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Wieder einmal ein AK-Sieg bei einem verkorksten Lauf: Southampton Marathon 2024

Wieder einmal ein AK-Sieg bei einem verkorksten Lauf: Southampton Marathon 2024

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Als zweiten Marathon in diesem Frühjahr ist meine Wahl diesmal wieder einmal auf einen britischen gefallen - eigentlich hatte ich Brighton im Visier, doch dort waren bereits alle Startplätze vergeben als ich mich anmelden wollte; so ist es dann der am gleichen Tag stattfindende Marathon von Southampton geworden. Natürlich in Verbindung mit einem Urlaub in Südengland!

Anmeldung:
Problemlos übers Internet; keinerlei Zertifikate, Bescheinigungen oder sonstwas waren nötig. Der Preis war mit 60 englischen Pfund (etwa 75€) nicht teuer; im Nenngeld ist dafür praktisch nichts enthalten außer der Chipzeitnahme; allerdings bekommt man für relativ wenig Aufpreis zwei verschiedene Funktionsleibchen dazu (5,-- für das Erinnerungsmotiv, 10,-- für das Finishermotiv).

Teilnehmer:
Im Gegensatz zu Brighton ist Southampton ein eher kleinstädtischer Marathon mit diesmal etwas weniger als 900 Finishern; zusätzlich werden ein HM (ca. 2.100 Finisher) sowie 10km (1.200 Finisher) und 5km (weniger als 400) angeboten.

Die Strecke:
https://www.strava.com/routes/2918477410571427506
Gelaufen werden 2 praktisch identische Runden; Start und Ziel sind beim Guildhall Square oberhalb der "Altstadt"; danach geht es bergab auf Hafenniveau zur Platform Road und dann über die hohe Itchen Bridge (Hafenüberquerung) in den Ostteil der Stadt, wo man ca. einen Kilometer auf einer hübschen Strandpromenade direkt am Meer entlangläuft; dann wieder rauf zur Brücke und zurück in den Westteil und durch ein Gewerbegebiet nach Norden. Knapp hinter der 10km-Marke durchläuft man das Stadion des Southampton F.C:, genannt "The Saints" (nach der nahen St. Mary's Church). Über die nicht mehr so hohe Northam Bridge geht es dann wieder in den Ostteil der Stadt, über einen kleinen Hügel durch ein Wohngebiet und dann 1.500 sehr hübsche Meter direkt am River Itchen entlang nordwärts. Über die Woodmill Lane dann wieder über den Fluß nach Westen und ab hier folgt der härteste Teil der Runde rauf zur Burgess Street, dann geht's bei der Universität links ab und teils sehr steil bergab wieder nach Süden. Die letzten Kilometer der Runde führen dann durch "Southampton Common", ein ruhiges Wiesen- und Waldgebiet, und schließlich durch die mit alten Gebäuden gespickten Gassen rund um den Bedford Place. Dann natürlich die selbe Runde nochmal :)
Ich muss gestehen, dass ich den Kurs unterschätzt habe; nicht nur die langgezogene und windausgesetzte Itchen Bridge ist ein Kriterium, sondern der Nordteil ab Woodmill ist wirklich ein unangenehmer Anstieg, dem ein steiles und daher ebenfalls lästiges Gefälle folgt; auch sonst gibt es - wie eben in England üblich - kaum flache Abschnitte - so muss man für den Rückweg von der Strandpromenade zur Itchen Bridge auch einen kleinen Hügel bezwingen, dito auf dem Weg von der Northam Bridge zum Uferpark. Die Engländer beschreiben so etwas als "undulating" und so sollte man diese Strecke denn auch in Angriff nehmen.
Das Zuschauerinteresse ist toll - wie auf der Insel allgemein. Die Briten lieben alle Arten von Outdoor-Aktivitäten und Festen und betrachten auch einen Marathon als solches; auch außerhalb des besucherstarken Zentrums wird man überall freundlich bis frenetisch angefeuert; viele Kinder haben in den Tagen davor Anfeuerungs-Schilder gemalt (nicht nur für Angehörige), andere stehen mit Jellybeans oder Obst am Streckenrand, und speziell in den Parks sieht man viele Familien, die den ganzen Marathontag mit Klappstühlen und Picknickausrüstung an der Strecke verbringen und alle anfeuern. Ich kannte das ja schon von Edinburgh, aber gerade nach dem von Desinteresse geprägten Lauf in Bologna war das eine schöne Erfahrung!

