Steffen42 hat geschrieben:I
Es gilt Spezialisierung vor Generalisierung ("Lex specialis derogat legi generali").
Fällt man nun in die spezifischen Paragraphen, wie im obigen Fall, weil es sich um ein Gesundheitszeugnis handelt, gilt, das, was darin steht -> bei Anwendung bei Behörden und Versicherungen.
Ein Zurückfallen in den allgemeinen Paragraphen ist nicht möglich, weil jetzt zum Beispiel die Apotheke oder das Krankenhaus dort nicht benannt ist.
Die Systematik, die dahinter steckt, sieht so aus: Bei Urkundenfälschung geht es immer (nur) um die Identität des Ausstellers, nicht um den Inhalt der Erklärung. (Der kann natürlich auch ohne Täuschung über den Aussteller eine Straftat darstellen, zum Beispiel als Betrug. Ein falscher Inhalt ist aber nicht per se strafbar. Dann gäbs wahrscheinlich auch viel zu tun für die Ermittlungsbehörden…)
Ein falscher Inhalt ist nur bei bestimmten Urkunden strafbar, zum Beispiel bei öffentlichen Registern. Für den Ersteller kann das Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) sein, für denjenigen, der eine inhaltlich falsche Eintragung in einem solchen Register erwirkt, mittelbare Falschbeurkundung (§ 271).
Bei anderen vertrauenswürdigen Personen, die Bescheinigungen ausstellen können, auf die man sich üblicherweise verlassen kann, gibt es dann auch noch besondere Vorschriften, nämlich das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278). Für denjenigen, der sich eine solche Bescheinigung „erschleicht“, gibt es keine der mittelbaren Falschbeurkundung entsprechende Vorschrift. Und der Tatbestand ist tatsächlich insoweit eingeschränkt, als nicht jede Bescheinigung, die inhaltlich falsch ist, strafbar ist, sondern nur solche, die zur Vorlage bei Behörden oder Versicherungen dienen. Ob das jetzt ein „schweres Versagen“ des Gesetzgebers ist, weiß ich nicht. Man sollte sich immer bewusst machen, dass das Strafrecht nur die ultima ratio darstellt. Es muss nicht alles, was verboten ist, unter Strafe stehen. Oder noch ein pragmatischer Ansatz: Was sollte bei so etwas schon rauskommen, wenn jemand, der nicht vorbestraft ist, wegen einer solchen Geschichte, wenn es denn einen Tatbestand gäbe, angeklagt würde?