Mensch mensch mensch, das war ja ein Wochenende, eigentlich unbeschreiblich! Wie schaffe ich nun die Quadratur des Kreises? So viele Eindrücke und Erlebnisse! Eines vorweg, ich hab nie und nimmer damit gerechnet, dass ich mir dieses Jahr noch einmal ein solches Highlight bescheren könnte. Da bin ich so was von glücklich drüber!
Aber egal, ich muss (und will) ja irgendwo anfangen, was zu schreiben und da lande ich natürlich beim Vorwort. Vor zwei Jahren kam ich durch Berichte im SCC-Forum ernsthafter mit diesem Laufwochenende in Söll und Umgebung in Berührung. Gehört hab ich wohl schon eher davon aber das ging mich irgendwie noch nicht so viel an. Vor zwei Jahren war aber das Wetter schlecht und beim Kaisermarathon musste mittendrin der Zieleinlauf gesperrt werden und die Läufer konnten nicht mehr auf den Gipfel laufen. Der Jörg aus dem Forum gehörte noch zu den Glücklichen, die bis hoch durften. Er und Alexander berichteten ausführlich davon. Letztes Jahr liefen meine Freunde Sonja und Wolfgang die Tour und da las ich wieder viel darüber. Auch über das Pech, dass beide beim letzten Cutoff aus dem Rennen genommen wurden. Und noch viel mehr sah ich die Bilder von diesem Lauf. Da hatten sie Kaiserwetter im Kaisergebirge! Von da an war ich von dem Lauf begeistert und meine Anmeldung für dieses Jahr stand fest. Das war zwar spät in einen langen Jahr mit vielen Ultras, darunter auch wieder dem Mauerweglauf aber ich hoffte, dass ich im Oktober wieder fit genug sein würde. Eher kurzfristig kamen noch zwei Ultras dazwischen. Der P-Weg-Ultra in Plettenberg war noch halbwegs lange davor aber der 6-Stundenlauf in Otterndorf war nur eine Woche davor und da war mir schon ein wenig Bange. Schaffe ich es erstens, mich etwas zurück zu nehmen, um meine Muskulatur nicht völlig zu zerballern und zweitens, mich in den wenigen Tagen ausreichend zu regenerieren? Erstes gelang mir gut, ich rannte mich nicht ins Verderben, schaffte trotzdem eine ansprechende Leistung mit der ich zufrieden war. Ging es an die zweite Schwierigkeit, mich in 5 Tagen wieder zu erholen. Ich benutzte ausgiebig die Bläckroll und meinen neuen Liebling: Das Flossingband. Am Donnerstag gab es noch eine gute Massage in meiner Stammphysiotherapie. Dienstag hatte ich noch einen lockeren Lauf geplant und der stimmte mich schon mal zuversichtlich. Die Beine hatten keine bösen Erinnerungen an Otterndorf behalten. Gepaart mit meiner Erfahrung, "es irgendwie schon zu packen" war ich da schon sehr zuversichtlich.
