Das Jahr neigt sich langsam dem Ende entgegen und ich bin so dankbar, wieder regelmäßig laufen gehen zu können!
Dabei sah es heute gegen Mittag nicht so aus, dass der Lauf gut werden würde. Leichte Halsschmerzen beunruhigten mich. Trotzdem schnürte ich meine Laufschuhe und ging zur Bushaltestelle. Ansonsten ging es mir gut und wenn ich beim Laufen merken würde, dass eine Erkältung in meine Knochen gekrochen ist, würde ich halt umdrehen und nach Hause fahren.
Ich wollte es trotzdem versuchen.
Eine Halstablette und 2 Busse später stieg ich an der Endhaltestelle aus. Die Sonne begrüßte mich - ich war motiviert
Das Pensum sollte die Wiederholung vom Dienstag sein. 5 min laufen / 1 min gehen. Der Muskelkater war wieder verschwunden und meine Beine fühlten sich gut an. Wie gewohnt, setzte ich mich gaaaanz langsam in Bewegung. Passenderweise musste ich an den Film Momo denken, wo die Schildkröte rückwärts die Zeit zurückdreht. Wer die Schildkröte ist, muss ich ja nicht extra erwähnen
Das Jahr neigte sich nicht nur dem Ende entgegen, sondern auch meine vollkommen ausgelatschten Laufschuhe standen vor ihrem Ruhestand. Sollte ich mir die supergedämpften Schuhe für übergewichtige Läufer kaufen? Irgendwie kam mir das nicht richtig vor. Ich bin Barfußläufer in der Wohnung und selbst bei Aerobic ziehe ich keine Schuhe an. Meine jetzigen Schuhe, mit denen ich seit Jahren unterwegs bin, haben so gut wie null Dämpfung und mir gehts gut dabei. Außerdem gehöre ich zu den Vorfuß-Mittelfußläufern. Ja, tatsächlich habe ich mich heute immer wieder ertappt, wie ich mit dem Vorfuß aufsetzte. Kein Wunder, dass meine Wadenmuskeln trainiert sind.
Eine kurze Geschichte, wie ich meinen Laufstil geändert habe. Vor ca. 16 Jahren fragte mich meine Schwester, die gerade an einem Laufevent teilgenommen hatte, ob ich nicht auch Lust hätte, in 4 Wochen einen 7,5 Km Lauf mitzumachen. Weil unsere Rivalität damals doch recht groß war, wollte ich mir keine Blöße geben und sagte zu. Als Nichtläufer in 4 Wochen einen 7,5 Km Lauf mitzumachen ist ziemlich bescheuert - aber ich war halt damals so drauf. Es gab keine Woche, wo ich keinen Muskelkater hatte und am Ende schaffte ich es, ganze 4 Km langsam durchzulaufen. Fehlten ja nur noch 3,5 Km.
Am Sonntag stand ich an der Startlinie und lief beim Startschuss los. Sofort merkte ich, dass mir das Rückfußlaufen nicht gefiel, irgendwie kam mir das komisch vor. Mit vielen Gehpausen (dummerweise war es an diesem Tag sehr heiß und die Laufstrecke bot nicht viel Schatten UND es gab keine Verpflegungsstelle auf den 7,5 Km) erreichte ich mit den Letzten das Ziel. Stolz wie Bolle und mit einem höllischen Muskelkater + Knieschmerzen verbrachte ich die nächste Woche und informierte mich über verschiedene Laufstile. So kam ich zum Mittelfuß-Vorfußlaufen und ich habe den Umstieg nie bereut. Ich bin damit jeden weiteren Lauf gelaufen und meine Muskeln haben sich daran gewöhnt. Darum laufe ich jetzt auch so. Wahrscheinlich bin ich die einzige 120 Kilo schwere Kielerin, die auf dem Vorfuß durchs Gehölz läuft.
Aber so bin ich eben
Ich werde also keine gedämpften Schuhe kaufen - aber ich weiss, dass das Thema Schuhe ein großes Reizthema für Sportler ist und ich möchte niemanden mit meinen Aussagen auf die Füße treten. Vieles im Laufsport muss man selbst herausfinden - ich war jahrelang ein Fan von Laufschuhanalysen, aber momentan ist das nix für mich. Würde ich ins Laufgeschäft gehen, würde man mir wahrscheinlich sowieso nur Walken empfehlen.
Je öfter ich aber laufen gehe, desto mehr merke ich, dass das einfach mein Ding ist!
Und so lief ich langsam den Waldweg entlang, um in der Ferne Mr. Lokomotive auszumachen. Mr. Lokomotive habe ich Dienstag zum ersten Mal entdeckt. Ich kreuzte seinen Weg und war total von seinem Laufstil fasziniert. Er ist gute 60 Jahre alt, kippt seinen Oberkörper beim Laufen weit nach vorne, seine Arme schlackern neben seinem Körper hin und her und der gute Mann hat ein Tempo drauf...
