Laufjahresabschluß mit X-MAS-Marathon am kl. Brombachsee

Der Marathon mit dem ganz besonderen Flair - so nennt Michael Snehotta seinen kleinen, feinen Lauf und ich bin gekommen um zu schauen ob Er (der Veranstalter) denn damit Recht hat.
15. Marathons/Ultras bin ich bis dato in 2022 gelaufen - darunter (als Highlight) meinen 200.MA - warum nun auch noch den 16ten und somit 211.MA? Nun, es hat sich eben so ergeben das ich selbst Mitte Dezember nochmals am Start stehe - das (Wettkampf-)Laufjahr hat durch diverse Coronamaßnahmen für mich spät begonnen (19.03.22) in Würzburg, zum Glück waren die Beschränkungen im Laufe des Jahres fast alle hinfällig und so verlängerte ich eben meine "Wettkampf-Saison" etwas in den Winter hinein. Zudem gab es eben diese zwei Dezemberläufe in meiner Nähe, die mir bis dahin nicht bekannt waren. Vor 6Tagen erst dieser härteste (Trail-)Marathon den ich je erlebte...jedoch noch im Zeitlimit meisterte und heute eben diese 5Runden um den kl. Brombachsee, der heute seine 4.Auflage hat, aber von dem ich noch nichts gehört habe.
Schon deshalb habe ich den Michael einfach direkt mal angerufen, wie es denn so läuft mit seinem MA, was zu beachten ist, wo Start/Ziel sich befindet... immerhin bin ich öfter mal in der Gegend da (ca 30Km von meinem Zuhause), jedoch vor allem am großen Brombachsee. Dort lief ich bereits im September den Seenland-MA, dabei umkreist man 2x den See (+ kleine Schleifen). Gelegentlich bin ich dort auf der MS Brombachsee unterwegs, an WE-Abenden gibt es dort auch mal diverse Events, so war ich vor 7Tagen auf einer Ü30-Party dort... auch wenn es für mich eine Ü60 sein dürfte, ich habe mich köstlich amüsiert und ausgetobt.
Heute geht's zum kleinen See und ich werde mich dort austoben bei den 5Runden, wie ich recherchiert habe sind eine Runde ca 8,6-8,7Km, ohne den ganz genauen Streckenverlauf zu kennen - Michael bestätigte mir am Telefon, es ist etwas mehr als die "genormte MA-Strecke", aber wirklich abkürzen könne man eben nicht um den See herum. So erreiche ich nach kurzer Fahrzeit den Parkplatz des "San Shine Camp" auf der Badehalbinsel in Absberg.
Hier ist der zentrale Ort des Laufes, Start und Ziel, Start-Nr-Ausgabe, Begrüßung und kurzes Briefing, sogar Umziehen und seinen Kleiderbeutel deponieren, kann hier in einer der vielen Hütten. Man kann sich das San Shine Camp wie eine Art Indianer-/ Cowboydorf vorstellen, mit Biergarten und Feuerstellen und dergleichen mehr. Jetzt um diese Jahreszeit wirkt es eher als eine große Ansammlung von Skihütten, ein paar Feuerstellen, die in Betrieb sind werden von den Anwesenden gerne zum Aufwärmen genutzt. Kaum betrete ich das Camp werde ich schon freudig und herzlich von Michael begrüßt, der Start ist um 13Uhr und bis dahin bleibt noch Zeit so manche Läufererfahrung (von der hat Er auch schon reichlich) auszutauschen und ein paar Fragen zum Ablauf zu stellen. Ein kleiner Kiosk dient als VP den man bei jeder Runde passiert. Auf einem Nebentisch kann ich eine Tasche abstellen, wo ich Zusatzjacke, Eigen-VP und meine später benötigte Beleuchtung bereitstelle. 15min vorm Start das kurze
Briefing, viel gibt es da nicht zu sagen, Markierung kurz erklärt, immer gegen den Uhrzeigersinn um den kl. See rum, auf dem Damm (ca 1Km lang) zwischen kl. und gr. See ist es quasi immer windig und fühlt sich deshalb mind. 3-5Grad kälter an - das sagt Er definitiv nicht umsonst!
Michael beantwortet gerne noch jede sonstige Frage und man fühlt sich schon deswegen sehr aufgehoben und wohl bei seinem Lauf - ein Laufveranstalter, der selber intensive Lauferfahrung hat, das spürt man mit jedem Wort und Geste.
Wir sind ein überschaubares Häuflein von knapp 50 Starter(innen) - später starten noch einige Teilnehmer eines 26Km Laufs. Für unsere...ich gehe mal von gut 43Km aus... haben wir 6Std Zeit - das sollte auch für mich reichen (denke ich mir), obwohl ich den Trail-MA von 6Tagen zuvor noch intensiv in den Knochen u.v.a. in den Muskeln spüre, dazwischen habe ich nur 3 relativ kurze Traingsläufchen absolviert. Doch mein Gedanke war, eine Runde mit ca 8,7Km - zumindest anfangs sollte ich nicht viel länger als eine 1Std benötigen, dann wird es sicherlich langsamer, vor allem wenn zuletzt 1-2Runden mit Beleuchtung gelaufen wird.