Organisation:
In vieler Beziehung ist Southampton ein Kleinstadt-Marathon; das zeigt sich auch bei der Organisation - die Marathonmesse war extrem überschaubar, und das Abholen meines "Racepacks" am Samstag geschah an einem auf einer Wiese neben dem Starttor aufgestellten Tisch mit Überdachung: Das hat natürlich mit der englischen Eigenart zu tun, dass die Startunterlagen und Nummern üblicherweise bereits in den Wochen davor mit der Post zugestellt werden. Das heißt, nur Ausländer (bei diesem Lauf eine absolute Minderheit) und Leute bei denen die Zustellung nicht funktioniert hat, und dazu die Nachmelder, müssen sich die Nummer hier abholen.
Auch in England üblich: Der hohe Anteil an "Charities"; sehr viele Teilnehmer laufen für den einen oder anderen wohltätigen Zweck. Dito setzt sich auch das Heer der Helfer aus vielen Freiwilligen zusammen - "Heer" ist dabei keine poetische Übertreibung; da waren mehr Helfer, Motivatoren und Streckenposten am Kurs als bei jedem anderen Marathon den ich bisher erlebt habe! (Begünstigt wohl auch durch die Tatsache, dass Hauptsponsor ABP - ein Hafenbetrieber - wiederum für Gruppen von Helfern Spenden an diverse Charities auszahlte). Dadurch bedingt funktionierte natürlich alles an der Strecke wunderbar - Absperrungen, Hinweise, Verpflegungsstationen - da gibt es absolut nichts zu bekritteln. (Das Wasser in Flaschen, sehr angenehm!)
Als einziges Manko ist mir aufgefallen, dass es keine Kilometer- oder Meilenschilder gab (oder sie waren extrem unauffällig) - für Läufer, die auf ihre Stopuhr angewiesen sind, eventuell ein Problem. Auch in Bezug auf Pacemaker hielt man sich sehr zurück, es gab welche in 15min-Abständen, aber die hatten nur signalgelbe Überdressen; keinerlei Ballons oder Fahnen; es gab auch nur einen pro Zeitslot.
Von der Abwicklung her ging man in Southampton den auch bei uns verbreiteten Weg, Halbmarathon und Volldistanz gleichzeitig zu starten - was ich nicht sehr schätze -; die 10- und 5km-Läufe dann eine halbe Stunde später. Das bedingt meist (und auch hier), dass man die erste Runde in viel Gesellschaft zurücklegt und ab km21 plötzlich ziemlich solo unterwegs ist - tja, ist halt so. An offizieller Unterhaltung gab es unterwegs nicht viel, aber das wurde durch viele Gruppen von Freiwilligen und Zuschauern aufgewogen - man fühlte sich kaum irgendwo alleingelassen!
Das Startgelände- und Zielgelände waren gut organisiert; die Verpflegung allerdings recht rudimentär - Bananen und die in England allgegenwärtigen Süßigkeiten, in meinem Fall Karamell-Cupcakes. Ob es Duschen gab weiß ich gar nicht weil wir nur 20min vom Ziel entfernt wohnten; ich ziehe es meist vor in der Unterkunft zu duschen.
Vermutlich unbedeutend aber ist mir positiv aufgefallen: Die extrem kleine Startnummer! Gerade bei windigen Verhältnissen sehr angenehm. Mein eigener Lauf:
Fünf Wochen nach dem sehr kontrollierten Bologna-Marathon in einer 3:06 wollte ich diesmal wieder unter 3:05 laufen, das war das Mindestziel. Bewaffnet mit einer Flasche Wasser machte ich mich kurz vor halb neun auf den Weg zum Startgelände. Das Wetter war viel besser als es alle Prognosen befürchten hatten lassen; keine Spur von Regen, nur der Wind war stürmisch wie erwartet. Am Start war schon allerhand los aber die Aufstellung war dankenswerterweise sehr in die Länge gezogen sodass es keine Probleme gab sich einzuordnen. Die Tore habe ich nicht gefunden (vermutlich hätte man von der Westseite reinmüssen); ich kletterte einfach über das Gitter wie auch viele andere. Wegen des gemeinsamen Starts waren natürlich auch alle Halbmarathonis dabei, erkennbar an den leicht andersfarbigen Nummern (M: Preussischblau, HM: Himmelblau). Ein paar obligate Aufputschversuche später (und Begrüßungsworte vom Bürgermeister) wurde dann der Start eingezählt und die Horde setzte sich sehr diszipliniert in Bewegung - das kannte ich bereits, die Briten gehen das gelassen und höflich an, es gibt keinerlei Rempeleien oder Geschubse.
