Dank euch für eure Einschätzungen! Mittlerweile habe ich alles ganz gut verdaut und sehe es sportlich. Allerdings bin ich mir nach wie vor nicht sicher, ob das richtig war.
Ripple hat geschrieben:Da fällt mir spontan:
"Du Baumann du"
ein.
Im Ernst, das war ja ein Murphy-Erlebnis par excellence. Wenn etwas schief gehen kann, dann geht es schief. War wohl heute so bei Dir. Das Frühstückserlebnis kann ich gut nach vollziehen. Es gibt Dinge die müssen einfach stimmen, auch wenn sie noch so nebensächlich erscheinen. Aber ich könnte mir auch unter solchen Umständen einen Ausstieg nicht vorstellen, ich glaube ich würde den Wettkampf zu Ende, d. h. ins Ziel, bringen. Allerdings war ich noch nie in so einer Situation oder habe sie nicht als solche wahr genommen.
Baumann ist gut... Früher habe ich auch nicht verstanden, wieso er den Marathon nicht durchgebracht hat. 2:20 (oder so ähnlich) nach Einbruch wäre doch auch eine geradezu "unmenschliche" Zeit gewesen. Aus heutiger Sicht kann ich gut verstehen, dass ein 5.000 m-Olympia-Sieger eben solche verrückten Ansprüche an sich stellt. Da muss es dann eben die 2:10 sein.
Ich hoffe, dass ich mit dieser Verkettung unglücklicher Umstände (Murphy grüßt in der Tat) mein Pech für die nächsten Läufe abgearbeitet habe. Natürlich war ich z. T. auch selber Schuld. Nächstes Mal bin ich schlauer (hoffentlich!).
Van hat geschrieben:welche relevanz hat es für dich, wie andere user entschieden hätten?
Meine nichtlaufenden Bekannten und Verwandten glauben, dass ich an einer Wettkampf-Läufer-Neurose leide. Da hat mich doch die Diagnose des fachkundigen Publikums interessiert. Einige hier könnnen ja die Entscheidung gut nachvollziehen. Das hat mich schon einmal beruhigt - Es sei denn, wir leiden alle an derselben Krankheit... ]Ich glaube, ich kann es verstehen. Wenn ich solche Zeiten laufen würde und es mir wirklich auf die gute Endzeit ankäme, dann zu merken, das wird eh nix.
Wenn es hlat wirklich das einzige Ziel war, diese Zeit zu laufen.
Aus ähnlichen Gründen- wenn auch in völlig anderen Dimensionen- hab ich beim letzten Lauf ja auch fast aufgehört. Ich bin dann doch zu Ende gelaufen- aber eben, weil es bei mir nicht NUR um die Zeit ging sondern am Ende dann ums trotzdem Durchhalten. Im Ziel hab ich mich geärgert, dass ich den Sch... zu Ende gemacht habe.[/QUOTE]
So z. B. auch pingu: Ich bin mir eben auch nicht sicher, ob das reine Durchlaufen an sich wirklich zufriedener macht. Die Distanz an sich ist ja nicht das Problem.
einfach-Marcus hat geschrieben:Aber wieso dann abbrechen? Das war feig bis faul. Da läuft man durch, und dann haste halt ne 62er Zeit stehen - Motivation für den nächsten 15er das zu toppen. Wobei ich mich da mitunter schon bei dem Gedanken ertappt habe, absichtlich langsamer zu laufen damits leicher wird die Zeit beim nächsten Versuch zu unterbieten
Vielleicht war es feige - Motto: Wenn schon, dann auch mit wehenden Fahnen untergehen... ]heute morgen erlebt: Fußballtrainer tröstet Jungen, der auf der Linie klären wollte,
-> Eigentor "Es sind die Niederlagen, die deinen Charakter formen!"
