Eigentlich dachte ich bisher immer, vorm Laufen müsste man nicht aufgeregt sein. Und war es bislang auch nicht - weder bei den 3 Zehnern beim Avon-Run, noch bei den 2 kleineren Läufen, die ich hier in Brüssel mitgemacht habe. Aber der Berliner Halbmarathon war offensichtlich doch ne Nummer größer: erstens sollte er die weiteste Strecke werden, die ich bisher gelaufen bin und zweitens natürlich auch die von der Beteiligung her größte Veranstaltung.
Schon durch den Thread hier im Forum und die Nachlese des letzten Jahres konnte ich mich mental etwas darauf einstellen, was mich erwarten dürfte: Prominenz auf und an der Strecke, Foris bei Starbucks, Sightseeing vom Feinsten, motivierendes Publikum. Auf die Emotionen, die da in einem hochkommen, war ich allerdings kein bisschen vorbereitet...
Die Aufregung wurde schon am Freitag spürbar, als ich aus Brüssel nach Berlin kam. Im Radio die ersten Hinweise auf die Verkehrseinschränkungen und das Planen des Messebesuchs trugen ein Übriges dazu bei. Am Samstag dann das Gewühl bei der Messe - so viele Gleichgesinnte, an den Galeria-Tüten auch in der S-Bahn schon zu erkennen



So machten mein persönlicher Groupie und ich uns dann pünktlich und bei schönstem Wetter auf den Weg zum "Starbucks", wo ich mich dann sehr freute, mal so viele Gesichter zu den Beiträgen und Benutzerbildchen hier zu sehen: ich trau mich ja gar nicht, alle aufzuzählen, würde sicher jemanden vergessen! Es war richtig schön jedenfalls! Und es hatte was Beruhigendes, dass die meisten auch so aufgeregt waren, auch wenn (oder gerade weil?) sie doch meist ihren Jungfernflug schon hinter sich hatten! Nachdem dann alle noch zu den LKWs aufbrachen (und ich nochmal das Klo aufgesucht hatte), traf ich auch noch mein Cousinchen, die ihrerseits dann ihre Freundin und Laufpartnerin suchen ging, so dass ich mich gegen 10.40 Uhr schließlich allein in den Startblock E stellte. Vorne knallte es, alle klatschten - und es passierte erstmal nicht viel. Okay, das kannte ich vom Avon-Run auch schon, hatte mich überdies auch recht weit hinten eingereiht, was auch an dem Unterschied von Brutto- und Nettozeiten deutlich wird: ca. 11 min nach dem Startschuss lief ich auch über die Startmatte.
Als HM-Jungfrau, die noch dazu ganz alleine unterwegs war, hatte ich eigentlich überhaupt keine rechte Peilung, wie ich mich am besten verhalte. Da ich immer ohne diverse Uhren, Pulsmesser o. ä. unterwegs bin, trotzdem aber ganz gut in der Lage bin, einen einigermaßen gleichmäßigen Schritt zu laufen, hatte ich mir vorgenommen, die ersten 3-4 km erstmal locker loszulaufen und dann zu sehen, wie ich mich fühle, um vielleicht etwas schneller zu werden. Das Wetter war jedenfalls wie für mich gemacht - ich fühlte mich in kurzen Klamotten genau richtig angezogen. Nach etwa 2 km merkte ich dann allerdings, dass ich mal wieder so ein unangenehmes Ziehen in beiden Schienbeinen hatte. Das passiert mir öfter mal (vermutlich müsste ich mich so mindestens 3, 4 km einlaufen, aber in Anbetracht der Streckenlänge wäre das bei meinem Leistungsvermögen sicher übertrieben gewesen). Wenn ich dann eingelaufen bin, verschwindet der Schmerz meist, was diesmal leider so bis etwa km 8 dauerte. Erst ab da fühlten sich die Beinchen dann wirklich locker an und ich hatte das Gefühl auch etwas schneller zu sein. Übertreiben wollte ich es aber nicht, da ich keine Ahnung hatte, wie es mir gegen Ende dann gehen würde.
Die 10 km passierte ich in 1:01:xx, für mich voll in Ordnung, geht aber sicher auch noch etwas schneller, ohne dass ich gleich gekeucht hätte. Danach lief es auch bis zum Wittenbergplatz noch recht locker, ich genoss die Stimmung, die Mitläufer, die Sonne, die Strecke, obwohl mir das Stück zwischen Kaiser- und Kudamm auch etwas "länglich" vorkam. Es machte weiterhin Spaß, bis ich zum Potsdamer Platz kam und mir dann klar wurde, dass wir ja nun leider nicht gleich in die Leipziger Straße weiterlaufen würden - den "Schlenker" von nochmal ca. 3 km hin zum Checkpoint Charlie hatte ich offensichtlich gedanklich verdrängt

Die Leipziger Straße kam mir dann gar nicht so öde vor, wie es manche hier beschrieben haben. Meine frühere Arbeitsstelle liegt parallel dazu, und ich kenne hier eigentlich jedes Schlagloch. Das half mir sehr, mir die verbliebene Strecke bildlich vorzustellen und die letzten 2 km kamen mir daher eigentlich entfernungsmäßig lachhaft vor. Ich war sicher, auch diesen Rest laufend zu schaffen - und das war ein tolles Gefühl! Als ich dann am Molkenmarkt in die Rathausstraße abbog, spürte ich die schmerzenden Beine schon nicht mehr. Die Leute an der Strecke begannen mir regelrecht den Atem zu nehmen - ja, da überwältigte mich dann auch der Stolz, die Strecke geschafft zu haben, die Spannung konnte abfallen, die Augen wurden echt feucht. Ich dachte nur, dass mein Freund sicher irgendwo rechts von mir stehen würde und hoffte, ihn vielleicht zu sehen, aber irgendwie nahm ich gar nichts mehr so richtig wahr auf den letzten 20, 30 Metern. Ich lief durchs Ziel, registrierte noch die Bruttozeit, zog im Stillen etwa 10 min davon ab und war absolut glücklich, es wirklich unter 2:15 geschafft zu haben!
Mit gefühltem Oberschenkelumfang von etwa 1,50 m stelzte ich in Richtung Rathausbrücke, traf nochmal einige Foris, die meisten davon mindestens genauso glücklich wie ich und lief dann noch ne kleine Ehrenrunde an der Spree bis zum Dom, wo mein treuer Sachenträger auf mich wartete.
Bleiben 2 Dinge nachzutragen: 2:13:16 ist die stolze Jungfrauenzeit und das Zielfoto mein neuer Avatar

Liebe Grüße an alle!
Babs