Km 0-10:
Ein paar hundert Meter ging's zwischen Gittern die zentrale Above Bar Street hinunter; dann, knapp vor dem Kinder-Karusell, ein Schwenk nach links durch einen Park und gleich wieder zurück auf die zentrale Achse, beim Bargate, einem markanten Rest der mittelalterlichen Stadtmauer. Mit etwas steilerem Gefälle runter zum Town Quay mit Hafenblick, und dann - die ersten flachen Meter - am Queens Park vorbei ostwärts. Hier hatte sich das Feld schon gut sortiert und jeder konnte gut sein Tempo laufen, ich war etwas weiter hinten in der Startaufstellung gewesen aber hatte durch das Gefälle ganz ordentlich Tempo! Gleich nach dem Park begann der Anstieg zur Kombination Central Bridge - Itchen Bridge - ein insgesamt ca. 1.500m langer Streckenabschnitt. Die mautpflichtige Itchen Bridge allein überspannt 800m und ist 28m hoch; dadurch dass sie im Lauf des vollen Marathons viermal zu bewältigen ist ein echtes Kriterium! Hier zeigte sich auch zum ersten mal der Wind mit voller Kraft; da er hauptsächlich aus südwestlicher Richtung blies in diesem Fall als Rückenwind - dennoch sehr lästig, es war böig und mein lockeres Singlet samt Startnummer knatterte im Wind; dazu war auch jede Menge Staub oder Sand in der Luft - ich lief wie die meisten mit eng zusammengekniffenen Augen. Ungefähr in diesem Bereich überholte ich dann den Marathon-Pacemaker für 3:15. Am Ende der Brücke ging's dann scharf rechts ab und im Zickzack durch ruhige Wohnviertel (mit dennoch viel Zuschauerunterstützung) und dann die hübsche aber sehr windausgesetzte Strandpromenade beim "Rolling Mills"-Park entlang - auch hier eher mit Rückenwind. Dann zurück zur Itchen Bridge, und zwar durch die Wohnviertel hinter dem Park, und hier stellte ich zum ersten mal fest, dass ich mir vielleicht doch den Kurs genauer hätte anschauen sollen; das Gelände dort ist, obwohl direkt am Meer, schon recht hügelig! So ging's zurück zur langen Brücke und dort wieder rauf, diesmal mit Gegenwind - ich hielt mich so gut es ging im Windschatten der Leute vor mir und es lief eigentlich gut, im Gefällebereich fing ich wieder an Kollegen zu überholen. Am Ende der Brücke stand meine Elisabeth inmitten einer ganzen Menge anderer Anfeuerer und Cheerleader; ich sah sie nur ganz kurz und dann ging es nordwärts auf das Fußballstadion zu. Immer wieder kontrollierte ich die Startnummern der Kollegen um mich, um eventuelle Langstreckenkollegen für die zweite Runde ausfindig zu machen; unter anderem überholte ich einen jungen Mann im rosa Charity-Singlet, der auch die Volldistanz lief. Ich unterhielt mich kurz mit ihm und er sagte, er peile die 3 Stunden an - ich wünschte ihm viel Glück und zog dann langsam davon. Kurz vor dem Stadion lag auch die Zwischenzeitmatte bei km10, die überquerte ich nach netto 41:10 - das heißt, ich war diesen ersten Abschnitt mit einer pace von ca. 4:07 gelaufen! Selber trug ich wie immer keine Uhr, aber ich hatte schon das Gefühl, eher zu schnell zu sein - durch die sehr unrhythmischen Bedingungen tat ich mich aber wirklich schwer das einzuschätzen. Vernünftig wäre wohl gewesen, mit dem rosa Kollegen mitzulaufen, aber gerade mit dem Rückenwind an dieser Stelle fühlte sich das flotte Laufen einfach zu gut an!
km 10 - 21,1:
Bei der Verpflegungsstation schnappte ich mir ein Fläschchen und dann kamen wir auch schon zum St. Mary's Stadium, das wir der Länge nach neben dem Spielfeld auf einer roten Kunstrasenmatte durchquerten. Für Einheimische sicher ein Höhepunkt, durch das über 30.000 Sitze zählende und in den Vereinsfarben schwarz und rot gehaltene Stadion zu laufen - da aber wirklich nur wir Läufer dort reindurften, hatte es an diesem Tag den seltsamen Effekt, dass es der ruhigste Streckenabschnitt war: Kein einziger Zuschauer und der Wind war dort auch nicht zu spüren.