Alles klappte wunderbar, ich kam gut aus dem Bett (um 2:30 Uhr!) und der Tag begann ganz gut. Die Verbindung vom Nachtbus zur S-Bahn war allerdings zu knapp und so musste ich eine Bahn später fahren. So hatte ich nur noch vier Minuten Umsteigezeit am Bahnhof Südkreuz. Sehr knapp, aber ich schaffte es doch noch in kürzester Zeit eine Karte aus dem Automaten zu ziehen vor dem Einstieg. Erklärung: Als Eisenbahner muss ich mir meine Freifahrten aus dem Automaten besorgen und bekomme die nicht vom Zugbegleiter. Bei dem hätte ich den vollen Fahrpreis nach München bezahlen müssen. So war alles gut. Ich machte ein Nickerchen und etwas später bekam ich Hunger, frühstückte im Speisewagen und dann schlummerte ich weiter. Bis München hatte ich so halbwegs mein Schlafdefizit wieder aufgeholt. Dank bester Wegbeschreibung fand ich flink zu Alexander, der mir noch ein Frühstück servierte. Wir machten uns auf den Weg, um Ulrike abzuholen und dann fuhren wir nach Süden. In Kufstein wollten wir Franzi am Bahnhof einladen. Die Fahrt verlief reibungslos, das Wetter war gut und wir trafen pünktlich am Bahnhof ein. Auf die Minute. Wenn das kein gutes Omen für das Wochenende war Weit war es nicht mehr bis Söll und so waren wir rasch da. Hier muss ich erwähnen, dass Alexander verletzt ist und nicht starten konnte, dennoch uns nach Söll fuhr und uns betreute und fotografierte. Er ist schon oft bei der Tour mitgelaufen, kennt den Orgacheffe gut und hat eine besondere Beziehung zu der Veranstaltung. Für uns war das natürlich ganz toll. Wir bezogen unser Hotel und begaben uns anschließend zur Startnummernausgabe. Da traf ich Freunde aus Berlin und die Freude war groß. Dann mussten wir auch mal was futtern. Die Gasthaus zum Feldwebel hatte zwar Küchenschluss fürs Mittagessen, aber ein warmer Apfelstrudel mit einer Eiskugel war natürlich noch drin. Eine bessere kulinarische Begrüßung in Tirol hätte ich gar nicht bekommen können. Es war noch viel Zeit bis zum Start des Söller 10ers, des ersten Wettbewerbes der Tour und so machte ich auf meinem Hotelzimmer ein kleines Nickerchen. Wäre das W-Lan kostenlos gewesen, hätte ich wohl meinen Lappi raus geholt. So konnte ich mich noch etwas ausruhen. Dann angezogen und fertig gemacht und mit Alexander los gelatscht zu Start und Ziel. Auf dem Weg Ulrike und Franzi an ihrer Pension aufgegabelt und dann konnte der erste Spaß beginnen. Das Wetter war ganz toll, die Sonne schien, einzig der Wilde Kaiser versteckte sich unter einer Wolkenkrone.
Und so vergingen die restlichen Minuten bis zum Start. Beutel abgeben, Toilette aufsuchen und fertich. Ulrike wollte unbedingt die 10 Kilometer unter 60 Minuten laufen. Ich wusste noch gar nicht, was und wie ich laufen sollte, erst einmal in die Beine horchen, was die mir sagen. Der Sprecher war voll sein Geld wert und heizte die Läuferschar gut ein. Unterstützt von passender, lauter Musike. Und los ging es und wir rannten erst einmal ein Stück aus Söll heraus. Und da wir in Tirol sind, ging das kaum in der Ebene ab. Nach ein paar hundert Metern ging es schon deutlich hinauf. Nichts für den Tommi an diesem Tag. Wäre das ein einzelner 10er gewesen, hätte ich voll Dampf geben können, mit dem Risiko, vor dem Ziel Probleme zu bekommen. Aber dies hier war ein Einlaufen für weitere lustige Läufe das Wochenende. Da wäre es fatal, dass ich schon meine Kräfte vergeude. Klar, trödeln muss nicht sein, aber deutliche Anstiege hoch zu rennen ist auch nicht mein Ding und hat mit Kraft einteilen nicht viel gemein. Hab ich schon erwähnt, dass ich mein Garminchen im Hotelzimmer vergessen hatte? Fiel mir 10 Minuten vor dem Start auf *koppkatsch* Nicht schlimm, konnte mich nicht ärgern, die Pace konnte ich bei den wechselnden An- und Abstiegen eh nicht kontrollieren. Aber so hatte ich keine Statistik. Ein wenig ärgerlich aber nicht zu ändern. Die 10 Kilometer wurden in drei Runden gelaufen und jedes mal kam man in Söll vorbei und kurz vor dem Ziel umlief man eine aufgepustete Erdingerbüchse. Die Stimmung im Ort war grandios, aber auch an vielen anderen Stellen der Strecke standen viele Anwohner und feuerten uns kräftig an. Das hat richtig Spaß gemacht. Übrigens hatte jede Runde etwa hundert Höhenmeter, was die Sache nicht gerade einfacher machte. So kamen auf die 10 Kilometer 300 Höhenmeter zusammen, was den Lauf als gute Einstimmung auf das Wochenende machte. Die Stimmung hielt bis zum Ende an und die Anfeuerer an der Strecke hielten auch für uns langsame Läuferleins aus und sparten nicht mit Beifall. Ich musste mich auch erst daran gewöhnen, dass hier in Österreich "hopp hopp" und "hoppa hoppa" als ernst und lieb gemeinte Aufmunterung gemeint ist und nicht, wie bei uns ins Berlin, als eher boshafte Zurufe für Jogger von einfallslosen Gesellen. Ich lief also und fühlte mich körperlich wunderbar und vergleichsweise gut erholt, wenn man mein Pensum das letzte Wochenende bedenkt. So war ich die drei Runden in bester Stimmung und genoss diese Einstimmung. Und hatte jede Menge Spaß und am Ende kam ich nach einer Stunde und vier Minuten ins Ziel. Natürlich kamen da keine Glücksgefühle auf *lol* Das war ein Zehner in gemäßigtem Tempo. Aber es war richtig schön und so konnte es weiter gehen.
