Jeder hat ihn, den meisten tanzt er auf der Nase herum! Daher finde ich, muss auch ein Schweinehund – wie jeder andere Vierbeiner – erzogen werden muss. Meiner ist weiblich – eine richtige Tussi halt – , heißt Fifi und wurde 36 Jahre lang völlig verzogen: wollte sie zum goldenen M – wir sind zum goldenen M auf 1 – 2 Burger mit Pommes gegangen. Wolle sie Schokolade – bekam sie Schokolade. Wollte sie eine Gassi-Runde (=Laufen) spritzen – sind wir zu Hause geblieben und haben auf der Couch gekuschelt…
Meine Erziehungstaktik für Fifi ist mein Halbmarathon-Trainingsplan, welcher schon fast abgearbeitet ist. Hier unser Erlebnisbericht über die letzten Einheiten:
Donnerstag, 4.4.2013
Die Sonne lacht vom Himmel! Wahnsinn – ich kann mich fast gar nicht mehr erinnern, wie Du aussiehst, alte Freundin! Aber es tut so gut, Dich nach so langer Zeit mal wieder zu sehen! Hab‘ Dich schon vermisst!
Auch meine innere Schweinehündin Fifi sitzt neben mir und freut sich schon auf den Kollegen-Lauftreff von Frauchen. Dort sind nämlich die Schweinehunde von den anderen mit dabei – und wenn ich in meiner Laufkarriere etwas festgestellt habe, dann das: Schweinehunde im Rudel sind umgänglicher als in Einzelhaltung. Da spielen sie ganz lieb miteinander und die Herrchen und Frauchen können in Ruhe ihre Runde laufen.
Also, zur Abwechslung freuen wir uns mal beide auf das Laufen nach der Arbeit. Ich bin schon ganz vollgepumpt mit Endorphinen nur beim bloßen Gedanken daran. Pünktlichst springe ich in mein Outfit. In der Früh hatten wir noch Minusgrade, daher lange Winterlaufhose, T-Shirt, Thermo-Pulli und Windjacke. Schal, Handschuhe und Haube. Auf die Idee, daß wenn den ganzen Tag die Sonne scheint sich die Temperatur auch im Plusgradbereich abspielen könnte – auf diese Idee bin ich erst gar nicht gekommen

. Ins Auto reingesprungen und zum Lauftreff gefahren.
Fröhlich sind wir losgetrabt. Gefühlt eh ur langsam… Mir wird warm… Gut, war ja vorherzusehen! Ich ziehe meine Handschuhe aus, Stirnband wandert in die Jackentasche, Schal wird gelockert… Mir wird heiß… Auch noch kein Drama, ist ja mal wieder ein schönes Gefühl, wenn einem richtig warm ist… Wir laufen weiter… Ich fühle mich ur langsam. Ich keuche. Mir wird immer heißer. Jetzt wird’s ungut. Fifi schaut zu mir rüber und mit ihrem Blick will sie mir sagen: „Na, net aufhören… Wir spielen grad so schön…“ Ich hechel weiter… Alles klebt an mir, als wär ich durch eine Waschanlage gelaufen… Ma, so ein Hitzestau ist doch was Schönes *Keuch*… Nach 4 Kilometern winsel ich irgendwas von „Oh Mann, bei mir ist heut der Wurm drin… Ich bin irgendwie fertig!“ Mein Kollege schaut zu mir rüber und meint ganz lapidar: „Ist kein Wunder, Mädel! Du bist viel zu warm angezogen. Mach mal langsamer.“ Meine gefühlte Geschwindigkeit ist die einer Schnecke auf Valium, also verweigere ich mich dem Gedanken, langsamer zu laufen. Nach 5 Kilometern muss ich aber einsehen, daß es nix nutzt – ich bin einfach nur ferddisch. Fifi schaut wieder sauer rüber…
Ich beschließe, doch einen Gang runterzuschalten und überlege, ob es ein langsameres Tier als eine Schnecke gibt, mit dem ich mich vergleichen könnte. Mir fällt keins ein. Die Jungs laufen ihr Tempo weiter und Margret bleibt bei mir. Fifi ist beruhigt – sie kann weiter mit den anderen Schweinehunden spielen. Und ich bin glücklich, daß sie Ruhe gibt.
