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Linksdrehende, ultrahocherhitzte Milchsäure- Kulturen führen zu Kreislaufschwäche

Linksdrehende, ultrahocherhitzte Milchsäure- Kulturen führen zu Kreislaufschwäche

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6-Stundenlauf Schmiden, 8.06.2013

Damit wäre eigentlich schon alles gesagt zu möglichen Risiken und Nebenwirkungen. Die sich aus dem zweifelhaftem Vergnügen eines rastlos Rotierenden durch die mehrstündige ungehemmte Rundenzuführung, bei klimatisch ungünstigen Bedingungen, ergeben können. Wenn es gilt 6 Stunden lang den Kreislauf hoch zu treiben. Real, wahrnehmbar durch den akustischen Drehzahlmesser, surreal - durch den Ressourcenverlust körperlicher Grundfunktionen.

Die Sinnhaftigkeit der heutigen Ertüchtigung und die Schönheiten der Strecke habe ich mir schon in den vergangenen 2 Jahren schöngeredet. Insofern verzichte ich heute darauf die Berichte meines für „normal veranlagte Menschen“ unverständlichen Handelns nochmals zur Rechtfertigung aus der Ruhmeshalle zu holen. Bei Nachholbedarf geht es hier weiter: http://forum.runnersworld.de/forum/lauf ... miden.html http://forum.runnersworld.de/forum/fore ... ragen.html

Das einzige was neu ist in diesem Jahr, ist die Startzeit für den 6-Stunden-Laufes. Es geht jetzt schon eine Stunde früher los, also um 9:00 Uhr. Bei meiner angepeilten Laufzeit (6 Stunden :zwinker2: ), bedeutet das für den Zieleinlauf 15:00 Uhr. Obwohl das ganze ein Heimspiel ist, würde dies ein ausgeklügeltes Zeitmanagement erfordern und einen logistisch optimierten Ablauf, da ich direkt vorher und nachher als häuslicher Kurierfahrer für Sohn 2 fungieren müsste. Kaum steht die optimistische Zielstrategie ohne nennenswerten Zeitpuffer verändert sich ein kleiner aber wesentlicher Parameter. Der Taxigast fordert seine eigenen Gesetze und lässt mich im ungewissen ob eine Laufteilnahme möglich ist. Erst am Nachmittag des Vortages wird sich der unbekannte Faktor X definieren lassen.

Durch dieses unberücksichtigte Ereignis wurde ich mir die Nichtigkeit meines selbst erschaffenen Laufuniversums gewahr und die Gedanken in eine gewichtigere Dimension gelenkt. Die Dinge kommen zum Glück schnell wieder ins Lot und die Möglichkeit den Lauf, ohne schlechtes Gewissen, doch noch zu machen ist wieder da. Am Schluss hatten wir beide einen schönen Nachmittag.

Aber soweit sind wir noch nicht. Erst mal schickt Helmut Bürkle mich – und 55 weitere Starter – mit einem lauten Knall auf die erste Runde. Insgeheim möchte ich meine knapp 62 km aus 2011 überbieten. Doch dazu würde ich mindestens noch 30-mal meinen linken Arm - wie soeben - an dem Kontaktfeld vorbeiführen müssen. Dieses funktioniert etwas anders als die letzten beiden Jahre. Da ich die erläuternde Worte vor Rennbeginn versäumt habe, bin ich zunächst etwas verunsichert ob ich richtig registriert wurde. War das nun korrekt mit dem Doppelpieps, oder bedeutet das eine Fehlermeldung? Keine Zeit zum lange grübeln. Jetzt heißt es erst mal die richtige Zeiteinteilung zu finden. Dazu muss ich mich bei der Wärme heute aber ran halten. Jetzt heißt es:

Und wird es heute noch so heiß,
ich laufe weiter brav im Kreis .
Da ich immer weiter will,
doch plötzlich droht der Overkill.
Die Strecke kenn ich, da lokal,
reicht mir das für 'nen Pokal?

