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Endorphine tanzen Samba - bis durchs Brandenburger Tor

Endorphine tanzen Samba - bis durchs Brandenburger Tor

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49. Berlin-Marathon am 24.09.2023

Wie so oft reise ich bereits am Donnerstag vorher zum Berlin-MA an, da startet die MA-Messe
und es ist ein noch relativ unbeschwertes Durchkommen und es bleibt Zeit für ein paar Schwätzchen.
Zudem verbinde ich immer ein wenig Sightseeing in Berlin mit dem Laufereignis.
Soeben habe ich meine Mittwoch-Nachtschicht hinter mich gebracht, frühstücke noch etwas, ein paar
Dinge Einkaufen die vergessen wurden und informiere meinen Nachbarn genau wann ich wieder zurück
komme - Er füttert bis dahin meine Tiere, leert den Briefkasten usw.
Dann geht's auf zum Bahnhof, nach Umstieg sitze ich im ICE nach Berlin und versuche etwas versäumten
Schlaf nachzuholen.
Kaum in Berlin angekommen, Check-In Hotel und Weiterfahrt zur MA-Messe am Platz der Luftbrücke, so
wie ich das schon öfter gehandhabt habe. Alles klappt reibungslos und ich freue mich nach dem Erhalt der
Startunterlagen auf ein paar Schwätzchen mit den Berlin-Jubilee-Club-Mitgliedern. Dort erhalte ich meine
"zusätzliche Start-Nr" für den Rücken, da sollte diesmal: 16 Teilnahme darauf stehen.... doch es wurde
umgestellt wie mir berichtet wird - nicht die Teilnahmen zählen (ab sofort)- es gibt ja welche die vielleicht
schon 25. Teilnahmen haben, aber erst z.B. 20.Finish - das sei ehrlicher, sagt man mir, dem kann ich nur
zustimmen. Also steht bei mir drauf: 15x Finish Berlin Marathon! Ich will mir gerade einen Kaffee geben
lassen, da ist schon Etze bei mir, auch Er ist wieder dabei: Am Samstag als Streckenposten bei den Skatern,
am Sonntag versucht Er es nochmals mit dem Laufen - Er hat wenig Hoffnung nochmals zu finishen, so wie
Er es im letzten Jahr - entgegen eigenen Erwarten geschafft hat. Sein Ausstieg ist quasi schon organisiert,
doch dabei sein will Er nochmals - und ich versichere Ihm auch gleich am Ostersamstag 2024 werde ich bei
seinem letzten Marathon nochmals starten, Er hat dann den Vollmond-MA (für den hat Er bereits einen
Nachfolger gefunden) und den Oster-MA jeweils 10x organisiert und zieht sich zurück. Etze stellt mir dann
noch einen besonderen Lauffreund vor: Günter Hallas, Er war der Sieger des 1. Berliner Volksmarathon.