Hinter dem Stadion gings durch eine Unterführung auf eine breite, nur zur Hälfte für die Läufer gesperrte Straße und dann über die flache Northam Bridhe zum Stadtteil Bitterne Manor, wo wir über einen kleineren Hügel durch ein Wohngebiet trappelten, bevor es bei der Cobden Bridge wieder steil runter ging zum Flussufer. Hier hätte ich fast einen Unfall gehabt; rechts beginnen dort die Parkanlagen entlang des Itchen River, und da tollten gerade zwei Hunde durch die Gegend die meine Blicke auf sich zogen; so übersah ich eine Bodenwelle in der Uferrampe, konnte mich aber nach zwei Stolperschritten zum Glück schnell fangen.
Die nächsten eineinhalb Kilometer gehörten zu den hübschesten des Kurses - links der ruhige Fluss mit vielen Wasservögen (darunter schwarze Schwäne), rechts die Park- und Sportanlagen und auch die kleine Bitterne Railway, und überall waren Familien, die beschlossen hatten, den Tag dort zu verbringen und die Läufer anzufeuern. Dieser Abschnitt dauerte bis zur Woodmill Coffee Kitchen, einem hübschen Lokal an der Brücke, über die wir zurück ans Westufer wechselten - dort auch die nächste Verpflegungsstation, wo ich mir neben einem Fläschchen auch ein Gel schnappte (bei mir eher selten aber ich hatte schon so eine Ahnung dass der Tag härter werden würde als erwartet). Ab hier gab es dann eine merkliche und lange (ca. 1500m) Steigung, hinauf zum Gipfelpunkt der Runde (ca. 45m Seehöhe) in der Burgess Road. Leider natürlich jetzt mit Gegenwind - dennoch war ich noch guter Dinge, vor mit sah ich einen Läufer mit signalgelber Weste, offenbar ein Pacemaker! Bei der Universität bogen wir nach Süden ab und jetzt ging's durch den Campus zurück in die Innenstadt, voll im Gegenwind - dabei bauten wir die Höhenmeter wieder ab, leider etwas unrhythmisch und nicht gleichmäßig, da war eine längere, ungut steile Rampe dabei, und dafür ging's danach wieder bergauf zum Parkgebiet Southampton Common. Fast zwei Kilometer lang ging es hier durch; das Gebiet ist zwar parkähnlich aber recht naturbelassen, und dadurch gab es hier nicht sehr viele Zuschauer - speziell der nördliche Teil ist dort wegen der feuchten Bodenverhältnisse nicht picknicktauglich. Hier holte ich den Pacemaker ein (das war der für den HM in 1:30) und blieb an ihm dran. Anschließend ging es dann die breite, einfach "The Avenue" genannte Straße rein ins Zentrum - allerdings nicht auf der Fahrbahn, die war hier nicht gesperrt, sondern auf dem parallel geführten Radweg. Die letzten Meter vor dem Zielgelände führten dann durch die Altstadtgassen beim Bedford Place, ein Ausgehviertel mit jeder Menge Lokalen und Straßenmarkt. Dann waren wir wieder zwischen den Gittern der Startaufstellung; die Halbmarathonis liefen jetzt geradeaus zur Ziellinie; die wenigen Marathonis wurden links in den hübschen East (Andrews) Park geleitet, wo wir das Zielgelände umlaufen mussten. Der Pacemaker wünschte mir noch viel Glück, dann war ich solo am Weg. Die Zwischenzeitmatte passierte ich nach netto 1:29:17, das bedeutet eine Pace von genau 4:20 seit der 10km-Matte - immer noch recht flott, speziell angesichts des hügeligen Terrains!
km 21,1-31,1:
