Barcelona 2010 – mein erster Auslandsmarathon
Das Start- und Zielgebiet empfängt uns mit imposanten Wasserspielen! Am Samstag, als wir zum Frühstückslauf dort waren, waren die Fontänen nicht in Betrieb. Das Wasser verbreitet zwar einen dezenten Schwimmbadgeruch nach Chlor, aber was soll’s, der Anblick ist großartig. Dazu scheint auch noch die Sonne.
Bei der Kleiderbeutelabgabe in der Expo- Halle entferne ich die Ärmel von meiner Laufjacke, scheint ja warm werden zu wollen. Alles wuselt rum auf der Suche nach dem passenden Startblock, aber man kann sich deutlich mehr Zeit lassen als in Berlin: zehn Minuten vor dem Start reichen aus, sich einzureihen. Ich reihe nicht, sondern gehe ganz nach hinten. Nach der vergletscherungsbedingt entfallenen Vorbereitung will ich ganz langsam laufen, möglichst gleichmäßig durch- und ins Ziel kommen.
Die ersten 2 km der Strecke sind ganz nett, rechts und links klassische Altbauten mit schmiedeeisernen Balkons, Publikum ist auch vorhanden, schön ist das freie Laufen mit Platz um mich rum! Kein Gedrängel, niemand tritt mir unter den Fuß, streift mit den Ellenbogen, kurvt knapp vorbei – das ist im Unterschied zu Berlin sehr entspannt. Umgekehrt kann auch ich entspannt vor mich hin schlurfen, muss nicht ständig achtgeben.
Ab km 5 zieht sich der Himmel zu, es wird kühler. Der Wind ist auch frisch, ich bin knapp an der Friergrenze und das soll für den Rest des Laufs auch so bleiben. Meine Laufklamotten sind nach der Vorhersage von 10-12° ausgewählt…
Die Strecke führt nun durch gesichtslose Außenbezirke, Wohnblocks rechts und links, irgendwie sieht es dauernd so aus wie beim Berlin- Marathon an der Moll- und Grunerstraße. Das Gemeine: man muss so einen langweiligen Abschnitt zweimal laufen, erst auf der einen Spur 2,5 km hin, dann 2,5 km zurück. Hoffnung keimt, hinter der nächsten Ecke wird’s schöner?! Aber nein, wieder so eine elendslange Gerade! Och nee, Kinners, was soll das denn? Ich lerne ein völlig neues Marathongefühl kennen: Langeweile und Unmut. Richtig quälend. Echt. Ich reiße mich mental zusammen, konzentriere mich auf die Highlights: eine Gruppe „Spinner“ auf dem Mittelstreifen, die Zuschauer, die Venga venga rufen oder animo (was ich später bei LEO als „Kopf hoch!“ oder „Nicht aufgeben“ übersetzt finde). Lustig ist auch, wie unterschiedlich mein Name, der groß auf der Startnummer steht, ausgesprochen wird, je nach Muttersprache des Anfeuerers.
Vor mir läuft Rachel und „strickt mit den Knien“, und wie sie strickt!! Daneben läuft einer in einer knielangen Krachledernen mit Hirschhornknöpfen. Achtung, Männer, vielleicht ist das der kommende Trend!
Nach km 22 laufen wir an einer Schallschutzmauer lang, unten ist eine Schnellstraße, rechts Wohnblocks a la Marzahn/ Hellersdorf. Das dauert auch eine ganze Weile, ehe wir das wegerledigt haben. Nein, die Strecke rockt hier wirklich nicht.
Wo sie aber abbiegt, „macht man die Tanke“. Scheint hier keinen zu stören, es sind auch nie Helfer da, die das verhindern. Es bringt aber nicht so sehr viel, ich laufe „anständig“ und habe die Abkürzer doch immer bald wieder.