Ein paar Schritte weiter läuft mir Sigrid Eichner übern Weg - lebende Berliner Legende des Marathonsport.
Selbstverständlich ist Sie auch diesmal dabei - Sie verschwendet keinen Gedanken an ein DNF, hier sind die
Cut-Off-Zeiten recht hoch... und Sie sorgt schon dafür das Sie nicht (zu) spät starten muss...
Die nächsten Tage sind mit einigen schönen Berlin-Eindrücken belegt: Kuppel auf dem Reichstag, da war ich
tatsächlich zum 1-Mal (mit besonderen Blickwinkel zum Brandenburger Tor) - ein sehr gelungenes "Regierungs-
Zentrum", wie ich finde, Türkenmarkt am Maybachufer, 2,5Std Bootsfahrt auf der Spree, Kanälen, Seitenarme.
Am Samstag wollte ich mir die Skater auf Ihren MA angucken - ich war genau am Friedrichstadtpalast KM7 wo
Etze und seine Frau Evi Streckenposten waren - Sie nahmen Ihren Job sehr gewissenhaft und passten gut auf,
immer wieder überquerten Passanten die Fahrstrecke. Ist schon beeindruckend zu sehen mit welchen Speed
Sie auf Ihren Inlinern unterwegs sind. Danach Abendessen in einem arabischen Restaurant - am Nebentisch
wurde samt Torte noch ein 23.Geburtstag gefeiert und ich zur Torte eingeladen. Sonst bin ich ja vorsichtig mir
Essensexperimenten vor einem Wettkampf ... doch dieses Essen schmeckte nicht nur vorzüglich, es förderte
meine Vorbereitung. Im Hotelzimmer wurde alles bereitgelegt für den Wettkampf, ich weiß wie wichtig es ist
dort zeitig vor Ort zu sein... die Wege sind lang.
Auf dem Weg zum MA, das Wetter verhieß nur Gutes...eventl. könnte es später warm werden, doch zum Start
war es noch angenehm frisch - ich wollte mein Ziel definieren. Schwierig, da ich letzten Sonntag am Brombachsee
eigentlich unerwartet Gas gegeben habe (4:22Std)... sollte das nochmals gelingen, bereits 1Woche später? Da
ich 2022 knapp an den Sub 4:30 gescheitert bin, wollte ich DAS doch nochmals versuchen. Vielleicht mit der
gleichen Taktik wie vergangenes WE, vom Start weg (wenn es noch etwas kühler ist) Dampf machen... und hinten
raus muss es dann eben die verbleibende Ausdauer (?) richten. Mir fiel nix Besseres ein - und wenn nicht, dann
wenigstens Spaß haben und genießen... das sollte beim "doch besonderen" Berlin-MA für mich möglich sein.
Ich schlendere also zu meiner Kleiderbeutelabgabestelle - ein Vorteil des Jubilee-Clubs sind die kleinen Start-Nr.
Deshalb ist man auch immer am selben Platz des riesigen abgesperrten Areal wo sich eben diesmal fast 48.000
Läufer(innen) versammeln - was für ein Gewusel, Stimmenwirrwarr, Starter aus ca 180 verschiedenen Nationen.
Als alter Hase, kann man auch immer wieder mal ein paar (hilfreiche) Tipps abgeben, wenn man gefragt wird -
und ich wurde oft gefragt... Hier und da noch etwas Fachsimpelei und immer wieder bekannte Gesichter grüßen.
Der Strom Richtung Startblöcke schwillt gewaltig an als es ca 8:45Uhr wird, da ich im Startblock D mit der 1.Welle
um 9:10Uhr starten darf, breche ich auch auf - von dort wo ich meinen Beutel abgeben ist aber gar nicht so weit.
Die Hektik und Aufgeregtheit nimmt vor allem unter den Neulingen zu. Ich bin einige Min vor 9Uhr im Startblock
und erlebe die Starts der Handbiker usw., die Stimmung ist prächtig und meine Vorfreude wächst. Neben mir
macht sich ein Ehepaar warm, auch Sie scheinen etwas aufgeregt zu sein. Sie sind extra aus Thailand hier zum
Marathon gekommen und genießen die internationale Stimmung und das große Lauffest... und Berlin, wie Sie
mir versichern. Er läuft hier seinen 9.MA, Sie Ihren 3.MA - als Sie mich fragen wie oft ich schon dabei war, deute
ich auf mein Rückenschild: 15.Finish, als Sie dann noch wissen wollen wie viele MA ich bereits gelaufen bin (dies
ist mein 242.MA/Ultra) staunen Sie ungläubig/beeindruckt. Als die Frau bereits Ihr 1.Gel verdrücken will und mich
frägt ob das richtig sein, antworte ich Ihr mit meinen "leidlichen Englisch" das es eigentlich dafür gedacht ist, kurz
bevor die Glykogenspeicher geleert sind... Sie nickt und verstaut das Gel wieder dankbar.
Es geht endlich los - über große Bildschirme können wir im Block D sehen wie ganz weit vorne die Stars starten
(Sie wurden kurz vorher einzeln vorgestellt), doch der Rest der Startblöcke A-D setzt sich sehr, sehr langsam in
Bewegung... ganz so langsam hatte ich das nicht in Erinnerung. Es mag daran liegen: die Elemente der Startbögen
sind breiter als bisher (so meint mein Hirn), es hat auf jeden Fall zur Folge das wenn man über die Startlinie geht
dann kann man sofort loslaufen, weil dann die Laufstrecke deutlich breiter ist. Wie auch immer - kurz bevor ich über
diese Linie schreiten darf sagt der Moderator, der Startschuss zum 49.Berlin-MA ist vor 17Min gefallen, also weiß
ich schon mal meine Bruttozeit wird gut 17Min höher sein als meine Nettozeit...
9:27:04Uhr - der MA beginnt nun auch für mich - hatte ich noch Bedenken bei der Anmeldung, sollte ich eine höhere
"Bestzeit" wählen um nicht zu weit vorne in den Startblock zu kommen, sind diese Bedenken sofort zerstreut....
Es ist immer noch halbwegs kühl um diese Uhrzeit und v.a. werde ich keineswegs von schnellen Läufer(innen)
überrannt - das sind sehr wenige, ganz im Gegenteil hier sind welche dabei die Walken von Anfang an, oder Sie
trippeln bereits nach wenigen KM, legen Gehpausen ein... oder dergleichen. Nach 4-5KM sehe ich eine Läuferin,
die ich sofort an Ihrer Statur und Laufstil erkenne: Sigrid Eichner - klar, wenn Sie ganz vorne startet hat Sie eine
viel größere Cut-Off-Zeit, denn es gibt nur Eine für alle Läufer(innen) - egal aus welchen Block (welche Uhrzeit)
man startet.
Bei KM5 bin ich schon längst "eingelaufen" und schwitze auch schon, also beim 1.VP sofort zugreifen, ich genieße
die Atmosphäre, das Publikum ist jetzt schon lautstark und treibt mich voran - Musikbeschallung hier und dort -
doch bei Livemusik kann ich nicht anders: immer wieder feuere ich die Bands/Kapellen an ... und die Antwort
darauf lässt mich beschwingt weiter laufen... bis zum KM5 laufe ich einen Schnitt von 5:40min/km, ich erschrecke
fast als ich das feststelle... ich werde mich einbremsen müssen sonst wird das am Ende ganz hart.
Die Sonne wärmt immer mehr, doch noch ist das angenehm.. am Hauptbahnhof und Regierungsviertel vorbei,
selbst hier stehen ungewöhnlich viele Zuschauer und feuern an... Sie bekommen eine Antwort von mir... und
es kommt wieder zurück - herrlich dieses Hin und Her. Als es langsam auf KM10 zugeht - kurz vor der Friedrichstr.
da stehen Bekannte von mir, rechts so war das ausgemacht, ich laufe meistens eher rechts, sofern die blaue
Linie (Ideallinie) nicht besonders weit links läuft (z.B. wenn eine Linkskurve ansteht). Ich entdecke meine
Bekannten, juble Ihnen zu und eine hereingestreckte Hand wird abgeklatscht - ich erfahre später wie heftig das
gewesen "sein soll" - ob ich das überhaupt merke mit "welcher Wucht" ich laufe... und abgeklatscht habe - meine
Antwort: so wie immer!
KM10 sagt, mein Schnitt seit letzter Messung bei KM5 ist bei 5:45min/km - eigentlich immer noch zu schnell (für
mich). Was soll's denke ich mir: ankommen werde ich schon und für mein Ziel könnte es ganz gut sein. An jedem
VP hole ich mir 2-3Becher und kann dabei mein "gut erprobtes Becherfassen" anwenden: nie ganz vorne, besser
weiter hinten... ich gucke mir einen Helfer aus, der die Becher mir entgegen streckt, zeige mit Finger an 1x oder
2x Becher und blicke Ihm/Ihr in die Augen - das klappt fast immer sehr gut!
Es läuft erstaunlich gut und ich merkt noch keinerlei Kraftverlust, also weiter so. Ich feuere immer wieder Zuschauer
an... und Sie treiben mich an: Roland, Roland höre ich immer wieder - weiter so, das sieht gut und schnell aus....
Sicherlich ein Vorteil das sich mein Name für englischsprachige Zuschauer auch gut lesen und rufen lässt!