An der Startlinie stehend überlege ich noch ob ich richtig angezogen bin - vielleicht etwas zu warm? Nun es hat jetzt so 1-3Grad plus und sicherlich wird es im Verlauf eher kälter, sogar Schneefall (eventl. Regen) war angekündigt, wärmer anziehen bzw ausziehen kann ich nach jeder vollendeten Runde, das beruhigt mich. Schon geht's los und nach wenigen hundert Meter haben wir das Seeufer erreicht und es geht auf dem Rad-/Gehweg um den See, der liegt immer links und einige Wegweiser bestätigen eigentlich nur das man richtig ist, schon ist die erste Km-Tafel erreicht. Mein Platz im Teilnehmerfeld wird mir ziemlich schnell klar, weit hinten...das dachte ich mir schon, mit der Anstrengung vom Trail in den Beinen und Michael bemerkte schon bei der Begrüßung (mit einem Schmunzeln): Du bist unser ältester Teilnehmer.
Die ersten beiden Läufer stürmten dermaßen vorne weg, ich dachte mir vielleicht gibt es irgendeine Prämie für einen Strecken-rekord, von der ich nix gelesen habe... sei's drum - ich habe andere Voraussetzungen und ein anderes Ziel und einen schönen Abschluss meines 2022 Laufjahrs.
Es geht eine zeitlang parallel zu einer Landstraße und von dort kommt auch mal ein Aufblenden oder Hupen eines PKW rüber, so ein Läuferfeld ist hier sicherlich selten zu sehen. Über eine Brücke hinweg, dann scharf nach links, nun begegnen uns nur noch Spaziergänger und selten mal Radfahrer... tatsächlich ist da noch ein Läufer mit ähnlichen Tempo wie ich unterwegs und es gelingt mir Ihn einige Meter "abzuhängen", ob ich nun der Vorletzte bin kann ich jedoch nicht beurteilen... einerlei.
Auf der rechten Seite taucht nun ein Campingplatz auf, mir scheint hier gibt es einige Wintercamper, auch ein paar Hütten gibt es dort - vielleicht sind davon einige bewohnt? Schon kommt die nächste Abzweigung nach links und ich laufe auf ein Schild zu Km3, ich fühle in mich hinein, mir ist gut warm...fast heiß, doch ich beschließe außer einer kleinen Öffnung der Laufjacke mache ich nichts bevor ich das 1x über den Damm laufe. Ich freue mich das es trocken ist, die Sonne versteckt sich hinter sehr dunklen Wolken, was mir an die hohe Niederschlagswahrscheinlichkeit bewusst macht - ändern kann ich das sowieso nicht. Rund um den See ist ja mit sehr wenig Steigung zu rechnen und auch das stimmt mich zuversichtlich, das war natürlich beim Trail nahe Hersbruck zuletzt ganz anders. Also ich werde wohl die komplette Strecke laufen können, dementsprechend flott unterwegs sein. Das Stück das jetzt kommt kenne ich, kurz vorm Damm - beim Seenland-MA läuft man aus anderer Richtung über den Damm und muss dann hier bei beiden Runden eine ca 1Km-Pendelstrecke laufen, bevor es wieder weiter um den gr. See geht. Nun also nach links auf dem Damm und Michael hatte mit seiner Voraussage den Nagel auf den Kopf getroffen, der Wind frischt merklich
auf, es fühlt sich wesentlich kühler an... ich schließe meine Jacke wieder vollständig. Der stärkere Wind ist nun für knapp einen Km mein Begleiter (und weitere 4Runden an dieser Stelle). Kurz bevor wir dann wieder nach links abbiegen steht da noch das 6Km-Schild, weiter an einem bereits geschlossenen Lokal vorbei (zu dieser Jahreszeit ist im fränkischen Seenland eher Ruhemodus). Ein breiterer Weg spaltet sich ab und führt etwas vom See weg, doch die Markierung zeigt wir dürfen den schmaleren, gut laufbaren Weg der näher am See ist folgen. Ich entdecke schon Km7 und nun bin ich gespannt auf die weitere Wegführung, da ich weiß hier gibt es keinen ganz nahen Weg am See entlang. Wir werden nach rechts geleitet, der einzig nennenswerte Anstieg folgt, auf ca 300m müssen wir einige HM überwinden, bevor es wieder nach links geht und der See in einiger Entfernung sichtbar ist. Es folgt ein Stück Spazierweg mit viel Laub, schon wieder eben und als ich die 8Km-Tafel passiere höre ich auch schon Musik und ein paar Ankündigungen von Michael über die Lautsprecheranlage. Es geht etwas bergab und dann weist auch schon
ein Streckenposten mit aufmunternden Beifall den Weg von anderer Seite ins San Shine Camp, an einigen Hütten vorbei über Kiesweg, schon bin ich am VP-Kiosk. Ein Becher heißer Tee und Iso - ein Blick zur Uhr: deutlich unter 1Std. für ca 8,6Km. Während ich mich verpflege läuft der Läufer, den ich hinter mir gelassen hatte ohne VP durch und als ich mich bedanke und verabschiede... auf die 2.Runde gehe, überlege ich mir, bin ich nun der Letzte... oder ist da noch Jemand hinter mir? Es ist dann auch egal, ich werde nicht versuchen zu forcieren um Ihn einzuholen, ich werde weiter mein Tempo laufen, die Strecke noch genießen, so lange es noch hell ist.
Schon nachdem ich ca die Hälfte der 2.Runde hinter mir habe, bemerke ich das es langsamer wird, nicht deutlich aber doch spürbar - mal sehen wie das weitergeht. Einige kurze Blicke zur Uhr zeigen mir ich bin mit einer durchschnittlichen Pace von 6:30 unterwegs, damit bin ich sehr zufrieden und am Ende dieser Runde wieder deutlich unter 1Std. Noch begleiten mich so manche Fußgänger bzw Radfahrer, auch auf der 3.Runde, mit aufkommender Dämmerung nimmt das natürlich ab. Bei der 3.Umrundung benötige ich schon fast 1Std, am VP überlege ich schon ob ich meinen Brustleuchtgurt benötige... ich gehe nochmals ohne auf Runde4.