Bis dorthin ist es noch ein weiter Weg. Die ersten Runden sind noch schnell Geschichte. Gut 10 Minuten dauert es bis ich nach 2070 Meter wieder piepse. Also flotter 5er Schnitt und nach knapp 50 Minuten ist die Kilometermarke passiert. Klar, dass kann nicht ewig so bleiben und könnte zum vorzeitigen Harakiri führen. Wer später bremst ist länger schnell. Oder früher platt? Trotz regelmäßiger Kühlmittelzufuhr, äußerlich und innerlich, steigt die Temperaturbelastung. Wenn das so weitergeht bin ich bald im roten Bereich. Die so lange ersehnten hochsommerlichen Bedingungen um die 25° sind für Körper und Geist noch ungewohnt. Eigentlich bin doch schon bei höheren Temperaturen gelaufen. Was ist bloß los? Sind das schon die Hitzewallungen einer einsetzenden Menopause. Menno, ich dachte Männer sind vor so was verschont.

Trotzdem. Ehe ich es mich versehe sind 20 Kilometer rum, dann 30. Ich liege immer noch sehr gut in der angedachten Zeit für das Reißen meines eigenen Streckenrekordes. Aber es wird zäher. Da entdecke ich Horst, der am Ausgang des Stadions gemütlich an den aufgestellten Bierbänken hockt und es sich mit vollem Weizenglas gut gehen lässt. Ja so einfach kann das Leben sein. Im vorüberlaufen erfahre ich die „Good News“ der Bieler Nachteulen. Auf meine Frage: "Wie lief es den bei Kati und Gero in Biel", antwortet er dergestalt: "Alle im Ziel". Ja klar, so umfassend, präzise und prägnant kann nur Horst erst mal alles wesentliche auf den Punkt bringen. Zeiten sind doch erst mal unnützer Informationsballast. Dank meiner zügigen Laufarbeit war ich inzwischen körperlich außer Hörweite, und mit den Gedanken beim neuerlich anstehenden „Arbeitskreis“. Die Details laufen ja nicht weg. Spätestens alle 10 -12 Minuten könnten wir ja weiter scheibchenweise fachsimpeln. Sozusagen ein Fortsetzungsroman in mehren Zeitepochen.

Die Marathondistanz rückt endlich in Reichweite. 3:38 Stunden. Eile mit Weile, sieht anders aus. Die nächsten beiden Stunden wird es härter, soviel wird mir klar. Die Sonne hat sich nun zwar immer wieder hinter Wolken verzogen, aber es ist weiterhin ein hitziges, schwitziges Klima. Ich werde langsamer, der Magen sendet undefinierbare Signale. Habe ich zu wenig drin oder zu viel? Wenn man das wüsste? Und was könnte ihn besänftigen. Eine warme Kartoffel bei der Hitze, Bananenstücke oder gar ein glibbriges Gel. Da sind meine Gelüste eher gedämpft. Aber dann entscheide ich mich doch dafür etwas rein zu würgen was den Magen nicht unnötig belastet. Und ein bisschen Psychologie gehört natürlich auch dazu. Alles wunderbar dank Powerb.... Durchhalten und hoffen auf den großen finalen Knall.

Und der Gnadenschuss erfolgt dann auch keine Minute zu früh. Im wahrsten Sinne des Wortes „heiß ersehnt“. Ich fühle mich ganz flau. Wie auf Wattewolken mache ich mich, nach Eintreffen des Restmetererfassers, auf den Rückweg ins Stadion. Ein anderer 6-Stunden Finisher sucht das Gespräch mit mir. Ich antworte recht einsilbig und schleiche vor mich hin. Es ist nur ein Kilometer bis zum Stadion aber es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis ich endlich bei den Bänken ankomme wo Horst und Armin sitzen.

