pop hat geschrieben:@agha: Finds iwie schade dass du dich jetzt auch noch drüber lustig machst, aber bei dir ist's wenigstens witzig zu lesen.
Ich mache mich weder lustig noch tue ich das Gegenteil davon, nämlich in Zynismus verfallen. Es ist nur ganz einfach so, daß bei Problemen dieser Art die Argumentationsstrategien regelmäßig darauf hinauslaufen, entweder die eigene Position als die moralisch überlegene hinzustellen oder (Plan B, falls das nicht gelingt) den Gegnern zu unterstellen, daß sie eklektisch vorgehen, indem sie ein bestimmtes Problem (z.B. Fleisch in der Ernährung, Alkohol, Umweltbelastung oder sonstwas) zum einzigen Kriterium eines tadellosen Lebens erheben und alle anderen ethischen Defizite ausblenden. Insofern war Dein Beitrag ziemlich platt, und das habe ich mir klarzustellen erlaubt.
Natürlich haben wir zu solchen Fragen meistens eine Meinung, und im besten Fall ist diese Meinun Ergebnis gründlicher Reflexion und Abwägung des Für und Wider. Was immer noch nicht heißt, daß solche Meinungen unumstößlich sein müssen. Vielleicht ist ja gerade die Vehemenz, mit der man entgegengesetzte Positionen bekämpft, oft ein Indiz dafür, wie viel Mühe es gekostet hat, sich selbst eine Meinung zu bilden. Und natürlich blenden wir auch aus bzw. setzen und nicht mit allen Problemen auseinander, denen man Beachtung schenken könnte. Mancher Vegetarier ißt gern Schokolade, für die der Kakao unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert wurde. Läufer, die auf ihre Gesundheit achten und auf die Naturverbundenheit ihres Tuns schwören, unternehmen vielleicht gern Wettkampfreisen mit großem ökologischem Fußabdruck. Und während ich diesen Beitrag schreibe, legen mein Rechner und die Server meines Providers auch eine nicht unerhebliche Leistungsaufnahme vor. Ob das noch verhältnismäßig ist?
Also: Bestimmte Dinge sind uns wichtig, andere gehen uns sonstwo vorbei, um es mal sehr nüchtern zu sagen. Man kann das kritisieren, wenn es gerade mal wieder darum geht, einander so richtig schön einzuseifen. Man kann auch froh sein, daß jeder zumindest irgendwo ansetzt und das Leben für seine Umwelt ein bißchen leichter macht. Es müssen nicht alle gleich sein und vorgehen.
Ja, ich gebe zu, manchmal wäre ich gern ein Engel. Dann täten die Beine beim Intervalltraining nicht weh, und ich könnte ganz schwerelos neue Bestzeiten laufen bzw. schweben. Und so ganz nebenher wäre ich auch noch moralisch unangreifbar.
Bin ich aber nicht. Ich werde immer um Bestzeiten kämpfen und mir Vorhaltungen anhören müssen. Mit etwas Glück gehe ich gestärkt daraus hervor. Das läßt sich durch Training und (Selbst-)Kritik zwar fördern, aber nicht erzwingen. Dementsprechend sollte auch keiner einen solchen Versuch unternehmen.