KM15 am Kottbusser Tor - der Schnitt ist minimal gefallen 5:53min/km, das lässt auf eine gute Zeit hoffen und
meine Zuversicht und Laune wächst - das kriegen gleich die nächsten Zuschauer mit - Sie sind fassungslos das
Jemand bei KM16 zu Ihrer Musik tanzt. Bis zum KM20 geht es nun durch Neukölln/Kreuzberg - die Sonne zeigt
sich immer intensiver und der Schweiß fließt bereits in Strömen, doch das ist bei einem "Hochtourer" wie mir
keine Seltenheit, damit kann ich umgehen. Der min/km-Schnitt ist bei KM20 praktisch identisch wie zuvor, also
immer noch sehr gut dabei - ich bin auf die HM-Marke gespannt.
Hier ist der HM-Torbogen, er zeigt mir natürlich die Bruttozeit an, doch wenn ich davon die 17min abziehe bin
ich nur wenig über 2Std Laufzeit, wenn kein großer Einbruch kommen sollte, reicht das locker für ein Zeit Sub
4:30Std. Das beflügelt mich, ebenso als ich das Thai-Ehepaar das im Startblock neben mir stand entdecke, Sie
haben es viel früher (irgendwo links an der Seite) aus dem Startblock geschafft - Sie beglückwünschen mich
zu meinem "noch hohen" Tempo und verneigen sich quasi vor mir... ich muss lächeln.
Es wird immer wärmer - gut das der Abstand der VP's auch geringer wird, als ich auf die 25KM-Marke zulaufe
fällt mir ein: ich habe noch kein Gel zu mir genommen, das kann gefährlich werden... sofort eins ausgepackt
und rein, mit meinem "Zauberiso" hinterher gespült - der VP dort wird zur Falle, es stehen Läufer(innen) links
und rechts am Tisch - ich dazwischen, als ich gerade meine Becher bekomme werde ich "zugestellt" plötzlich
Pulk von ca 20 Mitläufern, die eben nicht gleich weiterlaufen wollen ... so ein Mist - jetzt aber Gas geben.
Der Schnitt ist nun knapp unter 6min/km - nun heißt es beißen....
Doch sofort kommt ein Highlight: unter einer Brücke steht eine Trommelgruppe (die haben es mir immer
besonders angetan) es hallt und donnert schon von weiten, die Brücke verstärkt das noch, ich bleibe kurz
stehen, ein Tänzchen und motivierende Armbewegungen - eine Trommlerin die ganz vertieft in Ihr Trommeln
war blickt auf und schubst Ihre Kollegin an - Sie trommeln noch heftiger und lauter.... und strahlen mich an -
stärker als es die Sonne bisher tat... ich strahle mit Sicherheit genauso zurück und verabschiede mich mit
ein paar "flotten Schritten" - wie herrlich kann so ein Berlin-Marathon sein....
Seit einiger Zeit meldet sich von meinem rechten Fuß aus meinen neuen Carbonschuh (damit hat es sicherlich
nix zu tun) meine mittlere Zehe, Sie schmerzt...pocht richtig - woher? Egal, ich gehe damit um, wie so oft:
Hallo Zehe, ich sehe Dich, spüre Dich - Dir ist etwas zuviel... das mag sein, doch ich muss jetzt weiter und
Du wirst mich weiter dabei unterstützen ... ich schicke einfach ein paar körpereigene Betäubungsmittel dahin.
Tatsächlich wird das wieder besser - gutes Zureden zu meinen Körperteilen hilft meistens....
Kann ich jetzt noch Km unter 6min laufen - vereinzelt gelingt das, wenn kein VP bremst und ansonsten alles
passt kriege ich noch wenige KM knapp unter 6min hin, ansonsten bin ich doch darüber - soweit ich nicht
extrem darüber bin soll mir das Recht sein. Aus einer Straße in die wir einbiegen dringen seltsame Geräusche,
was ist das für ein Klang? Da sehe ich links drüben eine Gruppe von Alphornbläsern - ich kenne das von
den 100Km aus Biel - sofort bekomme ich Gänsehaut von diesem Klang, was für eine besondere Stimmung
das erzeugt - und ich darf das erleben -HURRA!!!
KM30, meine letzten 5km - minimal über 6min/km das bedeutet nun für mich, wenn ich mich nicht verletzen
sollte habe ich den 4:30-Finish im Sack, kann das noch besser werden? Soweit ich noch rechnen kann ist
u.U. sogar 4:20/4:15 drin. Das bringt Stimmung - die Zuschauer kriegen das sofort mit ... und vor allem
stehen da zwei Steppkes am Straßenrand, unterhalten sich, einer mit der linken Hand um den Laternenmast
rum, die rechte hängt in die Strecke zum Abklatschen rein... Er achten nicht darauf - ich vorbei und klatsche
mal so "richtig" ab - betrachte aus den Augenwinkeln das Er sich 1-2x um den Masten dreht - sein Kumpel
kriegt sich vor Lachen nicht ein und zeigt mir den Daumen hoch... Daumen zurück!
Keine hundert Meter weiter ist RambaZamba - an einem Wohnhaus mehrere Balkons - überall Stimmung mit
Musik, Kochlöffel schlagen und Pfannengeklapper - ich rufe hoch: So muss das sein - und feuere an....
da ist was los anschließend auf den Balkons.... ich genieße das so sehr ... und spüre wie mein Kreislauf
immer wieder beschleunigt und ich Gänsehaut bekomme, ob dieser geilen Atmosphäre... wir nähern uns
bereits dem Kurfürstendamm, hier brodelt es fast!
KM35 - der Schnitt wieder nur ganz knapp über 6min/km - das wird ein heißer Ritt, was ist da möglich,
die 6:20min rücken in erreichbare Nähe - sind schon "fast eingetütet" - immer noch kein Einbruch in
Sicht - gleich nochmals ein Gel und eigener Iso hinterher.
Jetzt noch ein Stück durch die Innenstadt dann geht's zum Potsdamer Platz, hier habe ich noch nie solche
Stimmung erlebt, das habe ich bisher mit weniger Publikum und eher reserviert in Erinnerung - doch hier
ist ein himmelblaues Meer - irgendein Sponsor hat wohl aufblasbare Sticks verteilt... mit damit wird heftig
getrommelt, gewunken ... Cheerleaders und Konfetti - das lässt meine Hände nicht unten, ich muss sie
nach oben reißen und der Meute zeigen: das gefällt mir, das stimuliert mich - dann das Feedback.....
HERRLICH!
Die Leipziger Straße hoch... das habe ich immer als "Quälen zum Schluss" in Erinnerung ... alles weg, ich
fliege da hoch, auch wenn ich etwas langsamer werde - das Adrenalin steigt mir längst bis in den Kopf...
kommt es nicht schon zu den Ohren raus -die Endorphine in mir tanzen Samba ... mindestens, wenn
nicht noch wilder. Einbiegen zum KM40, der Schnitt ist bei 6:20min/km, doch ich kann noch soviel
rechnen, der 4:15-Finish ist mir praktisch nicht mehr zu nehmen... also Gas geben und weiter einsaugen.
Habe ich schon erwähnt das ich schier platze vor lauter Glücksgefühlen, Runners-High in seiner reinsten
Form sozusagen.
Die letzten KM, über Gendarmenmarkt hoch zu "unter den Linden" das Publikum steht immer gedrängter
am Straßenrand und schreit uns vor zum Brandenburger Tor... ein Blick zur Uhr, die 4:10 sind nimmer drin,
doch 4:15 ist fest - ich kann mir die Zeit nehmen und zurückrufen ... schreien... Gänsehaut... endlich
das Brandenburger Tor... es ist ja immer wieder "erstaunlich" wie weit es danach noch zum Ziel geht....
doch nun genieße ich jeden Meter, laufe von links nach rechts - nein ich behindere Niemand, passe auf,
mache den Flieger, springe und rufe, reiße die Arme hoch - die Tribünen links und auch rechts jubeln -
rufen meinen Namen, der Moderator verkündet mich sogar - dann auf den blauen Matten rein ins Ziel.
Ich tanze über die Ziellinie und stoppe meine Uhr - sagenhafte 4:11:14Std - das bedeutet nochmals
über 11min schneller als am Brombachsee - Medaille umhängen. Ich bin überglücklich und schwebe
zur Nachversorgung. Ich brauche mich nicht hinsetzen, ausruhen oder sowas... denn ich schwebe weiter,
nehme meinen VP-Beutel in Empfang und freue mich auf mein Finisherbier ... eine Amerikanerin die Ihr
Bier neben mir erhält gratuliert und ich Ihr - Cheers! Ich bin gleich wieder bei meinem Kleiderbeutel
und trockne mich ab, ziehe mich um. Auf meinen Weg zum HBF hole ich mir noch ein Bier und treffe
noch so manche Bekannte - da wird fleißig gratuliert.
Im Hotelzimmer Kaffee und Kuchen ... gemütlich duschen...dann bin ich zum Abendessen verabredet.
Leckeres Finisher-Essen und zwei heftige "Zombie-Cocktails" - die mussten einfach sein.
Montags geht es schon wieder nach Hause - auslaufen ist angesagt, tags darauf ruft bereits die Arbeit
wieder...
Ein fröhliches:
Keep The Fire Burning - was bin ich froh um solche Lauferlebnisse!!!
Roland

