Stebbins hat geschrieben:Auch, wenn ich hier nur selten kommentiere, lese ich doch regelmäßig mit. Deshalb hätte ich auch gerne die Biel-Geschichte
Bevor du sie jedem einzeln per PN schickst, poste sie doch lieber öffentlich für alle
Ja, da hast du Recht. Und weil jedesmal die Formatierung verrückt spielte und plötzlich zwischen einzelnen Wörtern kein Abstand mehr herrschte, poste ich es hier.
Vor einigen Tagen habe ich mit Christoph geschrieben und ihm gesagt, dass ich die Trainingsgestaltung für mich informativ finde. Er schrieb dann zurück und fragte mich, wie das quasi angehen könne, als Ultraläufer. Ich habe dann ihm geschrieben, wie das damals war. Sicher mögen beim Lesen einige den Kopf schütteln, aber ich kann nur sagen, dass ich mittlerweile mein härtester Kritiker geworden bin. Und es ist eben Vergangenheit, was auf der einen Seite schön und auch wieder nicht ist, in Punkto Fitness gesehen.
Aber von vorne:
Es gibt einen Unterschied zwischen jemand, der regelmäßig Ultras läuft und jemand, der das 4 mal gemacht hat. Ich war früher einfach anders drauf. Ich habe das gemacht, was mir Spaß machte und lief nicht nach einem Plan - nie.
Obwohl ich beim Lauftreff und sogar im Verein war, hat man mir auch nie gesagt, dass man beim Marathon mehr als nur Wasser benötigt. Warum? Keine Ahnung, vielleicht hat man mir davon erzählt und ich habe es nicht ernst genommen. Die ganze Sache ist über 10 Jahre her, ich weiß es nicht mehr.
Ergo bin ich alles solche Wks immer nüchtern gelaufen. Kein Wunder, dass ich dann ab Km 30 sehr oft gehen musste - so sehr hats mir die Schuhe ausgezogen. Kein Zucker, keine Kohlenhydrate, kein Sprit. Ich kenne dieses miese Gefühl recht gut.
Trotzdem hats mir Spaß gemacht, auch wenn die Zeiten sehr mies waren. Aber ich habe nicht damit geprahlt, sondern es war einfach ein Erlebnis für mich.
Dann verging nach meinem Marathondebut vll 1-2 Jahre und im Lauftreff sprachen sie davon, dass es ein 24 Stundenlauf in der Nähe von Hamburg gab. Da wollte mein Verein eine Staffel laufen. Und ich habe hin und her überlegt, ob ich bei der Staffel mitmache, letztendlich mich aber dagegen entschieden und mich als Einzelläufer angemeldet.
Im Verein gabs dann recht lange Zeit Hohn und Spott von meinen Läuferkollegen,aber ich habe das einfach hingenommen. Der Grund, warum ich als Einzelläufer laufen wollte, war der, dass ich Befürchtungen hatte,in der Staffel einen zu großen Leistungsdruck zu haben. Dort waren einige gute Läufer angemeldet und ich wollte keinen schlechten Kilometerschnitt abliefern. Vor allem wusste ich ja selbst nicht, wie es mir beim 24 Stundenlauf geht. Wenn ich aber alleine für mich lief, konnte ich niemanden enttäuschen. Und ein weiterer Grund für den Wk war auch, dass ich am 23. Geburtstag habe und der Lauf vom 22/23. ging.
Eine bessere Gelegenheit völlig kaputt und fertig seinen Geburtstag zu feiern konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen
Die Taktik war am Wk Tag dann so, dass ich von vornherein Lauf/Gehpausen einplante und bis Km 60 das auch recht gut durchhielt. Im Unterschied zu den Marathons vorher gabs nämlich wirklich viel gutes Essen, was ich zu mir nahm. Tja und dann, irgendwann in der Nacht, hörte meine Vereinsstaffel auf zu laufen. Der eine Teil der Läufer hatte keinen Bock mehr und der andere Teil war richtig sauer darüber. In dem Moment war ich - trotz der Schmerzen - echt froh, das ich meinen Stiefel alleine durchzog.
Am Ende hatte ich 82 Km geschafft,war 1. in meiner Altersklasse geworden, (weil es niemanden außer mir gab, der daran teilgenommen hatte) durfte bei der Siegerehrung allen anderen Siegern respektvoll die Hände schütteln (der Sieger der Herren lief rund 240 Km
) und wurde vom Vorsitzenden meines Vereins dafür gefeiert, nicht aufgegeben zu haben.
Es war dann aber keine so gute Idee drei Monate danach nochmal an einem 24 Stundenlauf teilzunehmen - ich war angeschlagen und hatte nicht ganz bedacht, dass der Körper etwas mehr Regeneration braucht als beim Hm.
Die zwei anderen (kleineren) Ultras von 45-48 Km bin ich dann im Training gelaufen, einfach so. Einen in Hamburg und einen in Kanada, als ich einen Bekannten besuchte. Nüchtern mal wieder. Das hat mir dann aber nen fetten Boost gegeben und ich konnte plötzlich eine Hm Strecke im 6er Schnitt locker laufen, obwohl ich zu der damaligen Zeit nicht regelmäßig Tempoläufe absolvierte.
Ein dreiviertel Jahr später (ungefähr) meldete ich mich beim 100 Km Lauf in Biel an,weil ich den mit einem guten Lauffreund laufen wollte. Er lebte in der Schweiz und wir kannten uns schon lange aus einem Forum. Es sollte einfach ein gemeinsames Erlebnis sein. Diese Idee entpuppte sich aber als totale Schnapsidee, weil ich (und hier folgen 4 Gründe,wo jeder einzelne davon zum DNF führen kann)
1. Falsch angezogen war. (Biel startet um 10 Uhr Abends, ich war zu frisch angezogen und habe in der Nacht gefroren).
2. Verletzt gestartet war (Ich hatte eine muskuläre Dysbalance und sie nicht auskuriert)
3. Mir keine Gedanken um eine richtige Verpflegung gemacht hatte (anders als beim 24 Stundenlauf hast du halt nicht alle 1-2 Km super große Verpflegungsstellen.)
4.Und mich nicht groß vorbereitet hatte
(soviele Smilies kann man hier gar nicht anfügen, deswegen steht dieser stellvertretend für seine Zunft hier alleine)
Nach diesem DNF, der damals schlimm für mich war (weil ich bis dato alles was ich mir vorgenommen hatte, irgendwie geschafft hatte), ging ich zum Bund und ab da wurde es mit regelmäßigem Sport immer schwerer. Durch Stress und äußeren Druck kam ich in eine Abwärtsspirale, die Jahrelang andauerte.
Immerhin weiß ich jetzt, was ich zu beachten habe, falls ich jemals wieder an einem Ultra teilnehmen werde. Was ich anscheinend wirklich gut kann ist, Schmerzen zu ertragen. Das ist wohl die einzige Stärke, die ich habe. Aber wenn man zu schlecht vorbereitet ist, kann selbst das einen nicht über 100 Km retten. Mein Laufpartner und ich wurden noch vor der Marathonmarke aus dem Rennen herausgenommen.
Das als kleine Ultrageschichte.
Ich habe mir jetzt vorgenommen, jeden,
wirklich jeden Wk ernst zu nehmen und dafür zu trainieren. Wenn ich also kommenden September hier in Kiel am Start stehe, werden nur wenige Menschen wissen, wie wichtig dieser Lauf für mich ist und wie sehr ich mich freuen werde, wenn ich die Ziellinie überquere.
Und was die Zukunft bringen wird, in Punkto Wk Streckenlänge, weiß nur der Herr.