Eine Zeit lang hatte ich auch immer fleißig gedehnt nach dem Laufen, bin aber mittlerweile total davon abgekommen. Auch wenn ich hier im Forum schon einmal ein Verfechter des Dehnens war. Warum? Nicht der Lächerlichkeitsfaktor war entscheidend, sondern die Feststellung, ich kann mehr kaputt machen dabei und der allgemeine Nutzen ist zumindest fraglich.
Zur Erhaltung, bzw. Verbesserung der Beweglichkeit nutze ich regelmäßig durchgeführte Feldenkrais-Übungen, bzw. davon abgeleitete Übungseinheiten. (
http://www.feldenkrais.de und ISBN: 3518391380, bzw. ISBN: 3499186640). Nach der dahinter stehenden Theorie kann Beweglichkeit eher über das Nervensystem geschult werden, durch ein verbessertes Körper- und Bewegungsgefühl. Häufig zu beobachtende Unbeweglichkeiten resultieren danach aus latenter Muskelarbeit, Muskeln, die kontraproduktiv Arbeit verrichten, die der eigentlichen Bewegungsrichtung entgegengesetzt sind oder sie zumindest einschränken. In der traditionellen Rückenschule oder auch Ansätzen wie Kiesertraining wird nun durch aktives Gegenhalten versucht, diese „Fehlbewegung“ zu kompensieren. Dadurch entsteht meiner Meinung nach aber nur ein noch höherer Kraftaufwand eine Bewegung durchzuführen und die Muskeln, Bänder und Gelenke werden unnötig belastet.
Im Idealfall sollten an einer Bewegung nur die in Bewegungsrichtung arbeitenden Muskelgruppen beteiligt sein. Alle anderen Muskelzüge sollten weitgehend entspannt sein. Nach Moshe Feldenkrais Theorie sollte beispielsweise „aufrechtes“ Stehen bei idealer Organisation aller Muskeln fast ohne angespannte Muskeln möglich sein. Meist gelingt uns nicht einmal entspanntes Liegen, selbst dabei sind alle möglichen Muskeln angespannt. (Einschränkend sollte ich dazu erwähnen, dies gilt vermutlich nur für „Alltagsbewegungen“ wie Liegen, Sitzen, Gehen, Laufen, u.ä., nicht für Maximalkraftanwendungen).
Durch das verbesserte Bewegungsgefühl und die Verringerung der latenten Muskelarbeit wird eine bessere Beweglichkeit erreicht. Da grundsätzlich alle Übungen im „Wohlfühlbereich“ absolviert werden sollten, also ohne Anstrengung, ohne Ziehen in den Muskeln oder gar Schmerzen, werden keine Muskeln, Bänder oder Gelenke geschädigt. Es können allerdings vorübergehend Probleme an vollkommen anderen Stellen auftreten, bzw. man entdeckt vom Großen zum Kleinen weitere Beweglichkeitsdefizite, von denen man bisher nichts geahnt hatte.
Lustige Vorführungen à la Handflächen flach auf den Boden bei gestreckten Beinen schaffe ich dadurch, momentan zumindest, nicht, konnte aber eine deutliche Leistungssteigerung im Lauftraining feststellen. Mittlerweile laufe ich bei gleicher Durchschnittsgeschwindigkeit bei einer deutlich verringerten Kreislaufbelastung, ohne dass ich meine Umfänge oder die Intensität gesteigert hätte, eher im Gegenteil. Ich führe das auch auf die deutlich verbesserten Bewegungsabläufe zurück. Auch in anderen Sportarten konnte ich deutliche Verbesserungen realisieren, etwa beim Skifahren, Klettern oder Kanu/Kajakfahren.
Wie immer gilt, jeder muss seinen Weg finden und Dogmen sind das Grundübel dieser Welt, darum dies nur zum Denkanstoß.
Jörg