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Robert Enke verstorben

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DaCube hat geschrieben:Watt hatt er denn gesagt?

In meinen Worten zusammengefasst:

Er hat die Schuldfrage geklärt: Der DFB, die Nationalspieler und Löw haben Enke auf dem Gewissen :klatsch: :klatsch: :klatsch: :klatsch:

Gruß Rono

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Siegfried hat geschrieben: Als halbwegs "Normaler" ist es natürlich schwer wenn nicht sogar unmöglich sich vorzustellen was in so einem Geist vor sich geht. Ich denke das kann nur einer beurteilen der in einer ähnlichen Situation ist. Was ich natürlich nicht verstehe ist wie sich so jemand labiles dann - obwohl mal angenommen ohne existenzielle Notwendigkeit einem derartigen Druck aussetzt in irgendwelchen europäischen Spitzenclubs bzw. Nationalmannschaft spielen zu müssen. Da bewundere ich Deissler, der in einer ähnlichen Situation rechtzeitig die Reissleine gezogen hat.
Ich glaube, das Ganze liegt komplizierter. Labil ist ja so ein Etikett, das eine dauerhafte Anfälligkeit für Depressionen unterstellt. Dabei wird aber übersehen, dass viele Menschen in ihrem Leben nur eine einzige depressive Phase durchmachen und keineswegs chronisch anfällig sind. Auch ein Sebastian Deissler hat ja nicht nach seinem ersten Klinikaufenthalt mit dem Profisport aufgehört, sondern er war erst einmal - zu Recht, wie ich finde - zuversichtlich, mit Hilfe anderer Menschen und mit neu erlernten Bewältigungsstrategien wieder in seinen Beruf zurückkehren zu können, der ihm unendlich viel bedeutet hat. Dass er dann, als eine neue Depression auftrat, noch so viel Überblick besaß (vielleicht auch wieder dank der Unterstützung anderer) und die Reißleine gezogen hat, ist ein riesiges Glück für ihn und seine Familie.

Warum das Robert Enke nicht gelungen ist, wird keiner von uns je erfahren. Aber zu den typischen Symptomen einer Depression gehört nun einmal, dass die Betreffenden sich selbst, die Realität und die Zukunft negativ verzerrt wahrnehmen und sich von einem bestimmten Punkt an nicht mehr vorstellen können, dass irgendeine Veränderung in ihrem Leben überhaupt etwas bringen könnte.

Um mal zu verdeutlichen, was da im Kopf abläuft: Da ist alles egal, nichts könnte das Leben besser machen, weil du selbst ein Nichts bist und es nicht besser verdient hast. Und von irgendeinem Punkt an engt deine Sicht auf die Welt sich so ein, dass dir der Tod der einzige Ausweg scheint und dass es auch keinen Sinn mehr ergibt, andere um Hilfe zu bitten, weil sie doch nichts ändern können oder weil du sogar davon überzeugt bist, du hast es verdient zu sterben. Und du bist vielleicht sogar überzeugt davon, dass es anderen Menschen ohne dich besser ginge. Vielleicht siehst du noch, dass du ihnen Leid zufügst, aber du denkst, dass sie im Grunde froh sein können dich los zu sein. Oder du hältst es schlicht mit dir selbst, mit deiner Antriebslosigkeit, mangelnden Leistungsfähigkeit, Schwäche nicht mehr aus und fühlst dich so minderwertig, dass du auf dieser Welt keinen Platz mehr verdienst. Eine realistische Einschätzung dessen, was du anderen Menschen tatsächlcih mit deinem Suizid antust, hat da keinen Platz mehr!

Insofern ist jemand, der sich umbringt und das zudem auf so eine grausame und andere Menschen in sein Drama hineinziehende Weise tut, natürlich zutiefst ich-bezogen. Dieser "Egoismus" lässt uns vielleicht (erst einmal verständlicherweise!) zornig werden!

Auf der anderen Seite ist diese Art von Ich-Bezogenheit eben ein Krankheitssymptom, für das der Depressive keine Verantwortung übernehmen kann. Und darum ist er ebenso wenig für sein Verhalten moralisch zu verurteilen wie ein Krebskranker oder ein Mensch mit chronischen Schmerzen.