Zu den Fotos:
Start-Nr. und Jubilee-Nr.
Die Edelhelfer beim Inliner-MA: Etze und Evi
Inliner-MA - Kurve vorm Friedrichstadtpalast
runners.high - Nomen est omen :logik:
Dateianhänge

Re: Endorphine tanzen Samba - bis durchs Brandenburger Tor

4
Toller Bericht! Und natürlich Glückwunsch!
runners.high hat geschrieben: 28.09.2023, 17:19 49. Berlin-Marathon am 24.09.2023

Wie so oft reise ich bereits am Donnerstag vorher zum Berlin-MA an, da startet die MA-Messe
und es ist ein noch relativ unbeschwertes Durchkommen und es bleibt Zeit für ein paar Schwätzchen.
Zudem verbinde ich immer ein wenig Sightseeing in Berlin mit dem Laufereignis.
Soeben habe ich meine Mittwoch-Nachtschicht hinter mich gebracht, frühstücke noch etwas, ein paar
Dinge Einkaufen die vergessen wurden und informiere meinen Nachbarn genau wann ich wieder zurück
komme - Er füttert bis dahin meine Tiere, leert den Briefkasten usw.
Dann geht's auf zum Bahnhof, nach Umstieg sitze ich im ICE nach Berlin und versuche etwas versäumten
Schlaf nachzuholen.
Kaum in Berlin angekommen, Check-In Hotel und Weiterfahrt zur MA-Messe am Platz der Luftbrücke, so
wie ich das schon öfter gehandhabt habe. Alles klappt reibungslos und ich freue mich nach dem Erhalt der
Startunterlagen auf ein paar Schwätzchen mit den Berlin-Jubilee-Club-Mitgliedern. Dort erhalte ich meine
"zusätzliche Start-Nr" für den Rücken, da sollte diesmal: 16 Teilnahme darauf stehen.... doch es wurde
umgestellt wie mir berichtet wird - nicht die Teilnahmen zählen (ab sofort)- es gibt ja welche die vielleicht
schon 25. Teilnahmen haben, aber erst z.B. 20.Finish - das sei ehrlicher, sagt man mir, dem kann ich nur
zustimmen. Also steht bei mir drauf: 15x Finish Berlin Marathon! Ich will mir gerade einen Kaffee geben
lassen, da ist schon Etze bei mir, auch Er ist wieder dabei: Am Samstag als Streckenposten bei den Skatern,
am Sonntag versucht Er es nochmals mit dem Laufen - Er hat wenig Hoffnung nochmals zu finishen, so wie
Er es im letzten Jahr - entgegen eigenen Erwarten geschafft hat. Sein Ausstieg ist quasi schon organisiert,
doch dabei sein will Er nochmals - und ich versichere Ihm auch gleich am Ostersamstag 2024 werde ich bei
seinem letzten Marathon nochmals starten, Er hat dann den Vollmond-MA (für den hat Er bereits einen
Nachfolger gefunden) und den Oster-MA jeweils 10x organisiert und zieht sich zurück. Etze stellt mir dann
noch einen besonderen Lauffreund vor: Günter Hallas, Er war der Sieger des 1. Berliner Volksmarathon.