Wie es so ist bei diesen zwei-Runden-Marathons war ich also jetzt solo am Weg. Ich merkte auch schon dass ich mich vom Tempo her wohl übernommen hatte auf der ersten Runde und unternahm daher keinerlei Bemühungen, die weiter vor mir sichtbaren Läufer einzuholen; stattdessen achtete ich auf einen sauberen Stil und versuchte, mich auf der Gefällestrecke runter zum Hafen zu erholen. Das war leider nicht sehr erfolgreich, es war schon ziemlich anstrengend und machte nicht wirklich Spaß. Immerhin war ich jetzt nicht mehr allein am Weg, denn jetzt waren die letzten Teilnehmer des später gestarteten 10km-Laufes auf der Strecke, begleitet von kostümierten Animateuren und toll angefeuert! Das dritte Mal ging es jetzt über die Itchen Bridge - zum Glück wieder mit etwas Rückenwind, aber immer noch sehr böig, und dann runter zum Meer. Dort überholte mich ein Volunteer mit dem Fahrrad, ein paar Meter hinter ihm dann eine junge Frau, die mich entlang der Strandpromenade langsam überholte - "Fastest Female!" jubelten die Zuschauer, aber angefeuert wurde tatsächlich jeder. Ich ärgerte mich über mein schlecht eingeteiltes Rennen und versuchte, die Dame in Blickweite zu behalten was mir vorerst auch gelang - so hatte ich einen Fixpunkt vor mir, immer angenehm wenn man müde ist. Zurück durch die Wohnstraßen und dann ging es zum vierten und letzten mal über die Hafenbrücke, diesmal mit vollem Gegenwind - hier hätte es mir beinahe den Stecker gezogen, das war ein wirklich frustrierender Streckenabschnitt! Tief gebückt kämpften wir gegen Wind und Steigung, die zum Glück kleine Startnumer zerrte wild am Leibchen ... ich war echt heilfroh als ich oben drüber war und ins Gefälle kam! Am Ende stand wieder die Elisabeth unter den anderen Anfeuerern, und schon ging es wieder Richtung Stadion. Die Matte davor bei km 31,1 passierte ich nach 2:13:29 - das heißt, meine Pace war mittlerweile auf 4:26 gefallen. Das wusste ich ohne Uhr natürlich nicht so genau, aber dass es mit der 3h05 nichts werden würde war mir da schon klar, dafür waren die Beine einfach bereits zu schwer.
km 31,1 - 42,2:
Kurz vor dem Stadion überholte mich der junge Mann im rosa Leibchen wieder, auch er kämpfend aber hatte sich das Rennen doch etwas besser eingeteilt; langsam zog er mir davon. In diesem Bereich begannen wir dann auch, die letzten Teilnehmer des Halbmarathons zu überholen - unter anderem eine über 80-Jährige Miniaturfrau, in Begleitung eines Betreuers, die den halben dann in knapp über 4 Stunden abschließen konnte wie ich nacher sah!
Die markanten Wegpunkte waren mir von der ersten Runde noch in Erinnerung; so achtete ich auch darauf nicht wieder zu stolpern bei der Rampe runter zum Flussufer, und versuchte einfach den Lauf zu genießen und ein wenig von der Stadt "mitzunehmen". In der langen Steigung rauf zur Burgess Road fand ich wieder Anschluss an die Führende des Damenrennens und konnte sie knapp vor der Universität überholen; in der steilen Rampe nach dem Campus merkte ich aber wie meine Beine nachließen und ab dort wurde ich noch langsamer und sie setzte sich wieder vor mich und zog dann langsam davon. Die Wald- und Wiesen-Kilometer durch Southampton Common waren dann wirklich unangenehm, ich war extrem müde und auch unmotiviert. Dass ich den Lauf beenden würde war keine Frage aber ich ärgerte mich schon sehr über mich selbst; mit meiner Routine sollte ein so schlecht eingeteiltes Rennen eigentlich nicht passieren! Das Ziel erreichte ich dann nach 3:09:47, Pace somit 5:04 seit der Matte vor dem Stadion - einfach nur peinlich. Wohl dank der schwierigen Bedingungen war die Position dennoch gar nicht schlecht, ich war 33. von 873 Finishern, und hatte sogar meine M50 gewonnen - 1. von 99! (M55 wurde nicht getrennt gewertet)
Im Ziel schnappte ich mir eine Banane, ein paar Cupcakes und eine Flasche Wasser und machte mich auf den Weg zum Treffpunkt (das Denkmal für die Titanic-Ingenieure), wo ich mich tatsächlich ein wenig auf den Rücken legen und die Beine ausstrecken musste - so fertig war ich schon lage nicht mehr gewesen nach einem Lauf!