Ich denke, dass sich bei solch einem Suizid alle Beteiligten als Opfer und Täter zugleich erleben: Der Verstorbenen selbst hat das getan, nun tun es seine Angehörigen, Freunde - und eben der eigentlich unbeteiligte Lokführer.

Was dabei rauskommt, ist ein Gefühlsmischmasch aus Trauer, Mitgefühl, Zorn, Hilflosigkeit, Schuldgefühlen. Damit müssen die Betroffenen in irgendeiner Weise umzugehen lernen. Und wenn wir mit ihnen in Berührung kommen, können wir sie am besten dadurch unterstützen, dass wir ihnen all diese Gefühle zugestehen ... und nicht nur bestimmte davon, wie eben den Zorn oder die Trauer, während wir ihnen andere auszureden versuchen!

Sorry, wollte keine Vorträge halten, aber das musste raus!

vg,
kobold

(die depressive Phasen sowohl aus beruflichen Zusammenhängen wie auch aus eigener Betroffenheit kennt; und ja, ich habe jede Menge Mitgefühl für den Lokführer, auch weil ich einen in der Verwandtschaft habe)

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Danke Kobold!
Laufplanung:

Laufen um Fit zu bleiben,
solange es geht.
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Vielen Dank Kobold. Du hast es sehr genau und treffend beschrieben. Meine Gedanken waren ähnlich, nur war ich nicht in der Lage, sie so klar und gut zu formulieren wie du.

LG Norbert
Der Mensch kann was er will, wenn er will was er kann
chinesische Weisheit

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Ich trauere mit den betroffenen Familien und vor allem der armen Frau, die nun nach ihrem Kind auch ihren Mann zu Grabe tragen muss.

Marianne

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SchweizerTrinchen hat geschrieben:Ich trauere mit den betroffenen Familien und vor allem der armen Frau, die nun nach ihrem Kind auch ihren Mann zu Grabe tragen muss.

Marianne
Das geht mir genau so. Schon die Vorstellung, ein Kind zu verlieren, da wird mir schlecht. Und dann noch meine Frau - boah, den Gedanken muss ich mir verbieten, das ist mehr als ich aushalten kann!

Und noch mal zu den "alle 3 Sekunden stirbt ein Kind". Das ist richtig. Das ist tragisch. Aber das Kind kannte ich nicht. Von daher bin ich betroffen über die Situation, aber nicht wegen eines bestimmten Kindes.
Der Mensch ist ein soziales, empathisches Wesen, das darauf angelegt ist, Mitleid zu fühlen primär mit den Menschen, die es kennt. Robert Enke ist eine Person des öffentlichen Lebens gewesen, darum ist es für viele so, als würden sie ihn kennen. Und da er dazu noch ein sehr sympathischer Sportler mit einem großen Pfund an Vorbildfunktion war, ist die persönliche Betroffenheit in meinen Augen sehr gut nachvollziehbar. Das muss ja nicht jeder so spüren. Mir war es bei Herrn Jackson auch anders gegangen, bei Robert Enke ging es mir näher.

nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Leid und Schrecken sind weder mess- noch vergleichbar.
Lebe lieber ungewöhnlich

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Ich bin froh, dass dieser Threat wieder - insbesondere durch den Beitrag von kobold - einen der Situation angemessenen und würdigen Rahmen bekommt! Jeder, der sich unbedingt in den Mittelpunkt stellen muss, möge dieses bitte an anderer Stelle tun.

Und ich bin stolz auf Hannover, dass man sich heute in einem derart überwältigendem Rahmen von ihm verabschiedet hat:

35 000 Menschen bei Trauermarsch für Robert Enke

Hannover (dpa) - Trauermarsch für Robert Enke: Rund 35 000 Menschen haben in Hannover des toten Fußball-Nationaltorhüters Robert Enke gedacht. Ziel des Marsches war die AWD-Arena. Dort liegen Kondolenzbücher aus. Zuvor hatte es in der Marktkirche in Hannover eine bewegende Andacht gegeben. Enke hatte sich gestern Abend das Leben genommen. Nach Angaben seiner Witwe und des behandelnden Arztes litt er seit Jahren an schweren Depressionen.