Flink die Sachen geschnappt, was Trockenes über geworfen und dann hab ich mich auf den Weg ins Hotel gemacht. Duschen und fertisch machen. Wir hatten einen Tisch in der Mühle (ein modernes italienisches Restaurant) reserviert um lecker zu Futtern. Und es war lecker und angenehm! Schöne Hütte, auch wenn die Suppenlieferung für Alexander etwas daneben ging. Mein Gedanke, noch einen Absacker an der Hotelbar zu trinken, oder mit zu nehmen oder noch ein paar Minuten das W-Lan zu nutzen wurde zunichte gemacht, da niemand mehr im Hotel war. Alles dicht und es blieb nur Leitungswasser im Zimmer. Auch wenn ich müde war, ich wollte noch ein wenig meine Muskeln pflegen. Also barbeitete ich sie mit dem Flossingband (Danke Lazydaisi für die Anregung! ) und mit dem Ball der Blackroll. Die große Rolle hab ich nicht mehr in meine Tasche bekommen. Die war auch voll, weil ich zwei paar Laufschuhe mit genommen hatte. Für den Kaisermarathon am Samstag und den Pölventrail am Sonntag die Trailschuhe. Diese waren vom Veranstalter in der Ausschreibung gefordert (mindestens 3 Millimeter Sohle) und das zu Recht. Aber für den 10er am Samstag wollte ich normale Laufschuhe an haben. Nun denn, ich hab meine Beine gepflegt, stellte meinen Handy-Wecker auf 7:15 und bin in guter Erwartung ins Bett gegangen.
Habe aber nicht gerade gut geschlafen und bin sehr oft aufgewacht. Janz schön uffjerächt war ich da wohl doch. Kenne ich aber schon von mir und kann mich nicht mürbe machen. Der Wecker dudelte und ich drückte wie geplant noch einmal auf Sleep. Kurz bevor das Handy wieder los plärrte, klopfte Alexander an die Tür. Ich wunderte mich schon etwas, aber machte mir keine Gedanken. Freute mich aber darüber, dass er extra zu mir kam um mich zu wecken. Ich machte mich dann in aller Ruhe fertig, zog mich an, die übliche Routine vor einem Wettkampf. Bis der Alexander noch einmal klopfte. Ich weiß jetzt nicht mehr, was er genau sagte, aber spontan fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte mächtig Scheiße gebaut und war um genau eine Stunde zu spät. Wir wollten kurz vor Acht los gehen und ich war irgendwie so in Gedanken, dass ich um Acht zum Frühstück gehen wollte. 8:30 Uhr war Start! Nun, zum Glück war ich schon fast fertig, alles zusammen gerafft und runter gewetzt. Die Zeit reichte gerade noch so, dass ich eine Tasse Kaffee trinken und mir ein Käsebrötchen für den Weg schmieren konnte. Banane gabs in dem Hotel nicht, nahm ich eben einen Apfel mit. Das Frühstücksbuffet war allerdings sehr dürftig. Nicht nur an diesem Tag. Eine Sorte Käse, eine Sorte Schinken. Hab ich innem 3-Sterne-Hotel so noch nicht gehabt :( Wurscht, darüber machte ich mir in dem Moment natürlich keine Gedanken. Aber meine Stimmung konnte meine Blödheit auch nicht verderben. Ist ja dank Alexander noch einmal alles gut gegangen und wir spazierten los.