Fazit:
Vermutlich werden wenige in Versuchung kommen, auf den britischen Inseln so einen kleinen Lauf zu bestreiten, aber ich kann das als Erfahrung wirklich empfehlen - die Begeisterung der Briten ist echt ansteckend, und man sollte sowas wirklich einmal gesehen haben. Wirklich eine andere Art von Veranstaltungskultur, insgesamt sehr sympathisch. Southampton selbst ist dabei sicher nur ein Beispiel - es gibt natürlich größere Marathons (Edinburgh, Brighton z.B.) aber hat mich doch sehr positiv überrascht. Der Kurs war schwerer als gedacht, aber sehr abwechslungsreich und es gab sehr wenige langweilige Kilometer. Und als Stadt war ich von Southampton überhaupt positiv überrascht; abgesehen von der Titanic-Verbindung ist die ja nicht unbedingt auf dem touristischen Radar, aber hat sich als wirklich lebendig und abwechslungsreich erwiesen, mit sehr vielen verschiedenen und sehenswerten Stadtteilen! Mir hat Southampton jedenfalls sogar besser gefallen als das touristisch wesentlich präsentere Brighton.
Aus persönlicher Sicht:
Es dürften wohl ein paar Faktoren zusammengespielt haben, dass dieser Lauf so danebengegangen ist - vielleicht war ich einfach bereits zu sehr in Ferienstimmung (wir waren bereits am Dienstag aus Innsbruck abgereist), vielleicht war die Verdauung bzw. das Carboloading nicht optimal, vielleicht waren die englischen Ales zu gut (wir waren am Nachmittag nach der Startnummernabholung in der Dancing Man Brewery gelandet, einem supernetten Pub mit eigener Brauerei in einem denkmalgeschützten Haus am Quay, und ich habe mir dort zwei Pints gegönnt) - aber letztlich läuft es darauf hinaus: Wenn man einen Marathon in 3h05 laufen will, dann sollte man nicht die ersten 10km in einer Pace von 4:07 absolvieren (sogar 4:20 wären schon zu schnell). Da sind diesmal wirklich die Pferde mit mir durchgegangen, und ich hatte auch nicht die Willenskraft, das zu korrigieren, als ich es (spätestens bei der 10km-Marke) deutlich merkte. So gesehen war es ein schöner, aber aus persönlicher Sicht trotzdem unbefriedigender Marathon, trotz AK-Sieg.
Immerhin hatten wir danach und davor superschöne Urlaubstage in Südengland! Also, die Reise war's auf jeden Fall wert.
Zuletzt geändert von GeorgSchoenegger am 23.04.2024, 11:09, insgesamt 5-mal geändert.

