Die runde Runde mit Duftmarken

Samstag, 11. August, 18:30, Bonn, Mehlem, die Laufklamotten sitzen. Handy klingelt. Warum jetzt? Ach, ja, Wonneproppen nebst Rotzlöffeln wollen wissen wer was wann wo zur Nahrungsaufnahme beiträgt. Wird schwieriges Gespräch werden. Rotzlöffel können nicht kochen, Wonneproppen kann alles, nur nicht vernünftig Grillgut kaufen. Ist Männersache. Mann muß jetzt aber laufen. Versuche auf der Fahrt zum schönsten, ruhigen Rundkurs Wonneproppen über die Tücken des Grillguteinkaufs aufzuklären. Gelingt erwartungsgemäß dürftig. Wonneproppen über die Rolle als Einkäuferin ungehalten, muß sie durch. Rotzlöffel wollen mit einkaufen. Glück gehabt. Komme auf Parkplatz von Rundkurs an. Habe über das schwierige Gespräch vergessen Laufschuhe anzuziehen Nur Badeschlappen an den Füßen
Geisteszustand nimmt doch langsam teils denkwürdig tragische Formen an

Wieder zuhause, Schuhe sitzen jetzt auch. Keine Lust mehr zum Rundkurs zu fahren. Rheinstrecke. Samstagabend, schönstes, angenehmes Wetter, wird voll dort sein. Radler, Spazierer, Inliner, Läufer. Horden von Hunden, kolabierende Mütter mit schreienden, rücksichtslos querlaufenden Nuckinucklern. Egal, bin gut drauf und soo tolerant. Laufe los, ganz logger. Vater Rhein kommt in Sicht, habe Hochwasser vergessen. Vielleicht aber Hochwasser doch nicht so hoch. Weg ist von den glitzernden Fluten verschont, Sonne steht schon recht tief. Strecke ist schattig, angenehmer, kühlender Gegenwind, eine sanfte Brise umfängt mich. Wohliges Läuferglück steigt in mir auf. Halte mich ganz links auf dem Weg, schön schattig. Entgegenkommende Radler zeigen für meinen Linksverkehr wenig Verständnis. Egal.
Nun geschieht merkwürdiges. Düfte und Gerüche, nicht von Mutter Natur ersonnen, nervten meine Läuferseele schon öfter ein wenig.
Heute aber ist's brutal. Ein Grüppchen plappernde, ältere Damen in feschen Kostümen ist zu überholen. Dank Gegenwind wabert mir eine üppige Parfümwolke schon aus zwanzig Metern entgegen. Puh, mir raubt's die eh schon knappe Luft. Damen sind glücklich überholt, da tuckert ein großer Frachter mühsam den Strom hinauf, dicht unterm Ufer. Dieselgestank vom allerfeinsten. Kotzgrenze 1. Luft anhalten und laufen? Schwierig. Versuche es trotzdem. Leichte Seitenstiche, weiter. Pfeifenraucher gibt mir vollends den Rest, ich gehe
Weiter. Nun steigt in mir ängstliche Vorfreude auf Pommesbude 1 auf. Das kann ja heiter werden.
Wurstbraterei1 kündigt sich von weitem mit einem unbeschreiblichen Mix aus bereits erlebten Düften, untermalt von übelstem Fritten- und Bratwurstausdünstungen an. Gibt es eine Gasmaske für Läufer? Hilft mir ein erotisierendes Schnuppern unter meinen Iltisachseln a la "Ein Fisch namens Wanda"? Verkneif es mir, fühle mich schlecht. Die Strecke zwischen Pommes 1 und Pommes "Zum schmutzigen Löffel 2" ist weitestgehend duftbefreit, Laune steigt wieder.
Pommes 2 hält einen weniger exclusiven Duftmix bereit. Bin sehr dankbar. Noch 1 km bis Wendepunkt Plittersdorf. Bin fertig. Erst 6 Kilometer gelaufen Wendepunkt. Bin sehr fertig. Nun fehlt Gegenwind. Heiß!
Laufe - schleppe - mich nun im Rechtsverkehr, Radler gucken jetzt nicht mehr böse. Hier und da ein Parfümwölkchen, Tabakqualm, quäkende Nuckinuckler.
Nun fällt mir erst auf, dass kaum Läufer unterwegs sind. Unerfahrenheit gepaart mit temporärer geistiger Umnachtung macht mich als Läufer zum einsamen Duftstrategen.
Mit leicht grünlichgelben Teint wogge ich mit zusehens schwindenden Kräften an einem jungen Paar vorbei, welches die Kühle des Abends genießt. Mit Stöpseln meiner Berieselungsanlage im Ohr höre ich nicht was der Jungspund sagt, lese an seinen Lippen "Mann, sieht der bescheuert aus". Muß grinsen, recht hat der Kerl. Stirnband, gelbgrün im Gesicht, Ohrstöpsel, Laufshirt sieht dank Trinkgurt eher aus wie ein zu kurzes Röckchen. Dazu farblich völlig unpassende halblange Laufhose. Eindruck mach ich so nich.
Noch 4 Kilometer bis zum rettenden Heim. Rufe Wonneproppen an, soll mich abholen, bin völlig entkräftet. Traue mich nicht, meine schmachvolle Läuferniederlage einzugestehen, frage nur belangloses Zeug.
Pommesbuden haben ihren Betrieb für heute gnädig eingestellt. Bin sehr dankbar, gehe wieder.
Ca. 1:30 für 12 km Schleppe mich geschunden und erniedrigt ins Heim.