Ich bleibe immer mal wieder stehen, um zu fotografieren. Leider sind bestimmt 50% meiner Bilder nichts geworden, ich habe mir zu wenig Zeit gelassen, wollte schnell weiter. Wir passieren die Sagrada Familia von Gaudi und bei km 27 einen zäpfchenförmigen Turm (Torre Agbar).
Bei km 32 Hurra! Links taucht das Meer auf. Schööön, das freut das Läuferherz. Die Strecke wird attraktiver, nähert sich der City mit ihren wunderbaren Altbauten. Der Arc de Triomf wird durchlaufen, es geht auf die Placa Catalunya zu, da tobt die Menge. Ein deutsches Ehepaar, das wir am Freitagabend in einer Tapasbar kennengelernt hatten, winkt heftig, ich muss anhalten, es wird fotografiert, ein wenig geschwatzt – „ist doch nicht mehr weit?“ „Nein, nur noch 4 km“ und weiter. Die Rambla ist auch nochmal ein Highlight, allerdings sind die Publikümmer hier mehr am Einkaufsangebot auf dem Mittelstreifen interessiert.
Bei km 40 trinke ich nochmal etwas Wasser, komischerweise bekomme ich schlagartig Seitenstechen und Blähungen. Ich habe die ganze Strecke lang immer wieder ein paar Schluck Wasser zu mir genommen, ohne Folgen, und nun plötzlich aua! Ich muss tatsächlich noch gehen, so unangenehm ist es. Mist. Auch geht’s leicht bergauf. Irgendwann laufe ich aber wieder an, der Zielbogen taucht auf. Hans steht bei km 42 und macht Fotos.
Das Ziel, Medaille um – und schon beim Gehen zur Kleiderabgabe wird mir kalt. Beim Umziehen merke ich, ich habe nicht mal die sonst unvermeidliche Salzkruste auf der Gesichtshaut. Wie gesagt, knapp an der Friergrenze…
Zeit: 5:13:36 Ich bin leidlich zufrieden, da ich nach der fehlenden Vorbereitung doch ganz gut durchlaufen konnte. Wenn auch langsam. Der Lauf ist topp organisiert, ausreichend Getränke auch noch für die Letzten an den Verpflegungsstellen, Strecke hat leichte lange Anstiege, aber es geht genauso auch wieder bergab. Start- und Zielgebiet unerreicht schön. Kleiderabgabe in der Expo- Halle.
Nachspiel: am nächsten Tag Eiseskälte, knapp über null Grad, Schneeschauer, eisiger Wind. Hätten wir solches Wetter beim Lauf gehabt, ich hätte unterkühlt aufgeben müssen, da meine Klamotten für diese Verhältnisse unzureichend waren.
Fotos hier Manche sind von meinem GöGa geknipst.
für die RW-Foris: das mit der Tanke meint Abkürzen über die Ecken. Im SCC-Forum gab es mal eine heiße Diskussion, nachdem beim Berlin Marathon viele Läufer über die Aral- Tanke Ecke Ritterstr. gelaufen waren, ob sowas schlimm ist oder nicht. Jetzt ist da Flatterband und es passt wer auf...
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Na guck mal, das hat doch angesichts der wetterbedingt verunglückten Vorbereitung noch gut geklappt! Vielen Dank für deinen Lauf- und am Schluss - bedauerlicherweise - auch noch Leidensbericht! 
So richtig Lust auf diese Veranstaltung macht der Bericht mir irgendwie nicht. Das mit dem kühlen Wetter war natürlich Pech (hoffentlich hast du dir nichts eingefangen dabei!), aber die Streckenbeschreibung klingt ja in weiten Teilen eher unattraktiv. Naja, vielleicht bin ich auch zu anspruchsvoll und das ist bei jedem Stadtmarathon so.
Wie auch immer: Glückwunsch zur Auslandspremiere und zum erfolgreichen Finish!
LG,
Anne