Es wird kälter und ich werde noch etwas langsamer... kämpfe jedoch dagegen an...so gut es geht. Gegen Ende der Runde wird es immer dunkler und ich bin froh das ich gleich mit Beleuchtung laufe, überlege mir noch ob ich mein 2.Gel reindrücke, bisher tatsächlich nur Eins. Als ich das auf das San Shine Camp zulaufe beginnt es langsam zu schneien... und ich überhole tatsächlich noch einen Läufer, der immer wieder gehen muss. Ich verpflege mich kurz, beim Anlegen des Leuchtgurts unterstützt mich Michael tatkräftig, meine Finger sind trotz Handschuhe schon etwas klamm - kurzer Blick zur Uhr (deutlich über 1Std für diese Runde). Los geht's auf die letzte Umrundung... das Gel habe ich dann glatt vergessen.
Ich stelle mein Licht ein und überlege mal so meine Zielzeit - das wird wohl so 5:10Std werden, vielleicht etwas schneller...oder sind da noch ein paar Körner vorhanden, die ich aktivieren könnte ... Scotty ein kleines Wunder bitte (denke ich so bei mir). Da entdecke ich ein ganzes Stück vor mir einen pendelnden Lichtkegel - es könnte natürlich ein später Radfahrer sein ...oder ein weiterer Läufer(in), den ich noch erreichen könnte. Ich beschließe für mich, es muss letzteres sein, das erweckt meinen Ehrgeiz und ich versuche näher zu kommen. Das geht relativ schnell... dann plötzlich wird der Abstand scheinbar wieder größer. Ich bemerke, da kann Jemand nicht durchgehend laufen und bei seiner nächsten Laufpause "fliege" ich an Ihn vorbei... schon sehe ich weiter vorne den nächsten Lichtkegel - ich habe wohl "Blut geleckt".
Immerhin bringt es Abwechslung in den Abendlauf in meinen Tunnel - das nehme ich gerne an... auf geht's. Es dauert fast 10min bis ich direkt hinter Ihm bin, ich habe "meinen Lauf" und bin schnell an Ihm vorbei. Nun blicke ich "gierig" nach vorne - dort sind mehrere Lichtkegel zu sehen...auf zu neuen Taten. Auch der immer dichtere Schneefall kann mich nicht bremsen, ich stürme geradezu nach vorne und wundere mich selbst wo ich diese Kräfte her habe (Scotty ist bei mir)! Als ich diese Dreiergruppe nach und nach überhole, spüre ich geradezu in Ihren Blicken die Frage: Wo hat Der nun diese Energie her? (ich weiß es selbst grade nicht) Ich komme ein letztes Mal zum Damm, der Wind ist jetzt echt heftig und kalt, die Schneeflocken sind geradezu hart und spürbar im Gesicht. Bange machen gilt nicht - ein Blick zur Uhr zeigt mir, sogar eine Zielzeit unter 5Std ist machbar ... ich staune über mich selbst. Da entdecke ich einen weiteren Lichtkegel, die Hatz geht wieder los - letztendlich bin ich dann eher im Ziel... wenn ich das die restlichen 2Km noch durchhalte. Also den Einen hole ich mir noch, denke ich so bei mir - und tatsächlich kurz nach Km7 ziehe ich an Ihn vorbei - von wegen letzter Platz ... dieser Gedanke schießt mir durch den Kopf, als ich auf das Ziel zulaufe. Im Ziel stoppt für mich die Uhr bei 4:56:16 für 43,15Km - was für eine letzte Runde zum Abschluss des Laufjahrs. Der Michael gratuliert mir zum Finish, hängt mir die Medaille um und meint, da hast nochmal richtig Gas gegeben auf der letzten Runde - Recht hat Er!
Die nächsten Läufer finishen auch und wir gehen zum Umziehen in die Hütte wo unsere Kleiderbeutel lagern. Dort ist es wohlig warm ein Holzofen wärmt den Raum. Ein Laufkollege erzählt mir Er sei gestern aus Flensburg angereist, hat den weiten Weg auf sich genommen, Er wollte unbedingt noch dieses Jahr einen Marathon laufen und hat drauf los gegoogelt, der Siebengebirgs-MA kam für Ihn nicht in Frage, da er einen flachen Kurs bevorzugt, da war Er hier natürlich richtig. Eine Duschgelegenheit gibt es in der Nähe des See, doch ich habe nicht weit zu fahren und dusche Zuhause.
Ich stehe noch ein wenig beim Team welches diesen Marathon hervorragend begleitet hat, bedanke mich herzlich, trinke einen Glühwein und unterhalte mich noch ein wenig mit Michael... klar doch ich bin nächstes Jahr wieder mit dabei... bevor ich mich auf den Heimweg mache.
Ja das war ein Marathon mit ganz besonderen Flair - ohne Übertreibung.
Am Tag danach - das obligatorische Auslaufen (8Km) fällt mir extrem schwer, aber danach gönne ich mir eine Woche Laufpause - es werden sogar 10 Tage daraus, nachdem ich bei überfrierender Nässe auf dem Weg zum Briefkasten 12 Steintreppenstufen hinunter geschlittert bin. Glück im Unglück: nur ein paar Prellungen, vor allem das Steißbein. Doch alles wieder gut - ich kann laufen und schmiede Pläne für das nächste Laufjahr.
Keep The Fire Burning - auch in 2023, das wünsche ich Euch Allen,
Roland

