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Just4fun: Metrogroup-Marathon Düsseldorf, 2.Mai 2010

Just4fun: Metrogroup-Marathon Düsseldorf, 2.Mai 2010

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Exakt 2 Wochen und 5 Tage vor dem Düsseldorf-Marathon sprach mich José, der mich vor 2 ½ Jahren ans Laufen gebracht hatte, an, ob ich nicht seinen Startplatz für den Marathon übernehmen möchte, da er bei langen Trainingläufen noch immer Probleme mit seinem alten doppelten Sprunggelenksbruch hat und Schmerzen bekommt.
Tags drauf hatte ich Termin und Familie abgeklärt und den Platz mit der Startnummer 2050 übernommen.
2 Wochen und 4 Tage vor dem Marathon. Bislang hatte ich 2010 keinen langen langsamen Lauf von mehr als 23 km gemacht, nur einen von knapp 29 km in relativ hohem Tempo und Puls. Auch das restliche Lauftraining 2010 war nicht gerade üppig, jedenfalls im Vergleich mit 2008 und 2009.
Also musste ich zusehen, dass ich trotz der schon bevorstehenden letzten beiden Wochen fürs Tapering noch schnell 2 lange Läufe einschiebe. Exakt 14 Tage vor dem Marathon lief ich einen guten 32er und 9 Tage vorher einen 30er, bei dem ich trotz rel. niedrigem Tempo ziemlich einbrach.
Nachdem ein Bekannter, der seit langem auch angemeldet war, mir erklärte dass er kein optimales Training hatte, beschlossen wir, den Lauf gemeinsam anzugehen und setzten uns eine Zielzeit zwischen 3:45 und 4 Std., je nach Tagesform und Laune.

Am Samstag holte ich dann die Startunterlagen ab und sah mich auf dem kleinen Marathonmarkt um. Mit Andreas vereinbarte ich noch die Uhrzeit, wann wir uns Sonntag morgen an der Bahnhaltestelle treffen. Sonntag morgen klingelte dann der Wecker um 6 Uhr, um halb 7 stand ich dann auch auf, machte mich fertig, frühstückte ein kleines Früchtemüsli und 2 Tassen Tee, ging aufs Töpfchen und schaute mir im Internet noch schnell die aktuelle Wettervorhersage an, da diese die Tage zuvor zwischen leichtem Tröpfeln und sintflutartigen Regenfällen wechselte. Letztendlich war es aber egal, da ich eh nix ändern konnte und so schaute ich einfach aus dem Fenster: Trocken und bewölkt. Nun gut, schauen wir mal.

Pünktlich um 7:50 Uhr traf ich Andreas an der Bahnhaltestelle und kurz drauf kam auch schon die Straßenbahn. Ich trank noch von meiner leicht gesalzenen Apfelschorle in der Hoffnung dass ich damit nicht nur ausreichend hydriert bin, sondern auch den Wadenkrämpfen vorbeugen kann.
Nach dem Umstieg in die U-Bahn waren wir beim Aussteigen in der Altstadt überrascht, dass der Boden nass war, es hatte hier wohl schon etwas geregnet.

Auf dem Burgplatz im Zelt bereiteten wir uns vor, wobei Andreas überlegte, eine Jacke anzuziehen. Ich hielt ihn davon ab, was nach der Kleiderabgabe bis etwa km 25 immer wieder zum Thema unserer Unterhaltung wurde. ;-)
Es war frisch, Andreas: “Verdammt warum habe ich auf dich gehört?“ Ich: „Wart ab, beim Laufen wird es dir warm genug“ „Ok, ich hoffe du hast Recht“.
Wir wanderten Richtung Start, Andreas fluchte und hing sich die (kostenlose) Folie über.
Zum 2. Mal ging ich auf Toilette und stellte fest, dass ich wohl längst ausreichend hydriert war. :-/ Nächstes Mal trinke ich nicht mehr so viel.
Wir gingen in den schwarzen Startblock, wo Andreas noch einen flüchtigen Bekannten traf, der seinen ersten Marathon anging, Zielzeit sub 3:30 Std. Wir waren uns aber einig, dass das wohl nix werden kann, so nervös wie der Bursche war. Er bedankte sich noch für unser Einbremsen und den Tipp es auf der ersten Hälfte ruhig angehen zu lassen, dann füllte sich das Startfeld und es ging auf 9:30 Uhr zu. Nervös waren wir nicht. Wozu auch? PB war eh nicht angestrebt. Die Pulsuhr lief und zeigte gerade mal 63 Schläge an...