Ein paar Schritte weiter läuft mir Sigrid Eichner übern Weg - lebende Berliner Legende des Marathonsport.
Selbstverständlich ist Sie auch diesmal dabei - Sie verschwendet keinen Gedanken an ein DNF, hier sind die
Cut-Off-Zeiten recht hoch... und Sie sorgt schon dafür das Sie nicht (zu) spät starten muss...
Die nächsten Tage sind mit einigen schönen Berlin-Eindrücken belegt: Kuppel auf dem Reichstag, da war ich
tatsächlich zum 1-Mal (mit besonderen Blickwinkel zum Brandenburger Tor) - ein sehr gelungenes "Regierungs-
Zentrum", wie ich finde, Türkenmarkt am Maybachufer, 2,5Std Bootsfahrt auf der Spree, Kanälen, Seitenarme.
Am Samstag wollte ich mir die Skater auf Ihren MA angucken - ich war genau am Friedrichstadtpalast KM7 wo
Etze und seine Frau Evi Streckenposten waren - Sie nahmen Ihren Job sehr gewissenhaft und passten gut auf,
immer wieder überquerten Passanten die Fahrstrecke. Ist schon beeindruckend zu sehen mit welchen Speed
Sie auf Ihren Inlinern unterwegs sind. Danach Abendessen in einem arabischen Restaurant - am Nebentisch
wurde samt Torte noch ein 23.Geburtstag gefeiert und ich zur Torte eingeladen. Sonst bin ich ja vorsichtig mir
Essensexperimenten vor einem Wettkampf ... doch dieses Essen schmeckte nicht nur vorzüglich, es förderte
meine Vorbereitung. Im Hotelzimmer wurde alles bereitgelegt für den Wettkampf, ich weiß wie wichtig es ist
dort zeitig vor Ort zu sein... die Wege sind lang.
Auf dem Weg zum MA, das Wetter verhieß nur Gutes...eventl. könnte es später warm werden, doch zum Start
war es noch angenehm frisch - ich wollte mein Ziel definieren. Schwierig, da ich letzten Sonntag am Brombachsee
eigentlich unerwartet Gas gegeben habe (4:22Std)... sollte das nochmals gelingen, bereits 1Woche später? Da
ich 2022 knapp an den Sub 4:30 gescheitert bin, wollte ich DAS doch nochmals versuchen. Vielleicht mit der
gleichen Taktik wie vergangenes WE, vom Start weg (wenn es noch etwas kühler ist) Dampf machen... und hinten
raus muss es dann eben die verbleibende Ausdauer (?) richten. Mir fiel nix Besseres ein - und wenn nicht, dann
wenigstens Spaß haben und genießen... das sollte beim "doch besonderen" Berlin-MA für mich möglich sein.
Ich schlendere also zu meiner Kleiderbeutelabgabestelle - ein Vorteil des Jubilee-Clubs sind die kleinen Start-Nr.
Deshalb ist man auch immer am selben Platz des riesigen abgesperrten Areal wo sich eben diesmal fast 48.000
Läufer(innen) versammeln - was für ein Gewusel, Stimmenwirrwarr, Starter aus ca 180 verschiedenen Nationen.
Als alter Hase, kann man auch immer wieder mal ein paar (hilfreiche) Tipps abgeben, wenn man gefragt wird -
und ich wurde oft gefragt... Hier und da noch etwas Fachsimpelei und immer wieder bekannte Gesichter grüßen.
Der Strom Richtung Startblöcke schwillt gewaltig an als es ca 8:45Uhr wird, da ich im Startblock D mit der 1.Welle
um 9:10Uhr starten darf, breche ich auch auf - von dort wo ich meinen Beutel abgeben ist aber gar nicht so weit.
Die Hektik und Aufgeregtheit nimmt vor allem unter den Neulingen zu. Ich bin einige Min vor 9Uhr im Startblock
und erlebe die Starts der Handbiker usw., die Stimmung ist prächtig und meine Vorfreude wächst. Neben mir
macht sich ein Ehepaar warm, auch Sie scheinen etwas aufgeregt zu sein. Sie sind extra aus Thailand hier zum
Marathon gekommen und genießen die internationale Stimmung und das große Lauffest... und Berlin, wie Sie
mir versichern. Er läuft hier seinen 9.MA, Sie Ihren 3.MA - als Sie mich fragen wie oft ich schon dabei war, deute
ich auf mein Rückenschild: 15.Finish, als Sie dann noch wissen wollen wie viele MA ich bereits gelaufen bin (dies
ist mein 242.MA/Ultra) staunen Sie ungläubig/beeindruckt. Als die Frau bereits Ihr 1.Gel verdrücken will und mich
frägt ob das richtig sein, antworte ich Ihr mit meinen "leidlichen Englisch" das es eigentlich dafür gedacht ist, kurz
bevor die Glykogenspeicher geleert sind... Sie nickt und verstaut das Gel wieder dankbar.
Es geht endlich los - über große Bildschirme können wir im Block D sehen wie ganz weit vorne die Stars starten
(Sie wurden kurz vorher einzeln vorgestellt), doch der Rest der Startblöcke A-D setzt sich sehr, sehr langsam in
Bewegung... ganz so langsam hatte ich das nicht in Erinnerung. Es mag daran liegen: die Elemente der Startbögen
sind breiter als bisher (so meint mein Hirn), es hat auf jeden Fall zur Folge das wenn man über die Startlinie geht
dann kann man sofort loslaufen, weil dann die Laufstrecke deutlich breiter ist. Wie auch immer - kurz bevor ich über
diese Linie schreiten darf sagt der Moderator, der Startschuss zum 49.Berlin-MA ist vor 17Min gefallen, also weiß
ich schon mal meine Bruttozeit wird gut 17Min höher sein als meine Nettozeit...
9:27:04Uhr - der MA beginnt nun auch für mich - hatte ich noch Bedenken bei der Anmeldung, sollte ich eine höhere
"Bestzeit" wählen um nicht zu weit vorne in den Startblock zu kommen, sind diese Bedenken sofort zerstreut....
Es ist immer noch halbwegs kühl um diese Uhrzeit und v.a. werde ich keineswegs von schnellen Läufer(innen)
überrannt - das sind sehr wenige, ganz im Gegenteil hier sind welche dabei die Walken von Anfang an, oder Sie
