Rolli hat geschrieben:
Wie viel Kilometer man mit bestimmtem Tempo macht, kann sich jeder zu seinem Training ausrechnen.
Bin mir nicht sicher, ob du es so meinst, aber wenn ich es richtig verstehe, ist das ist der große Trugschluss, dem leider so viele erliegen: Sie meinen, sie könnten die Intensitätsanteile einer 240k-Woche auf einen Läufer mit 60k/Woche übertragen.
Das relativ langsame Tempo bei Pollmächer ist der Tribut an seinen Umfang. Doppeleinheiten, kein Ruhetag - klar muss der oft "langsam" laufen. Bei einem Viertel des Umfangs oder noch weniger kann es selbst für einen viel langsameren Läufer sinnvoll sein, einen viel höheren Intensitätsanteil zu fahren. In vielen Fällen wird das sinnvoll sein, denn:
Pollmächer hat knapp 13% echtes Tempotraining drin. Für den Läufer mit 60k/Woche sind das etwa 7,5km. Das ist ein TDL, eine Tempoeinheit. Willst du das wirklich so übertragen?
Eine nicht vollkommen untypische Woche spezifische Vorbereitung für einen 60k/Woche Läufer, Ziel wäre HM:
1) TDL z. b. 2*4k HM Tempo + (8k Tempo 13k gesamt)
2) locker + Bergsprints und Steigerungen (1k Tempo, 9k gesamt)
3) Intervalle 5*1000m (5k Tempo, 11k gesamt)
4) lang (18k)
5) zügig Lauf ABC, Strides (1k Tempo 8k zügig 9k gesamt)
Man kann sich streiten ob man die "Minitemposachen" mit zählt. Ohne haben wir knapp 22% Tempo, mit 25% - schon deutlich mehr als bei Pollmächer.
Das ist ein Programm, das sich viele langsamere Läufer hier zu trauen würden, und längst nix extremes.
Jetzt mal etwas intensiver, eine von den härteren Wochen für den 60k Läufer:
1) TDL z. b. 3*3k HM Tempo + (9k Tempo 15k gesamt)
2) locker + Bergsprints und Steigerungen (1k Tempo, 7k gesamt)
3) Intervalle 5*1500m (7,5k Tempo, 12k gesamt)
4) lang Crescendo : 5k locker 5k zügig 3k MRT 2k HMRT (5k Tempo, 18k gesamt)
5) zügig + Lauf ABC, Strides (1k Tempo 7k zügig 8k gesamt)
Jetzt sind wir je nach Zählweise bei ca. 36-39% Tempo. Viel zu viel? Für eine große Zahl von Läufern möglicherweise nicht - vor allem
wenn die Vorarbeit stimmt.
(DISCLAIMER: Das sind 2 Beispielwochen aus einem möglichen Trainingsplan, das ist kein Trainingsplan!)
Wenn so ein Läufer jetzt den Umfang erhöht, muss er natürlich am ehesten ruhige bzw. lockere DL addieren.
Und ob solche Läufer besser voran kämen, wenn sie doppelt so viel trainieren, dafür aber zwangsläufig mit geringerem Tempoanteil, dsa ist eine andere Frage. Für die meisten Langstrecken bin ich mir recht sicher, dass mehr besser wäre. Aber die Zeit muss man eben haben (wollen).
Und natürlich muss ich noch die verschiedenen Intensitäten von verschiedenen Tempotrainings berücksichtigen, und unterschiedlichen Kosten selbst bei denselben Tempi (6*1000 in 3'20 mit 3' Pause kosten weit mehr als 6*1000 in 3'20 mit 5' Pause) einkalkulieren. Dazu kommen die individuellen Faktoren, Wetter, Trainingsgruppe, Arbeitsbelastung und und und.
Je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr erkennt man, dass die Erfassung der gesamten Trainingsbelastung sehr komplex ist. Selbst mit ausgefeiltem Formeln und einer guten Kalkulationsdatei wird das schwierig, das aus zurechnen. Aber natürlich würde man das gerne ausrechnen können, um die optimale Balance zwischen Umfang und Intensität zu finden
Und da kommt wieder unser Körper ins Spiel, der diese Infos quasi sowieso alle verarbeitet. Wir sehen:
Ohne das Belastungsgefühl zu berücksichtigen, ist eine gute Trainingssteuerung kaum möglich.
Rolli hat geschrieben:
Ich laufe zwar die LDL immer noch langsamer als hier angegeben, bin aber der Meinung das der DL-Bereich sehr flexibel gestaltet werden kann und das Tempo nicht so wichtig ist und man sich dabei nach Gefühl orientieren soll.
Da stimme ich voll zu. Mir geht es auch gar nicht in erster Linie darum, Läufer zum schnelleren DL zu treiben. Sondern mehr darum, die Angst vor dem zügigeren Laufen abzubauen.
Niemand soll sich einen Backstein aufs Gaspedal legen, auch ein zu nervöser Gasfuß ist nix, was ich anrate. Aber den notorischen Bremszwang, den könnten vielleicht einige Läufer und Trainer überdenken.
Rolli hat geschrieben:
Also kurz und Bündig: zuerst langsam, dann viel langsam, dann schnell aber langsam nicht vernachlässigen.
Wie o. a., wieso nicht von Anfang an
das zügig laufen, was man zügig laufen kann?
Rolli hat geschrieben:
Nur meine Meinung und von ein Paar Trainern, die hier belächelt werden, obwohl sie erfolgreich waren und sich hier nicht währen können.
Die Trainer werden nicht belächelt, jedenfalls nicht von mir. Methoden, die imo veraltet und klar suboptimal sind, werden aber auch von mir als solche bezeichnet. Das heißt nicht, dass ich die Trainer als Person und ihre Arbeit nicht respektiere.
Aber natürlich ist die Kritik dieser Methoden nur meine Meinung, niemand muss auf mich hören.
Gruß
C.