Ich muss mich erst mal langsam hinsetzen. Noch nie war mir nach einem Lauf so übel. Mein Kopf schwirrt, die Waden wollen krampfhaft krampfen und mein Magen rebellisch rebellieren. Das sprechen fällt mir schwer. Die Hitze, zu wenig Salz und Flüssigkeitsnachschub zeigen mir nun wer das Kommando über meine gewohnten Körperfunktionen übernehmen will. Es fällt mir schwer nicht allzu auffällig zu erscheinen, als ich mit dünner Stimme das lockere Sitzgrüppchen anspreche. Reiß dich zusammen, nur ja nichts wirres von sich geben, denke ich mir. Eigentlich unnütze Liebesmüh. Unlogische, zusammenhanglose Schlussfolgerungen sind doch mein Markenzeichen. Denn ist der Ruf erst...

Ich habe auch nicht viel Zeit. Zum Essen, Trinken und Labern ist später noch Zeit. Ich hab ausgemacht so schnell wie möglich nach dem Rennen, nach Hause zu kommen und nach der Auffrischung in der heimischen Badeanstalt, frisch kultiviert in Begleitung von Sohn 2 zur mehrstündigen Wirkungsstätte zurück zu kehren und die Siegerehrung zu genießen. In der Hoffnung dort eine tragende Rolle zu spielen. Aber dazu musste ich erst mal das eigene Auto ohne weitere Komplikationen entern. Schon der Weg zum Parkplatz wird elendig weit. Jedenfalls nach den gut 65 km Einlaufstrecke. Es war jetzt schon über eine halbe Stunde vergangen und ich fühlte mich immer noch so zermatscht wie eine Schnecke mit Uniroyalem Gummifetisch. Eigentlich hätte ich zu den Sanitätern sollen, anstatt so zu tun als sei alles in bester Ordnung. Typisch Mann: Schwächeln, gilt nicht.

Aber wie steig ich jetzt ins Auto ein? Versuch Nummer 1. Langsam und vorsichtig. Ein Bein, ah. :teufel: Weiter - anderes Bein. Yappadappadu, heftigste Krämpfe. Nichts geht mehr. Also wieder raus. Dehnen. Zweiter Versuch. Wieder Krampf. Dann wage ich es langsam vom Parkplatz zu rollen. Kuppeln, schalten, Kuppeln - ganz vorsichtig. Ich krieche, nur um nicht weiter hochschalten zu müssen. Wie soll ich so bloß die 5 Kilometer schaffen. Aber laufen wär jetzt auch keine Option. Circa 200 m bevor die heimische Muttererde erreicht ist wird es so heftig das ich am Straßenrand anhalten muss. Hmm., sind Wadenkrämpfe auch eine Panne. Auf der anderen Seite steht nämlich gerade zufällig der ADAC. Nach längerem dehnen und massieren wird es etwas besser und ich schaffe das Reststück bis zur Homebase. Jetzt noch 3 Treppen hoch kriechen und dann erst mal die Waden kalt abduschen. Zum Glück ist keiner zuhause der mein zweifelhaftes Gesamterscheinungsbild kommentieren könnte.

Als ich halbwegs regeneriert bin kommt meine Frau mit dem aus dem Krankenhaus frisch entlassenen Sohnemann. Er darf mich nun zurück nach Schmiden begleiten. Nach nachhaltiger Zufuhr von Mineralstoffen in flüssigem und festen Aggregatzustand, sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus. Da ich zwischenzeitlich wieder klar denken kann (konnte ich das schon mal :confused: ) bin ich nun auch wieder mächtig gesprächig bis Helmut Bürkle zu Siegerehrung ruft. Vor lauter Hektik habe ich gar nicht geschaut wie der heutige Tag gelaufen ist. Gespannt warte ich nun auf der Tribüne bis die ersten 6 Stundenläufer aufgerufen werden. Und höre schon bald meinen Namen mit dem Zusatz: „Gesamtsieger Platz 3.“ Da strahlen wir beide um die Wette, die Sonne und ich. Und mein Jüngster freut sich auch, als ich auf dem Spielfeld: Medaille, Pokal, Urkunde und eine Flasche Wein in Empfang nehme. Dieser kommt aus dem Nachbarort Rommelshausen, obwohl hier in Greifweite am Kappelberg mein gewohnter heimischer „Wundersaft“ :teufel: wächst. Ein Schelm wer den Schmidenern unterstellt sie hätten die Eingemeindung vor genau 40 Jahren immer noch nicht geschluckt und absichtlich kein Eigengewächs der einstigen „Heuschrecken“ :zwinker2: überreicht.