Unterwegs kamen wir an Ulrikes und Franzis Pension vorbei und nahmen sie wieder mit. Im Startbereich war schon große Stimmung und viel los. Wir hatten keine Eile und alles war ganz easy. Ich ärgerte mich ein wenig, dass ich nur ein Brötchen und den Apfel im Bauch hatte, hoffentlich wird das reichen. Es sollte erst ab dem zweiten VP bei Kilometer 14 etwas zu essen geben. Ich hatte zwar drei Päckchen Dextro-Gel im Rucksack, aber die waren eher für den Notfall gedacht. Und ich wusste nicht, wann ich bei Kilometer 14 eintrudeln würde. Zu etwas anderem hatte ich keine Zeit mehr: Aufs Klo zu gehen. Die Schlange war zu lang und im Hotel hatte ich keine Zeit mehr gehabt. Sehr oft geht es mir ja so, dass ich vor Wettkämpfen nichts heraus bekomme, heute war das anders. Mist, so musste ich unterwegs schon mal einen Toilettenstopp einplanen. Ich wusste auch schon wo. In unserem Hotel, an dem wir direkt vorbei laufen würden. Da wusste ich im Erdgeschoss, wo die Toiletten waren und musste nicht lange fragen oder suchen. Außerdem war das Hotel ein paar hundert Meter nach dem ersten Cutoff und vorher wollte ich lieber keine Pause machen. Dazu komme ich später noch Es war also nur noch wenig Zeit und wir sortierten uns in der Startaufstellung ein. Der Sprecher und die Musike heizten uns wieder ein und die Stimmung kochte ganz schön hoch. Und das Schöne war, ich wusste nicht wirklich, was mich heute erwarten würde. Üüüberhaupt nicht!
Da will ich noch etwas dazu erzählen. De Veranstalter hatte vom letzten auf dieses Jahr die Strecke an einigen Stellen verändert. Meist, indem sie verschärft wurde. Insgesamt kamen etwa 200 Höhenmeter hinzu. Gleichzeitig sollten die ersten Kilometer nicht mehr so eben verlaufen, wie die Jahre vorher. Andererseits wurden die Cuttoff-zeiten nicht angepasst und Ulrike, die letztes Jahr bereits mit lief sowie auch Alexander machten sich da schon die Wochen vorher einige Gedanken, die ich natürlich sehr aufmerksam las. Wie jetzt genau die Verschärfungen aussehen würden konnten sie natürlich auch nicht sagen. Von der Station Hexenwasser bis zum Gipfel sollten es mehr Kilometer sein also nicht direkt in den finalen Anstieg gehen. Und vor allem die ersten Kilometer bekamen mehr Höhenmetern. Na das kann ja was werden! 50 Minuten auf 7,5 Kilometer klingt eigentlich ganz einfach, selbst 2:30 auf 19 Kilometer sollten doch zu packen sein. Auf ebener Strecke Schaumer mal...
Wir liefen also erst einmal los und jaaa, es ging gleich etwas bergan und dann noch etwas und dann steiler und schon musste ich flott gehen, da weiter rennen mich zu viel Kraft kosten würde. So war der erste Kilometer schon mal eher langsam. Gefolgt von zwei Kilometern, in denen es wieder abwärts ging und etwas eben, wo ich wieder etwas Zeit gut machen konnte. Und dann wurde es schön wechselhaft. Wir liefen dann auch einen Teil der Strecke von gestern. Jedenfalls war es schon sehr schwierig bei dem andauernden Auf und Ab, irgendwie das Tempo kontrollieren zu wollen. Da bleibt mir nur, mich auf mein Gefühl zu verlassen. Natürlich schaute ich oft auf die Uhr, in 50 Minuten musste ich die Schleife absolviert haben. Wir kamen wieder beim Start vorbei und ich schaffte es in 49 Minuten. Derweil sagte de Sprecher "Wir legen die nächste Platte auf, die dauert drei Minuten und danach ist dann Schluss". Das fand ich dann etwas komisch aber gut. Da hätten sie schon sehr viele Läufer bereits hier aus dem Rennen nehmen müssen und haben alle durchgewunken, die noch kamen.Sie haben selbst gemerkt, dass das so nicht geht. Übrigens am Montag erzählte mir eine Bäckereiangestellte, deren Mann ebenfalls dabei war, dass die Einheimischen schon Wochen vorher wussten, dass die Zeiten verlängert wurden. Sehr komisch, auf der Webseite stand davon nichts. Na mal schauen, wie das nächstes Jahr ist.
