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München Marathon 09.10.2022 – mein 20. und letzter (?) Marathon

München Marathon 09.10.2022 – mein 20. und letzter (?) Marathon

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Vorgeschichte:

Als meinen bisher letzten Marathon bin ich den Obermainmarathon im April 2018 gelaufen. Dann konnte ich noch im gleichen Jahr in Biel die 100 km finishen. In den darauf folgenden Monaten wurden die schon ein paar Jahre nervenden Probleme mit der rechten Hüfte immer schlimmer, so dass ich mir im Herbst 2019 ein künstliches Hüftgelenk (TEP) einsetzen habe lassen. Nach einer entsprechenden Laufpause kam dann in der Zeit des Wiedereinstieges im Frühjahr 2020 Corona. Erst in diesem Jahr habe ich daher wieder mit der Vorbereitung auf einen Marathon im Herbst begonnen. Insbesondere die langen Läufe (6 x 30 km sub 3 h) und zwei 10 km-Wettbewerbe verliefen dabei (53 + 51 min) absolut zu meiner Zufriedenheit. Andererseits haben mich aber immer wieder Probleme mit den Gelenken, den Muskeln und den Sehnen geplagt. Ich rechnete somit zum einem mit einer ganz brauchbaren Kondition, zum anderen aber auch mit der mir bisher fremden Möglichkeit einem Marathonlauf wegen orthopädischer Probleme abbrechen zu müssen. Nachdem ich davon ausgehen muß (bin bereits in der M70), dass mir die orthopädischen Probleme in Zukunft erhalten bleiben werden oder sich noch weiter verstärken, hatte ich mich entschlossen bei meinem 20. und vermutlich letzten Marathon nochmals eine sub 4h anzupeilen.
Ich hatte mir sowohl den Einstein-Marathon in Ulm als auch den München-Marathon als mögliche Wettbewerbe ausgewählt. Da ich kurz vor dem Einstein-Marathon eine Erkältung bekam wurde es letztich der Münchener Marathon.


Der Lauf:

Der Start erfolgte in diesem Jahr im Olympiastadion. Klingt eigentlich gut, aus meiner Sicht überwiegen aber die Nachteile. Bei den früheren Starts in der Ackermannstraße oder im Bereich des Coubertinplatzes (jetzt: Hans-Joachim-Vogl-Platz) konnten Familienangehörige direkt an den Absperrungen stehen und noch Kleidungstücke übernehmen usw., im Olympiastadion waren sie soweit weg, dass sie wohl meist ihre Läuferin bzw. ihren Läufer gar nicht beim Start verfolgen konnten. Für die Aktiven war der Streckenbeginn so winkelig und eng, dass wohl die meisten, sowie auch ich, auf dem ersten Kilometer bereits deutlich hinter ihrer Lauftabelle lagen. Sobald man frei laufen konnte habe ich dann (leider) versucht den Rückstand wieder aufzuholen. Ich werde wohl nie zu alt um nicht eigentlich bekannte Fehler wieder zu begehen. Bereits bei km 5 bemerkte ich ein schmerzhaftes Ziehen im rechten Knie. Ich versuchte deshalb durch eine
Gewichtsverlagerung im Laufen das Knie möglichst zu entlasten. Glücklicherweise verschwand das Problem innerhalb der nächsten km – und nicht nur das, auch im weiteren Verlauf des Rennens sind keine orthopädischen Beschwerden mehr aufgetreten.
Die ersten Kilometer lief es sich insgesamt auf der ebenen Strecke recht flott – zu flott , wie mir allmählich im Bereich des Englischen Gartens bei km 15 bewußt wurde. Ich lag zwar gut in den km-Zeiten meiner Lauftabelle, fühlte aber, dass ich dazu bereits etwas zu angestrengt laufen mußte. Auch bei der Halbmarathon-Marke paßte die Zwischenzeit noch (1:57:05). Der bekannte längere Anstieg jenseits der Isar bei km 22 (Montgelasstraße) hat mich aber erheblich mehr gefordert als jemals zuvor. Jetzt mußte ich endgültig akzeptieren, dass eine sub 4h unmöglich war, auch wenn ich noch etwa bis km 26 die erforderliche Pace hielt.
Danach versuchte ich ein zwar deutlich langsameres aber noch möglichst hohes Tempo zu weiterzulaufen. Ich war nun etwa bei einer Pace von 6:30 +/- 15 sec. Die Becher an den glücklicherweise reichlich vorhandenen Verpflegungsständen schnappte ich jetzt nicht mehr im vorbeilaufen. Stattdessen sah ich die Verpflegungsstände nun als willkommene Gelegenheit für eine kleine Pause und ich ging sie jeweils vom Anfang bis zum Ende und nahm dabei reichlich von dem angebotenen Wasser und Iso. Mein so in einem Marathon noch nie erlebter Leistungseinbruch hatte zur Folge, dass ich von den ihr Tempo haltenden Läuferinnen und Läufern permanent links und rechts überholt wurde. Sowas baut absolut nicht auf. Dass ich mit meinem langsamen Laufen zumindest einzelne überholen konnte, welche sogar schon zum Gehen gezwungen waren, machte das Ganze auch nicht wirklich besser. Für mich stand jetzt endgültig fest: Ich werde diesen Sch....-Marathon zu Ende laufen, aber dies ist auch mein letzter Marathon!