Antwort: "Ich will keinen geformten Scheißcharakter, Mann, ich will gewinnen." [/QUOTE]
Da musste ich wirklich lachen! Klasse Antwort...
gnies hat geschrieben:Das blöde an dnfs ist: das erste ist das Einfallstor zu weiteren. Mach dir nichts draus, und denk nicht zu lange drüber nach.
knie hat geschrieben:Ich wuerde auch nicht abbrechen. Mit der Zeit wird das Abbrechen der
Wettbewerbe sonst immer einfacher, weil "es das letzte mal auch so
einfach ging".
Hmm... Das ist das, was ich das „Argument der schiefen Ebene“ (wahlweise auch „des Dammbruchs“) nenne. Kann man auf jeden Fall nicht von der Hand weisen. Dennoch will ich nicht so recht daran glauben. Ich muss mir doch meine Willensstärke nicht um jeden Preis unter Beweis stellen. Das habe ich ja schon bei den vergangenen, besser gelaufenen Wettkämpfen getan.
RalfF hat geschrieben:kann ich gut nachvollziehen, denn es ging mir schon ganz genauso. Wenn es nicht läuft, sehe ich häufig auch keinen Sinn darin weiter zu machen. So passiert bei meinem 1. Marathonversuch. HM nach 1:50 h, aber dann wurde es immer langsamer. Nach 30 km hatte ich genug gesehen, eine 5 h Zeit (nach den Maßstäben, die ich an mich stelle, mehr als nur unterirdisch) wollte ich nicht in der Liste stehen haben (die wäre wohl auf jeden Fall drin gewesen). Dann lieber beizeiten Schluss. Blöd war bloß, dass der Aufwand den ich getrieben hatte relativ groß war (Anreise, Übernachtung usw.)
Ja - beim Marathon ist die Hemmschwelle sicherlich höher wegen des größeren Aufwands drumherum. Dennoch glaube ich, dass auch hier irgendwann aussteigen würde. Ich denke, das wäre der Fall, wenn eine Zeit > 4 h drohen würde. Dann hätte ich eindeutig „verzockt“. Kann auch gut verstehen, dass Du Dich in Kiel für den HM umentschieden hast. Das bringt einfach nichts, nochmal 3:45 (oder so) zu laufen. Wenn man schon ein- oder mehrere Male gelaufen ist, dann muss der nächste Versuch einfach ein vernünftig vorbereiteter sein.
Vo2 hat geschrieben:In meinen Augen war der Ausstieg ein Fehler. Bisher hat sich bei mir in jedem Wettkampf meines kurzen Läuferlebens mein innerer Schweinehund gemeldet.
Seine Gründe für einen Ausstieg waren vielfältig und zum Teil wirklich verführerisch. Trotzdem bringe ich jedes Rennen (Ausnahme wären wirklich schwerwiegende gesundheitliche Probleme) zu Ende.
Auch das ist eine Form von Training. Der Kampf gegen die eigene Ausrede den Lauf zu beenden.
Ein Wettkampf ist ein Wettkampf und dauert vom Startschuss bis zur Ziellinie.
marathonmann hat geschrieben:Bloß weil ein Rennen nicht so läuft, wie ich mir das vorher vorgestellt habe, würde ich niemals aufgeben. Ich halte solche Rennen für wertvolle Erfahrungen, die mich psychisch stärker machen.
Ich hätte an deiner Stelle die Zähne zusammengebissen und trotzdem noch das Beste aus mir heraus geholt, auch wenn es dann nur zu 62 Minuten gereicht hätte.