"Eine Stadt steht still" - jeder hier hat diesen Satz sicherlich schon einmal gehört. Aber wer heute in Hannover war, hat an nahezu jeder Ecke erlebt, wie sich dieses tatsächlich anfühlt.

Robert, Du hast in dieser Stadt einiges bewegt. Ich bin mir sicher, dass man Dich hier niemals vergessen wird.
:geil: Helden werden bei Sturm am Strand gemacht! :geil:


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Wer ist eigentlich Robert Enke :confused:

Sorry, ich gucke halt nie Fußball!

Viele Grüße
Route 42 :winken:
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Der Weg ist das Ziel!
[INDENT].. bin dann weg Route 42[/INDENT]

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kobold hat geschrieben: Um mal zu verdeutlichen, was da im Kopf abläuft: Da ist alles egal, nichts könnte das Leben besser machen, weil du selbst ein Nichts bist und es nicht besser verdient hast. Und von irgendeinem Punkt an engt deine Sicht auf die Welt sich so ein, dass dir der Tod der einzige Ausweg scheint und dass es auch keinen Sinn mehr ergibt, andere um Hilfe zu bitten, weil sie doch nichts ändern können oder weil du sogar davon überzeugt bist, du hast es verdient zu sterben. Und du bist vielleicht sogar überzeugt davon, dass es anderen Menschen ohne dich besser ginge.
Und das noch in einer beruflichen Umgebung, die mehr als anderswo auf Leistung, Siegenwollen, Keine-Schwäche-zeigen, Positivdenken orientiert ist. Der Mann "durfte" ja nicht mal krank sein. Hätte er Krebs gehabt, wäre das medienkompatibel gewesen, alle hätten ihn bemitleidet und an seiner Therapie Anteil genommen. Aber Depression? "Stell Dich nicht so an, reiß Dich ein bisschen zusammen, denk positiv!"

In einem anderen Forum las ich die Theorie, er sei womöglich schwul gewesen und hätte das auch noch verheimlichen müssen. ("Sieht aus wie Winterfeldtplatz" - in Berlin Treffpunkt der Szene).

Wenn durch seinen Tod sich "die breite Masse" intensiver mit dem Krankheitsbild Depression befasst und mehr Verständnis gewinnt, wie es den Kranken ergeht, ist das gut. Daher kann ich das nicht negativ finden, wenn einen der Tod eines Prominenten, selbst wenn man persönlich mit ihm nichts zu tun hatte, beschäftigt und betroffen macht.
Lese ich in der Zeitung eine Zahl, wieviele Personen sich pro Jahr das Leben nehmen, geht mir das nicht so nahe als wenn ich einen davon kenne oder er mir auch nur irgendwie bekannt ist.

Ulrike

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Moonraker hat geschrieben:Jetzt reichts aber!
Schreib hier rein was dich stört und man kann darüber reden!

Viele Grüße
Route 42 :winken:
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Der Weg ist das Ziel!
[INDENT].. bin dann weg Route 42[/INDENT]

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Gestern habe ich gehört, das sich in Deutschland jährlich 9000 Menschen das Leben nehmen aufgrund ihrer Krankheit namens "Depression".

Wenn man sich demgegenüber den Hype um die Schweinegrippen-Opfer anschaut, versteht man die Welt nicht mehr...

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nachtzeche hat geschrieben:Mir war es bei Herrn Jackson auch anders gegangen, bei Robert Enke ging es mir näher.
Bei mir war es umgekehrt.

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DerEhemalige hat geschrieben:Gestern habe ich gehört, das sich in Deutschland jährlich 9000 Menschen das Leben nehmen aufgrund ihrer Krankheit namens "Depression".

Wenn man sich demgegenüber den Hype um die Schweinegrippen-Opfer anschaut, versteht man die Welt nicht mehr...
Das könnte vielleicht daran liegen, dass es mehr als 9000 Todeopfer geben könnte, wenn der in den meisten Fällen noch relativ harmlose Virus mutiert und es dann massenweise Todesfälle gibt.

Das soll aber die beachtliche Zahl an Todesfällen infolge von Depressionen nicht kleinreden und es ist gut, dass dieses Thema mal aufgegriffen wird. Es ist bedauerlich, dass dazu Robert Enke sein Leben lassen musste.


