Hallo Kenas,
kenas hat geschrieben:- Arzt hat die Wade abgetastet und genau auf die Stelle zw. Schienenbein und Wadenmuskel gedrückt - das tat ZIIIIEEEEMLICH weh
Und daraus hat er geschlossen, daß Du Einlagen benötigst??? Weißt Du, es gab mal eine Gruppe von Astronomen, denen fiel auf, daß auf dem Planeten Venus mit Fernrohren keinerlei Oberflächenstrukturen erkennbar sind. Daraus schlußfolgerten sie, es müßten auf der Venus Dinosaurier existieren. Von ähnlichem Kaliber scheint Dein Orthopäde zu sein

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Also, im Ernst: Es ist ja schon bedenklich, daß er keine Laufanalyse gemacht oder angeordnet hat, aber die Füße noch nicht mal im Stehen auf ihre Gelenkstellungen hin zu untersuchen, finde ich absolut unseriös

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kenas hat geschrieben:-ich hab (schon seit Jahren bekannt) einen Spreiz- und Senkfuß, hatte aber nie Probleme damit
Der Spreizfuß hat ohnehin keinen Krankheitswert. So liest man in der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin Jg. 51, S. 141-142 (2000) (
http://www.zeitschrift-sportmedizin.de/ ... ts0400.pdf):
"Problematisch ist die Diagnose Spreizfuß, da nach neueren Erkenntnissen eine Fußquerwölbung im Bereich der Mittelfußköpfe nicht existiert und die Belastung bereits unter physiologischen Bedingen beim Abrollen überwiegend über die Mittelfußköpfe II-IV erfolgt. Da auch eine vermehrte Aufspreizung oder Divergenz der Mittelfußknochen physiologisch ist und keinen Krankheitswert besitzt, sollte die Diagnose Spreizfuß insgesamt vermieden werden."
Mit anderen Worten: Nahezu jeder noch so gesunde Fuß ist im Grunde ein Spreizfuß. Und im Vorfußbereich hast Du ja wohl auch keine Probleme. Könnte mir durchaus vorstellen, daß irgendwann auch der Senkfuß durch wissenschaftlich denkende Mediziner seines Daseins als Fehlstellung beraubt wird.
kenas hat geschrieben:- s. o. Laufuntergrund: Meist Waldboden, ab und zu Asphalt oder Schotter
Hmm, Waldboden ist ja häufig etwas uneben. Da kommt es beim Fußaufsatz schon desöfteren mal zu ungewollter Supination oder Pronation. Auch dadurch können Muskelgruppen überlastet werden. Asphalt (ohne Schlaglöcher!) ist da viel anspruchsloser. Ich selbst bin absoluter Asphaltfan, und vielleicht erfreuen sich meine Knick-Senk-Spreizfüße gerade deswegen so guter Gesundheit.
kenas hat geschrieben:Ich laufe ja nicht viel - momentan so 30 km die Woche. Wie gesagt, ich habe vor zwei Monaten wieder diszipliniert angefangen (nach ca. einem Jahr Lauffaulheit). Das letzte Jahr bin ich vielleicht 30 km im Monat gelaufen Jetzt weiß ich nicht, ob man dabei unbedingt von einer enormen Steigerung sprechen kann.
Hier stimme ich ganz klar Janina zu. Wenn Du ein Jahr lang so gut wie gar nicht gelaufen bist, dann war das wahrscheinlich fast wie ein kompletter Neuanfang. Dann sofort auf 30 km/Woche zu gehen, finde ich auch ziemlich happig. So bin z.B. ich erst in meinem elften Laufmonat erstmals über 100 km/Monat gelaufen, vorher meist so 60 - 90 km/Monat. Jetzt, nach über drei fast pausenlosen Laufjahren, nähere ich mich den 200 km/Monat.
Daher fürchte ich, Du hast Deine laufentwöhnten Muskeln bzw. Sehnen schlicht überfordert und mußt ihnen mehr Zeit zur Anpasung geben.
Eine weitere Tatsache sollte man bei der Ursachenforschung nicht vergessen: Die Außentemperaturen sind zwar momentan noch relativ mild, aber dennoch seit September eher fallend als steigend. Das Schmiermittel, welches sich zwischen den Muskeln und in den Sehnenscheiden befindet, wird dadurch zähflüssiger. Die Reibung nimmt zu, und das kann zu Reizungen führen. Mit einer gewissen Verzögerung paßt sich der Körper daran an. Meine Beine haben in den letzten drei bis vier Wochen am Anfang der Trainingseinheiten auch etwas wehgetan, aber seit dieser Woche ist es besser geworden, obwohl ich immer noch in kurzen Hosen renne.
Ich würde Dir empfehlen, Dir Janina zum Vorbild zu nehmen: Ein Bißchen Grundwissen darüber ansammeln, was die menschlichen Laufwerkzeuge im Innersten zusammenhält (z.B. hier:
http://www1.uni-hamburg.de/spomed/scrip ... -07-02.pdf). So kann man bei eventuellem Arztbesuch besser mitreden und beurteilen, ob der Typ Ahnung hat oder nur dummschwätzt. Umfänge und Laufgeschwindigkeit solltest Du langsam steigern. Es muß auch nicht jede(r) Marathon laufen, um sich "Läufer" nennen zu dürfen. Qualität sollte vor Quantität gehen. Dazu sind Kräftigungsübungen wie z.B. Lauf-ABC gute Hilfsmittel. Für besonders wichtig halte ich das regelmäßige Barfußlaufen, da es automatisch zu einer natürlichen, aktiven Lauftechnik führt, die man dann auch auf das Laufen in Schuhen zu übertragen versuchen kann. Bei mir hat das gut geklappt, so daß ich zum fast reinen Vorfußläufer mutiert bin. Die Verwendung besonders flach und flexibel gebauter Laufschuhe kann eine solche Entwicklung erleichtern. Übrigens halte ich persönlich den Nike Free nicht für den ultimativen Barfußlauf-Simulator, da seine Sohle nicht ganz dünn ist und auch eine merkliche Sprengung aufweist. Ein Paar Wasserschuhe (meine gab´s mal für 3 € bei Aldi) eignet sich m. E. besser. Aber Vorsicht: Darin spürst Du jedes noch so kleine Steinchen wie einen Nadelstich, weshalb sich die Benutzung auf einer Kunststoffbahn im Stadion anbietet. Auch und gerade beim Barfußtraining gilt: Langsam und mit kurzen Strecken beginnen, da die Muskeln ganz anders gefordert werden als in den heute üblichen Laufschuhen.
kenas hat geschrieben:Und - wo kommt die allgemein Abneigung gegen Einlagen her?
Also, wenn es um rein mechanisch stützende Einlagen geht, ist der Fall eigentlich klar. Diese Dinger bekämpfen lediglich Symptome, da sie Muskeln und Sehnen dauerhaft entlasten und somit ihrer Funktionen berauben. Die Strukturen verkümmern, und sobald die Stützen mal weggelassen werden, kommen die Beschwerden um so stärker wieder. Daher bezeichne ich solche Stützen gerne als "mechanische Drogen".
Daß Einlagen, wie hier in einigen Beiträgen geschildert, sogar desöfteren ihrerseits zu neuen Verletzungen führen, war mir so noch gar nicht bewußt. Es bestärkt mich jedoch in meiner ablehnenden Haltung.
Um Dich, Kenas, nun komplett zu verwirren

