Strecke, Steigung, Wetter und einer möglichen Gruppe ab, aber wenn das passt, dann gehe ich bei 10k rein und laufe km 1 und 2 schneller als Renntempo,(ca. 10 Sek. schneller) gehe dann auf Renntempo und laufe die letzten 1 oder 2km nochmals schneller als Renntempo. (ca. 10 Sek. schneller). Auch beim HM gehe ich ähnlich vor, da km 1-4 leicht schneller. Muss aber auch geübt werden, diese Renneinteilung.
Km 7 und 8 sind auch meistens die kritischsten km, wenn du die gut durchhast läuft es i.d.R voll bis ins Ziel.

Es macht mMn Sinn den Schlussprint nicht erst kurz vorher anzusetzen, sondern wenn möglich einen längeren harten Sprint (ca. 400m) anzuziehen, grade wenn noch ein Läufer dabei ist, das kann ihn dann zermürben und pusht einen selbst nochmals. Natürlich muss der Spint u. die Fähigkeit dazu dann auch da sein, kann aber in gewissem Rahmen auch trainiert werden.
Der Körper hat immer noch Reserven, wenn der Kopf dies auch so will.

wenn du weniger Umfang machts würde ich Intervalle / Einheiten wie 8x1000 o. 4x2000 oder auch was kürzeres schnelles nicht weglassen. Allerding sind 40km/Wo. nicht allzu viel, da ist noch Potenzial, würde ich definitiv auch erhöhen. Dann steigt auch die Belastungsverträglichkeit und du ganz die kurzen Tempoeinheiten besser absolvieren.
Und dem Screenshot zufolge würde ich auch konsequenter u. regelmäßiger laufen, da sind recht lange Lücken drin.

die 37:15 sind schon recht gut für die 5km Zeit. Aber die ist ja auch recht "alt", da würde ich auch mal schauen was aktuelles auf vermessener Strecke zu erreichen

Re: 10km Wettkampf - Taktik: Prinzip Hoffnung

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Rolli hat geschrieben: 29.03.2023, 10:53
CobaltRain hat geschrieben: 29.03.2023, 10:45 die 37:15 sind schon recht gut für die 5km Zeit.
Ich dagegen finde ich die Zeit seeeehr schlecht. :P
auch was qualifizierendes beizutragen? Sie ist nicht überragend aber voll Ok, bei dem was er so gelaufen ist. Und es war auf der Bahn, wie er schrieb, da muss man sich auch mal im Getümmel erst mal zurechtfinden etc.

Re: 10km Wettkampf - Taktik: Prinzip Hoffnung

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CobaltRain hat geschrieben: 29.03.2023, 10:45 die 37:15 sind schon recht gut für die 5km Zeit. Aber die ist ja auch recht "alt", da würde ich auch mal schauen was aktuelles auf vermessener Strecke zu erreichen
Mehr als 18;30 Min. sollten über 5KM locker drin sein. Die Wettkampfzeitenrechner der verschiedenen Anbieter sind sich da einig. :wink:
Für eine Bestzeit von 18:30 prognostizieren über 10KM: RW 38:50, Greif 39:00 und Marquardt 38:51 Min.
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