Viele Grüße
Doris
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funrunner hat geschrieben:...dass es mehr als 9000 Todeopfer geben könnte...
Eben! "könnte". Aber Hauptsache schon mal Panik verbreiten und reale Probleme verdrängen.

Hier übrigens ein recht passendes Statement hierzu. Ich finde, treffender kann man es nicht formulieren:

Nummer Eins lebt

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DerEhemalige hat geschrieben:Eben! "könnte". Aber Hauptsache schon mal Panik verbreiten und reale Probleme verdrängen.

Hier übrigens ein recht passendes Statement hierzu. Ich finde, treffender kann man es nicht formulieren:

Nummer Eins lebt
Ich hatte meinen Beitrag gerade noch um einen wichtigen Punkt ergänzt, als Du schon auf meinen Beitrag geantwortet hast.
Es geht nicht darum Panik zu verbreiten. Der Schweinegrippe-Virus ist genauso Realität wie das vermehrte Auftreten von Depressionen in unserer Leistungsgesellschaft, wo meiner Meinung nach eine Enttabuisierung des Themas dringend vonnöten ist. Es sollte selbstverständlich sein, dass eine Krankheit im Gehirn genauso selbstverständlich behandelt wird wie ein Beinbruch.
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Ich fand diesen Kommentar ganz bemerkenswert:

Philipp Köster - Yahoo! Eurosport

Vielleicht sollte man Meinungen zu Schweinegrippe und andere Krankheitsbilder in Threads lassen,
in den diese Themen gehören.


Jemand,der gestern mit beim Gedenkmarsch in der hannöverschen Innenstadt war
"Wer eher klein ist, braucht sich nicht so weit zum Schnürsenkel bücken"
aus Sander L. "Große Worte" 1896, Kapitel 3, Seite 531
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Wirklich sehr schade, seine Leistungen auf dem Platz waren ja meistens gut. Er hatte ja mit seiner Frau ein Kind adoptiert, nachdem sie das erste verloren hatten, man sollte eigentlich meinen, das sowas hilft, aber ich kenne die Umstände natürlich nicht, da kann man nur spekulieren....

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vidgel hat geschrieben:Wirklich sehr schade, seine Leistungen auf dem Platz waren ja meistens gut. Er hatte ja mit seiner Frau ein Kind adoptiert, nachdem sie das erste verloren hatten, man sollte eigentlich meinen, das sowas hilft, aber ich kenne die Umstände natürlich nicht, da kann man nur spekulieren....
Bei Depressionen sind die äußeren Umstände total egal. Die Depression ist die Ursache für den Selbstmord gewesen, und er wollte diese nicht sationär behandeln lassen. Da konnte nicht mal die Liebe seiner Ehefrau dagegen ankommen.

Viele Grüße
Doris
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Nach wie vor ist man fassungslos.

In Hamburg werden am Wochenende alle Fußballspiele mit einer Gedenkminute beginnen.
Gruß aus Ellerbek-Downtown

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Highopie hat geschrieben:Klaus Steilmann ist auch tot: Der Sportmäzen Klaus Steilmann ist tot - Fußball - DerWesten

Dürfte vor allem Fußballfans und Ruhrpottlern ein Begriff sein.

langjähriger Präsi von Wattenscheid 09
bekannter Textilfabrikant
langjähriges Mitglied des "Club of Rome"
"Wer eher klein ist, braucht sich nicht so weit zum Schnürsenkel bücken"
aus Sander L. "Große Worte" 1896, Kapitel 3, Seite 531
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ich finde es erschreckend, welchen stellenwert so etwas primitives und nutzloses wie fußball bei den massen hat.
das ganze brimborium um enke hat das noch mal deutlich gemacht.

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Nicht aufregen ... nicht drauf eingehen ... einfach ignorieren ... alles andere führt wieder zu einer fruchtlosen Debatte!

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kobold hat geschrieben: alles andere führt wieder zu einer fruchtlosen Debatte!
weil ich natürlich wieder mal im recht bin, und du schon jetzt weißt, dass du argumentativ nicht viel zu bieten hättest.

die debatte ist für dich natürlich nur dann fruchtlos, wenn du am ende als verlierer dastehst.

das weißt du und daher dein beitrag.

danke.