Re: Wieder einmal ein AK-Sieg bei einem verkorksten Lauf: Southampton Marathon 2024

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Danke für den schönen Bericht... :daumen:

Und 5 € fürs Phrasenschwein: War der Lauf nicht dein Freund, so war er dein Lehrmeister... :D
5 km - 21:44 (09.09.2023 - Tierparklauf)
10 km - 44:40 (16.10.2022 - The Great 10K)
HM - 1:39:18 (28.08.2022 - Die Generalprobe)
25 km - 02:02:00 (15.05.2022 - S 25)
M - 03:38:13 (25.09.2022 - BM)
50 km - 04:32:07 (17.03.2024 - Werderseelauf)

Re: Wieder einmal ein AK-Sieg bei einem verkorksten Lauf: Southampton Marathon 2024

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Rennschnecke 156 hat geschrieben: 26.04.2024, 16:29 Ich bedanke mich ebenfalls für den interessanten und informativen Bericht, auch von links und rechts neben der Laufstrecke - nicht, dass ich jemals in Southampton Marathon laufen würde, aber so habe ich das Gefühl, ich war dabei :danke:
Gruß RS
Dass jemand ausgerechnet Southampton in Angriff nehmen wird, damit rechne ich zwar nicht (ich war ja auch nur aus Zufall dort gelandet), aber ich sehe das auch stellvertretend für andere britische Läufe, ich habe das sehr typisch empfunden und kann allen nur empfehlen, sowas einmal zu machen - es ist eine ganz andere Veranstaltungskultur, mit der hemdsärmeligen Herangehensweise, den vielen Freiwilligen und Charitities und der Begeisterung der Zuschauer!

(Abgesehen davon - auch wenn die Briten ihre eigenen Blödheiten haben wie wir halt auch - räusper, Brexit :hihi: - dann gibt es doch vieles in der Lebensweise dort was ich als positive Unterschiede zu Österreich und Deutschland sehe, ich empfinde ganz allgemein Aufenthalte dort immer als sehr angenehm)

Re: Wieder einmal ein AK-Sieg bei einem verkorksten Lauf: Southampton Marathon 2024

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Spezialservice - nachdem ich ja von meinem Lauf alles andere als begeistert war habe ich nicht an der Siegerehrung teilgenommen - dafür ist heute mit der Post noch ein nettes Andenken gekommen: Das ist meiner Erinnerung nach das erste mal, dass ich über die Volldistanz was anderes als eine Medaille oder ein Diplom bekommen habe - da freut man sich nachträglich doch ein bisschen :daumen:
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