Seit einigen Wochen bin ich nun in Marathonvorbereitung. Ich nehme den Plan für 3:45 von Runnersworld und bin damit ganz zufrieden.
Manchmal frage ich mich aber dann doch: "Wozu das Ganze eigentlich?".
Beim Long-Jog fallen mir die Beine ab, beim Sprint ebenso. Mein Puls kommt beim Sprint selten über 165 hinaus, obwohl ich beim 10km-Lauf schon über 170 gekommen bin, ohne mich unwohl zu fühlen. Die Dauerläufe "mittleren Tempos" sind dafür ganz erträglich. Physisch, wie auch psychisch ;).
Aber irgendwie scheint das alles keinen rechten Sinn zu ergeben. Die spürbare Leistungssteigerung bleibt erst mal aus.
Bis denn ein Wettkampf daherkommt.
Zum Beispiel mein erster Halbmarathon!
In kurzer Zeitfolge:
04:30 Uhr: Aufstehen. Habe zwar versucht, 7 Stunden zu schlafen. Durch die Aufregung waren aber nicht mehr als netto 4,5 Stunden drin.
05:00 Uhr: Die ewige Frage: "Was esse ich jetzt?" beantwortet sich gefühlsmäßig mit "Zwei Nutellasemmeln". Dazu ein Liter mit etwas Salz angereichertes Wasser. Soll ja gesund sein ... Noch ein Glas Fanta hinterher. Ist vielleicht weniger gesund - schmeckt aber umso besser.
05:45 Uhr: Ablenkung, Ablenkung und - hm- Ablenkung. Jedes Lesezeichen auf dem iPad nochmal durchsuchen, ob etwas OHNE Laufen zu finden ist. Mannomann, da hat sich aber was angesammelt ...
06:10 Uhr: Ich sollte ja meine Frau aufwecken. Gesagt, getan. Allerdings blieben zwei Versuche ergebnislos. Naja - wird schon klappen, dass sie mit dne Kindern zum Zieleinlauf kommt ...
06:20 Uhr: Der Bus in die Innenstadt wird bestiegen.
06:35 Uhr: Mit der U-Bahn zum Odeonsplatz
06:43 Uhr: Odeonsplatz. Was für eine Stille. Vom bald losbrechenden Sturm keine Spur. Naja, bis auf die Absperrungen halt. Ich gehe die Gasse bis zum Start und gucke mir mal die Umkleiden und Gepäckabgabe an. Kaum was los. Es regnet etwas
06:50 Uhr: Powerbar Energieriegel reingeschoben. Mist. Wasser vergessen. Andererseits will ich jetzt auch nichts mehr trinken, um nicht kurz nach dem Start in die Botanik zu müssen.
07:05 Uhr: Ein Mensch sondert - habe ich mal irgendwo gehört - die Wärme einer 100 Watt - Birne ab. In der Umkleide war es dementsprechend warm. Und das trotz immer wieder einsetzender, starker Regenschauer. Allein ich glühte wahrscheinlich eher in Richtung 200 Grad - Ofen - ohne Umluft!

07:30 Uhr: Die ersten Ungeduldigen verlassen die Umkleide. "Plätze sichern". Ich halte mich zurück.Der Münchner-Kindl-Lauf hat mich gelehrt: "Lieber weiter hinten starten und dafür später überholen."
07:40 Uhr: Ok, ich gebe mich geschlagen. Auch ich stelle mich ins Feld "1:45-2:00 Stunden". Ganz schön was los. Der Regen hat aufgehört. Eigentlich hat es so um die 15 Grad. Aber durch das Gedränge im Starterfeld ist es um einiges wärmer.
08:00 Uhr: Startzeit! oder ... auch nicht. Oh Mann, ich bin wieder mal viel zu nervös. Der Puls liegt bei 85 (bei normal 50).
08:10 Uhr: Endlich - das Feld setzt sich langsam in Bewegung.
08:13 Uhr: Überschreiten der Startlinie. So, jetzt mal ganz ruhig. Nicht wieder den Fehler mit zu schnellem Laufen am Anfang. Das ist mir ja schon mal zum "Verhängnis" geworden.
08:30 Uhr: Es läuft super. Ich halte die Pace -plangemäß- bei 5:40. Schließlich will ich mich nicht verausgaben.
KM 5: Ich bin kräftig am Überholen. Ui, da geht es ein paar Leuten wirklich schlecht und keuchen, was das Zeug hält. Sind wohl zu schnell gestartet. Oh Mann, wie gut ich das kenne. Aber nicht heute. Die Pace liegt bei 5:30 und mir geht es saugut. Zwei Becher Wasser - herrlich.
KM 8: Kann es denn sein, dass manche Menschen sich mit der Zielzeit gnadenlos überschätzt haben? Wäre nicht weiter schlimm, wenn das Überholen wenigstens gut möglich wäre ...
KM 9: Jetzt wirds -nach Plan- Zeit fürs Gel. Ich hasse dieses wahnsinnig süße Zeugs. Aber es hilft mir ganz gut. Diesmal gibt es irgendeinen undefinierten Fruchtgeschmack mit Koffein. Naja, ich hatte ja keine Lust auf Kaffee in der Früh ;). Und in einem Kilometer kommt dann die Getränkestation zum Runterspülen. Wie kann es eigentlich sein, dass die Hälfte des Gels an meinen Fingern pappt? Ahhh, ist das widerlich.
KM 11: Halbzeit. Soll ich jetzt Gas geben oder lieber noch etwas warten?
KM 15: Das läuft wie geschmiert. Die Pace habe ich auf 5:20 gedrückt. Das will ich auch so lassen. Schließlich soll der erste Halbmarathon mir in guter Erinnerung bleiben. Die Pulsfrequenz ist relativ hoch. Tatsächlich - ich habe erst jetzt mal meinen Puls während des Laufs gecheckt. Ich bessere mich also

KM 18: Die Einstellung von KM 15 wird im Sekundentakt überprüft. Gas geben oder nicht? Aber es macht gerade Spaß, wie es ist. Mir gehts gut und so soll es bleiben. Die langen Läufe in der Vorbereitung zeigen ihre Wirkung.
KM 20: So, jetzt gehts schön langsam in Richtung Ziel. Ein paar Leute versuchen sich im Sprint. Interessiert mich nicht. Die 30 Sekunden machen das Kraut auch nicht fett. Lieber ein schönes Finisherfoto

KM 21: Yeah! Das Ziel ist erreicht. Arme hoch. Finisherfoto. Und gut ist.
Erster Halbmarathon in 1:55:05 bei 96 kg und wieder mal war mir das Grinsen nicht aus dem Gesicht zu nehmen.
Die Familie war da und hat mich in Empfang genommen. Alles super. Ich verzichte auf die Gravur der Medaille und das Riegelschnorren. Lieber schnell heimfahren. Da ists eh am Schönsten.
Nichtsdestotrotz: Es war ein toller Event. Super Organisation. Nächstes Jahr komme ich wieder. Mit der Ambition, bei < 1:50 zu landen.
Der Trainingsplan - so hart er mir auch manchmal vorkommt- hat Wirkung gezeigt. Zur Belohnung durfte ich heute mal nur 40 Minuten laufen. War eher ein Aufwärmtraining zum Dehnen. Und das war nötig.