Mit dem Schweinehund kämpfe ich auch jedes Mal. Laufen am Limit ist eben hart. Wenn man das dann aushält, ist das natürlich ein tolles Gefühl. Aber Quälerei als Selbstzweck auszuhalten (Stichwort: „Schulung des Willens") - ob das sinnvoll ist? Meine Moral wurde auch dadurch untergraben, dass ich langsam aber sicher nach hinten durchgereicht wurde.
schneller! hat geschrieben:Zwei Dinge kommen mir spontan in den Sinn:
1. Wenn VOR dem Lauf schon (fast) alles schief läuft, dann sind die Voraussetzungen für einen Exploit wohl wirklich nicht günstig... Kopf hoch: Nächstes Mal hast Du die kurzen Hosen dabei und der Autoschlüssel ist da, wo er hingehört
2. Ich würde mich nicht so fest auf eine Zielzeit fixieren (bei Dir eine Stunde), sondern so, wie ich es immer mache, mindestens genauso ständig in den Körper 'hineinhören'. d.h. das Renntempo bei Notwendigkeit nach unten korrigieren.
Sogar dann, wenn ich fast sicher bin, eine bestimmte Zeit in den Beinen zu haben. Ich laufe dann nämlich auf jeden Fall lockerer. Das Rennen macht mehr Spass, weil der psychische Druck kleiner ist. Wenn der Faden aber einmal 'gerissen' ist, dann ist es praktisch unmöglich, noch dranzubleiben, v.a. weil neben der Kraft auch die Moral im Keller ist.
Ich selber habe nur ein Mal ein ähnliches Rennen aufgegeben, weil ich nicht bereit war, die Zielzeit anzupassen (war übrigens auch beim Start-Ziel-Durchlauf nach der halben Distanz!). Dieses DNF hat bei mir ein ziemlich ungutes Gefühl hinterlassen. Danach habe ich Rennen nur noch dann aufgegeben, wenn ein Weiterlaufen mir körperlich geschadet hätte (Verletzung, Uebertraining). Letzteres passierte mir noch etwa 3 Mal (in 9 Jahren), hinterlies aber nie ein schlechtes Gefühl (Vernunftsentscheid). Letzten Sommer lief ich bei einem 10 km Lauf die ersten 4km in 16 Min. Dann lief ich voll in den Hammer hinein (30° im Schatten!) und wurde nur noch nach hinten 'durchgereicht'. Es resultierte eine Endzeit von 45.30 (!). Vorgestellt hatte ich mir etwa 41 bis 42 Min... Trotzdem war ich am Ziel sehr froh, (noch) angekommen zu sein! Ich hatte zwar die letzten 4km nicht mehr 'gebissen' (meiner Form zuliebe), trotzdem war's noch recht hart.
Bei dieser Schilderung fällt mir ein vergleichbares Lauferlebnis ein, bei dem ich auch kurz vorm Aussteigen war: Ein 10er bei großer Hitze (mein zweiter WK überhaupt), 10 Tage vor dem Marathon. Damals bin ich nur nach Gefühl gelaufen und habe keine Zwischenzeiten kontrolliert (hatte auch nur eine sehr einfache Stoppuhr). Resultat: Unbewusst auf dem ersten Streckendrittel viel zu schnell angegangen (auf ne 38er-Zeit, die damals unter keinem Gesichtspunkt realistisch war) und nach hinten raus richtig gelitten. Rausgekommen ist dann eine mittlere 42. Eigentlich gar nicht schlecht, aber ich glaube, das war das Rennen, wo ich mich am meisten gequält habe. Im Ziel bin ich erschöpft auf den Rasen gefallen. Damals wollte ich nicht aufgeben aus zwei Gründen: 1. Sind noch einige Kollegen mitgelaufen. Da wollte ich mir keine Blöße geben. und 2.: Ich habe immer gedacht: „Hier darfst Du nicht aufgeben. Wie soll es dann erst beim Marathon werden?“
Zum Thema „Laufen nach Gefühl“: So toll und motivierend die Polar als Pacemaker ist - in dieser Hinsicht ist sie natürlich absolut hinderlich. Ständiger Blick auf die Uhr verhindert eine gefühlsmäßige Einteilung. Vielleicht sollte ich’s mal wieder „ohne“ versuchen!
Grüße an alle!
Bruce