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Hinter Biel da geht es weiter ......

Hinter Biel da geht es weiter ......

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und zwar für uns am 28. Juni 2014. Genauer gesagt, in Richtung Chaux de Fonds, dann Le Locle und zum Schluss nach Les Brennets, wo wir die Startunterlagen für den Le long de la rivière du Doubs abholen müssen.

Es ist ein Halbmarathon mit ausgeschriebenen 442 Höhenmetern.

Wir suchen die Umkleiden und finden jeweils für Damen und Herren ein Miniräumchen mit einer Bank für zwei Personen, dahinter eine Dusche mit WC und Waschbecken. Ich, für meine Person muss erst mal schallend lachen, als ich die Räumlichkeiten betrete. Der Zieleinlauf wird auch schon mal besichtigt. Alles klein und überschaubar. Die Menschen vom Organisationsteam sind sehr nett und lösen auch die Frage nach dem nicht vorhandenen Wertsachendepot ganz einfach dadurch, dass die Dame an der Kasse den Geldbeutel von Männe kurzerhand in ihrer Hosentasche verwahrt. Man spricht in diesem Teil der Schweiz nur Französisch, dem wir beide leider nicht mächtig sind.

Dann holen wir die Unterlagen und laufen an den Zubringerbus, der uns zum Start nach Biaufond fährt. Nach einer guten halben Stunde sind wir dort. Am Ufer der Doubs liegt ein Hotel, von dort aus wird gestartet. Mittlerweile beginnt es zu regnen. Keine schönen Aussichten für eine Halbmarathonstrecke. Wir finden uns an der provisorischen Startlinie ein. Ein Absperrband, welches auf den Boden gelegt wurde, erfüllt diese Aufgabe. Dann wird in Französisch ein Countdown runter gezählt und es geht los. Der Himmel hat ein Einsehen und stellt erst mal die Dusche von oben ein.

Kilometer 1 und 2 verlaufen auf einer Passstrasse. Der Feld rast los und man versucht seinen Platz zu finden. Die Läuferschar, gut 70 Männer und 30 Frauen zieht sich auseinander. Diese Kilometer gehen schon viel zu schnell weg und man liefert sich kleine Wettrennen am Berg. Hui, fast den Abzweig zur Strecke verpasst, geht es nun in den Wald. Männe zieht von Dannen, jeder soll sein eigenes Tempo finden.

Und dann geht es richtig los. Schock, was ist das für eine Strecke. Von Steinen habe ich zwar vorher gehört, aber hier stehen ja wirklich kleine Felsen in der Strecke hoch, dazu Geröll und jede Menge Wurzelstöcke. Der gesamte Trail ist schräg abschüssig in der Höhenlage des Uferbereichs der Doubs. Es ist verdammt glatt und glitschig auf den Steinen und es geht ständig hoch und runter. Schon bei KM 4/5 bemerke ich, dass ich anfangs zu schnell unterwegs war. Jetzt mal Tempo raus. Da muss ich halt ein paar Läufer passieren lassen, denn man kann nur hinter einander laufen, so eng sind die Trails.

Wie machen die das bloss, denke ich, so wahnsinnig schnell auf diesem Untergrund zu laufen. Selbst ein recht betagter Läufer überholt mich. Es geht vorbei an Felswänden, die weit in den Trail ragen und neben mir der steile Abrund. Dann über kleine Stegbrücken und sogar so ein widerlicher Gitterrost ist über einen Abrund verlegt. Ich und meine Höhenangst ....

Bei KM 8 kommt der erste Verpflegungsstand. Gerne nehme ich ein wenig Wasser, der Mund ist ziemlich ausgetrocknet. Von den Köstlichkeiten dort nehme ich ein wenig Schoggi, ein paar Rosinen und ein Stück von einem Müsliriegel.