So richtig Lust auf diese Veranstaltung macht der Bericht mir irgendwie nicht. Das mit dem kühlen Wetter war natürlich Pech (hoffentlich hast du dir nichts eingefangen dabei!), aber die Streckenbeschreibung klingt ja in weiten Teilen eher unattraktiv. Naja, vielleicht bin ich auch zu anspruchsvoll und das ist bei jedem Stadtmarathon so.

Wie auch immer: Glückwunsch zur Auslandspremiere und zum erfolgreichen Finish!

LG,
Anne
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Es ist wirklich interessant, wie unterschiedlich die gleiche Veranstaltung wirkt. Liest man dies oder das hier, meint man, dort hin zu müssen. Vielleicht ist das auch eine Frage der Laufgeschwindigkeit und/oder des Gesamteindrucks Stadt/Lauf. Ähnliches habe ich auch z.B. beim Vendig-Marathon erlebt. Da hilft wirklich nur, es selbst zu testen.
Ubi marathon, ibi bene (frei übersetzt: wo es einen Marathon gibt, geht's Dir gut!)
Meine private Laufseite: http://www.spass-am-laufen.de
Meine private Laufseite: http://www.spass-am-laufen.de

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Barcelona ist eine wundervolle Stadt, aber anscheinen genießt man sie angesichts der Streckenbeschreibung besser ohne den Marathon.
Danke für den schönen Bericht und die Photos!
Viele Grüße,
3fach
Danke für den schönen Bericht und die Photos!
Viele Grüße,
3fach
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Für meinen Teil schließe ich mich dem Bericht von Joe an und bin der Meinung: Diesen Marathon muss man einmal miterlebt haben (die Stadt sowieso)! Die Kulisse am Start war fantastisch, dazu Freddy Mercury mit "Barcelona" - Gänsehaut-Feeling satt. Die Strecke habe ich sehr kurzweilig erlebt, es ging von einer mehr oder weniger Sehenswürdigkeit zur nächsten: Camp Nou, Plaza Catalunya, Sagrada Familia, Torre Agbar usw.; lediglich dieses Stück zum Torre Agbar und zurück empfand ich als "langweilig". Den Rest - immerhin über 35 km - fand ich einfach nur geil.Bräpe Wulf hat geschrieben:Es ist wirklich interessant, wie unterschiedlich die gleiche Veranstaltung wirkt. Liest man dies oder das hier, meint man, dort hin zu müssen. Vielleicht ist das auch eine Frage der Laufgeschwindigkeit und/oder des Gesamteindrucks Stadt/Lauf. Ähnliches habe ich auch z.B. beim Vendig-Marathon erlebt. Da hilft wirklich nur, es selbst zu testen.
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Ich sehe das genauso wie Chiemseefischer und kann das blind unterschreiben, fand den Marathon gar nicht langweilig, hatte immer wieder eindrucksvolles zu sehen, die langen Geraden sind mir nicht so im Bewusstsein geblieben wie die schönen Streckenabschnitte.
TRotzdem reicht es mir dort einmal gewesen zu sein- lieber nochmal Berlin.
Gruss Heinz
TRotzdem reicht es mir dort einmal gewesen zu sein- lieber nochmal Berlin.
Gruss Heinz
Arbeit für den Erfolg
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Hängt sicher auch mit demjeweiligen Tempo zusammen, wie man die Strecke erlebt. Bei den Schnelleren ist bestimmt noch mehr Publikum da, und die eintönigen Passagen hat man einfach flotter hinter sich gebracht. Deshalb: Versuch macht kluuch!
Ulrike
Ulrike
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Hallo Ulrike,
hört sich an als sollte man Barcelona lieber einen "normalen" Besuch abstatten. Hast dich aber wacker geschlagen
Übrigens habe ich auch schon die Seitenstecherfahrung gemacht, blöde oder!? War bei mir auch direkt nach dem Trinken, vielleicht sollte man sich Wasser besser intravenös verabreichen
Bis bald, hoffe ich (Ostern Schloss Charlottenburg?)
Liebe Grüße
Jeannette
hört sich an als sollte man Barcelona lieber einen "normalen" Besuch abstatten. Hast dich aber wacker geschlagen

Übrigens habe ich auch schon die Seitenstecherfahrung gemacht, blöde oder!? War bei mir auch direkt nach dem Trinken, vielleicht sollte man sich Wasser besser intravenös verabreichen

Bis bald, hoffe ich (Ostern Schloss Charlottenburg?)
Liebe Grüße
Jeannette
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Du meinst Hübis Funlauf? Ja, aber nicht, wenn Wetter so wie heute... schauder! Nix Fun.Jeannette hat geschrieben:
Bis bald, hoffe ich (Ostern Schloss Charlottenburg?)
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Ja, aber dieses (unzumutbare, unerträglicheDu meinst Hübis Funlauf? Ja, aber nicht, wenn Wetter so wie heute... schauder! Nix Fun.



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Vielen Dank für den Bericht! Nachdem nun alles schon wieder eine Woche her ist wurde das Erlebte beim lesen noch einmal lebendig 
Meine persönlichen Eindrücke gleichen allerdings auch mehr denen vom Gerhard, vielleicht lags wirklich am Zeitpunkt des Durchlaufens der einzelnen Streckenabschnitte.

Meine persönlichen Eindrücke gleichen allerdings auch mehr denen vom Gerhard, vielleicht lags wirklich am Zeitpunkt des Durchlaufens der einzelnen Streckenabschnitte.
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gratulation erstmals für´s finishen. und für den bericht.
für mein empfinden war der barca marathon mein bisher zweischönstes lauferlebnis (nach dem großglockner).
barcelona sieht mich wieder. auf jeden fall. so. oder so.
für mein empfinden war der barca marathon mein bisher zweischönstes lauferlebnis (nach dem großglockner).
barcelona sieht mich wieder. auf jeden fall. so. oder so.
"Auch der Barcelona Marathon ist länger als 42ig km"