trippeln bereits nach wenigen KM, legen Gehpausen ein... oder dergleichen. Nach 4-5KM sehe ich eine Läuferin,
die ich sofort an Ihrer Statur und Laufstil erkenne: Sigrid Eichner - klar, wenn Sie ganz vorne startet hat Sie eine
viel größere Cut-Off-Zeit, denn es gibt nur Eine für alle Läufer(innen) - egal aus welchen Block (welche Uhrzeit)
man startet.
Bei KM5 bin ich schon längst "eingelaufen" und schwitze auch schon, also beim 1.VP sofort zugreifen, ich genieße
die Atmosphäre, das Publikum ist jetzt schon lautstark und treibt mich voran - Musikbeschallung hier und dort -
doch bei Livemusik kann ich nicht anders: immer wieder feuere ich die Bands/Kapellen an ... und die Antwort
darauf lässt mich beschwingt weiter laufen... bis zum KM5 laufe ich einen Schnitt von 5:40min/km, ich erschrecke
fast als ich das feststelle... ich werde mich einbremsen müssen sonst wird das am Ende ganz hart.
Die Sonne wärmt immer mehr, doch noch ist das angenehm.. am Hauptbahnhof und Regierungsviertel vorbei,
selbst hier stehen ungewöhnlich viele Zuschauer und feuern an... Sie bekommen eine Antwort von mir... und
es kommt wieder zurück - herrlich dieses Hin und Her. Als es langsam auf KM10 zugeht - kurz vor der Friedrichstr.
da stehen Bekannte von mir, rechts so war das ausgemacht, ich laufe meistens eher rechts, sofern die blaue
Linie (Ideallinie) nicht besonders weit links läuft (z.B. wenn eine Linkskurve ansteht). Ich entdecke meine
Bekannten, juble Ihnen zu und eine hereingestreckte Hand wird abgeklatscht - ich erfahre später wie heftig das
gewesen "sein soll" - ob ich das überhaupt merke mit "welcher Wucht" ich laufe... und abgeklatscht habe - meine
Antwort: so wie immer!
KM10 sagt, mein Schnitt seit letzter Messung bei KM5 ist bei 5:45min/km - eigentlich immer noch zu schnell (für
mich). Was soll's denke ich mir: ankommen werde ich schon und für mein Ziel könnte es ganz gut sein. An jedem
VP hole ich mir 2-3Becher und kann dabei mein "gut erprobtes Becherfassen" anwenden: nie ganz vorne, besser
weiter hinten... ich gucke mir einen Helfer aus, der die Becher mir entgegen streckt, zeige mit Finger an 1x oder
2x Becher und blicke Ihm/Ihr in die Augen - das klappt fast immer sehr gut!
Es läuft erstaunlich gut und ich merkt noch keinerlei Kraftverlust, also weiter so. Ich feuere immer wieder Zuschauer
an... und Sie treiben mich an: Roland, Roland höre ich immer wieder - weiter so, das sieht gut und schnell aus....
Sicherlich ein Vorteil das sich mein Name für englischsprachige Zuschauer auch gut lesen und rufen lässt!
KM15 am Kottbusser Tor - der Schnitt ist minimal gefallen 5:53min/km, das lässt auf eine gute Zeit hoffen und
meine Zuversicht und Laune wächst - das kriegen gleich die nächsten Zuschauer mit - Sie sind fassungslos das
Jemand bei KM16 zu Ihrer Musik tanzt. Bis zum KM20 geht es nun durch Neukölln/Kreuzberg - die Sonne zeigt
sich immer intensiver und der Schweiß fließt bereits in Strömen, doch das ist bei einem "Hochtourer" wie mir
keine Seltenheit, damit kann ich umgehen. Der min/km-Schnitt ist bei KM20 praktisch identisch wie zuvor, also
immer noch sehr gut dabei - ich bin auf die HM-Marke gespannt.
Hier ist der HM-Torbogen, er zeigt mir natürlich die Bruttozeit an, doch wenn ich davon die 17min abziehe bin
ich nur wenig über 2Std Laufzeit, wenn kein großer Einbruch kommen sollte, reicht das locker für ein Zeit Sub
4:30Std. Das beflügelt mich, ebenso als ich das Thai-Ehepaar das im Startblock neben mir stand entdecke, Sie
haben es viel früher (irgendwo links an der Seite) aus dem Startblock geschafft - Sie beglückwünschen mich
zu meinem "noch hohen" Tempo und verneigen sich quasi vor mir... ich muss lächeln.
Es wird immer wärmer - gut das der Abstand der VP's auch geringer wird, als ich auf die 25KM-Marke zulaufe
fällt mir ein: ich habe noch kein Gel zu mir genommen, das kann gefährlich werden... sofort eins ausgepackt
und rein, mit meinem "Zauberiso" hinterher gespült - der VP dort wird zur Falle, es stehen Läufer(innen) links
und rechts am Tisch - ich dazwischen, als ich gerade meine Becher bekomme werde ich "zugestellt" plötzlich
Pulk von ca 20 Mitläufern, die eben nicht gleich weiterlaufen wollen ... so ein Mist - jetzt aber Gas geben.
Der Schnitt ist nun knapp unter 6min/km - nun heißt es beißen....
Doch sofort kommt ein Highlight: unter einer Brücke steht eine Trommelgruppe (die haben es mir immer
besonders angetan) es hallt und donnert schon von weiten, die Brücke verstärkt das noch, ich bleibe kurz
stehen, ein Tänzchen und motivierende Armbewegungen - eine Trommlerin die ganz vertieft in Ihr Trommeln
war blickt auf und schubst Ihre Kollegin an - Sie trommeln noch heftiger und lauter.... und strahlen mich an -
stärker als es die Sonne bisher tat... ich strahle mit Sicherheit genauso zurück und verabschiede mich mit
ein paar "flotten Schritten" - wie herrlich kann so ein Berlin-Marathon sein....
Seit einiger Zeit meldet sich von meinem rechten Fuß aus meinen neuen Carbonschuh (damit hat es sicherlich
nix zu tun) meine mittlere Zehe, Sie schmerzt...pocht richtig - woher? Egal, ich gehe damit um, wie so oft:
Hallo Zehe, ich sehe Dich, spüre Dich - Dir ist etwas zuviel... das mag sein, doch ich muss jetzt weiter und