Das hat jetzt wirklich mal gut getan. Essen würde ich auf einer HM-Strecke üblicherweise nie etwas, aber hier hatte ich wirklich das Bedürfnis, mal zuzulangen.
Es geht weiter bergauf. Bald ist die 10-KM-Marke erreicht. Ich schaue auf die Uhr und denke noch, mit 1:16 Std. kann ich in diesem Gelände mit mit den Steigungen ganz zufrieden sein. Die schöne Natur kann ich nur sehr wenig geniessen. Konzentriertes Laufen ist angesagt. Hinter mir höre ich Schritte. Eine junge Läuferin schliesst auf und ich lasse sie passieren. Schnell ist sie weg und wieder wundere ich mich, wie die anderen alle so fix laufen können. Derweil klettere ich mindestens über den 4. Baumstamm, der quer über dem Trail liegt. Bin einfach zu vorsichtig geworden nach 3 Ermüdungsbrüchen und über 3 Jahren Achillesbeschwerden. Es folgt die nächste Steigung und da ist meine junge Läuferin am Gehen, die Hände in den Rücken gestützt und schnaufend. Jetzt meine Chance, Land gut zu machen. Berglaufen ist ja mein ständiges Training. Willig lässt sie mich vorbeiziehen.
Es folgt Verpflegungsstand 2 bei KM 14. Hier gibt es warmen Tee und wieder die angebotenen Früchte und Schoggi. Ein kurzer Hamstergriff und weiter geht es. Unterwegs denke ich oft, diesen Lauf werde ich sicher nie wieder machen. Das macht einfach keinen Spass ständig jeden Schritt genau bedenken zu müssen, den steilen Abgrund zu sehen und wirklich die meiste Zeit total alleine auf der Strecke zu sein. Zwischendurch stinkt es ganz entsetzlich verwest im Wald. Igitt, denke ich, schnellst möglich weg hier. Die Strecke ist wirklich spärlich markiert. Ab und zu hängt mal ein Streifen Absperrband von einem Baum herunter zur Orientierung.
Wer 14 schafft, schafft auch 21 KM, hat mir mal ein lieber Läufer gesagt, der mich bei meinem ersten HM begleitet hat. Daran musste ich denken. Wirklich, also sowas, vor kurzem noch die Generalprobe eines HMs mit 802 Höhenmetern und 30 ° C Hitze und hier so trübe Gedanken.
Nun führte die Strecke durch drei Tunnel. Der letzte war gut 50 m lang und stockdunkel. Ein sehr komisches Gefühl hier zu laufen. Hoffentlich ist der Boden eben. Dann endlich wieder Tageslicht am Tunnelausgang.
Dann endlich KM 18 mit Verpflegungsstand 3. Wieder Tee. Das reicht. Der Herr sucht das Gespräch mit mir, aber leider kann ich nur mit der Schulter zucken, ich verstehe ihn nicht.
Dieser meinte in gebrochenem Deutsch, nur noch 3 KM, aber das sind die schwersten.
Danke, denke ich, sehr aufbauend, aber irgendwie hat er Recht. Saft und Kraft sind irgendwo unterwegs geblieben.
Ich laufe los und bei KM 19 geht es endlich raus aus dem Trail auf eine steile Teerstrasse. Ja, jetzt kann ich wieder aufdrehen. Nicht mehr jeden Schritt kontrollieren müssen. Vorbei an einer kleinen Schiffsstadion der Doubs, hindurch durch viele Passanten, die mir aufmunternde Worte zurufen, erreiche ich KM 20. Es donnert, es blitzt, ich ganz oben im Berg. Unangenehmes Gefühl macht sich breit. Gewitter hier oben und so ungeschützt. Es macht mich noch ein wenig schneller, was ich kaum für möglich gehalten habe.
Dann das Schild „1 KM finish“. Ja, gleich habe ich es geschafft. Ein Streckenposten weisst mich von der Teerstrasse zu einem Abzweig. Holla, hier geht es aber noch mal richtig zur Sache. Oben höre ich die jubelnden Zurufe der Zuschauer. Den strömenden Starkregen spüre ich nicht mal mehr. Gleich ist es geschafft. Hindurch durch den engen Zielkanal überreiche ich den vorher abgetrennten Scanstreifen der Zeitnehmerin. Erst jetzt gestatte ich mir einen Blick auf die Uhr.
Nee, tatsächlich 2:58Sdt. für einen Halbmarathon. Aber das Gefühl ist doch überwältigend.
Das Regenwasser läuft durch meine Laufschuhe, dann nimmt mich Männe in den Arm. Er dachte schon, er müsse nach mir suchen. Auch er berichtet von dem Gestank im Wald und wir kamen beide witzelnd zu dem Schluss, dass es sich wohl um vergessene Läufer aus dem Vorjahr handeln müsse, die das Ziel nicht erreicht haben.
Ich hole mein Finishergeschenk und gehe Duschen. Und die war jetzt glücklicherweise auch nicht überbelegt. Als ich schon fertig bin, kommt auch die junge Läuferin in die Umkleide. Sie ist völlig enttäuscht von dem Lauf. Mit so vielen Höhenmetern hat sie wahrlich nicht gerechnet. Sie war fast 3:10 Std. unterwegs.

Jetzt war die Preisverteilung schon voll im Gange. Wir verstehen nichts und hören nur die Leute jubeln und klatschen und ab und zu jemanden nach vorne gehen, den Preis abholen.
Wir stärken uns, nachdem wir uns mit Gesten verständlich gemacht haben, was wir essen wollen, mit Nudeln, Kuchen, Kaffee und Würstchen.

Dann ging es auf die zweistündig Heimreise.

Zuhause laden wir den Garmin ab. Von wegen 442 Höhenmeter. Er zeigt 1068 Höhenmeter. Da wir das nicht glauben können, laden wir noch mal bei gps-Strecken ab. Da waren es sogar 1900. Zuviel denken wir. Bei Jogmap waren es 860. Die Wahrheit wird wohl irgendwo dazwischen liegen.

Einen Tag später bekomme ich eine Mail vom Veranstalter. Er schickt die Ergebnislisten und weisst mich darauf hin, dass ich in meiner AK den ersten Platz belegt habe und einen Preis erhalten werde, den man mir nach schickt. Was, mit diesem Schneckentempo gewinne ich sogar noch einen Preis. Wow, das freut mich ja sehr. Und tatsächlich, zwei Tage danach erhalte ich Post mit einem Geldumschlag.

Das hat mich ja dann doch mit diesem Lauf versöhnt. Nein, nicht das Geld, eigentlich alles. Die gute Organisation, die netten Helfer überall, die schöne Landschaft und die Herausforderung, meine Zeit das nächste mal doch zu toppen. Resume hieraus auch, was uns nicht umwirft, macht uns nur härter.

Gegen einen Ultra-Berglauf kann ich damit natürlich keinen Vergleich ziehen, schon klar, aber aufregend war es trotzdem.,
Steingeiss - Rüslerläuferin

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