Nachdem die vergangene Woche einer Achterbahnfahrt glich, werde ich morgen ebenfalls sicher am Start stehen. Trotzdem liegen wieder Tage der Extreme hinter mir.
In den letzten beiden Wochen habe ich beim Training plötzlich ein Druckgefühl am Herzen gespürt. Also bin ich erst mal panisch zum Hausarzt, der zunächst von Auffälligkeiten beim EKG sprach und mich zum Kardiologen schickte. Dort geriet ich an einen kompletten Marathon-Gegner, der es als seine Aufgabe verstand, mir ins Gewissen zu reden - er sei ja für Sport, aber müsse es immer so extrem sein? Dem schlossen sich dann eine Reihe an Anekdoten an, wie viele Marathonläufer er schon habe zusammenbrechen sehen und behandeln müssen. Ob ich Anabolika nehme, mir etwas beweisen müsse? Ihr könnt Euch vorstellen, wie ich mich gefühlt habe; das alles vor jedem Ergebnis, jeder Gewissheit.
Dann mein Blutdruck. Er sei viel zu hoch. 171 zu 110 bei Ankunft, dann sei er leicht runtergegangen. Glücklicherweise konnte er jedoch keine Herzmuskelentzündung, Herzklappenvergrößerung oder sonstiger Auffälligkeit feststellen. Empfehlen könne er den Marathon aber trotzdem nicht. Aber wohl eher einem Grundsatz folgend.
Zusätzlich eine immens stressige Woche, die mich alle Energien gekostet hat. Die kurzfristigen Termine beim Arzt kamen auch unter diesem Gesichtspunkt denkbar ungünstig. Arbeiten musste ich meistens bis nach 20 Uhr, was irgendwann zur ausgedehnten Schlaflosigkeit geführt hat. Und zu allem Überfluss saß an zwei Tagen eine kranke Kollegin neben mir, die ebenfalls meine Paranoia schürte. Irgendwann steigerte ich mich derart hinein, dass ich schon selbst Sympthome verspürte. Das war hoffentlich nur Einbildung, trotzdem merke ich, wie viel Kraft mich diese Woche gekostet hat. Seit gestern erst versuche ich es mit Autosuggestion, mir den Lauf, die Stimmung zu visualisieren. Ich versuche, meine Kräfte wieder zu sammeln und auf den Marathon zu fokussieren. Trotzdem fühle ich mich geschwächt, subjektiv erscheint mit meine Bestform unendlich weit weg. Jedoch ist es gut möglich, dass die Interpretation der Ereignisse durch die Unsicherheit des Marathons getriggert wird. Ich erinnere mich: vor zwei Jahren durchlief ich in der Woche vor dem Marathon ebenfalls Aufs und Abs, mit plötzlich eintretenden Knieschmerzen, Erkältungssymthomen usw.
Jedenfalls geht es um 14 Uhr mit dem Flieger nach Berlin. Und spätestens morgen Früh wird alles was war vergessen sein - dann zählt sowieso nur der Lauf...
Das musste jetzt Mal raus!
Die Realität ist Spiegelbild der Seele; wird nun das Innere verzerrt, so verschieben sich auch die Wesenszüge der Wirklichkeit.