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Kobold, wenn es dich nicht schon gäb, man müßte dich erfinden :daumen:

LG Norbert
Der Mensch kann was er will, wenn er will was er kann
chinesische Weisheit

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atp hat geschrieben:weil ich natürlich wieder mal im recht bin

:kotz2: Idiot :kotz:
"Wer eher klein ist, braucht sich nicht so weit zum Schnürsenkel bücken"
aus Sander L. "Große Worte" 1896, Kapitel 3, Seite 531
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atp hat geschrieben:ich finde es erschreckend, welchen stellenwert so etwas primitives und nutzloses wie fußball bei den massen hat.
das ganze brimborium um enke hat das noch mal deutlich gemacht.
Wenn Du die Debatte um Enke verfolgt hättest, dann hättest Du mitbekommen müssen, dass es um deutlich mehr als nur Fußball geht. Ginge es nur um Fußball, hätten Jogis Jungs gestern gespielt.

Jetzt halt ich mich an Kobold :winken:

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Also ganz ehrlich: Mir ist dieses kollektiv-Trauern etwas fremd. Ich schaue ja nur von "aussen" zu. (USA) Mir tut die Familie leid. Es ist schlimm keinen Ausweg zu sehen usw. Trotzdem habe ich mit der Trauerfeier nichts zu tun. Ich kann Enkes Tod nur zur Kenntnis nehmen, kaeme aber nie auf die Idee da teilzunehmen oder eine Kerze anzumachen. Ging mir schon beim Papst so, als der starb oder bei Jackson oder oder oder. Ich finde das etwas uebertrieben.
Petra

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BockWurstDO hat geschrieben:Trifft es ganz gut, finde ich

Einwurf | Robert Enke | Tod | Sind wir Enke? | Fußball | Sport1.de
Finde ich nicht. Ist es im Grunde genommen nicht so, dass sich viele Menschen - auch wenn sie es nicht offen zugeben würden - in einer ähnlichen Lage befinden und den Tod Enkes als Ventil benutzen? Ist es nicht so, dass unsere Gesellschaft immer leistungsbezogener geworden ist und "Schwäche" - in welcher Form auch immer - nicht akzeptiert wird?

Macht doch mal den Test: Sagt euren Kollegen und Chefs, dass euch die Arbeit über den Kopf wächst, dass ihr mit dem Druck nicht mehr zurecht kommt, dass ihr einfach nicht mehr könnt. Was wird passieren? Entweder sagen Kollegen und Chefs: "Stell dich nicht so an!" "Weichei" oder andere Dinge oder das große Stühlesägen beginnt. Der Kollege, der schon lange auf euren Job scharf war, wird diese "Beichte" sofort ausnutzen, der Chef wird wohl überlegen, eure Position mit einem anderen zu besetzen. Wie einfach ist es dagegen zu sagen, man hätte die Schweinegrippe.

Und weil wir in einem Laufforum sind: ich will nicht wissen, wieviele der "leistungsbezogenen" Freizeitläufer schlichtweg keine Lust mehr auf diesen Druck haben, es aber nicht zugeben können, künftig nur noch langsam und gemütlich durch die Landschaft joggen zu wollen.

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DerEhemalige hat geschrieben: Finde ich nicht. Ist es im Grunde genommen nicht so, dass sich viele Menschen - auch wenn sie es nicht offen zugeben würden - in einer ähnlichen Lage befinden und den Tod Enkes als Ventil benutzen? Ist es nicht so, dass unsere Gesellschaft immer leistungsbezogener geworden ist und "Schwäche" - in welcher Form auch immer - nicht akzeptiert wird?

Macht doch mal den Test: Sagt euren Kollegen und Chefs, dass euch die Arbeit über den Kopf wächst, dass ihr mit dem Druck nicht mehr zurecht kommt, dass ihr einfach nicht mehr könnt. Was wird passieren? Entweder sagen Kollegen und Chefs: "Stell dich nicht so an!" "Weichei" oder andere Dinge oder das große Stühlesägen beginnt. Der Kollege, der schon lange auf euren Job scharf war, wird diese "Beichte" sofort ausnutzen, der Chef wird wohl überlegen, eure Position mit einem anderen zu besetzen.
Eben, die Kollegen, Chefs, die eine Woche vorher im Stadion waren.

