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Garmin's surprise

Garmin's surprise

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2 Wochen Urlaub in den USA, mitten in der Rennsteigvorbereitung - wie bekommt man in unbekannter Gegend problemlos einen langen Lauf hin? Man sucht sich einen netten Marathon aus. Leider war die Auswahl waehrend unserer zwei Wochen in einer der Familie zumutbaren Entfernung von Chicago, dem Anfangs- und Endpunkt unserer Reise, nicht so doll - ein flacher Naturlauf noch weiter im Norden oder ein Trail in Lawrence, Kansas. Die Beschreibung las sich ganz okay - rocky, hilly trail on the shores of Lake Clinton. Das konnte im eigentlich voellig flachen Kansas ja wohl so wild nicht werden. Und Trail - naja, ich laufe ja sonst auch viel Unbefestigtes, das sollte zu schaffen sein. Zur Steckenfuehrung gab die Website leider nichts her; Fotos der Vorjahre waren nicht besonders abschreckend. Ein Blick auf die Siegerzeiten - nicht besonders flott - haette mich eigentlich nachdenklich machen sollen.... Also angemeldet und Tour entsprechend geplant, unter halblauten Protesten der Familie, weiter im Sueden waere es ja wohl waermer und netter...

Schliesslich treffen wie am Vorabend - haarscharf einem Tornado bei St. Louis entgangen - bei schoenstem Fruehlingswetter in Lawrence ein, einer sympathischen Kleinstadt. Startunterlagen gibt's in einem Laufsportladen. "Oh, you are from Brussels, great - what are you doing HERE???"

Auf der Fahrt zum Start ahne ich schon, dass die sich ueber eine weite Wiese hinziehenden Faehnchen wohl eine Streckenmarkierung sein koennten. Und so war es auch: nach einer 500m-Schleife auf Asphalt (den einzigen der ganzen Strecke, die nur wegen der praezisen Streckenlaenge gelaufen werden mussten), ging es zunaechst ueber eine Art Prairie. Weg Fehlanzeige, alles uneben und nicht gut zu laufen. Kurz darauf ein kleiner Fluss: die Frau vor mir rennt einfach durch, ich mag so frueh im Wettkampf nicht schon nasse Fuesse haben (ja, Weichei) und mache einen kleinen Umweg, um ueber ein paar Steine balancieren zu koennen. Klappt.

Dann wird es richtig steinig. Ich muss permanent auf den Boden starren, um nicht ueber Steine oder Wurzeln zu fallen. Staendig auf und ab. Muehsam. Die angepeilte 5:30'er Pace ist nicht zu halten. Wie weit sind wir denn schon? Garmin sagt 15 km. Ein Mitlaeufer meint, er fuehle sich schon wie half done. Ich mich auch. Denke, ich haette vielleicht doch nur den Halbmarathon nehmen sollen, so trailig hatte ich mir das nun wirklich nicht vorgestellt. Aber fuer den Rennsteig musste es eben der Marathon sein.

Wo bleibt bloss die erste aid station??? Endlich gibt's Iso, Obst, Cola, Auffuellen des hier obligatorisch mitzuschleppenden Trinksystems. Leider frage ich nicht, bei welcher Meile wir sind, zu bloed.

Weiter geht's, staendig hoch und runter, kein Meter normaler Wanderweg oder sowas aehnliches. Am Seeufer muessen wir ueber groessere Felsbloecke klettern. Bis Garmin-km 21 habe ich schon 2:15 gebraucht, obwohl ich gefuehlt Gas gegeben habe, das werden wohl am Ende 4:45werden.......

Vor der zweiten aid station laufen wir eine grosse Schleife und koennen die vor uns Laufenden sehen - oh, ich bin dritte Frau, ob ich das wohl halten kann?

Die Sonne kommt raus, es wird waermer, das hat mir gerade noch gefehlt. Immer weiter ueber Wurzeln und Steine, mit den Augen am Boden klebend, wo ich mir doch immer so gerne die Landschaft anschaue....Ab und an kann ich dennoch das blaue Trikot der zweiten Frau ausmachen. Wie dicht die naechste hinter mir ist, finde ich nicht heraus.

Piep, km 32, mein Gott, was ist das zaeh....Direkt danach die dritte aid station - lautstarke Anfeuerung der Helfer. Und da sehe ich ein Schild " 3 miles" - WAS, das sind doch nur knapp 5km? Das kann doch nicht sein, das ist doch ein richtiger Marathon? Oder bin ich vom staendigen Zubodenschauen schon voellig benebelt und kann nicht mehr denken? Sollte mein Garmin mit den vielen Kurven, Kehren, Biegungen der Strecke nicht klargekommen sein? Ich traue dem Ganzen nicht recht und laufe bzw. stolpere einfach weiter.

Bei 4:11 und Garmin-km 36 ist der Akku leer und der Garmin steigt aus. 4 min. spaeter laufe ich durchs Ziel - und bin tatsaechlich Dritte!

Und es waren wirklich 26,2 Meilen = Marathon. Garmin hat mich ordentlich an der Nase herumgefuehrt! Surprise!

Auch mit gut einer Woche Abstand bleibt dieser Trail-Marathon der schwerste Lauf, den ich je bestritten habe. Bis ich mich an ernsthafte Berglaeufe trauen kann, bleibt wohl noch einiges zu tun. Der Rennsteigmarathon ist jedenfalls im Vergleich zu dem Trail in Lawrence eher ein Spaziergang auf besten Wegen und kein Cross. Aber dafuer darfs ja diesmal fuer mich auch die lange Strecke sein!

Gruss, Anke

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Danke, Anke ... :D

Zur Messgenauigkeit beim "kreuz und quer über Stock und Stein Laufen" kann ich nichts sagen ... aber die Ausdauer deines Garmins solltest du wohl noch ein bisschen trainieren, die 4 Stunden sollte er dann schon locker durchhalten, auch in schwerstem Trail ... ;-)

Klasse Bericht und super Zeit, mit der ich persönlich auch auf Asphalt zufrienden wäre ... :daumen:

Gruß, Manfred
2022: erledigt: G1-Grüngürtel, Kölnpfad 100k, Burginsellauf Delmenhorst 24h Staffel(!), Mega Marsch Köln (63k) ... geplant: nix

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Hallo Anke,

du baust dir auch immer alle denkbaren Schikanen in einen Lauf ein, um es dir möglichst schwer zu machen. :wink:

Herzlichen Glückwunsch zum dritten Platz und zum Durchkämpfen unter den schwierigen Bedingungen. :daumen:

Viele Grüße :hallo:

Bernhard
Benutzerbild aufgenommen beim Rotterdam Marathon 2012
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