, muß noch kurz auf einen neuartigen Typ von Einlagen eingegangen werden. Die sog. propriozeptiven oder sensomotorischen Einlagen bezwecken eine Stimulation der körpereigenen (muskulären) Korrekturmechanismen. Sie stützen den Fuß nicht vollflächig, wie klassische Einlagen, sondern bewirken durch das Drücken auf bestimmte Punkte des Fußskeletts eine veränderte Muskelvorspannung, die eine entsprechende Reaktion des neuromuskulären Systems hervorruft. So soll das Lauftraining selbst zur physiotherapeutischen Übung werden. Ich nehme an (bin da momentan aber noch am Nachforschen), daß solche Einlagen nach einer gewissen Zeit wieder weggelassen werden können und eine dauerhafte Verbesserung der Bewegungsabläufe herbeiführen. Ihre Konstruktion, also die individuelle Abstimmung auf den einzelnen Patienten, gilt als wesentlich anspruchsvoller als diejenige klassischer Einlagen, da eine detailierte Bewegungsanalyse unumgänglich ist. Solche Einlagen, deren positive Wirkung wohl in medizinischen Studien nachgewiesen wurde, könnten in zahlreichen Fällen vermutlich sinnvoll eingesetzt werden. Leider weiß ich nicht, wie hoch ihr Marktanteil mittlerweile ist. Vielleicht sollte ich dazu mal eine Umfrage starten

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kenas hat geschrieben:Meine Invalidenbilanz: linkes Knie = Innenband-, Meniskus- und Kreuzbandriss - seit drei Jahren dort Kreuzbandimplantat und seitdem wieder alles soweit ok!
rechtes Knie = Innenbandriss und wahrscheinlich ein kleiner Kreuzbandanriss (aber (noch) keine OP nötig!)
Was ich noch zu bieten habe: Hallus Vaxus-Ansatz (oder wie sich das schimpft) am linken Fuß.
Jetzt muß ich doch noch einmal fragen: Wie, um Himmels Willen, hast Du diese Zerstörungen angerichtet??? Durch Laufen allein schafft man sowas, glaube ich, nicht. Kreuzbandimplantate hatte ich bisher für Science fiction gehalten. Bestehen die aus gezüchtetem Zellmaterial oder aus Kunststoff?
Ich hoffe, Dir ein wenig weiter geholfen zu haben, und wünsche Dir gute Besserung. Wenn du weitere Fragen hast - nur zu! Kann zwar nicht alle beantworten, aber Biomechanik macht mir immer Spaß.
Viele Grüße von
Martin