Du wirst mich weiter dabei unterstützen ... ich schicke einfach ein paar körpereigene Betäubungsmittel dahin.
Tatsächlich wird das wieder besser - gutes Zureden zu meinen Körperteilen hilft meistens....
Kann ich jetzt noch Km unter 6min laufen - vereinzelt gelingt das, wenn kein VP bremst und ansonsten alles
passt kriege ich noch wenige KM knapp unter 6min hin, ansonsten bin ich doch darüber - soweit ich nicht
extrem darüber bin soll mir das Recht sein. Aus einer Straße in die wir einbiegen dringen seltsame Geräusche,
was ist das für ein Klang? Da sehe ich links drüben eine Gruppe von Alphornbläsern - ich kenne das von
den 100Km aus Biel - sofort bekomme ich Gänsehaut von diesem Klang, was für eine besondere Stimmung
das erzeugt - und ich darf das erleben -HURRA!!!
KM30, meine letzten 5km - minimal über 6min/km das bedeutet nun für mich, wenn ich mich nicht verletzen
sollte habe ich den 4:30-Finish im Sack, kann das noch besser werden? Soweit ich noch rechnen kann ist
u.U. sogar 4:20/4:15 drin. Das bringt Stimmung - die Zuschauer kriegen das sofort mit ... und vor allem
stehen da zwei Steppkes am Straßenrand, unterhalten sich, einer mit der linken Hand um den Laternenmast
rum, die rechte hängt in die Strecke zum Abklatschen rein... Er achten nicht darauf - ich vorbei und klatsche
mal so "richtig" ab - betrachte aus den Augenwinkeln das Er sich 1-2x um den Masten dreht - sein Kumpel
kriegt sich vor Lachen nicht ein und zeigt mir den Daumen hoch... Daumen zurück!
Keine hundert Meter weiter ist RambaZamba - an einem Wohnhaus mehrere Balkons - überall Stimmung mit
Musik, Kochlöffel schlagen und Pfannengeklapper - ich rufe hoch: So muss das sein - und feuere an....
da ist was los anschließend auf den Balkons.... ich genieße das so sehr ... und spüre wie mein Kreislauf
immer wieder beschleunigt und ich Gänsehaut bekomme, ob dieser geilen Atmosphäre... wir nähern uns
bereits dem Kurfürstendamm, hier brodelt es fast!
KM35 - der Schnitt wieder nur ganz knapp über 6min/km - das wird ein heißer Ritt, was ist da möglich,
die 6:20min rücken in erreichbare Nähe - sind schon "fast eingetütet" - immer noch kein Einbruch in
Sicht - gleich nochmals ein Gel und eigener Iso hinterher.
Jetzt noch ein Stück durch die Innenstadt dann geht's zum Potsdamer Platz, hier habe ich noch nie solche
Stimmung erlebt, das habe ich bisher mit weniger Publikum und eher reserviert in Erinnerung - doch hier
ist ein himmelblaues Meer - irgendein Sponsor hat wohl aufblasbare Sticks verteilt... mit damit wird heftig
getrommelt, gewunken ... Cheerleaders und Konfetti - das lässt meine Hände nicht unten, ich muss sie
nach oben reißen und der Meute zeigen: das gefällt mir, das stimuliert mich - dann das Feedback.....
HERRLICH!
Die Leipziger Straße hoch... das habe ich immer als "Quälen zum Schluss" in Erinnerung ... alles weg, ich
fliege da hoch, auch wenn ich etwas langsamer werde - das Adrenalin steigt mir längst bis in den Kopf...
kommt es nicht schon zu den Ohren raus -die Endorphine in mir tanzen Samba ... mindestens, wenn
nicht noch wilder. Einbiegen zum KM40, der Schnitt ist bei 6:20min/km, doch ich kann noch soviel
rechnen, der 4:15-Finish ist mir praktisch nicht mehr zu nehmen... also Gas geben und weiter einsaugen.
Habe ich schon erwähnt das ich schier platze vor lauter Glücksgefühlen, Runners-High in seiner reinsten
Form sozusagen.
Die letzten KM, über Gendarmenmarkt hoch zu "unter den Linden" das Publikum steht immer gedrängter
am Straßenrand und schreit uns vor zum Brandenburger Tor... ein Blick zur Uhr, die 4:10 sind nimmer drin,
doch 4:15 ist fest - ich kann mir die Zeit nehmen und zurückrufen ... schreien... Gänsehaut... endlich
das Brandenburger Tor... es ist ja immer wieder "erstaunlich" wie weit es danach noch zum Ziel geht....
doch nun genieße ich jeden Meter, laufe von links nach rechts - nein ich behindere Niemand, passe auf,
mache den Flieger, springe und rufe, reiße die Arme hoch - die Tribünen links und auch rechts jubeln -
rufen meinen Namen, der Moderator verkündet mich sogar - dann auf den blauen Matten rein ins Ziel.
Ich tanze über die Ziellinie und stoppe meine Uhr - sagenhafte 4:11:14Std - das bedeutet nochmals
über 11min schneller als am Brombachsee - Medaille umhängen. Ich bin überglücklich und schwebe
zur Nachversorgung. Ich brauche mich nicht hinsetzen, ausruhen oder sowas... denn ich schwebe weiter,
nehme meinen VP-Beutel in Empfang und freue mich auf mein Finisherbier ... eine Amerikanerin die Ihr
Bier neben mir erhält gratuliert und ich Ihr - Cheers! Ich bin gleich wieder bei meinem Kleiderbeutel
und trockne mich ab, ziehe mich um. Auf meinen Weg zum HBF hole ich mir noch ein Bier und treffe
noch so manche Bekannte - da wird fleißig gratuliert.
Im Hotelzimmer Kaffee und Kuchen ... gemütlich duschen...dann bin ich zum Abendessen verabredet.
Leckeres Finisher-Essen und zwei heftige "Zombie-Cocktails" - die mussten einfach sein.
Montags geht es schon wieder nach Hause - auslaufen ist angesagt, tags darauf ruft bereits die Arbeit
wieder...
Ein fröhliches:
Keep The Fire Burning - was bin ich froh um solche Lauferlebnisse!!!
Roland