Läuferisch ging es mir auf den ersten Kilometern wunderbar. Ich war bestens in Form und der Zehner gestern hat sich nicht negativ ausgewirkt. Natürlich rannte ich etwas schneller, als ich es ohne den Zeitdruck getan hätte. Zumindest vom Gefühl her. Das andere Gefühl, dass ich dringend aufs Klo musste wurde allerdings auch stärker und der Besuch in meinem Hotel war nicht aufzuschieben. Es kostete keine drei Minuten, und durch das Sitzen konnte ich mich auch etwas erholen. Etwas später überholte ich Uwe und Olaf aus Berlin und freute mich für sie, dass auch sie weiter laufen konnten. Leider kamen beide nicht bis ins Ziel :( Die folgenden Kilometer waren noch eher moderat, An- und Abstiege wechselten sich ab, manchmal etwas steiler und ich ging flott und lies es abwärts ganz gut rollen. Bis wir nach etwa 12 Kilometern richtig in den Wald einliefen. Nicht nur in den Wald, sondern in echt Anstiege, die man so nennen durfte. Die nächsten 1,5 Kilometer ging es permanent bergauf und so kam ich 200 Meter höher. Woher ich das alles noch weiß? Na ich bediene mich schon der elektronischen Hilfsmittel, schaue mir meine Fotos und die Garminaufzeichnungen an Auf jeden Fall freute ich mich, dass es nun richtig rein ging in die Natur. Natürlich sind solch langen Anstiege für mich zeitraubend, da ich die nicht lange rennen kann. Gar nicht lange. Erst recht nicht, wenn ich noch viele Kilometer vor mir habe. Da sinkt die Pace schon mal auf 12 min/km und langsamer. Und es nimmt dann kein Ende und ich komme gefühlt einfach nicht voran. Ja und anstrengend wird das dann auch. So lange Anstiege ohne Pause kann ich in Berlin nicht trainieren. Einzig vielleicht auf nem Laufband oder einem Stepper. Aber wisst ihr wie ääätzend das ist? *hihi* Wisst ihr.
Aber alles gut, es ging ja anschließend gleich hinab ins Tal. Aber so richtig, dass es nur so eine Wucht war. Teilweise so steil, dass es für mich wieder vernünftig nicht zu rennen war. Die Bergziegen unter uns Läufern fliegen da runter, haben kaum Bodenberührung und kommen so auf phantastische Zeiten. Für mich alten und dicken Sack ist das nichts mehr, ich weiß, ich würde mir da nicht nur die Muskeln vollkommen ins Abseits befördern, ne auch die Knie und wat weiß ich nich noch alles würde mir da um die Ohren fliegen. Also kurze Trippelschritte und ja nicht zu schnell werden. Dabei war das hier noch sehr angenehmes Gelände, die hakeligen Abschnitte sollten später noch kommen. Ich freute mich über meine Trailschuhe, die mir absoluten Halt boten. An manchen Stellen war ich mir sicher, dass ich mit normalen Schuhen Probleme bekommen hätte. Ich freute mich aber auch über meine Umsicht, dass ich am Abend zuvor noch einmal meine Zehennägeln so kurz wir möglich geschnippelt hatte. Und so hab ich auch keine blauen Nägel davon getragen. Obwohl ich schon jedes mal richtig vor im Schuh gerutscht bin. Is halt so. Weniger schön war, als ich bei etwa Kilometer 14 Ulrike gerade wieder aufstehen sah. Sie freute sich, mich zu sehen und meinte sie fühlte sich etwas unterzuckert. Das ist aber überhaupt nicht gut. So früh! Na hoffentlich gibt es bald etwas zu futtern.