Irgendwann schoss Angelika Rüttgers, Frau des NRW-Ministerpräsidenten, die Startpistole ab und es ging los. Langsam gehend ging es zur Startlinie, die wir fast 2 Minuten später erreichten. Ja, es war spürbar voller als in den letzten beiden Jahren. Ein Stück vor uns die 4-Std.-Ballons und dahinter eine große Menschentraube.
Wieder lief es mir kalt den Rücken runter. Ein Marathon in meiner Heimatstadt, der dritte in Folge, aber reizvoll wie die beiden vorherigen auch. Auf den ersten 200 Metern begleitete uns der fast 2 Meter durchmessende Ballon, der über das Läuferfeld hüpfte. Wir ließen es ganz ruhig angehen und beendeten den ersten Kilometer nach 5:48 min. Die Pulsuhr versagte jedoch noch den Dienst. Egal. Langsam machten wir uns daran, den 4-Std-Pulk zu überholen und fanden dann ein brauchbares Tempo zwischen 5:20 und 5:25 min/km, das wir beide gut laufen konnten. Wohlgemerkt: Wir sind noch NIE zusammen gelaufen...
Auf km 4 setzte dann die Pulsmessung ein und gaukelte mir was von 165 Schlägen vor. Das konnte nicht stimmen, aber die Polar behauptete es hartnäckig. ;-) Komisch. In FFM lief das einwandfrei.
Erst auf dem Weg zur Oberkasseler Brücke beruhigte sich die Uhr und zeigte nun gleichmäßig Werte um die 145 Schläge (=76%) an.
Schon nach etwa 3 km bedankte sich Andreas dafür, dass ich ihm geraten hatte, die Jacke da zu lassen. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt und die Zeit verflog wie im Flug. Es begann zu regnen und der Wind wehte etwas. Andreas jammerte: „ Hätt ich mal besser nicht auf Dich gehört, meine Oma sagte schon ‚Jung, zieh dir bloß ne Jacke an’...“ J
Wenn vor uns im Feld plötzlich eine Lücke auftauchte oder es Brücken hochging, bremste ich Andreas ein, der dort immer das Tempo anzog. Kurz nach der Oberkasseler Brücke zog Andreas urplötzlich an, ich wunderte mich, doch dann sah ich den Grund: Er sprach einen Läufer an, dessen „Einmal-Chip“ sich gerade vom Schuh löste. Wohl doch noch nicht so ganz perfekt das System... 200 m weiter sprach mich genauso plötzlich jemand von der Seite an „Na? Schaffst du es heute?“ Es war Kajo vom Team Tibet an, den wir wohl grad überholt hatten. Wir machten etwas langsamer und unterhielten uns ein bißchen, da Kajo einige Tage vor dem Marathon ein Muskelproblem (Faserriss?) bekam. Wir trennten uns dann wieder und ich wünschte ihm noch viel Glück. Leider musste er aber mit massiven Problemen nicht viel später aufgeben.
Weiter ging es durch Ober- und Niederkassel. Teils waren viele Leute geknubbelt zum Anfeuern, teils war es menschenleer.
Nach rund 14 km bekam Andreas massiven Hunger und war froh, als es endlich die ersten Bananen gab. ;-) Für die Bekannte, die am Vortag gemeint hatte, dass das leckere Essen, was sie bereitet hat (Spargel, Kartoffeln, Fleisch...), garantiert lang genug sättigen würde, überlegte er sich laut die passenden Worte. ;-)
Wie auch schon zuvor machten wir an den weiteren Verpflegungsstationen etwas langsamer oder gingen kurz. Wir hatten es ja nicht sonderlich eilig und gehend finden die Getränke definitiv besser in den Mund. ;-)
Erneut ging es die Oberkasseler Brücke hoch. Etwa km 19. Dort rief ein Sprecher mit PC per Lautsprecher die Namen der Läufer durch und feuerte sie an. Andreas hörte einen ihm bekannten Namen und suchte die Strecke ab. Kurz vor HM trafen wir den Läufer auch. Es war ein Bekannter von Andreas. Wie er mir später erklärte ein weltweit recht bekannter und anerkannter Arzt, der noch immer jedes Jahr zum Marathon in New York startet und mit seinen 70 Jahren dort noch immer so um die 4:20 läuft. Das Alter konnte ich kaum glauben, danach sah er wirklich nicht aus, aber gehört hatte ich von ihm noch nie.
Nach einem kurzen Pläuschchen nahmen wir wieder unser Tempo auf und passierten HM mit 1:54 Std. Es lief eigentlich recht gut und Andreas meinte, dass wir wohl auf 3:40-3:45 laufen könnten. Ich sagte ihm, dass ich damit eher nicht rechne und wir uns doch wohl eher an der sub-4 orientieren sollten. Weiter ging es in unserem Tempo, der Puls stand nur knapp über 150. Bis jetzt war alles easy, Spielerei, aber das sollte sich noch ändern...
