Ein Rhein-Tag - Köln-Königswinter-Linz via Rheinufer/Rheinsteig, gut 90 km, 1 Tag
Ich bin gestern von Köln nach Linz gelaufen, bis Königswinter ging es am Rheinufer entlang, danach weiter über den Rheinsteig. Geplant war eigentlich ein Lauf Köln-Bonn-Köln. Nein, von vorne, geplant war für das Pfingstwochenende läuferisch eigentlich gar nichts. Ich wollte mich bequem vom Sofa aus online mit den Trotzdemläufer der TTdR mitfreuen.
Aber manchmal kommt es plötzlich anders, als man so denk. Und machmal ist das dann richtig gut. Am Donnerstag Abend beim Lauftreff sprach mich die Franzi an, ab ich sie am Pfingstmontag nicht begleiten könne, sie wolle am Rhein lang nach Bonn laufen und wieder zurück. "Haha, nee, ich habe frei am Wochenende und bin aktuell gar nicht in der Lage dich da zu begleiten. Und haste die Wetterprognose gesehen? 27°C und über 14 Stunden Sonnenschein. Auf der Rheinstrecke ist das tödlich, für mich zumindest."
Von Köln nach Bonn und zurück, das sind ca. 80km und das wäre ihre längste Strecke ever. Ich fand das aber total klasse, dass sie das machen wollte. Einfach so. So toll. Und es begann bei mir im Kopf zu rattern und ich begann nach Lösungen zu suchen. Solche "verrückten" Ideen muss man einfach unterstützen. Man könnte den Start in die Nacht vorverlegen, dann hätte man zumindest auf der Hinrichtung nicht das Sonnenproblem.
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Ratter, ratter, ratter ... Und so trafen wir uns dann am Pfingstmontag um 3 Uhr nachts bei ihr vor der Haustür und liefen los in die Nacht - Zoobrücke, Deutz, Poll, Porz. In Porz wurde es langsam wieder hell. Das Laufen in den erwachenden Tag am Rhein entlang war einfach nur schön. Zündorf, Lülsdorf, Niederkassel ...
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Franzi ist vom Grundtempo her deutlich schneller als ich. Unsere Absprache war, dass wir in meinem maximalen "Reisetempo" starten werden und ich schauen würde, wie lange ich das durchhalten könnte. Dann kann sie sich auch ein paar Körner für den Rückweg sparen, was sicher nicht das verkehrteste ist. Man kennt das Problem ja mit dem zu hohen Anfangstempo. Rheidt, Mondorf, Siegaue ...
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Mein Tempo ging langsam immer mehr in die Knie, während sie immer noch locker flockig weiter trabte. Statt nebeneinander zu laufen, sind wir irgendwann dazu über gegangen, dass sie in ihrem lockersten Joggingtempo etwas vor läuft und dann auf mich wartet. Das war für beide so angenehmer und effizienter. Inzwischen stand für mich fest, am Wendepunkt in Bonn an der Kennedybrücke, die so langsam in Sicht kam, trennen wir uns.
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Die Sonne knallte inzwischen schon ganz schön heftig. Und ich musste irgendwann realisieren, dass ich den Plan von einem Zurücklaufen, auch alleine in meinem weiter reduzierten Tempo, nicht machbar ist. Nicht in der Hitze und unter Dauerbeschuss durch die Sonne. Das ist für mich heute nicht zu schaffen. Das würde irgendwann zu einem Kampf um's pure Überleben ausarten und dafür fehlte mir heute einfach der Biss. Und das richtig schöne Erlebnis bis hier hin wollte ich mir nicht durch so eine "sinnlose" Quälerei vermiesen lassen.
