nachtzeche hat geschrieben:Hallo Udo,
danke für denen mal wieder sehr unterhaltsamen und lehrreichen Bericht! Ich lerne immer sehr viel bei dir, vielen Dank dafür!
Und natürlich meine herzlichsten Glückwünsche für diese unfassbare Leistung. Wahnsinn, wie du dich da durchgebissen hast und einmal mehr dein Ziel unbeirrbar erreicht hast. Wirklich beeindruckend!
Zwei Fragen würde ich gerne an dich loswerden:
1) Zur Ernährung: Warum beschränkst du deine Energiezufuhr auf Gels? Warum du nicht bei den Verpflegungsständen zugreifst ist mir klar, aber warum nutzt du nicht andere, hochkalorische Nahrungsergänzung? Ich stimme dir aus eigener Erfahrung zu, dass Krisen meist Energiemangel-Krisen sind - wie dein Gelexperiemnt am Schluss des Rennens ja eindrücklich gezeigt hat. Ich nutze da z.B. so was wie Fresubin, das ist Trinknahrung aus der Apotheke, ursprünglich für Krebspatienten entwickelt. Weniger Masse, sehr verträglich, schnell und magenschonend aufzunehmen, hohe Energiedichte (400 Kcal / 200 ml!). Da können Gels doch nicht mithalten, oder?
2) Du betonst immer wieder dein fortschreitendes Alter. Darf ich fragen, wie du mit deinen Laufzielen da umgehst. Neue Bestzeiten auf bekannten Strecken sind da ja wahrscheinlich nicht mehr zu erwarten, neue Längenrekorde auch nicht. Was macht das mit dir und deiner Motivation? Und, ganz direkt: Was planst du denn so als nächstes?
Hallo nachtzeche,
vielen Dank für die Glückwünsche. Danke natürlich auch füs Lesen
Zu deinen Fragen: Ich denke nicht, dass ich mein Alter besonders "betone". Es ist jedoch eine unabweisbare Tatsache und als solche wichtig für die Trainingsplanung und natürlich für die "läuferische Zukunftsplanung". Es gibt mehrere Gründe, warum ich mir eine Wiederholung des Spartathlons strikt versage, obwohl ich das wirklich sehr, sehr gerne tun würde. Die entscheidenden Gründe haben alle mit meinem Alter zu tun. Zunächst spürte ich damals, wie sehr mich die Anforderungen von knapp 36 Stunden Dauerleistungen mitgenommen haben. Dass das so ist, liegt natürlich hauptsächlich daran, dass ich nicht mehr über die Trainierbarkeit eines 50jährigen oder noch jüngeren verfüge. Ich denke aber auch in "Restjahren": Wenn ich Glück habe, bleiben mir noch ein paar Jahre, in denen ich harte, lange, auszehrende Wettkämpfe angehen kann. Würde ich dem Spartathlon ein weiteres Jahr "weihen", müsste ich dafür ein anderes Vorhaben aufgeben. Mehrere solcher "Klopper" pro Jahr verkrafte ich nicht, eben auch aus Altersgründen.
Meine Motivation schwächt die Limitierung von Tempo, Weite und was sonst noch überhaupt nicht. Ich laufe nicht, um am Absoluten orientiert irgendwelche Rekorde oder Siege zu erringen. Das spielt bei einem, der seinen ersten Marathon erst mit 48 Jahren absolviert hat ohnehin kaum eine Rolle. Wenn ich "gegen" andere laufe, dann nur zum Spaß und aus einer gegebenen Wettkampfsituation heraus. Zum Beispiel kurz vorm Zielstrich, weil der Schlussehrgeiz die letzten Schritte leichter macht. Ansonsten laufe ich immer mit den anderen und gegen meine jeweiligen Grenzen.
Meine Pläne sind nur zum Teil konkret. Dieses Jahr die 100 Meilen von Berlin im August, als längeren Ultra. Und im nächsten Jahr erfülle ich mir einen Traum von meiner Todo-Liste, den Comrades in Südafrika, wobei der mit ca. 90 km kein allzu großes Hindernis darstellen wird. Ich habe selbstverständlich von Marathon bis Ultra noch einige Wünsche und Träume. Läufe in Griechenland gehören dazu, wobei ich da noch nichts terminlich im Blick habe. Da ich auch Marathonreisender bin, möchte ich gerne den Marathon an/auf der chinesischen Mauer laufen. Auch in Japan möchte ich unbedingt mal ein Projekt verwirklichen, am liebsten einen Ultra. Es gibt sicher mehr zu laufen, als ein Menschenleben ermöglicht. Insbesondere das eines Menschen, der so spät damit begann seine Laufträume zu realisieren wie ich. Ich hätte früher damit begonnen, wenn ich gewusst hätte, was diese langen und längsten Läufe mir bedeuten ...
Deine Frage nach dem Gel: Die Ernährung während eines Laufes ist für mich zu allererst eine Frage der Handhabbarkeit. Das von dir zitierte Präparat kommt für mich nicht infrage, weil 200 ml eine schlecht handhabbare Portion darstellen. Viel zu voluminös, um es mitzunehmen. Und 200 ml schluckt man normalerweise auch nicht in einem Rutsch. Also rausnehmen, aufschrauben, trinken, wieder zuschrauben, verstauen ... Das kannst du vergessen. Das funktioniert vielleicht in den ersten 8 Stunden, danach ist das extrem nervig und bei fortschreitender Einbuße des Koordinationsvermögens viel zu schwierig. Und was den Energieinhalt angeht: Mein Gel hat 105 kcal pro 60 ml und ist damit nur geringfügig weniger energiedicht als das von dir zitierte Präparat. Im Übrigen hängt die Energiedichte von der Lösungsform ab. Meine Gels sind etwas voluminöser als die meisten, weil sie mit mehr Wasseranteil eingefüllt werden. Ich wollte genau diese Konsistenz, weil sie in Verbindung mit dem Schraubverschluss zu einer extrem einfachen Handhabbarkeit führt. Sogar dann noch, wenn ich vor lauter Müdigkeit und Fahrigkeit kaum noch "Bedienvorgänge" zustande bringe. Selbst dann verschmiere ich nichts, was wichtiger ist als es sich anhört. Vom Zucker klebrige Finger gehören mit zum Unschönsten, was einem unterwegs an Widrigkeiten passieren kann.
Alles Gute für dich
Gruß Udo