Etwa bei km 23 nahm Andreas das Tempo etwas raus und wir machten geringfügig langsamer weiter. Wieder ging es einen leichten Anstieg hoch. Langsam spürten wir unsere Körper. Die Roßstr. hatten wir hinter uns, Derendorf wurde abgehakt. Es ging zur Alumeile, Fritz-Wüst-Straße. Party pur. Man konnte sein eigenes Wort kaum verstehen, die Zuschauer ließen nur eine schmale Gasse von vielleicht 150 cm. Ausgerechnet hier musste eine Läuferin gehen. L . 500 m weiter, am Ende der Straße erwartete Andreas seine Frau und seine beiden Kinder. Als er sie am Straßenrand sah liefen wir hin. Pause. Knuddeln, drücken, sagen wie es weitergeht, weiterlaufen. Jetzt war es nicht mehr ganz so spaßig. Wir waren mal wieder an dem Punkt angekommen an dem wir uns fragten: „Wozu machen wir das eigentlich? Nie wieder Marathon...“ ;-)
Mitte der Grafenberger Allee, auf km 28, musste Andreas erstmals anhalten um seinen Schuh zu lösen. Er hat seit dem Malle-Marathon 2009 eine Verletzung am Spann, die sich nun wieder bemerkbar machte. Er löste die Schnürung etwas und wir liefen weiter. Lindemannstraße, plötzlich spürte ich meinen Bauch. Ganz leichte Bauchschmerzen im Unterleib machten sich bemerkbar. Irgendwas drückte. Na toll. Ich sagte es Andreas. Wir redeten längst nicht mehr so viel. Km 29 verstrich, Andreas musste anhalten, den Fuß entlasten. Wir warteten einen Moment, dann liefen wir weiter. An den Getränkestationen nutzte er die Gelegenheit zum stehen und entlasten. Er fluchte. Weiter. Wir besprachen wo wir uns im Ziel treffen, wenn wir uns trennen müssen. Bei km 31,5 war es so weit. Andreas erklärte mir, ich solle alleine weiterlaufen, er weiß nicht wie es bei ihm weitergeht.
Wir hatten lange zusammen durchgehalten, nun standen mir die letzten gut 11 km alleine bevor. Der Bauch drückte, ich nahm mein Tempo wieder auf, beschloss aber, es weiter ruhig angehen zu lassen, wie schon den ganzen Lauf. Es ging ja um nichts, nur um einen schönen Lauf. An allen Stationen trank ich etwas, mal Wasser, mal Iso, Cola habe ich nur einmal gegriffen. Schwedentabletten habe ich auch genommen, aber nicht ganz so regelmäßig wie geplant. Km 33, 34, 35, alles in Ordnung. Kein Mann mit dem Hammer, aber damit rechnete ich auch nicht wirklich, eher hatte ich Angst vor Wadenkrämpfen oder dass die Bauchschmerzen schlimmer würden. Nach km 30 kann man ja immer wieder was neues erleben...
Der Puls war grad bei rund 156 Schlägen (= 82%), da sollten die Glykogenvorräte doch etwas länger halten. Überall standen schon Läufer zum Dehnen, etliche gingen. Wofür man alles Augen hat, wenn man mal nicht so schnell unterwegs ist... Km 36 war vorbei, da spürte ich plötzlich ein Ziehen in der rechten Wade. 2 Mal kurz hintereinander „Zack, Zack“, wie ein kurzer Stromschlag. Nein, muss das jetzt sein? Innerlich fluchte ich, aber es kam nichts mehr. Ich lief weiter, km 37. Und wieder: „Zack“, kein anhaltender Krampf, nur ein kurzes heftiges Ziehen. Was tun? „Frankfurt“ fiel mir ein „In Frankfurt wurde der sich andeutende Krampf besser, als du das Tempo angezogen hast“. Ich zog leicht an. Es wirkte, es verschwand fast völlig. Nur noch 5 km. Wie? Nur noch 5 km? Hä? Kann doch nicht sein. Doch! Das kreisrunde, auf den Boden aufgemalte Logo des Metrogroup-Marathons sagte es eindeutig: Nur noch 5 km. Ich rechnete hoch: Sollte mich nichts aus der Bahn werfen wird es sub 4 Std.. Selbst wenn ich noch an den Stationen gehen sollte, was ich gemütlicherweise auch tat. Warum auch nicht? ;-) Anlaufen war keine Schwierigkeit. Weiter ging es, der Krampf meldete sich noch mal und ich lief etwas zügiger. Auch der Unterleib zog noch immer. Jetzt wurde ich doch nervös. Es wurde voller am Streckenrand, ich sah die Läufer von der Kö Richtung Ziel laufen, für mich waren es noch etwa 3 km. Der Laufsensor hatte bei km 39 auch den Dienst quittiert, er ging einfach aus. Egal. Wozu auch? Mein Tempo hatte ich längst gefunden. Ich lief einfach weiter.
