Hallo running fatball,
herzlich willkommen im Forum
Dein Posting enthält zwei Fragenkomplexe, die ich auch getrennt beantworten möchte.
Krafttraining + Laufen
Wie die Bezeichnung schon erkennen lässt, zielt Krafttraining auf eine Verbesserung der Kraftleistung ab, während Lauftraining (zumindest jenes, das nicht dem Sprintbereich zuzuordnen ist) die Ausdauer schult. Kraft und Ausdauer sind zwei völlig verschiedene sportliche Fähigkeiten der menschlichen Kondition, die mit sehr unterschiedlichen Trainingsansätzen trainiert werden. Kraft schult man mit hoher, kurzer Belastung, Ausdauer mit langer, schwacher. Grundsätzlich stören sich daher beide Trainingseinheiten nicht. Wenn man das gewohnt ist, kann man sogar am gleichen Tag beides trainieren (Reihenfolge dabei: Erst Kraft, dann Ausdauer). An Laufruhetagen Krafttraining zu machen tangiert also dein Lauftraining nicht. Natürlich muss das Krafttraining mit einem vernünftigen Aufbau begonnen werden, sonst führt es zu Muskelkater, zumindest sehr verhärteter Muskulatur, was dann am Folgetag beim Laufen schmerzen und stören würde.
Krafttraining ist natürlich nicht gleich Krafttraining. Es gibt 1.000 Formen davon. Gewisse Übungen sind für Läufer nicht nur nicht schädlich, sondern sogar überaus zielführend. Es gibt eine Reihe von Muskelgruppen und -bereichen, die beim Laufen z.B. als Haltemuskulatur unerlässlich sind, aber bei vielen Läufern nicht ausreichend entwickelt. Zum Beispiel würden wir uns beim Laufen nicht aufrecht halten können, wenn Bauch- und Rückenmuskulatur keine Stabiltät gäben. Dasselbe gilt für Adduktoren und Abduktoren. Ziel solchen Krafttrainings ist allerdings kein Muskelaufbau, sondern eine Aktivierung/Kräftigung der vorhandenen Muskulatur. Solches Krafttraining wäre für jeden Läufer wünschenswert, weil es seinen Laufstil verbessert und ihn letztlich vor Beschwerden und Verletzungen schützen hilft.
Krafttraining als "Selbstzweck" - also so viel Eisen wie möglich pro Zeiteinheit bewegen, wozu auch immer - ist für Läufer zunächst auch nicht "schädlich". Das würde es erst, wenn sich ein "merklicher" Muskelzuwachs einstellt. Ein größerer Muskelquerschnitt also, der das Muskelgewicht erhöht. Muskelmasse, die man für die Laufausdauer nicht braucht, aber tragen muss. Mit anderen Worten: Wer wirklich mit steigender Belastung Krafttraining betreibt und seinen Körper athletisch auszuformen beginnt, wird auf Ausdauerstrecken langsamer.
Noch ein Wort über den Zusammenhang zwischen Krafttraining und Gewichtsreduktion. Kaum ein Sport ist besser zur Unterstützung der Gewichtsreduktion geeignet als hartes Krafttraining. Während beim Laufen der Einsteiger lange braucht, bis er einen merklichen Kalorienverbrauch bei längerem, zugleich schnellerem Laufen erzielt, geht das beim Kraftraining schneller, weil man immer nur bestimmte Muskelgruppen belastet. Beim Laufen ist ein hoher Prozentsatz der menschlichen Muskulatur an der Arbeit beteiligt, weswegen Einsteiger recht schnell ermüden. Dazu kommt, dass Muskelgruppen beim Krafttraining mit einem recht hohen Anteil der Maximalkraft belastet werden können. Zum Beispiel indem man so viel Gewicht auflegt, dass nur noch 5 bis 10 Wiederholungen einer Übung möglich sind. Muskeln die so stark gereizt werden unterliegen dem Nachbrenneffekt. Dieser Effekt bedeutet, dass der Muskel noch Stunden nach dem Training, wenn der Übende längst wieder in Ruhe ist, noch vermehrt Kalorien verbraucht!
Lange Strecken und Gewichtsreduktion
Dein zweites Interesse - wahrscheinlich das Hauptinteresse - gilt der Überwindung des toten Punkts beim Abnehmen durch vermehrtes Laufen. Es wäre ein völliger Irrglaube diese Wirkung von vermehrtem bis brachialem Lauftraining zu erwarten. Sport (= körperliche Aktivität, wie z.B. auch körperliche Arbeit) ganz allgemein ist eine Notwendigkeit. Einfach deshalb, weil der menschliche Körper über Jahrmilllionen dazu entwickelt wurde körperliche Leistungen fürs Überleben zu erbringen. Wenn wir also auf körperliche Aktivität weitgehen verzichten (müssen), was für viele Menschen Alltag ist (Büroarbeit! abends abhängen), dann fehlt das, wofür unser Körper (auch) von der Evolution optimiert wurde. Sport leistet Ersatz. Steinzeitmenschen hätten keinen Sport treiben können, weil sie zum Überleben alle Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit benötigten. Sport zu treiben ist also für viele Menschen die Wiederherstellung einer vernünftigen (gesunden) menschlichen Lebensweise. Von fehlender körperlicher Aktivität alleine wird man aber nicht übergewichtig, wenn man auf den Körper hört (= weniger Hunger -> weniger Nahrung) und die Kalorienzufuhr beschränkt. Insofern dürfte klar sein, dass Sport nicht das Allheilmittel gegen Übergewicht darstellt. Sport stellt eine notwendige Körperbelastung wieder her, erhöht dadurch den Grundumsatz und unterstützt das Bemühen ein normales Gewicht wieder zu erreichen. Wenn du
mehr läufst (radelst, Gewichte hebst, oder was auch immer) wirst du davon auch
mehr Hunger bekommen. Du wirst mehr essen und deshalb stagniert die Gewichtsabnahme. Was noch wichtiger ist: Durch Sport verlorenes Gewicht, wird binnen kurzer Zeit wieder da sein, wenn man den Sport aufgibt oder einschränkt. Selbst Leute wie ich, die sich wirklich mit extrem umfangreichem Lauftraining quälen (z.B. bis zu 200 km pro Woche in der Phase vor einem 100km-Lauf) unterliegen diesem Zusammenhang. In der mehrmonatigen Vorbereitung eines Ultralaufes verliere ich 3,4,5 Kg Körpermasse, obschon ich ohnehin nicht übergewichtig bin. Aber nach dem Wettkampf, wenn ich in die Regenerationsphase gehe, mit wesentlich geringerem Wochenlaufumfang, kehrt das Gewicht zurück.
Nachhaltig (= bleibend, endgültig, dauerhaft) abzunehmen setzt voraus, dass man seine Ernährung "saniert" und sportlich aktiv bleibt. Nur zu rennen bis der Arzt kommt bringt in dieser Hinsicht gar nichts.
Ich wünsche dir eine gute läuferische und auch sonstige Entwicklung
Gruß Udo