Ventil ja, bei einem Event dabei gewesen zu sein, auch. Wenn sich Enke früher geäußert hätte, wäre er wahrscheinlich von den selben "Fans" im Stadion ausgebuht worden.
DerEhemalige hat geschrieben: Und weil wir in einem Laufforum sind: ich will nicht wissen, wieviele der "leistungsbezogenen" Freizeitläufer schlichtweg keine Lust mehr auf diesen Druck haben, es aber nicht zugeben können, künftig nur noch langsam und gemütlich durch die Landschaft joggen zu wollen.
Das mit Sicherheit
Sie verloren das Ziel aus den Augen und verdoppelten ihre Geschwindigkeit

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Noch etwas als Nachtrag: Vielleicht sollte der Tod Enkes und die Ursache für diesen Suizid Anregung genug sein, auch einmal das eigene Verhalten Freunden, Kollegen und Untergebenen gegenüber zu überprüfen.

Zuhören, Verständnis haben und Rücksicht nehmen: im Freundes- und Kollegenkreis vielleicht die bessere Lösung als immer nur über Leichen zu gehen und seine eigenen Interessen egoistisch durchzusetzen. Es wäre Zeit, wieder einmal etwas näher zusammenzurücken...

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Alfathom hat geschrieben:..Wenn sich Enke früher geäußert hätte, wäre er wahrscheinlich von den selben "Fans" im Stadion ausgebuht worden.
Das befürchte ich auch..

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Alfathom hat geschrieben: Wenn sich Enke früher geäußert hätte, wäre er wahrscheinlich von den selben "Fans" im Stadion ausgebuht worden.
Und von den Kollegen "schief angeschaut" und heimlich oder gar offen verspottet worden ... Darauf lassen zumindest Passagen aus Sebastian Deislers Buch schließen, die in der Presse veröffentlicht wurden (das ganze Buch habe ich nicht gelesen).

Auch hier helfen Vorwürfe ("scheinheilig", "irrational" ...) nicht weiter. Die Wissensdefizite über depressive Erkrankungen waren und sind in unser Gesellschaft riesengroß. Und wir sehen nur das, was wir für möglich halten und was wir sehen wollen. Das ist menschlich - leider, aber manchmal auch zum Glück!

Entscheidend ist für mich - wie "Der Ehemalige" so schön schrieb - einen solchen Anlass zu nutzen, um eigene Sicht- und Verhaltensweisen im Umgang mit anderen und sich selbst zu hinterfragen. Wenn das wenigstens den einen oder anderen (noch) lebenden depressiven Menschen entlastet, hat der sinnlose Tod von Robert Enke wenigstens einen Hauch von Sinn bekommen.

lg,
kobold

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DerEhemalige hat geschrieben:
Macht doch mal den Test: Sagt euren Kollegen und Chefs, dass euch die Arbeit über den Kopf wächst, dass ihr mit dem Druck nicht mehr zurecht kommt, dass ihr einfach nicht mehr könnt. Was wird passieren? Entweder sagen Kollegen und Chefs: "Stell dich nicht so an!" "Weichei" oder andere Dinge oder das große Stühlesägen beginnt. Der Kollege, der schon lange auf euren Job scharf war, wird diese "Beichte" sofort ausnutzen, der Chef wird wohl überlegen, eure Position mit einem anderen zu besetzen. Wie einfach ist es dagegen zu sagen, man hätte die Schweinegrippe.
der chef ist auch nur ein mensch. und als solcher wird er alles befürworten, was zu seinem vorteil beiträgt.

wenn der chef von deinem leistungspotenzial überzeugt ist, wird er dir so eine äußerung nicht übel nehmen. er wird dir vorschlagen mal ein oder zwei wochen urlaub zu machen.
das schadet ihm nicht viel. danach erhofft er sich dass er die kuh wieder zu seinem vorteil melken kann.

wenn du aber sowieso beim chef schlecht stehst, sei es, weil er von deinem leistungspotenzial nicht überzeugt ist oder weil er einfach charakterlich nicht mit dir kompatibel ist, dann würde so eine äußerung möglicherweise eine herabstufung in der hackordnung einer firma nach sich ziehen wie du es beschrieben hast.