Der Grillabend verläuft aber schön lecker, Drecksblagen benehmen sich unerwartet anständig und hänseln mich nicht wegen der Zeit.
Bin wieder glücklich.


Sagt mal, geht euch das auch mal so mit den Düften?? Ist ja grausam.

Man was hab ich ein glück auf dem Land zu wohnen.
Laufe über Felder ,Wälder und Wiesen. Der Hase hoppelt, das Reh sehe ich im Wald.
Und die Düfte erst im Frühling der Duft der Blumen im Herbst die Jauche und im Wald ist es immer angenehm leise, und was stört da die Ruhe wieder so eine Motorsäge und krach liegt wieder ein hindernis auf dem Weg.
Ja so schön kann es auf dem Lande sein. Kein Mensch weit und breit.

1. Herrlich geschrieben!
2. Ja, diese Düfte stören mich auch.

Und dann ist man zu Hause und die Nachbarn grillen.

Sehr schön beschrieben, aber ob es die Gerüche, die Du da wahrgenommen hast, wohl alle wirklich gab ?

Die Physiologie der Schizophrenie beschreibt Fälle der Wahrnehmung nicht-existenter Gerüche als Vorstufe zu Episoden von bipolaren Störungen, früher auch als manisch-depressives Irresein bekannt .

Ob die Betroffenen vor dem Einsetzen diesen Wahrnehmungen Lauftraining absolviert haben ist nicht bekannt..... .

Walter

viermaerker 707 hat geschrieben:Sehr schön beschrieben, aber ob es die Gerüche, die Du da wahrgenommen hast, wohl alle wirklich gab ?

Die Physiologie der Schizophrenie beschreibt Fälle der Wahrnehmung nicht-existenter Gerüche als Vorstufe zu Episoden von bipolaren Störungen, früher auch als manisch-depressives Irresein bekannt .

Ob die Betroffenen vor dem Einsetzen diesen Wahrnehmungen Lauftraining absolviert haben ist nicht bekannt..... .

Walter

Du äußerst Zweifel an meinem Geisteszustand Nach der Nummer mit den Schlappen schon berechtigt

Aber!!

