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Laufsport mit 70+ ?

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rudisilves hat geschrieben:Der Orthopäde (Angler) heute meinte, in meinem Alter wäre mein joggen 40 KM/Woche noch zu viel.

Vor 10 Jahren meine mal ein Orthopäde, sie haben Arthrose an der Hüfte, fahren sie lieber Fahrrad. Da die Beschwerden nachließen und nicht mehr kamen, weiss ich nicht was darüber denken soll.

Stecken von 8 KM, ab und zu am Ende vom Lauf noch mal leichten Spurt und etwas Gymnastik, kann doch nicht zu viel sein ?

Ich bin froh trotz der vielen Kilometern nach 50 Jahren bis heute keine Probleme durch den Sport bekommen zu haben. Achillesprobleme sind weg und nur zu noch gelegentlich Addaptorenzerrung. Der Laufsport hat mir viel gegeben in meinenn Leben in jeder Hinsicht mit Körper und Geist.

Meine Frage, hauptsächlich an Altersläufer, welche Erfahrungen und Aussagen kennt ihr ?

Wieviel ist gesundheitlich angemessen was das Laufen anbetrifft, es geht ja nicht mehr um Zeiten und Pokale ?
Hallo Rudi,

nachdem deine Fragen im Juni komplett an mir vorbei gingen und ich wenig später auf Grund einer noch zu schildernden Erkrankung keinen Blick mehr fürs Forum übrig hatte, greife ich das heute noch mal auf. Ich bin zwar "erst" 68 (in wenigen Tagen), mit der Frage "Was geht noch in vorgerücktem Alter?" bzw. "Was ist noch gesund?" seit einigen Jahren dennoch ständig konfrontiert. Das liegt vor allem daran, dass ich weit mehr und länger laufe, als der Durchschnitt meiner/unserer Altersgruppe (wohl auch als der Durchschnitt aller Läufer) und es überdies nicht lassen kann dies leistungsorientiert zu tun. Deshalb hatte ich ständig das unaufhaltsame Schwinden meiner Leistungen zu registrieren. Aber auch andere "Alterserscheinungen" wie zum Beispiel die Tatsache längerer Regenerationszeiten, geringerer Ausdauertrainierbarkeit oder höherer Anfälligkeit für neue oder wiederkehrende Zipperlein. Vor vier Monaten musste ich dann noch einen (leichten) Herzinfarkt hinnehmen, der zwar zu keinerlei Beeinträchtigung meiner Herzleistungsfähigkeit führte. Dennoch ringe ich nun um die Wiederherstellung meiner Marathon- und Ultrafähigkeit - denn das sind meine Lieblingsdistanzen -, weil die sich dem Infarkt anschließende Dauermedikation meine Ausdaueraktivitäten ausbremst. Anfangs stärker, weil die Medikation umfänglicher und in der Dosis höher war, inzwischen weniger aber noch immer spürbar. So darf ich laut Kardiologe - "Sie sind nicht herzkrank!" - zwar laufen wie vor dem Infarkt, nur verhindern genau das die Medikamente. Jedes Training fällt mir schwer, manches unendlich schwer und der Aufbau von Ausdauer gestaltet sich sehr, sehr langwierig.

Ich schildere das ein wenig umfänglicher, um gleich meine zentrale These zum Laufen im Alter zu unterfüttern. Keiner hat meine (Lauf-) Geschichte vorzuweisen, keiner dieselbe genetische Disposition und daher gestaltet sich die Laufalterskarriere auch bei jedem von uns anders. Vor dem Infarkt steuerte ich auf mein übliches Jahrespensum zu, das ich in den letzten Jahren mehr oder weniger konstant erreichte: 4.000 km waren das. Also etwa 77 km pro Woche. Da waren zu Zeiten der Regeneration Wochen mit nur 40 km ebenso dabei, wie in Spitzenzeiten 150 oder noch mehr pro Woche. Und ich möchte betonen, dass mir dieses Pensum orthopädisch keine wirklichen Probleme beschert hat und wohl auch in den nächsten 5 (?) Jahren nicht bescheren wird. Ich betreibe wie viele andere auch Krafttraining, um meinen Bewegungsapparat robust zu halten.

Das Fragezeichen hinter der "5" soll andeuten, dass ich mit Prognosen vorsichtig geworden bin, seit ich den Einbruch meiner Ausdauerleistungsfähigkeit massiv spüre, was etwa vor drei, vier Jahren einsetzte. Natürlich denkt man an mehr Training als Ausgleich, wenn man leistungsorientiert Sport treibt. Diese "Methode" ist für einen Ultraläufer, der ohnehin schon abspult, was irgend geht, allerdings keine Alternative. Und ich bin ziemlich sicher, dass solches Vorgehen für Läufer auf kürzeren Zielstrecken ins Verderben führen würde, wenn sie nicht zugleich den Aufwand für andere konditionelle Voraussetzungen (Kraft, Kraftausdauer, Beweglichkeit, Koordination) verbessern. Ich kann also nicht "weissagen", zu was ich in 5 Jahren noch fähig sein werde. Ich hoffe, dass ich dann noch immer über genügend Reserven verfüge, um mich für so lange Strecken wie mindestens Marathon vorbereiten zu können.

Wenn du bis hierher gelesen hast, dann sind deine Fragen aus meiner Sicht zum großen Teil beantwortet. Der alternde Körper eines Läufers hat natürlich Grenzen, die enger gezogen sind als mit 40 oder 50. Bei methodisch richtigem Vorgehen liegen sie jedoch viel weiter weg, als man untrainiert nach einer Zäsur zu glauben bereit ist. Die von dir angedeuteten Umfänge stellen nach meinem Dafürhalten bei deiner läuferischen Vergangenheit nun wirklich keine Grenze dar.

Hätte ich allem Glauben geschenkt, was mir in all den Sportjahrzehnten von Ärzten prognostiziert wurde, dann müssten unter anderem meine Knie und meine Achillessehnen schon längst unrettbar kaputt sein. Tatsächlich versehen diese Körperteile aber weiterhin nahezu klaglos ihren Dienst. Natürlich wäre ich besorgt, wäre ich beispielsweise 40 Jahre alt und vernähme von ihnen die Signale, die sie jetzt mit 68 nach einem langen Training versenden. Doch das ist rein der Belastung geschuldet und einen Tag später schon wieder Geschichte. Mit anderen Worten: Was dein Orthopäde da von sich gab, von wegen "40 km pro Woche" in deinem Alter sind zu viel, entlarvt sich als unüberlegtes, vielleicht sogar dummes Geschwätz. Was ein Körper noch laufen kann, wie schnell und/oder wie weit, ist eine Frage der individuellen Befindlichkeit. Jedwede Verallgemeinerung die auf Absolutwerte abhebt ist Unfug. Ich kenne 70jährige, die nicht mal 100 Meter joggen könnten, ohne sich zu schädigen, weil ihr Körper bereits geschädigt ist, nicht vom Laufen sondern ganz allgemein. Und ich habe unzählige Altersläufer mit eigenen Augen gesehen, die ganz fantastische Leistung mit noch gesundem Knochengerüst und wiederholt zustande brachten.

Ich wünsche dir jedenfalls schöne Läufe und das alsbald wieder unbeschwert. Vielleicht bist du dort ja auch schon wieder angekommen, nachdem dein Posting aus dem Juni datiert.

Alles Gute :daumen:

Gruß Udo :hallo:
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h
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