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DerEhemalige hat geschrieben: Macht doch mal den Test: Sagt euren Kollegen und Chefs, dass euch die Arbeit über den Kopf wächst, dass ihr mit dem Druck nicht mehr zurecht kommt, dass ihr einfach nicht mehr könnt. Was wird passieren? Entweder sagen Kollegen und Chefs: "Stell dich nicht so an!" "Weichei" oder andere Dinge oder das große Stühlesägen beginnt. Der Kollege, der schon lange auf euren Job scharf war, wird diese "Beichte" sofort ausnutzen, der Chef wird wohl überlegen, eure Position mit einem anderen zu besetzen. Wie einfach ist es dagegen zu sagen, man hätte die Schweinegrippe.
ich könnte diesen test machen und ich wette das deine einschätzung nicht zutreffen würde. bei mir arbeiten nämlich "menschen" mit so etwas wie einem gewissen und auch "menschlicher haltung" sowie anstand.

vielleicht hast du da schlechte erfahrungen gemacht..ich kann das nicht bestätigen.

cheers
sven
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svack hat geschrieben:ich könnte diesen test machen und ich wette das deine einschätzung nicht zutreffen würde. bei mir arbeiten nämlich "menschen" mit so etwas wie einem gewissen und auch "menschlicher haltung" sowie anstand.
Glückwunsch! Ich denke aber trotzdem, dass es die von mir beschriebene Situation ziemlich oft gibt. Es ist natürlich schön, wenn es auch andere Beispiele gibt. :nick:

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atp hat geschrieben:ich finde es erschreckend, welchen stellenwert so etwas primitives und nutzloses wie fußball bei den massen hat.
das ganze brimborium um enke hat das noch mal deutlich gemacht.
ich wage es doch... :)

wenn du selber einmal fussball gespielt hättest, würdest du mit sicherheit nicht von einer primitiven sache spreche, denn fussball ist gerade mittlerweile zu einer großen herausforderung geworden. nicht umsonst wird mit technischen mitteln und tricks um 1 % mehr leistung gefeilt...stundenlang freistossvarianten geübt um in der saison 10 anstatt 9 toren durch standards zu erzielen.

und nutzlos? :confused: allein in deutschland ist der "wirtschaftssektor fussball" so gewaltig, das zehntausende von arbeitsplätzen dadurch entstanden sind. ín den usa ist es halt baseball, football, basketball - in indien cricket und in kanada eishockey. wenn du es genau nimmst, hat laufen genauso viel nutzen wie fussball...nur das dort nicht milliarden an euros umgesetzt werden.

ich gebe dir allerdings im bezug auf das brimborium recht...die familie hätte lieber in ruhe trauern sollen, aber so ist das nunmal leider bei menschen die im rampenlicht stehen. ich hoffe aber, dass wenigstens bei ihm nicht 3 monate später ein film gezeigt wird, um sich nochmal ne goldene nase zu verdienen.

cheers
sven
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DerEhemalige hat geschrieben:Glückwunsch! Ich denke aber trotzdem, dass es die von mir beschriebene Situation ziemlich oft gibt. Es ist natürlich schön, wenn es auch andere Beispiele gibt. :nick:
danke... :) die gibt es bestimmt...aber bei dir kam das so als 95% fall rüber...
das es solche fälle gibt, glaube ich auch...aber sie sollten nicht die regel sein, ansonsten läuft irgendwas falsch im system.. ;)
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svack hat geschrieben:...ansonsten läuft irgendwas falsch im system.. ;)
Tut es das nicht schon längst? :confused:

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svack hat geschrieben:ich könnte diesen test machen und ich wette das deine einschätzung nicht zutreffen würde. bei mir arbeiten nämlich "menschen" mit so etwas wie einem gewissen und auch "menschlicher haltung" sowie anstand.

vielleicht hast du da schlechte erfahrungen gemacht..ich kann das nicht bestätigen.