Endlich krieg ich auch wieder etwas mehr Luft – das fühlt sich gut an! Ich begrabe den Gedanken an einen TDL über 11 km und denke mir 10km sind auch o.k. Und wenn’s halt ein bissi lansamer ist, ist’s a wurscht. Beim HM bin ich sicher nicht angezogen, wie für eine Polarexpedition…
Wir traben gemütlich weiter und unterhalten uns über dies und jenes, ich fange doch tatsächlich an, den Lauf zu genießen *Freu*… bis auf dieses leichte Zwicken in der Magengegend. Auch egal – einfach ignorieren. Das Zwicken wird zum Grummeln. Das Grummeln wird zum Rumoren. Das Rumoren wird zu…. Ja, das wollen wir hier jetzt nicht weiter ausführen…
Ich mache eine Vollbremsung, sag Margret nur, daß sie um Gottes willen weiterlaufen soll, dreh mich um und lauf zurück zum Stadion, wo es die Rettung in Form einer gefließten Toilette gibt. In leicht verkrampfter Haltung renne ich, Fifi schimpfend hinter mir her. Na super, genau das brauch ich jetzt. Eine Schweinehündin, die eigentlich lieber laufen würde, ein Teufelchen, das mir auf der Schulter sitzt und in mein Ohr flüstert: Du hast schon wieder eine Trainingseinheit nicht korrekt zu Ende geführt… und in 1,5 Wochen ist der Halbmarathon. Und ein Rumpeln und Poltern in meinen Eingeweiden… Ich erreiche in wahrlich allerletzter Sekunde das Leo (=Klo) und schäme mich pflichtbewusst. Die Läuferinnen, die gerade in der Garderobe die Bürokleidung gegen das Laufgewand tauschen, müssen leider akustisch das Drama, welches sich hinter der verschlossenen Türe abspielt, anhören. Ich bin nur soooooooooo unendlich froh, daß keine Kollegin oder sonst jemand darunter ist, der mich kennt!
Und weil ich ja gerade sitze und Zeit habe, bis sich mein aufgebrachtes Inneres wieder einigermaßen beruhigt hat, checke ich meine heutige Endomondo-Aufzeichnung…
Und da wurde mir dann auch klar, warum ich so außer Atem war. Warum mein Puls ungeahnte Höhen erreichen wollte. Warum mir gar sooooooooo heiß wurde:
Km 1 in 5:48
Km 2 in 5:39
Km 3 in 5:47
Km 4 in 5:48
Km 5 in 5:41
Km 6 in 5:48
Km 7 in 6:12
Km 8 in 6:32
insgesamt waren es 8,39 km in 50:12...
Irgendwann hat auch der längste Aufenthalt in der Fliesen-City ein Ende und ich trau mich wieder raus. In der Zwischenzeit sind auch die Kollegen wieder da. Ich will heim – da kann die blöde Fifi noch so sehr nach einem Bier und einem Paar Würstel verlangen. Nix da! Nach Hause und ab ins Bett lautet die Devise.
Samstag, 6.4.2013
Tagwache! Viel zu früh… Die beste innere Schweinehündin der Welt liegt noch im Bett und schnarcht fürchterlich. Der Sekt vom Vorabend tut seine Wirkung – ich absolviere nämlich einen Gratis-Helikopterflug in meinem Schlafzimmer.
Nochmal einschlafen funktioniert nicht, weil mein innerer Schweinehund zwar tief und fest den Schlaf der Gerechten schläft, allerdings mein privates VCM-Teuferl (=schlechtes Gewissen) sich dafür umso lautstärker meldet und auf den Trainingsplan verweist, welcher eigentlich gestern schon einen 5 km Lauf vorgesehen hätte. Ich ergebe mich in mein Schicksal, stampere die protestierende Fifi aus dem Bett und wir starten etwas holprig und steif (jaja, das war definitiv zuviel Erwachsenen-Sprudel am Vortag).
Die gute Fifi wendet dann auch sogleich eine neue, von ihr entwickelte, Taktik an, um mir den Laufstart zu erschweren:
Sie fragt: Ist das ein Drücken im Schuh?
Ich erwidere: Nein, da is nix.
Sie fragt: Aber im Wadel, da zieht‘s schon ganz schön…
Meine Antwort: Nein, da is nix.
Sie bohrt weiter: Aber im Knie – da ist so ein Stechen. Pass mal genau auf!
Ich: Das geht schon. Das hört nach einem Kilometer sicher von selber auf.
Fifi: Bist dir sicher? Sollen wir nicht lieber vorsichtshalber umdrehen und abbrechen?
Ich werde innerlich etwas ausfallend meinem Schweinehund gegenüber und laufe weiter! Sie erkennt, daß da heute nix zu machen ist und läuft halt mit. Wenn die lästige Kröte in meinem Inneren mal ruhig ist, kann ich den Lauf ja fast genießen.
Und langsam kommt es, dieses Gefühl, welches man so schwer beschreiben kann. Das Gefühl, wenn die Gedanken aufhören und man einfach nur im Hier und Jetzt angekommen ist. Das Herz öffnet sich und ich fühle Glück durch meinen Körper strömen.
Ich komme glücklich zu Hause an, Fifi rollt sich in einem Eck zusammen – Gut so, so gibt sie wenigstens bis morgen Ruhe.
Zusammenfassung:
Distanz: 4,97 km
Zeit: 34:39
Pace: 6,57 min/km
Keep on running, Jungs und Mädels.
Unser Erlebnisbericht vom langen Lauf am Sonntag wird nachgeliefert :-)
Forrestine