Nachdem wir im Tal waren ging es natürlich wieder aufwärts. Wir lagen gut in der Zeit, hatten 16 Kilometer in zwei Stunden geschafft. Wenn das halbwegs so weiter geht, ist eigentlich alles ganz gut. Auch der Cutoff von 2:30 bei Kilometer 19 sollte machbar sein. Wir wussten da nur nicht, wie lange es nun aufwärts gehen würde. Wie lange?! Das Profil kann man sich ja auch nicht komplett merken. Ich verrate es: 7,5 Kilometer und 770 Höhenmeter bis hinauf zum Hartkaser auf 1555 Metern über NN. Mit nur kurzen Unterbrechungen, so dass man mal ein paar Meter traben kann um die Muskeln aufzulockern. Ulrike die sehr schnell bergan gehen kann, war natürlich rasch wieder weg, aber ich verlor sie nicht mehr aus den Augen. Allerdings sah ich mehr und mehr die Felle davon schwimmen, ob wir es in der Zeit schaffen würden. Da hätten wir gute Stücke rennen müssen. Das war aber praktisch nicht drin. Ich kam dann mit 2:40 vorbei und sie ließen mich, ohne Anstalten zu machen, weiter laufen. Juhu! Später erfuhr ich, dass Olaf noch nach 3 Stunden hätte weiter laufen können. Wollte er aber nicht, er fühlte sich leider für den Rest der Strecke nicht mehr in der Lage. :(
Ach, das hab ich ja noch nicht erwähnt. Beim VP an Kilometer 14 gab es nichts zu essen. Und auch ich machte mir mittlerweile leichte Sorgen, wie lange ich es ohne Futter aushalten könnte. Hungergefühle bekam ich schon, das ist nicht schlimm, noch nicht, aber ich hatte nur ein Brötchen und nen Apfel gefrühstückt! Okay, ich hielt es dann schon bis zum nächsten VP aus. Sehr froh war ich, dass ich doch die Buddel mitgenommen und vorher mit Wasser gefüllt hatte. Alexander meinte noch vor dem Start, dass man das nicht brauchen würde. Er sicher nicht, wäre um diese Zeit schon viel weiter gewesen. Gerade bei der Kraxelei fand ich das sehr angenehm, hin und wieder einen Schluck trinken zu können. Kurz nach der Zeitmessung kam dann endlich nach 20 Kilometern der dritte VP und endlich mit Futter. Okay, nicht so reichhaltig, wie bei manchen Ultraläufen. Sie hatten aber von Isostar Gele in Hülle und Fülle und auch Riegel. Gut, man soll im Wettkampf nichts zu sich nehmen, was man nicht im Training getestet hat. Und Gele hab ich schon Jahre nicht mehr gefuttert. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich mir gleich zwei davon einverleibt und mit Isogetränkt runter gespült. Dann noch einen halben Riegel und ein Stück Banane gegessen. Ein noch verschlossenes Tütchen Gel hab ich mir noch vorn in meine Rucksack gepackt. Komme ich schneller ran als an die Gele hinten. Übrigens war es Pflicht, jedes Geltütchen oder andere verpackte Nahrungsmittel mit Edding mit der eigenen Startnummer zu beschriften. Mit dem Hintergedanken, dass, wenn irgendwer in der Gegend ein weggeworfenes Verpackungsteil findet, derjenige Läufer disqualifiziert wird. Einerseits eine prima Sache, andererseits traurig, dass man manche laufende Zeitgenossen mit solchen Maßnahmen zur Vernunft zwingen muss. Aufgrund der Hohen Teilnehmerzahlen wurde dieses Jahr auf die Kontrolle beim Start verzichtet. Auch auf die Kontrolle der Profiltiefe der Schuhe. Auch wenn ich auf dem mitgenommenen Geltütchen keine Nummer drauf schrieb (nach der Regel hätten die mir das Tütchen eigentlich gar nicht mitgeben dürfen ) war es für mich selbstverständlich, dass ich da nichts einfach so in die Gegend werfen würde. Ich hab übrigens keinen einzigen weg geworfenen Müll von Läufern gesehen
..........wird fortgesetzt.......
Gruss Tommi
Die Tour de Tirol 2015
1Mein Tagebuch: forum/threads/96079-Die-dicken-Waden-der-dicken-Wade
"Unser Denken bestimmt unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Wenn wir uns nur auf das konzentrieren, was uns missfällt, werden wir auch viel Schlechtes sehen, dementsprechend über die Welt denken und unser Verhalten danach ausrichten. Menschen, die sich auf das Schöne konzentrieren, sind folglich zweifelsfrei glücklicher."
Thorsten Havener