Kö hoch, ums Eck, einmal lächeln fürs Photo von Marathonphotos.com J , Kö runter, ein paar Ecken noch und der letzte km begann. „Sollst du noch mal richtig Tempo machen?“ ging mir durch den Kopf, „Ach was, wozu?“, aber etwas schneller lief ich schon. Ganz automatisch. Ich merkte, wie andere auch anzogen, das Publikum feuerte unentwegt an. Immer wieder während des Laufes schrieen wildfremde Menschen „MARTIN, LAUF!“. Immer wieder fragte ich mich woher die mich kennen und kam immer wieder drauf, dass mein Name doch auf dem Startnummernfeld steht. J Und jedes Mal wenn einer das rief, lächelte ich ihn oder sie an. Und die Leute waren sichtlich dankbar für diese Reaktion!
Ich kam an die letzte Ecke und schaute mich nach den Tibetfahnen um, schließlich wollte ich ja heute eine von den ganz Großen ins Ziel tragen. Aber es war nichts zu sehen. Die Helfer vom Team Tibet waren heute wohl etwas staffelfixiert. L Und so lief ich Richtung Ziel. Ich schaute auf die Uhr. Na, das wird doch nicht etwa...? Nein, das geht mal gar nicht! Ich beschleunigte noch mal auf den letzten 200 Metern uuuuuund: Ja, sub 3:53 Std. ;-) Ist das cool. Hey, ich bin durch! Und das ohne echte Marathonvorbereitung. Was es all gibt? 3:52:47 Std. Mein Bauch drückte. Ich ging weiter, trank einen Schluck, sah überall „Marathonleichen“ rumstehen oder –hängen. Mir gings so weit gut. Ich war aber doch froh nicht mehr laufen zu müssen. Ich bekam die verdiente Medaille und einen Metrobeutel, gefüllt mit Apfelstrudelcookies, Duschgel, Handtuch und anderem. Weiter gings in den Nachzielbereich. Toiletten! Jo, das war ein Angebot, das ich gerne annahm. Und plötzlich gings mir wieder gut. Ich ging ins Zelt und holte mir ein Erdinger alkfrei, Twix-Riegel und einen Berliner. Das Bier war noch nicht leer, da holte ich schon gegenüber den Kleiderbeutel, weil’s dort grad frei war. Zurück im Zelt sah ich Andreas, der grad am vereinbarten Treffpunkt ankam. Seine Zeit: 3:59:59 Std. Ebenfalls noch im angedachten Zeitfenster. J
Ein zweites Erdinger lief schon nicht mehr so schnell, dafür schmeckte aber der 2. Berliner ebenfalls klasse. Mir ging es richtig klasse, die Beine brannten nicht, der Puls war ratzfatz unten, die Belastung kaum mehr zu spüren als nach einem Lalala.
Wir sprachen noch über die letzten km und wie es Andreas mit dem Fuß ergangen ist um dann zu überlegen, welcher Marathon der nächste wird. J
Schon bald verließen wir den Nachzielbereich und trafen Andreas Familie, mit deren Auto wir dann gen Heimat fuhren. Zuhause kam ich gerade rechtzeitig um das Moto2 –WM-Rennen im TV zu sehen. Beim Massencrash stieg mein Puls sicher höher als in der Endphase des Marathons. ;-)

Fazit:
- Ich glaube Grundlagenausdauer ist nicht zu unterschätzen, da kann man dann schon mal eben“ einen Marathon sub 4h laufen, der Puls war auch zum Schluss nicht über 165.
- Das Wetter war deutlich besser als die Vorhersage erwarten ließ
- Ingo, der Bekannte von Andreas hat seinen allerersten Marathon mit 3:31 beendet. Erste Hälfte 1:48, 2. Hälfte 1:43 Std.!
- So ein „gemütlicher“ Marathon ohne Bestzeitambitionen hat definitiv auch was. Das schreit nach Wiederholung!
- Die Zeit lag trotzdem nur 18 min über meiner PB.
- Die Wadenkrämpfe nerven langsam.
- Das Programm untwegs war wieder gut und kurzweilig, aber 400.000 Zuschauer waren das nicht.
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