TomX hat geschrieben:
Bringt tatsächlich ein durchstrukturierter Trainingsplan mehr als ein "Konzept", wie es Steffny bietet?
Ein umfassendes Konzept bringt mehr als ein sehr unvollständiges "Konzept". Es geht auch nicht nur um die Struktur und die Periodisierung, sondern durchaus auch um die Trainingsinhalte.
TomX hat geschrieben:Welche Details fehlen denn?
Wintertraining laut Steffny: Erhöhung der Wochenkilometer. Keine Tempoeinheiten im Training. Dafür aber Crosswettkämpfe als Tempospritze.
Details, die (möglicherweise nicht alle, ich hab das Machwerk hier liegen, kenns aber nicht auswendig) fehlen:
Erhöhung der Wochen Km, Wie stark im Vergleich zu welcher Phase? Umfangsmodulation im Winter, wie?
Warum kein Tempotraining im Winter? Wettkämpfe wie oft? Was wäre gut als WK-Ersatz? Was ist mit Hallenwettkämpfen? Was ist mit Alternativtraining?
Modernes Grundlagentraining beinhaltet imo z. B. Tempotraining, auch wenn es im Winter stattfindet. (Dazu später mehr). Und Periodisierung bedeutet ja nicht zwangsläufig "im Winter langsam im Sommer schnell", auch wenn H.S manchmal diesen Anschein erwecken sollte.
Periodisierung bedeutet erstmal, ich lege Formhöhepunkte fest und bereite die vor. Bedeutet, ich bereite spezifisches Training mit speziellem Training, spezielles Training mit allgemeinem Training vor. Bedeutet ich setze im Saisonverlauf erst eher schwächere und allgemeine, aber kontinuierliche Trainingsreize, später dann stärkere speziellere bis spezifische Reize, evtl mit längeren Erholungsphasen. Setze in machen Bereichen erst aufbauende und später erhaltende Reize.
Bei Hottenrott und vielen anderen hast du drei bis vier Phasen, das ist so die Einteilung, die eigentlich allgemein üblich ist in der Trainingslehre (Wird das bei Steffny erklärt???)
0 (Einführung/Regeneration)
1. Allgemeine Vorbereitung
2. Spezielle Vorbereitung
3. Spezifische Vorbereitung
Daniels bietet dir ein ähnliches Prinzip an, nach dem du gezielt auf einige ausgewählte Saisonhöhepunkte hinarbeiten kannst. Das System kannst du relativ unabhängig von den Plänen nutzen, genauso wie du die obige Gliederung sehr verschieden nutzen kannst. Man könnte als Extrembeispiel sogar, wen man der Typ dafür ist, in allen drei Phasen Intervalle trainieren, man müsste nur Umfang, Häufigkeit und Intensität den entsprechenden Phasen anpassen.
Die meisten Pläne (von Steffny und auch von vielen anderen) beziehen sich hauptsächlich auf die spezifische Vorbereitung. Das ist aber nur ein kleiner Teil. Bei Daniels hast du ein Schema für deine ganze Saison, in dem jede Phase relativ konkret durch vorherige Phasen vorbereitet wird. Das bietet Steffny so nicht, da sind Welten dazwischen.
Periodisierung bei Steffny
TomX hat geschrieben:
Nach dem Frühjahrsmarathon im Hinblick auf den Herbstmarathon: 10er Training. Er selbst empfiehlt seine eigenen 10er Pläne. Und dann diese und kürzere Wettkämpfe auch laufen.
Aus diesem Training dann wieder der einstieg in das Marathontrining ab August. Natürlich abhängig davon, wann der Marathon im Herbst denn nun ist.
Bei 2 Marathons im Jahr bleiben nach Abzug von 2*10 Wochen Plan und etwas Regeneration 28-30 Wochen. Die füllt man dann mit 10km Plänen und dem "larifari Wintertraining" auf?
Wenn jemand nur einen Marathon im Jahr läuft, was macht er dann? Bleiben ca. 40 Wochen zu füllen. Er hängt diverse 6 Wochen Pläne für 10km von Steffny hintereinander? Es gibt ja wirklich Läufer, die denken, dass wäre sinnvolle Jahresperiodisierung, aber das hat damit doch erst einmal wenig zu tun.
Natürlich empfiehlt HS seine eigenen Pläne. Er will ja auch ein wenig so tun, als ob er für alle das richtige hat. Grundsätzlich ist 10er Training ja nicht verkehrt, aber vielleicht wäre ein 12 Wochen Plan dafür besser? Oder vielleicht wären ja für einige Strecken von 1500 bis 5000 wichtiger?
Vielleicht hast du auch eine Ausdauerschwäche entdeckt und solltest die Umfänge laufen, die du im harten Winter nicht laufen konntest?