Für mich ist damit Schmidens Trilogie sehr erfreulich zu Ende gegangen. Erster Ultra 2011 mit Pokal für Platz 1 in der AK, 2012 Gesamtplatz 4 bei der doppelten Distanz von 12 Stunden mit über 100 km und nun - 3. Ich bin noch ganz siegestrunken, als ich spätabends meinen Rucksack vermisse. Upps, den habe ich drüben in dem ganzen hin und her vergessen. Also fahre ich nochmals an die heutige Wirkungsstätte und habe Glück das die Helfer noch vor Ort sind und ihn zur Seite geräumt haben. Einige der 12-Stunden-Finisher sind auch noch dort und feiern. Die haben bei der Hitze heute alle auch außergewöhnliches vollbracht und insgeheim bin ich froh heute nur die Kurzstrecke gelaufen zu sein. Das hätte sonst im Delirium Tremens für mich geendet.
2025
05.07. Heuchelbergtrail 47 k 1400 hm 06:42:48
19.07. 24-h Dettenhausen 102,458 km (in 15 h)
03.08. Nordschwarzwald-Trophy 47 k 1300 hm 05:45.09
16.08. 100 Meilen Berlin

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Hsllo,

was für ein großartiger Laufbericht!!! Herzlichen Glückwunsch für deine Leistung, für deinen Erfolg und natürlich für die Flasche Wein! :daumen:
Lauftagebuch


Bild


"Herr Ringel meint, dass Max schlechter gerungen hat, als im Training und befürchtet Wettkampfangst."

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... und wo ist denn eigentlich der Bericht über den Ultramarathon Zermatt??? ;-)))))))

Grüßle
Andrea (zugegebenermaßen ist Geduld nicht meine Stärke ... höhöhö)

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AndreaKA hat geschrieben:... und wo ist denn eigentlich der Bericht über den Ultramarathon Zermatt??? ;-)))))))

Grüßle
Andrea (zugegebenermaßen ist Geduld nicht meine Stärke ... höhöhö)
Hmm, zur Zeit ist irgendwie der Wurm drin. Ich hab schon immer etwas länger gebraucht für alles :peinlich: - auch für Laufberichte :zwinker2: Aber ich hab irgendwie ne Schreibblockade. Der Stuttgartlauf liegt schon ewig zurück und ich hab nach der Hälfte des Schreibens keine Ruhe mehr gefunden das fertig zu bringen. Danach war noch ein kleiner Firmenlauf, ja und Zermatt. Das war ein gigantischer Eindruck. Berg und wettermäßig mit dem Jungfraulauf 2011 vergleichbar. Ich bin nach dem Kurztrip eine Woche geschwebt. :D , aber Zeit und Ruhe das zu Papier zu bringen fehlt mir, sorry. Morgen geht es Richtung Zugspitze, die über das Höllental, am Samstag hochgekraxelt wird. Danach werde ich wohl wieder eine Woche schweben :hihi:

Grüssle an meinen treuen Fan, denn ich diesmal leider etwas enttäuschen muss.
Klaus
2025
05.07. Heuchelbergtrail 47 k 1400 hm 06:42:48
19.07. 24-h Dettenhausen 102,458 km (in 15 h)
03.08. Nordschwarzwald-Trophy 47 k 1300 hm 05:45.09
16.08. 100 Meilen Berlin

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Hallo Klaus,

also gut, ich will ja mal nicht so sein .... :zwinker2: .... könnte ja aber sein, dass dir beim Hochkraxeln auf die Zugspitze (das ist dann aber eine Wanderung, oder willst du mir etwa einen Lauf unterschlagen???? :nene: :zwinker2: ) die Eingebung für den Laufbericht :teufel:

Viele Grüße
Andrea

PS: Ich gebe aber zu, dass ich derzeit auch wenig Zeit habe, um Laufberichte zu lesen!!!!
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