So wahr mir der Laufgott helfe, alle erschnüffelten Düfte waren real. Und das war nur das, was meine Erinnerung zulies. Pommesbude 1 steht bei Rheinkilometer (auweiea, vorhin noch gelesen) äh, 645 oder 545, höhe Mehlem/Fähre. Die berüchtigte "Zum schmutzigen Löffel" ca. 2,5 km weiter rheinabwärts, an der Bad Godesberger Fähre. die Dieselkutter waren üppigst gesäht, der eine, der so dicht am Ufer tuckerte, toppte aber alle.

@ronnykind Nach dem Lauf stört mich so was gar nicht. Aber beim Laufen könnt ich echt.... grün werden.

@robman Ja solch schöne heimelige Strecken gibt's hier auch. Wald und Wiesen, am Busen der Natur

Heute war die Rheinstrecke halb so wild. Wenig los, kaum Duftalarm!! Pommesbuden rochen auch nicht ganz so streng. Die hatten wohl Samstag viel zu tun gehabt.

Ich lauf da halt manchmal gerne, da wg. der Rheinkilometersteine alle 100 Meter mein Oberschneckentempo so hervorragend zu überwachen ist.

Heute waren 6 km im 6:30iger Schnitt angesagt. 3 km sanftes Traben, dann los, leider direkt den Überblick verloren. Erster km in 5:20, zweiter in 5:40, dritter in 6:xx war mir dann auch egal

Muß üben

bon nuit

mcintyre hat geschrieben:1. Herrlich geschrieben!
2. Ja, diese Düfte stören mich auch.

Hei, mal sehn, vielleicht lauf ich auch den 3 Brückenlauf im Oktober mit.
Kann mich ja schon fast als tapferen Rheinstreckenrecken fühlen...

vinidomini hat geschrieben:Du äußerst Zweifel an meinem Geisteszustand....

Ach was, würde mich doch nieeee erdreisten

vinidomini hat geschrieben: Pommesbude 1 steht bei Rheinkilometer (auweiea, vorhin noch gelesen) äh, 645 oder 545, höhe Mehlem/Fähre. Die berüchtigte "Zum schmutzigen Löffel" ca. 2,5 km weiter rheinabwärts, an der Bad Godesberger Fähre. die Dieselkutter waren üppigst gesäht, der eine, der so dicht am Ufer tuckerte, toppte aber alle.
Ich lauf da halt manchmal gerne, da wg. der Rheinkilometersteine alle 100 Meter mein Oberschneckentempo so hervorragend zu überwachen ist.
Muß üben

Hab mal in Bad Godesberg gewohnt und kenne die Strecke gut. Die Abwechslung, die man durch das Treiben auf dem Fluß (und entlang der Laufstrecke) hat, macht es wirklich zu einer schönen Runde!

Walter

vinidomini hat geschrieben: Ich lauf da halt manchmal gerne, da wg. der Rheinkilometersteine alle 100 Meter mein Oberschneckentempo so hervorragend zu überwachen ist.

Da muß ich dir recht geben Rheinkilometer habe ich nicht

Ich setze mich jetzt zum ersten mal ins Auto, und fahre an den Neckar um eine ebene Stecke zu suchen. Laufe eigendlich immer von der Haustüre los.

Und der Rhein ist viel schöner als der Neckar, landschaftlich hat er was ganz anderes und bei mir fahren höchstens ein paar Ruderboote.

Vieleicht schlägt es mich mal im Urlaub wieder an den Rhein.

Aber deine Geschichte ist echt ne wucht ich wünschte ich könnte so gut schreiben.

@Walter Ja, das ist schon schön hier in Godesberg (bis auf die völlig kaputt sanierte Innenstadt )

@robman Nagold, gehört das zur Schwäbischen Alb, so grob gesehen? Ist doch auch schön dort. Und die Kilometersteine helfen schon. Sofern ich nicht immer mit den Zeiten durcheinander komme und endlich lerne mein Kriechtempo mal konstant zu laufen.