Bei km 35/36 durch die Altstadt und auch danach in Schwabing helfen die vielen Zuschauer und Musikgruppen etc. das Tempo noch halbwegs zu halten. Nachdem ein Blick auf die Uhr bei km 40 eine Laufzeit von 3:54 zeigt versuche ich mich im Kopfrechnen: 3:54 + (2 km mit 6:30 =) 13 min + 195 m in 2 min würde noch eine sub 4:10 ergeben. Nicht das was ich wollte, aber das was noch möglich ist, wenn ich noch 2 Kilometer alles gebe. Ich hole also raus was geht; bloß nicht mehr nachlassen. Trotz meiner Konzentration aufs Laufen sehe ich am Hang beim Olympiastadion noch meine Frau und rufe ihr zu. Durchs Marathontor gings dann ins Stadion und dort nur noch ca. 100 m auf der Laufbahn ins Ziel - „Gschafft“: 4:08:58 bzw. 3. von 13 in der M70.

Fazit:

1. Mit meiner Bekleidungswahl (kurze Tight, dünnes kurzes über dünnes langes Shirt) war ich eigentlich zufrieden (Temperaturen ca. 7 – 12 Grad, Himmel bedeckt); in einigen Straßen gab es kalte Böen und ich friere nicht gern. Objektiv war ich aber wohl etwas zu warm angezogen und bin deshalb dehydiert (ich brauchte keine Pinkelpause, was für mich ungewöhnlich ist). Die Dehydrierung könnte meinen Leistungseinbruch auch mitverursacht haben.

2. Ich bin den Lauf deutlich zu schnell angegangen = typischer Anfängerfehler beim 20. Marathon!

3. Nach einer Regenerationswoche in Bad Füssing (= im heißen Thermalwasser) und einem 10 km Stadtlauf am letzten Sonntag habe ich leichte Zweifel ob mein Vorsatz (letzter Marathon) im nächsten Jahr Bestand haben wird. Ich erinnere mich durchaus noch, dass ich bei meinem ersten Marathon 2008 bei km 35 in etwa den gleichen Vorsatz wie in diesem Lauf hatte. Mal sehen wie die Trainingsläufe im nächsten Jahr verlaufen.

Gegebenenfalls gilt dann halt der Konrad Adenauer zugeschriebene Ausspruch: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern".


Startnummer 4612 = lauf_opa kurz nach dem Start
Aus gesundheitlichen Gründen (Hüft-OP, Leistenbruch-OP) seit 2018 leider keine längeren Läufe mehr.

2022: München Marathon: 4:08:58, 3. in M70
Dateianhänge

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Hallo lauf_opa,

schön nach so langer Zeit wieder von einem Marathonerfolg von dir zu lesen! Deine Krankengeschichte ist höchst unschön, sie räumte dich für lange Zeit von den Langdistanzpisten ab. Du hast dich entschlossen nun keine Marathons mehr zu laufen. Oder, eine positive Entwicklung vorausgesetzt, im nächsten Jahr vom Rücktritt zurückzutreten. Ich weiß ziemlich genau wie man sich fühlt, wenn der Körper nicht so will wie der Kopf. Das klingt bei einem, der auch in fortgeschrittenem Alter - auch ein laufender Opa - Marathons herunter betet wie Perlen an einem Rosenkranz. merkwürdig klingen, ist aber so. Aus vollem, sozusagen "wissendem Herzen" wünsche ich dir alles Gute und die richtige Entscheidung. Heute die und wenn sie sich als unnötig herausstellt, dann eben eine Revision.

Herzliche Grüße :winken:

Udo

PS: War das 2014 beim Obermain Marathon das erste und letzte Mal, dass wir uns trafen? Die vielen Läufe machen es mir zwischenzeitlich unmöglich mich noch "differenziert" an Begegnungen zu erinnern.
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Hallo Udo,

es freut mich ungemein, dass du an meinem Läufer-Schicksal so Anteil nimmst.

Mittlerweile habe ich bemerkt, dass die Schilderung meines Laufes so rüberkommt, als wäre laufen momentan für mich sehr mit negativen Emotionen verbunden. Das trifft so absolut nicht zu. Ich bin trotz allen Wehwehchen wahnsinnig dankbar, dass ich in meinem Alter und mit einem künstlichen Hüftgelenk noch soviel laufen kann und sogar dieser Marathon mit einem letztlich respektablen Ergebnis noch möglich war. Mir war auch bewußt, dass ich bei diesem Lauf an meinen Grenzbereich gehen werde und leiden werde müssen (wie schreibst du in deinem neuen Graz-Bericht so bildhaft: "durch das Fegefeuer joggen"). Auch wenn ich im Vergleich zu dir nur ein Gelegenheitsläufer bin, bedeutet mir das Laufen sehr viel und ich verdanke im viele schöne Augenblicke und Eindrücke, die ich sonst nie erlebt hätte.

Im übrigen freut es mich, dass du jetzt schon fast wieder der Alte bist (wie hört sich das an!) und wieder große Pläne für die Zukunft machen kannst.

Außer beim Obermain-Marathon 2014 (mit den falsch platzierten km-Schildern) haben wir uns im gleichen Jahr kurz im Zielraum des München Marathon getroffen. Ein weiteres Mal habe ich dich ein paar Kilometer nach dem Start beim Rennsteig-SM 2016 angesprochen.


Schöne Grüße vom lauf_opa
Aus gesundheitlichen Gründen (Hüft-OP, Leistenbruch-OP) seit 2018 leider keine längeren Läufe mehr.

2022: München Marathon: 4:08:58, 3. in M70

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Vielen Dank für die Gedächtniskrücken Josef ... Ich hab mal im Laufbericht nachgelesen. Namen kann ich mir schon gar nicht merken ...

Alles Gute :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Toller Bericht und eine echt super Leistung. :daumen: Das Bild ist auch TOP. Du siehst super Fit aus.
Den Satz "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern" hab ich auch schon einige Male gebraucht. :D
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