Darum heisst er Mr. Lokomotive, nicht weil er schnauft beim Atmen, sondern weil er sehr gleichmäßig zügig vorwärtsläuft. Könnte ein Ultramarathoni sein.
Diesmal kam er mir entgegen. Schon von weitem wusste ich, dass er es war, weil seine Armbewegungen einfach einzigartig sind. Zu seinem Laufstil gehört dazu, dass er sehr versunken in seinem Lauf zu sein scheint. Darum nahm ich mir vor, ihn rechtzeitig mit einem frischen "Moin!" zu begrüßen.
Verdattert, weil jemand ihn ansprach, dauerte es eine Sekunde, bis er antwortete. Da war er schon an mir vorbeigedüst.
Ich bin gespannt, ob wir uns öfters treffen. Anscheinend trainieren wir zur selben Uhrzeit.
Nun wollte ich es aber auch wissen und erhöhte in den nächsten 5 Minuten mein Tempo. Wie hieß es so schön? Man muss dem Körper Trainingsreize setzen, sonst schlappe ich in den nächsten 5 Jahren so langsam durch das Gehölz. Und es lief, sogar noch besser als am Dienstag!
Als das Handy ein freundliches "Ding!" von sich gab, bremste ich gemächlich ab und genoss meine Gehminute. Ich wusste ja, was vor mir lag. In einem perfekten Timing habe ich die Geminute vor meinem Hügel gehabt. Als ich am Fuße meiner Herausforderung stand, schien es mir, als ob der Hügel zu mir sprach. Ja, er rief mich!
"Kristinaaa, komm du kannst mich hochlaufen!"
Und wie auf Kommando piepte mein Handy wieder - die 5 Laufminuten waren jetzt dran!
Wie in Trance oder in einem Sauerstoffüberschuss setzte ich meinen schweren Körper in Gang. Wenn Mr. Lokomotive der ICE war, dann war ich ein Güterzug. Ein Güterzug mit sehr sehr vielen Waggons, die ich jetzt diesen Hügel hochziehen musste. Die ersten 20 Sekunden fühlte ich mich klasse.
So könnte es ewig weitergehen.
Ging es aber nicht!
Trotz meiner bemüht kurzen Tritte stieg der Puls immer weiter an. Trotzdem lief ich so langsam wie ich konnte den Hügel hoch. Oben angekommen schnaufte ich ordentlich und schlurfte ganz langsam weiter. Meine 5 Minuten waren erst zur Hälfte vorbei, nun musste ich das Tempo (welches Tempo?) drosseln, um den Puls wieder abzusenken.
Das klappte sogar ganz gut und die Sonne belohnte mich mit diesem Anblick, den ich bei meiner Gehminutenpause fotografierte.
Dieser Weg kreuzte einen Crosspfad. Irgendwann wenn ich Lust und Ausdauer habe, werde ich den mal betreten und gucken, wohin der führt. Aber für heute blieb ich lieber auf dem festen Feldweg. Ich muss ja nicht jedesmal in den Matsch treten!
Spaziergänger und Jogger kreuzten meinen Weg. Erstere sind mir ein echtes Gräuel, vor allem, wenn sie in meiner Richtung unterwegs sind. Denn Jogger überholen mich, ausnahmslos. Aber Spaziergänger G E H E N und ich laufe nicht schnell (also eher das Gegenteil von schnell!) und es kostet mich echt Kraft, diese zu überholen. Aber mit dem Überholen ist es ja nicht getan, sondern ich muss dann das Tempo halten, um mich von ihnen zu entfernen. Ich kann vieles ab, bin sogar mal bei nem 10er WK als letzte gefinished, aber sorry, ich will echt nicht keuchend Spaziergänger überholen um direkt vor ihnen gehen zu müssen. Darum versuche ich, Spaziergänger zu meiden. Zumindest bis ich irgendwann ein Lauftempo laufen kann, was es mir ermöglicht, vor ihnen davon zu laufen
Der Tag war toll und ich muss oft staunen, wie schön die Natur ist.
Ich freue mich immer mehr auf den 5,3 Km Wettkampf. Aber mein nächstes Ziel ist jetzt erstmal nen 8er Schnitt laufen zu können. Im April kann ich mir eine Laufuhr zulegen und endlich danach trainieren. Im Gehölz gibt es einen Lauftreff, der verschiedene Laufgruppen anbietet (und die langsamste läuft einen 8er Schnitt). Darum möchte ich erstmal das trainieren und einfach weitermachen wie bisher.
Laufen ist einfach mein Ding