An der Kennedy Brücke wurden noch ein paar Fotos geschossen und wir verabschiedeten uns. Schon klasse, was die Franzi läuferisch so drauf hat und vor allem auch mental. Den Weg am Rhein entlang kennt sie gut von Radtouren, von daher sollte das alleine weiter Laufen für sie kein Problem werden. Aber auch sie hatte dann irgendwann den von mir befürchteten mit jedem Kilometer härter werdendwen Kampf gegen die immer erbarmungsloser brennende Sonne auszufechten. Aber sie hat sich durchgekämpft und durchgebissen, bis nach Köln. Respekt. Gut gemacht. Bravo. Solch eine Erfahrung ist sehr viel wert für zukünftigen Lauferlebnisse. Und in dieser Richtung ist von ihr bestimmt noch einiges zu erwarten.
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Gut, mein neuer Plan war dann, ich laufe den Rhein einfach weiter bis nach Königswinter und den Drachenfels hoch. Das ist doch auch ein schönes rundes Erlebnis insgesamt und auch realistisch machbar. Quasi von Köln den Rhein lang "donnern" und dann mit Schwung den Drachenfels hoch. Der Drachenfels dient als Bremsklotz quasi. Hihi.
Mit dem Schwung war's aber erstmal vorbei, erstmal etwas bummeln nach der vielen Rennerei, etwas Essen, Kräfte sammeln und langsam weiter joggen, zusammen mit den vielen Morgenjoggern auf der Beueler Rheinpromenade. Und so ging es dann in meinem Sightseeingtempo ganz gemütlich weiter bis nach Königswinter. Dort ging's dann einmal durch den Ort und dann weiter durch das Nachtigallental rauf auf den Drachenfels und das zusammen mit einer Unzahl von Feiertagsausflüglern.
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Obwohl ich es eigentlich so gar nicht eilig hatte und mich im Moment so gar keine sportlichen Ambitionen antrieben, war ich irgendwie doch der Schnellste von allen Wanderern auf den Weg nach oben. Und das mit inzwischen fast 60 km in den Beinen. Man darf sich auch mal selber auf die Schulter klopfen. Ich habe es richtig drauf. Hihi.
"Sie haben ihr Ziel erreicht!" Die Aussichtsplattform oben war voll und ungemütlich. Es war kurz vor 12 Uhr Mittag. Hight Noon auf dem Gipfel, quasi. Das war's für heute. Das war's heute? Ich fühlte mich gut, es war noch total früh und sollte jetzt zurück nach Hause fahren? Nein! Es geht weiter! Auf dem Rheinsteig. Auf meinem geliebten Rheinsteig. Hallo alter Freund, ich komme!
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Und der Rheinsteig breitete seine Arm aus, begrüßte mich, hielt mich fest in einer innigen Umarmung. Und es wurde ein wunderschöner Nachmittag. Ohne Zeitdruck, ohne Ziele, einfach weiter und weiter durch wunderschönen kühlen Wald. Rauf und runter und rauf und runter. Löwenburg. Leyberg. Auge Gottes. Unkel. Erpeler Ley. Kasbachtal. Ockenfels. Bis nach Linz. Was für ein schönes Wiedertreffen mit meinem lieben Freund. So ein schöner Tag. Alles richtig gemacht. Perfekt. Besser hätten man den Tag nicht planen können.
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Ich lief mit einem Strahlen auf dem Gesicht durch das abendliche Linz. Gut auf den Selfies sieht das für einen Außenstehenden vielleicht anders aus, aber ich war der zufriendenste Mensch in ganz Linz, davon bin ich fest überzeugt.
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Und selbst die unerwartet kompliziert werdende Planung für die Rückfahrt mit der Bahn, konnte mich nicht aus meinen Euphoriesphären herausreißen. Auf der rechtsrheinischen Strecke gab's Bauarbeiten und deswegen keinen direkten Zug zurück nach Köln. Also ging es kurzerhand mit der Fähre auf die andere Seite rüber, um dort festzustellen, dass der nächste Bahnhof in Sinzig etwa 4 km entfernt liegt. Haha, ich musste wirklich lachen. Lächerliche 4 km, so what?
2022: erledigt: G1-Grüngürtel, Kölnpfad 100k, Burginsellauf Delmenhorst 24h Staffel(!), Mega Marsch Köln (63k) ... geplant: nix