Es sind einfach Entscheidungen die du treffen musst (oder dein Trainer) und die Steffny nicht für dich treffen kann, indem er dir ein paar wohlfeile Ratschläge hinwirft. Und wenn du die Entscheidungen getroffen hast, brauchst du die Mitel, um das Training zu planen.
Periodisierung im VicSystem
Da gibt es afaik schon eine, das Problem ist aber, dass man die idiotischsten Saisonziele eingeben kann und z. B. viel zuviel Saisonhöhepunkte einplanen. Da gibt aber eben Steffny auch zu wenig Hilfestellung, da kann der unbedarfte Leser ja auch glauben, er könne einfach 10k Pläne aneinanderreihen.
Zur Periodisierung und zum "Winter-Problem"
Dazu sollte man sich erstmal klar machen, dass die Grundlagenphase nicht im Winter liegen muss und durchaus viel Tempo trainiert werden darf, wenn das zum Läufer und zur Periodiserung passt. Die Grundlagenphase im Winter ist auch trationell nie in erster Linie direkt durchs Wetter bedingt (bei Lydiard auf der Südhalbkugel war da Sommer!!!), sondern dadurch, dass es für Spitzensportler alle wichtigen Saisonhöhepunkte im Sommer lagen (wegen dem guten Wetter auf der Nordhalbkugel im Sommer) und so eine Grundlagenphase im Winter logisch war.
Heute ist das für Profis und Amateure anders. Es gibt fast das ganze Jahr über interessante Wettkämpfe.
Und gerade als Hobbysportler gibt es sehr viele Möglichkeiten, Höhepunkte zu setzen. Und meist werden für die nicht Antrittsprämien, Sponsorenforderungen und Preisgelder entscheidend sein, sondern der Spaß und was sich mit dem Rest vom Leben am besten vereinbaren lässt. Wenn dir der AK Sieg bei der Winterlaufserie am wichtigsten ist, solltest du versuchen, da in Topform zu sein. Willst du Seniorenmeister in der Halle werden, brauchst du da die beste Form. Liegt dir der Frühjahrsmarathon am Herzen, solltest du für diesen Termin planen.
Der Trainer ist ja auch nicht dafür verantwortlich, dass du dir eine Hobby suchst, was zum Wetter dort passt, wo du wohnst. Klar sollte er vielleicht Alternativen anbieten, aber es wird natürlich auch eine gewisse Leidensfähigkeit und Flexibilität vorausgesetzt. Es haben schon Leute die Bahn von Schnee freigeschaufelt, um da zu laufen. Oder sind mit Spikes auf Schnee gelaufen.
Ich kenne einen Läufer, der jetzt zum zweiten Mal im Winter nach Kenia geflogen ist um da zu trainieren, und der ist kein Profi, möglicherweise nicht mal Top50 in D. Der Frühjahrsmarathon kann dir so wichtig sein, dass du dafür im Winter 4 Wochen ins Trainingslager fährst.
Klar ist für jede Jahreszeit und Klimazone: Du kannst und solltest deine Ziele und deine Saisonplanung deinen Bedingungen (das, was du an Bedingungen zu schaffen kannst/willst) anpassen.
Meine Lehre aus dem letzten Winter ist z. B., dass meine längste Grundlagenphase und meine größten Umfänge künftig im Frühjahr/Sommer/Herbst stattfinden werden. Imo ist das auch für einige andere eine gute Idee, denen im Winter die Bedingungen in Mitteleuropa zu schlecht sind.
Das bedeutet z. B. auch, dass ein Frühjahrsmarathon für mich keine Option ist, weil ich die beste Form über lange Strecken erreiche, wenn ich recht hohe Umfänge laufe.
Wenn ein Läufer dagegen total hitzeempfindlich ist und keine Lust hat, im Sommer den Getränkenachschub bei langen Läufen zu organisieren, dann wird er vielleicht lieber im Winter bei Dunkelheit und Schnee trainieren und den Frühjahrsmarathon recht früh machen. Vielleicht ist es für ihn am besten, ein paar schneefreie Strecken zu finden oder sich 2 Paar Laufschuhe mit Spikes zu besorgen.
Im Winter werde ich mich dagegen mit Hallentraining (Zirkel, Ballspiele, LA-Training) und allen möglichen Wk (Halle, Cross, Winterlauf) fit halten, die erreichbar sind. Wie Steffny mag ich Wettkämpfe und lauf die gerne auch mal submaximal.
Aber deswegen empfehle ich nicht wie Steffny pauschal (allen) anderen, dasselbe zu tun. Es wird andere Läufer geben, die sich mit wenig spezifischem Training nicht fit genug für WK fühlen, lieber nur ganz wenige wichtige WK laufen, oder sich damit zu schnell in Form bringen oder (mental oder physisch) überlasten und und und. Andere haben keinen Bock auf die Halle usw usw.
Steffny ist ein mann für einfache pauschale "Wahrheiten". Im Winter kein Tempotraining, fertig. So simpel ist es aber nicht.
Gruß
C.