Zu den Fotos:
Start-Nr. und Jubilee-Nr.
Die Edelhelfer beim Inliner-MA: Etze und Evi
Inliner-MA - Kurve vorm Friedrichstadtpalast

Re: Endorphine tanzen Samba - bis durchs Brandenburger Tor

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Klasse gemacht, Roland. Ich bin an dem Wochenende den Remstalmarathon gelaufen. Ebenfalls bretteben und durchgehend Asphalt. So überhaupt nicht dass was mich anturnt und körperlich durch das gleichbleibend monotone Lauftempo nicht das was mir gutut. Und leider nicht annähernd vergleichbare Stimmung. Immerhin konnte ich fast die gleiche Zielzeit wie du erzielen. Und mangels geringer Teilnehmerzahlen durfte ich mit der durchschnittlichen Zeit sogar zur Siegerehrung und als 3. in der AK aufs Treppchen. Jetzt freue ich mich auf die kommende kurzen Landschaftsultras.

Re: Endorphine tanzen Samba - bis durchs Brandenburger Tor

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Hallo Klaus,

da warst Du mit einer guten Zeit mal wieder auf dem Treppchen gestanden - gratuliere Dir!
Zudem wünsche ich Dir viel Spaß und Erfolg für Deine Läufe (Ultras) demnächst...
Da werden wir uns heuer wohl nimmer sehen - entsprechend einen schönen Jahresabschlußlauf ... wo auch immer das sein wird.
Ich habe u.U. noch einen "besonderen Moment" zum Jahresende - mal sehen ob DAS noch klappt...
Gruß Roland
runners.high - Nomen est omen :logik:
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