Soviel vorab: es hat supergut geklappt. Obwohl es ganz chaotisch losging - nämlich damit, dass die Zugfahrt unserer Töchter mit ICE zu ihren Grosseltern völlig schiefging - Zug kaputt, Passagiere sich selbst überlassen, die ansonsten fitten Mädels völlig ratlos, Dutzende Telefonate, niemand bei der Bahn in der Lage zu helfen, ich war schon drauf und dran, die Polizei anzurufen. Irgendwie ging's dann doch noch, aber die eigentlich 5 stündige Reise dauerte 12 Stunden, 6x Umsteigen statt 1x...
Das nächste war die Startnr. - nach dem Abendessen im Hotelzimmer angekommen, wollte ich mir alles zurechtlegen - aber wo ist die Startnr.????? Zurück zur Startnummernausgabe gefahren (viertel vor 10!), gerade mal noch zwei Orgaleute da, Hausmeister gesucht, Halle aufgeschlossen, Nr. gesucht - schliesslich gefunden.... Ich muß sie irgendwie liegengelassen haben.
Nochmal ein Blick ins Internet - was ist das, plötzlich ist der bislang gute Wetterbericht zwei fetten Regentropfen gewichen. Blick aufs Regenradar - tatsächlich. Und nur eine Weste mit, keine Regenjacke, keine Mülltüte zum Warten, hatte ja trocken bleiben sollen...
Halb drei werde ich davon wach, dass sich in einem Nachbarzimmer ein 100km-Läufer auf die Socken macht. Ich wünsche ihm in Gedanken viel Glück. Noch kein Regen. Frühstück kurz nach 6 - alles noch i.O. Und kurz darauf öffnen sich die Schleusen. Mit Regenschirm zum Pendelbus. Noch einen Regenponcho,der eigentlich für die 100er war, ergattert. Und es giesst weiter. Zum Glück hatte ich meine Goretex-Kappe mitgenommen, denn einen nassen kalten Kopf mag ich gar nicht haben.
Schliesslich der Start. Da etwa 1400 HM-Läufer, 400 Marathonis und die Ultras zusammen losgeschickt werden, ist es am Anfang ganz schön voll, keine Chance auf den 5km bergab und bergauf durch Lennep ein richtiges Tempo zu finden. Dann geht es in die Natur und es wird etwas besser. Obwohl es immer noch regnet, ziehe ich den Poncho aus, es wird zu warm, das geht gar nicht. Bei km 8 überhole ich den ersten 100er Läufer, die etwas vorm Gesamtfeld nach 47km unseren Start passiert haben. Bis auf die letzten (ersten) 15 sollte ich sie später alle überholen.
Schnell ist alles an mir nass und schlammig. Vor allem nasse Füsse mag ich gar nicht. Ich denke an meine schönen Goretex Laufschuhe.... Es läuft ansonsten aber bestens. Ich bin mit einem Schnitt von 6.35 - 6:40 unterwegs - und bin etwas überrascht, wie steil viele Anstiege sind, viel schwerer zu laufen als Rennsteig oder Eifel. Und es geht irgendwie dauernd hoch und runter, wenig ebene Passagen. Dennoch ich genieße ich die herblsichen Wäldern udn die malerischen Blicke, die sich immer wieder bieten. Im HM Ziel freue ich mich, die Spur Marathon und Ultra zu nehmen. Es geht mir bestens - Zeit 2:18 wie geplant - , und ich kann mir gut vorstellen, jetzt noch einen kompletten Marathon zu laufen.
Das nächste Drittel hat einige ganz arge Anstiege dabei, einer sogar mit Geländer und Drahtseilen - ich entlaste meine Beine, indem ich ganz kräftig die Arme einsetze. Ich überhole viele Läufer, niemand überholt mich. Ich fühle mich richtig locker. Bei jedem Verpflegungspunkt trinke ich Wasser und Iso, nehme Gel oder Riegel, bei jedem zweiten eine Salzcap. Zweimal ist mein Mann an der Strecke und freut sich mit mir, dass es so gut läuft. Irgendwann kommt das Marathonziel - wieder geniesse ich es, die Ultraspur zu nehmen. Am Verpflegungsstand finde ich schnell meinen Beutel mit Riegel- und Gelnachschub und "lade" meinen Gurt nach.
Jetzt wird es deutlich einsamer. Schwer fällt es mir immer noch nicht. Ein gerade gestarteter Staffelläufer schaut überrascht auf meine Nummer und meint, für Ultra sähe ich viel zu locker aus, er hätte gedacht, ich liefe auch Staffel. Ich überhole weiter. Langsam spekuliere ich, ob noch eine Sub7 drin ist, habe aber auch Angst, dass ich es vielleicht noch bereuen könnnte, wenn ich jetzt zu sehr anziehe. Also lieber das Ganze sicher ins Ziel bringen. Bei km 55 kommt die Sonne raus. Endlich können die nassen Tights ein bisschen abtrockenen. Die letzten km laufe ich mit einem netten 100er Läufer. Mein Garmin hat inzwischen den Geist aufgegeben wie erwartet, ich kann mich nur noch an meiner kleinen Sportuhr orientieren. Als jemand sagt : noch 600m! kann ich es nicht fassen - ich hab's geschafft! Ich geniesse den Zieleinlauf und falle strahlend, dreckig und nass meinem Mann um den Hals. 7:00:26, 8. Frau. 3. meiner AK - und nahezu perfekte Splits.
Abends treffen wir uns mit alten Freunden und gehen essen - sie sind völlig überrascht, wie fit und munter ich aussehe. Sie hatten wohl erwartet, ich würde schon nach der Vorspeise erschöpft vom Stuhl fallen! Und auch heute geht es mir gut, mal sehen, wie sich ein Lockerungsläufchen nachher anfühlen wird.
Danke an dieser Stelle an die hervorragende Organisation, die freundlichen Betreuer und die herzlich aufmunternden Zuschauer - und an meinen Forumscoach Bernie