Das liest sich doch wirklich nach einem gelungenen Jahresabschluss lauftechnisch...

Wünsche dir einen guten Rutsch (aber nicht wieder wortwörtlich ) und viele schöne Läufe im neuen Jahr 2023.

LG Heike

Hallo Heike,
mit dem gelungenen Laufjahresabschluß hast Du natürlich Recht - ich bin sehr zufrieden, wobei ich im neuen Jahr
gerne die Marathonzeiten etwas "verschlanken" würde ... und ich muss wegen gewollter Teilnahme am Mauerweglauf
auch ein paar richtig lange Läufe (auch Wettkämpfe) einplanen.
Vielen Dank für die guten Wünsche - das teile ich gerne mit Dir!
LG Roland

Hallo Roland,

habe erst gerade deinen schönen Laufbericht gesehen und freue mich unheimlich, dass - trotz des vorgezogenen Rutsches - bei dir wieder alles so gut ins Rollen gekommen ist. Mach weiter so, dann kannst du mir in Berlin, das Finisherbier frisch geduscht kredenzen.
In diesem Sinne:
Let the good times rolls

Hallo Klaus,
wer da wem das Finisherbier kredenzt... Ich werde wohl ein ganzes Stück nach Dir ankommen - na gut wenn es extrem super läuft dann vielleicht sogar zusammen (wir motivieren uns halt dann gegenseitig, keiner darf auf die Fresse fliegen ) - wenn das so kommt... wäre es Erstens: ein Träumchen und Zweitens: wir kredenzen uns gegenseitig das Bierchen, bevor es zurück ins Hotel und zur Siegerehrung geht.
Das wäre wirklich eine Krönung. Ich bin schon fleißig am überlegen wo ich meine längeren Läufe platziere - da sind ja mindestens
1-2 100Km-Läufe als Vorbereitung und etliche über MA drin. Das macht mir schon (kleine) Sorgen - aber es winkt ja auch ein ganz besonderes Erfolgserlebnis .... und dann wäre da noch ein ganz, ganz besonderes Jubiläum das in 2023 noch greifbar wäre .....
In diesem Sinne:
Keep The Fire (auf der Laufstrecke) Burning .... und es winkt ja ein gemeinsamer Nekarufer-MA
Roland