cheers
sven
du kannst davon ausgehen, dass bei der frage, welcher torwart bei einem länderspiel im tor stehen soll, die leistung immer wichtiger ist als der charakter.


wenn durch schlechte leistung das wohl des gruppenführenden und das der gruppe leidet, dann muss das gruppenmitglied, das die schlechte leistung bringt, ersetzt werden.

das ist das dilemma bei einer karriere.

je weiter man nach oben klettert, umso mehr kommt man an seine grenzen.
und unter diesen grenzen hat man dann zu leiden.

wer nationaltorhüter ist, ist dazu verdammt, spitzenleitung zu zeigen.
schließlich gibt's dafür ja auch genug kohle.

wer sich diesem druck nicht aussetzen will, der darf kein nationaltorhüter werden.

ehrgeiz hat seinen preis.
es wird immer zu stress kommen, wenn man sein limit erreichen will und gierig auf immer mehr ist.
da darf man dann die mitmenschen nicht für tadeln.
nicht sie erzeugen den stress.
derjenige, der zu viel für seine verhältnisse will ist für seinen druck unter dem er leidet selbst verantwortlich.

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Ich finde es traurig wenn ein Mensch sein Leben verliert, irgendwie fand ich auch die Trauerfeier bewegend und im gleichen Moment auch wieder erschreckend das man den Leichnam eines Menschen auf den Mittelkreis in einem Stadion stellt und alle sich heuchlerisch darum stellen und Ihr Beileid bekunden. Aber genau die Menschen hätten es doch garnicht verstanden oder mit Ablehnung reagiert, hätte Robert Enke seine Probleme offengelegt. Ein Profisportler mit Depressionen oder gar Homosexuell oder anderen gesellschaftlichen No Go,s...Da wäre aus der Nummer 1 mal schnell ein Spieler auf der Wechselbank geworden...Hat schon mal jemand wieder etwas von Sebastian Deisler gehört oder hat sich mal ein Fussballprofi als Homosexuell geoutet ???

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Hagen1979 hat geschrieben:Ich finde es traurig wenn ein Mensch sein Leben verliert, irgendwie fand ich auch die Trauerfeier bewegend und im gleichen Moment auch wieder erschreckend das man den Leichnam eines Menschen auf den Mittelkreis in einem Stadion stellt und alle sich heuchlerisch darum stellen und Ihr Beileid bekunden.
glaubst du wirklich das das heuchlerisch gemeint ist? ich glaube schon das 95 % der dort anwesenden EHRLICH ihr beileid kund getan haben. das mit dem stadion finde ich aber auch etwas übertrieben, aber naja - der eine im stadion, der andere auf der nevermore-ranch...jedem das seine
Hagen1979 hat geschrieben: Aber genau die Menschen hätten es doch garnicht verstanden oder mit Ablehnung reagiert, hätte Robert Enke seine Probleme offengelegt. Ein Profisportler mit Depressionen oder gar Homosexuell oder anderen gesellschaftlichen No Go,s...Da wäre aus der Nummer 1 mal schnell ein Spieler auf der Wechselbank geworden...Hat schon mal jemand wieder etwas von Sebastian Deisler gehört oder hat sich mal ein Fussballprofi als Homosexuell geoutet ???
traurig, aber wahr. ich denke das vor allem das bekanntwerden von homosexualität das nr. 1 kriterium für das beenden der karriere wäre. ich selber kenne eine person aus der bundesliga die homosexuell ist...selbst die presse weiss von dieser person, aber aus rücksichtnahme auf den sportler wird von der veröffentlichung abgesehen.

bei depressionen glaube ich allerdings nicht, dass es die von dir beschriebenen ausmaße annehmen würde, bzw. es würde auf den "sympathie-faktor" des entsprechenden sportlers drauf ankommen.

cheers
sven
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100
svack hat geschrieben:...ich selber kenne eine person aus der bundesliga die homosexuell ist...selbst die presse weiss von dieser person, aber aus rücksichtnahme auf den sportler wird von der veröffentlichung abgesehen.
Jetzt bin ich aber neugierig...

Würde mich mal interessieren, ob das mit meinen Einschätzungen übereinstimmt.
Gesperrt

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